B
1.
a)
§ 61 SGB V bestimmt die Höhe der von den Versicherten zu leistenden Zuzahlung. Nach
S. 4 Hs. 1 der genannten Vorschrift sind die geleisteten Zuzahlungen von dem zum Einzug Verpflichteten gegenüber dem Versicherten zu quittieren. Nach § 43b
Abs. 1 Hs.1
SGB V ("Zahlungsweg") haben Leistungserbringer Zuzahlungen, welche die Versicherten zu entrichten haben, einzuziehen und mit ihrem Vergütungsanspruch gegenüber der Krankenkasse zu verrechnen. Nach
S. 2 gilt: Zahlt der Versicherte trotz einer gesonderten schriftlichen Aufforderung dem Leistungserbringer nicht, hat die Krankenkasse die Zahlung einzuziehen.
§ 33 Abs. 8 SGB V bestimmt in dessen
S. 1 im Kern die besagte Zuzahlungspflicht an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber der Krankenkasse verringert sich um die Zuzahlung (
S. 1 erster Hs.).
§ 43b Abs. 1 S. 2 (Einziehung durch die Krankenkasse, wenn trotz Aufforderung nicht gezahlt wird) findet nach § 33
Abs. 8
S. 2 zweiter Hs.
SGB V keine Anwendung.
b) § 43b
Abs. 1
SGB V legt fest, dass, zahlt der Versicherte nicht, die Krankenkasse die Forderung einziehen muss (Ulmer in Eichenhofer/Wenner,
SGB V [2013], § 43b, 1). Bleibt die Mahnung erfolglos, obliegt die zwangsweise Einziehung des Betrages der Krankenkasse, die insofern einen Verwaltungsakt erlassen muss (Ulmer a.a.O. 7). Es besteht eine gesetzliche Einziehungspflicht (BT-Drs. 12/3608
S.82 ["einzuziehen sind"]; Sichert in Becker/Kingreen,
SGB V, 3. Aufl. [2012], § 43b, 3). Die Vorschrift enthält eine gesetzliche Inkassopflicht (Kraftberger in Hänlein/Kruse/Schuler,
SGB V, 4. Aufl. [2012], § 43b, 3).
c)
aa) Durch § 33
Abs. 8
S. 2 2. Hs.
SGB V, der gesetzestechnisch notwendig war, weil Hilfsmittel zuzahlungsfrei gewährt worden waren (
BSG U. v. 07.12.2006 -
B 3 KR 29/05 R in SozR 4 - 2005, § 33
Nr. 14 [Tz. 23]), ist bestimmt, dass der Leistungserbringer die Zuzahlung einzuziehen hat und das Inkassorisiko trägt (
BSG a.a.O. [Tz. 20, 22 und 25: "haben einzuziehen"]; Kraftberger a.a.O. § 33, 100 und 104; Becker a.a.O. § 33, 59).
bb) Maßgeblich für diese Vorschrift, deren Vorgängerregelung § 33
Abs. 2
S. 3
SGB V gewesen ist, war: "Die Leistungserbringer haben die Zuzahlungen der Versicherten von ihrem Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse (Festbetrag oder vertraglich vereinbarter Preis) abzuziehen. Die Vorschrift tritt insoweit an die Stelle der Regelung des § 43b
SGB V mit der Folge, dass nicht die Krankenkasse, sondern der Leistungserbringer den Zuzahlungsanspruch gegenüber dem Versicherten durchzusetzen hat. Denn der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers wird durch Gesetz um den Zuzahlungsbetrag verringert, so dass für die in § 43b
S. 1
SGB V vorgesehene Verrechnung der Zuzahlung mit dem Vergütungsanspruch gegenüber der Krankenkasse kein Raum ist. Deshalb kann auch § 43b
S. 2
SGB V hier nicht angewendet werden (BT-Drs. 13/7264
S. 60;
BSG a.a.O. [Tz. 2]). Durch diese Neuregelung wird die regelmäßige rechtliche Zuordnung im Dreiecksverhältnis Leistungserbringer - Versicherter - Krankenkasse modifiziert (
BSG a.a.O. [Tz. 23 und 24]; BT-Drs. 13/7264
S. 60 und 15/1525
S. 85). Der Leistungserbringer wird Forderungsinhaber (
BSG a.a.O. [Tz. 26]).
