Gemäß § 105
Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besondere Schwierigkeit tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind gemäß § 105
Abs. 1 Satz 2
SGG vorher zuhören. Letzteres ist durch Anhörungsschreiben vom 22. September 2009 erfolgt. Die gerichtliche Verfügung wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Empfangsbekenntnis am 30. September 2009 und den Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Empfangsbekenntnis am 29. September 2009 zugestellt.
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Sie ist auch sachlich begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Kostenübernahme für eine myoelektrische Armprothese mit i-Limb-Hand als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung.
Versicherte haben nach
§ 33 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Variante), einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Variante) oder eine Behinderung auszugleichen (3. Variante), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Wie in allen anderen Bereichen der Leistungsgewährung der gesetzlichen Krankenversicherung auch, müssen die Leistungen nach § 33
SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (
§ 12 Abs. 1 SGB V).
Im vorliegenden Fall geht es um die Frage eines Behinderungsausgleichs, der von der dritten Variante des § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V erfasst wird. Nach dieser Vorschrift besteht ein Anspruch auf das begehrte Hilfsmittel, wenn es erforderlich ist, um das Gebot eines möglichst weitgehenden Behinderungsausgleichs zu erfüllen. Gegenstand des Behinderungsausgleichs sind zunächst solche Hilfsmittel, die auf den Ausgleich der Behinderung selbst gerichtet sind, also zum unmittelbaren Ersatz der ausgefallenen Funktionen dienen (Bundessozialgericht -
BSG SozR 2200 § 187
Nr. 1;
BSG SozR 3 2500 § 33
Nr. 18 und 20). Der in § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V genannte Zweck des Behinderungsausgleichs umfasst jedoch auch solche Hilfsmittel, die die direkten und indirekten Folgen einer Behinderung ausgleichen. Ein Hilfsmittel ist von der gesetzlichen Krankenversicherung immer dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis betrifft. Nach der ständigen Rechtsprechung (
vgl. BSG, Urteil vom 16. September 2004 -
B 3 KR 19/03 R - SozR 4-2500 § 33
Nr. 7;
BSG, Urteil vom 26. März 2003 -
B 3 KR 23/02 R - SozR 4-2500 § 33
Nr. 3) gehören zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie das Erschließen eines körperlichen Freiraums im Nahbereich der Wohnung.
In Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die streitgegenständliche myoelektrische Armprothese mit i-Limb-Hand. Dieses Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung ist geeignet und erforderlich, um eine Behinderung des Klägers in nicht unwesentlichem Umfang auszugleichen. Sie überschreitet weder das Maß des Notwendigen noch ist sie unwirtschaftlich. Nach der Rechtsprechung des
BSG sind Versicherte zur Sicherstellung eines allgemeinen Grundbedürfnisses mit dem Hilfsmittel auszustatten, das die bestehende Behinderung, soweit wie nach dem Stand von Wissenschaft und Technik möglich, ausgleicht (Urteil vom 6. Juni 2002 -
B 3 KR 68/01 R - SozR 3 - 2500 § 33
Nr. 44 - C-Leg; Urteil vom 16. September 2004 -
B 3 KR 20/04 R - SozR 4 - 2500 § 33
Nr. 8 - C-Leg)
Im Falle des Klägers ist das allgemeine Grundbedürfnis des Greifens betroffen. Die streitgegenständliche myoelektrische Armprothese mit i-Limb-Hand ist erforderlich, um das aufgrund der angeborenen Fehlbildung des linken Arms bestehende Funktionsdefizit auszugleichen. Dies steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund des nach einer körperlichen Untersuchung des Klägers getroffenen schlüssigen und überzeugenden orthopädischen Gutachtens des
Dr. E. vom 14. Januar 2009 mit ergänzender gutachterlicher Stellungnahme vom 20. April 2009. Danach ist die Versorgung des Klägers mit einer myoelektrischen Armprothese mit i-Limb-Hand notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich, um die bestehende Behinderung auszugleichen. Der Sachverständige führte aus, dass die Versorgung mit einer myoelektrischen Unterarmprothese mit zum Beispiel Sensor Hand Speed vom Hersteller B. zwar ebenso als zweckmäßig einzuschätzen sei, die i-Limb-Prothese stelle jedoch eine sinnvoll erscheinende Weiterentwicklung in der prothetischen Versorgung dar. Im Vergleich zu der in den Prothesen - Daumen integrierten "SUVA - Sensorik" ermögliche die i-Limb-Prothesenhand eine differenzierte Ansteuerung beziehungsweise Aktivierung jedes einzelnen Fingers mit einem entsprechenden Griffspektrum.
Die von dem Kläger, der die i-Limb-Prothesenhand im November 2007 bei deren Vertriebsfirma X
GmbH ausprobieren konnte, vorgetragenen und in einer von dem Kläger vorgelegten Darstellung eines Nutzers der i-Limb-Prothesenhand bestätigten (Blatt 139 bis 151 der Gerichtsakte, auf die Bezug genommen wird) Gebrauchsvorteile der i-