d) Damit wird bei Heilmitteln der gleiche Zweck verfolgt wie bei Zuzahlungen sonst (BT-Drs. 13/7264
S. 60;
BSG a.a.O. [Tz. 23]), nämlich der erhöhten Eigenverantwortung der Versicherten auch in diesem Leistungsbereich Rechnung zu tragen. Denn Sinn und Zweck des § 43b
Abs. 1 wie des insoweit nur modifizierten § 33
Abs. 8
SGB VIII sind: Alle diese Zuzahlungspflichten stellen eine Form der Selbstbeteiligung der Versicherten dar, die zur Kostensenkung in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragen soll. Sie sind keine Sonderbeiträge und weichen nicht vom Solidarprinzip des
§ 1 SGB V ab; sie sollen vielmehr das Kostenbewusstsein der Versicherten stärken und die Inanspruchnahme von Leistungen auf der Basis des Wirtschaftlichkeitsgebots fördern. Das Sachleistungsprinzip wird dadurch nicht durchbrochen, sondern durch die Pflicht zur partiellen Eigenbeteiligung im Sinne von wirtschaftlichem Verhalten inhaltlich ergänzt (
BSG a.a.O. [Tz. 21];
vgl. auch Kraftberger a.a.O. § 43b, 2 und zu § 28, 42 [dort zur Zuzahlungen der sog. "Praxisgebühr"; BT-Drs. 15/1525 [S. 83 zu § 28
SGB V]; Ulmer a.a.O. § 28, 50; Niggehoff/Sichert a.a.O. in Becker/Kingreen a.a.O. § 28, 65). Auch diese Zuzahlung hat wie die Praxisgebühr die bezeichnete Steuerungsfunktion; ihr kommt aber auch eine wichtige Finanzierungsfunktion im System der gesetzlichen Krankenversicherung zu (Niggehoff/Sichert a.a.O. § 28, 65;
vgl. auch BT-Drs. 16/8652
S. 1 und 9). Mit der Regelung soll ein Beitrag zur Konsolidierung der Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung geleistet werden (BT-Drs. 15/1525
S. 83 zu
Nr. 15, Buchstabe b) [§ 28];
OLG Düsseldorf NZS 2012, 424 [juris Tz. 24]).
2.
a)
aa) Nach § 4
Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die verletzte Norm muss daher jedenfalls auch die Funktion haben, gleiche Voraussetzungen für die auf einem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen. Es reicht nicht aus, dass die Vorschrift ein Verhalten betrifft, das dem Marktverhalten vorausgegangen ist oder ihm erst nachfolgt. Fällt der Gesetzesverstoß nicht mit dem Marktverhalten zusammen, ist eine zumindest sekundäre wettbewerbsbezogene Schutzfunktion der verletzten Norm erforderlich. Die Vorschrift muss das Marktverhalten außerdem im Interesse der Marktteilnehmer regeln. Dem Interesse der Marktteilnehmer dient eine Norm dann, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt (
BGH GRUR 2010, 654 [Tz. 18] - Zweckbetrieb;
OLG Düsseldorf NZS 2012, 424 [juris Tz. 22];
vgl. auch
BGH GRUR 2010, 754 [Tz.20] - Golly Telly; Schaffert in Münchener Kommentar- Lauterkeitsrecht, 2. Aufl. [2014], § 4
Nr. 11, 56 f.; v. Jagow in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl. [2013], § 4
Nr. 11, 7 f.; Metzger in
GK-UWG, 2. Aufl. [2013], § 4
Nr. 11, 33 f.). Unerheblich ist, dass sich der Unternehmer durch den Verstoß jedenfalls einen Vorsprung im Wettbewerb verschafft (
BGH a.a.O. [Tz. 19] - Zweckbetrieb [dort zur Steuerhinterziehung]).
bb) Ausreichend ist jedoch, wenn die Norm zumindest eine sekundäre Schutzfunktion zu Gunsten des Wettbewerbs hat (
BGH GRUR 2007, 162 [Tz.11] - Mengenausgleich in Selbstentsorgergemeinschaft; v. Jagow a.a.O. § 4
Nr. 11, 30; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. [2015], § 4, 11.3).
cc)
(1) Solches hat der
BGH für § 6 VerpackV angenommen. Marktbezogenheit ergibt sich zwar nicht aus der in § 1 VerpackV geregelten unmittelbaren Zielsetzung, da die Belange des Umweltschutzes für sich genommen wettbewerbsneutral sind. Die in § 6 VerpackV geregelten Rücknahme- und Verwertungspflichten wirken sich jedoch deutlich auf das Verhalten der Hersteller und Vertreiber auf dem Absatzmarkt aus. Die Verpackungsverordnung hält Hersteller und Vertreiber dazu an, Verpackungen möglichst vollständig zu vermeiden (§ 1 VerpackV) oder - wenn sie als Selbstentsorger tätig werden - Vorkehrungen zu treffen, um einen Teil der Verkaufsverpackungen von den Kunden zurückzuerhalten. Nachdem mit der Novelle der Verpackungsverordnung im Jahre 1998 ausdrücklich auch das Ziel der Herstellung der Wettbewerbsgleichheit zwischen dem dualen System und den Selbstentsorgern verfolgt wurde, weist die Bestimmung zumindest im Verhältnis zum Mitbewerber den erforderlichen Marktbezug auf (
BGH a.a.O. [Tz. 12] - Mengenausgleich in Selbstentsorgergemeinschaft).
(2) Bejaht wurde dies in Bezug auf § 19
Nr. 5 der Berufsordnung der baden-württembergischen Landesapothekerkammer, welche die Wettbewerbshandlung für unzulässig erklärt, die darin besteht: "Vollständiger oder teilweiser Verzicht auf gesetzlich zwingend vorgeschriebene Eigenanteile der Patienten (
z.B. Zuzahlung) und Gebühren sowie die teilweise oder vollständige Erstattung von gesetzlich vorgeschriebenen Eigenanteilen der Patienten (
z.B. Praxisgebühr)" (so Schaffert a.a.O. § 4
Nr. 11, 149; Metzger a.a.O. § 4
Nr. 11, 86;
vgl. auch Köhler a.a.O. § 4, 11.115; v. Jagow a.a.O. § 4
Nr. 11, 62).
(3) Andererseits sollen Rechtsgebiete eigene und insoweit dann abgeschlossene Durchsetzungsregeln enthalten. So soll gemäß
§ 69 das SGB V die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern abschließend regeln (Metzger a.a.O. § 4
Nr. 11, 19; Köhler a.a.O. § 4, 11.11), auch soweit durch diese Rechtsbeziehungen die Rechte Dritter betroffen sind (Köhler a.a.O. 11.11;
vgl. hierzu auch Becker/Kingreen a.a.O. § 69
SGB V, 9 f.). Insofern sind die Vorschriften des UWG nicht anwendbar (Bäune in Eichenhofer/Wenner a.a.O. § 69, 3; Schuler in Hänlein/Kruse/Schuler a.a.O. § 69, 3).
b)
aa) Die Umsetzung dieser Grundsätze und für interessenangenähert einzuschätzende Fallgestaltungen ergibt, dass § 69
SGB V ausschließlich die Rechtsbeziehungen erfasst, die im Zusammenhang mit der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrages der Krankenkassen einerseits und der Erfüllung des übernommenen Versorgungsauftrags durch die Leistungserbringer andererseits stehen (Bäune a.a.O. § 69, 5 m.N.). Da § 33
Abs. 8
SGB V ein eigenes Anspruchsverhältnis unmittelbar zwischen Leistungserbringer und gesetzlich Krankenversichertem schafft, wird die vorliegende Konstellation nicht durch § 69
SGB V dem Anwendungsbereich des UWG grundsätzlich entzogen.
bb) Zwar liegt der Fall des § 19
Nr. 5 BOLApoK BaWü ähnlich. Allerdings werden auch an sich außerlauterkeitsrechtliche Normen im Rahmen des § 4
Nr. 11 UWG beachtlich, wenn sie in der Norm als unlauter bezeichnet werden (Köhler a.a.O. § 4, 11.6). Dies trifft auf § 19
Nr. 5 zu, da dort die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit in der Vorschrift festgesetzt wird.
cc) Danach bleibt die Entscheidung zu treffen entsprechend den oben dargestellten Kernsätzen der Rechtsprechung.
Der Senat folgt dabei im Ergebnis der Wertung des
OLG Düsseldorf. Denn Hauptzweck des § 43b
Abs. 1 und des § 33
Abs. 8
SGB V ist die Steuerung durch negative Anreize, sprich, die Beteiligten der Versichertengemeinschaft durch einen Finanzierungsbeitrag zu einem verantwortungsvollen und schonenden Umgang mit dem Beitragsaufkommen im Interesse der Sicherung dieses Sozialsystems anzuhalten. Dies hat selbst keine wettbewerbsbezogene Zielsetzung. Zwar ist im Rahmen der normalen Zuzahlung die gesetzliche Krankenkasse Gläubigerin des Anspruchs auf Zuzahlung (BSGE 103, 275 [Tz.16]; Sichert in Becker/Kingreen a.a.O. § 28, 68; Ulmer in Eichenhofer/Wenner a.a.O. § 28, 66; Kraftberger a.a.O. § 28, 59), was den vorliegenden Fall unterscheidet, bei welchem der Leistungserbringer privatrechtlicher Inhaber der Forderung ist. Gleichwohl bleibt die Nähe etwa zu
§ 28 SGB V, da damit nur eine andere Art des Zahlungsweges gewählt worden ist; am Regelungszweck selbst hat sich nichts geändert. Dieser ist als Steuerungsinstrument auf die Sicherung der finanziellen Leistungsfähigkeit des gesetzlichen Krankenversicherungssystems gerichtet. Zwar ermäßigt sich im Endeffekt der zwischen den Leistungserbringern und der Krankenkasse vereinbarte Preis für das dem Kassenmitglied auszureichende Hilfsmittel. Der vereinbarte Preis wird entsprechend der Zuzahlungsregelung gekürzt. Damit wird allerdings kein eigenständiges Preisregime begründet. Zum einen spricht vieles dafür, dass diese Selbstbeteiligung bereits eingepreist ist. Zum anderen erscheint dieser Preisermäßigungseffekt so marginal nach Preisgestaltung und im Hinblick auf den Regelungszweck, dass darin nur ein Reflex, nicht aber zugleich mitgewollter Nebenzweck der Norm gesehen werden kann. Zwar vermag der in der Werbung zudem vorab kommunizierte Verzicht auf die Erhebung der Zuzahlung bei häufig finanziell nicht gut gestellten Rentnern, welche dieser Hilfsmittel bedürfen, ein starkes Nachfrage lenkendes Marktinstrument zu sein. Angesichts des klaren Normzweckes, mit der Praxisgebühr/Zuzahlung nicht Preispolitik zu betreiben, sondern Patientenselbstverantwortung zu stärken, ist die werbliche Ankündigung eines Verzichts auf die Zuzahlungseinforderung zwar ein nachhaltig rechtswidriges Verhalten, trifft aber nicht einen Bereich der Marktfunktion der Norm.
3. Der Unterlassungsanspruch folgt jedoch aus einer Verletzung von § 7 HWG.
a) Diese Vorschrift ist zweifelsfrei Marktverhaltensregel im Sinne des § 4
Nr. 11 UWG (
BGH U. v. 06.11.2014 - I ZR 26/13 [Tz. 9] - Kostenlose Zweitbrille; GRUR 2012, 1279 [Tz. 18] - DAS GROSSE RÄTSELHEFT; Senat WRP 2013, 648 [juris Tz. 45]; NJW 2005, 227 [juris Tz. 22]).
b) Dass die von der Beklagten mit ihrer Werbung betroffenen Hilfsmittel in den Anwendungsbereich des HWG fallen, haben die Parteien selbst nicht in Frage gestellt, und dies auch zu Recht angesichts des weiten Begriffs insbesondere desjenigen der Medizinprodukte (
vgl. Brixius in Bülow/Ring/Artz/Brixius, HWG, 4. Aufl. [2012], § 1, 126 f., insbes. 131 f.; ferner Reinhart in Fezer, UWG, 2. Aufl. [2010], § 4-S4, 408, 431 f.).
c)
aa) Unter den Begriff der Werbegabe, der seinerseits weit auszulegen ist (
BGH U. v. 06.11.2014 - I ZR 26/13 [Tz.14] - Kostenlose Zweitbrille), wird jede aus der Sicht des Empfängers nicht berechnete geldwerte Vergünstigung, die im Zusammenhang mit der Werbung für ein bestimmtes oder mehrere konkrete Heilmittel gewährt wird, erfasst. Eine Werbegabe setzt demnach voraus, dass die Zuwendung aus der Sicht des Empfängers unentgeltlich gewährt wird; er muss diese also als ein Geschenk ansehen. Werden dem Werbeadressaten mehrere Waren als ein einheitliches, mit einem Gesamtpreis zu entgeltendes Angebot präsentiert, so liegt keine unentgeltliche Vergünstigung und damit keine Werbegabe vor (
BGH U. v. 06.11.2014 - I ZR 26/13 [Tz.14] - Kostenlose Zweitbrille;
BGH a.a.O. [Tz. 22] - DAS GROSSE RÄTSELHEFT; Schaffert a.a.O. § 4
Nr. 11, 249; Brixius in Bülow/Ring/Artz/Brixius, HWG, 4. Aufl. [2012], § 7, 16). Da allein produktbezogene Werbung in den Geltungsbereich des HWG einbezogen ist, erfasst § 7 HWG nur solche Werbegaben, deren Gewährung sich aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs als Werbung für konkrete Heilmittel darstellt. Das Ausloben und Gewähren von Werbegaben für den Bezug von Heilmitteln stellt allerdings unabhängig davon eine produktbezogene Werbung dar, ob die Werbegaben für den Bezug genau benannter Heilmittel, einer nicht näher eingegrenzten Vielzahl von Heilmitteln oder sogar des gesamten Sortiments des werbenden Unternehmens gewährt werden (
BGH GRUR 2009, 1082 [Tz. 15 und 16] - DeguSmiles & more; Schaffert a.a.O. 249). Deshalb werden erfasst auch die Erstattung der Praxisgebühr bei Brillenkauf (Senat NJW 2005, 227 [juris Tz. 21]; Fritzsche in Spickhoff, Medizinrecht [2011], § 7 HWG, 19;
vgl. auch Brixius a.a.O. § 7, 64). Eine Werbegabe im Sinne von § 7
Abs. 1
S. 1 HWG liegt allerdings nur dann vor, wenn ihr Anbieten, Ankündigen oder Gewähren die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Werbeadressaten begründet (
BGH U. v. 06.11.2014 - I ZR 26/13 [Tz. 24] - Kostenlose Zweitbrille). Mit einem Betrag von 5,00 bis 10,00
EUR (
vgl. § 61
S. 1
SGB V) ist die Geringwertigkeitsschwelle bei weitem überschritten (
BGH GRUR 2010, 1136 [Tz. 25] - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE; Schaffert a.a.O. § 4
Nr. 11, 249; Fritzsche a.a.O. 19).
bb) Ausgenommen vom Verbot sind nach § 7
Abs. 1
S. 1
Nr. 2 a HWG Werbegaben in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag; diese bleiben nach
S. 2 gleichwohl unzulässig, soweit sie entgegen den Vorschriften gewährt werden, die aufgrund des AMG gelten (
vgl. Brixius a.a.O. § 7 HWG, 81). Darunter fallen insbesondere Zugaben und Barrabatte (Schaffert a.a.O. 249; Köber in Münchner Kommentar-Lauterkeitsrecht, 2. Aufl. [2014), Anh. §§ 1 - 7 E UWG, § 7 HWG, 34;
vgl. auch Mehler in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz/Urheberrecht/Medienrecht, 2. Aufl. [2011], § 7 HWG, 2; Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 7 HWG [11/2008], 26; Pelchen/Anders in Erb/Kohlhaas, Strafrechtliche NebenGe, § 7 HWG [5/2009], 9). Die Vorschrift erlaubt Geldrabatte auf allen Handelsstufen (Fritzsche a.a.O. § 7 HWG, 21; Reinhart in Fezer, UWG, 2. Aufl. [2011], §4-S4, 509; a.A.
LG Münster U. v. 02.03.2004 - 25 O 13/14 [allerdings zu einer anderen Fassung des § 7 HWG]). Danach sind Rabatte jeder Art für nicht apothekenpflichtige Arzneimittel, Medizinprodukte und andere Heilmittel erlaubt (Brixius a.a.O. § 7, 66). Der Senat hat die Ausnahmeregelung des § 7
Abs. 1
S. 1
Nr. 2 HWG auf der Grundlage einer noch anderen Fassung auch der Beschränkung in
Abs. 1
Nr. 1 unterstellt (Senat NJW 2005, 227 [juris Tz. 21]). Jedenfalls soll § 7
Abs. 1
S. 1
Nr. 2 die Zuwendung zusätzlich zur Warenlieferung eines pharmazeutischen Unternehmers, Herstellers oder Großhändlers erfassen (Pelchen/Anders a.a.O. § 7 [2013], 8 [so die ausdrückliche Fassung bis 05.09.2005]), auch in Bezug auf Verbraucher (Zimmermann, HWG [2012], § 7, 6; so ersichtlich vorausgesetzt in Senat WRP 2013, 648 [juris Tz. 68 f.], dort zu § 7
Abs. 1
S. 1
Nr. 2 HWG; so ersichtlich auch Zimmermann jurisPR-MedizinR 5/2012
Anm. 2 C II).
d) Vorliegend bietet die Beklagte mit der Ankündigung, die auch aus Sicht des gesetzlich Versicherten anfallende Zuzahlung zu übernehmen, eine nicht berechnete geldwerte Vergünstigung im Zusammenhang mit der Werbung für eine nicht eingegrenzten Vielzahl von Heilmitteln oder sogar des gesamten Sortiments des werbenden Unternehmens insoweit an. Spätestens durch diese Art der Werbung wird dem angesprochenen Verbraucher bewusst, dass auch für diese Leistung seiner gesetzlichen Krankenversicherung eine Zuzahlung anfällt; von dieser soll er - einem Geschenk gleichkommend - vom Anbieter freigestellt werden. Auch aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs wird damit eine Werbegabe im Sinne des § 7
Abs. 1 HWG ausgelobt. Diese mit dem begehrten Heilmittel nicht in einer Warengleichartigkeit in Verbindung stehende Zusatzleistung ist in hohem Maße geeignet, den Werbeadressaten in unsachlicher Weise hinsichtlich seiner Entscheidung, wo er dieses Heilmittel erwirbt, zu beeinflussen. Denn ähnlich wie die Praxisgebühr ist diese Zuzahlung negativ konnotiert, auch der Gesetzgeber beschäftigt sich im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle mit diesem sozialversicherungsrechtlichen Steuerungsinstrument; zudem sind Beträge bis zu 10,00
EUR für Rentner, die oftmals mit einer nur geringen Rente auskommen müssen, ein erhebliches Kaufargument, sprich ein nachhaltiges Marketing-instrument, deren Nachfrageverhalten zu steuern. Damit liegt eine relevante Werbegabe vor, die jedenfalls bei diesen bezeichneten Vergünstigungen auch die Geringwertigkeitsschwelle übersteigt. Danach ist der Grundverbotstatbestand des § 7
Abs. 1 HWG insoweit erfüllt.
e) Da nach dem Sachstand weit darunterliegende Vergünstigungen zwar nur in geringem Umfange Platz greifen, jedoch nicht ausgeschlossen sind, ist der Geringwertigkeitsschwelle im Ausspruch als Ausnahme vom Verbot Rechnung zu tragen.
Der
BGH hat die maßgebliche Wertgrenze bereits ab 1,00
EUR gesehen und so festgelegt (
BGH GRUR 2013, 1264 [Tz. 20] - RezeptBonus; 2013, 1262 [Tz. 8] - Rezept-Prämie).
f) Eine Ausnahmevorschrift in
Nr. 2 § 7
Abs. 1 HWG greift vorliegend nicht.
Zwar mag nach der dortigen Ausnahmeregelung ein Geldrabatt selbst für Arzneimittel - soweit kein Verstoß gegen Preisvorschriften vorliegt, die aufgrund des AMG gelten - auch gegenüber Verbrauchern möglich sein. Es reicht nach dem Gesetzeswortlaut schon ein bestimmter Betrag; der Geldbetrag muss nicht auf eine bestimmte Weise errechenbar sein, wie dies § 61
S. 1
SGB V ermöglicht (so ersichtlich Vorinstanz US 7). Verbietet aber § 7
Abs. 1 HWG Zuwendungen generell, lässt er aber eine Ausnahme für Vergünstigungen in gegenständlicher Form (
Nr. 1: Gegenstände, Kleinigkeiten) oder als Geldbetrag oder Zugaben (
Nr. 2) zu, soweit damit kein Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Preisvorschriften einhergeht, kann eine Aufhebung des grundsätzlich ausgesprochenen Verbots nach
Abs. 1
S. 1 im Falle von Barzuwendungen nicht gelten, wenn diese durch eine andere gesetzliche Norm ausdrücklich verboten sind, wenn wie hier solche Zuwendungen im Widerspruch zu § 33
Abs. 8
SGB V und der dortigen gesetzlichen Einziehungspflicht stehen. Dies gebietet das Gebot der Einheitlichkeit der Rechtsordnung. Wird der Rabatt jedenfalls ausdrücklich als Verzicht auf die Zuzahlung nach § 33
Abs. 8
SGB V deklariert, so gibt der Beklagte den Rechtscharakter der Vergünstigung/Zuwendung selbst und eindeutig vor. Sie lässt sich dann nicht mehr umwidmen und fassen unter einem allgemeinen Begriff des Geldrabatts. Ist diese Art der gesetzlichen Zuwendung aber verboten, so kann sie nicht wieder erlaubt sein, nur weil sie in einem Regelungszusammenhang stehen, bei welchem Zuwendungen ohnehin ebenfalls generell verboten sind, nur ein Ausnahmetatbestand dieses generellen Verbotes Geldhingaben aber an sich ermöglicht. Der Sondertatbestand eines nur ausnahmsweise möglichen Rabatts kann nicht durch einen gesetzlich verbotenen Rabatt ausgefüllt werden. Mit dieser Wertung wird der Verbotsnorm des § 33
Abs. 8
SGB V auch nicht doch wieder ein Marktverhaltensregelungscharakter zugewiesen. Vielmehr trägt sich die Verbotsfolge in einer anderen Norm zu, welche mit eigener Schutzrichtung Zuwendungen im Bereich von Heilmitteln unterbindet. Damit ergibt sich das Verbot aus einer Parallelvorschrift, die einer eigenen Systematik und einem eigenen Ordnungscharakter folgt.
g) Dieser Verstoß löst einen Unterlassungsanspruch aus, da mit ihm auch ein Überschreiten der Spürbarkeitsschwelle nach § 3 UWG einhergeht (
BGH U. v. 06.11.2014 - I ZR 26/13 [Tz. 29] - Kostenlose Zweitbrille).
4. Abmahnkosten.
Das Ergebnis, welches zur Bejahung eines Unterlassungsanspruchs führt, schließt zugleich die Wertung ein, dass dem Kläger ein Erstattungsanspruch für seine Abmahnkosten zusteht. Gegen die geltend gemachte Höhe bestehen weder Bedenken noch sind solche geltend gemacht. Auch dem Zinsanspruch kann entsprochen werden.
II.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 97, 92
Abs. 2, 708
Nr. 10, 711, 542, 543
i.V.m. § 3
ZPO.
Die geringfügige Einschränkung rechtfertigt auch die Anwendung der Geringfügigkeitsvorschrift des § 92
Abs. 2
ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat folgt ausschließlich anerkannten, durchgängig und erst jüngst höchstrichterlich gebilligten Rechtsgrundsätzen. Die Sachbehandlung erschöpft sich einzig in deren Umsetzung auf den vorliegenden Einzelfall.
Hinsichtlich der Festsetzung des Gegenstandswertes folgt der Senat der landgerichtlichen Wertbemessung, welche auf einer Wertvorgabe des Klägers beruht, die keinen Widerspruch erfahren hat.
Gegen die Entscheidung wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Das Aktenzeichen des Bundesgerichtshofs lautet: ZR 143/15.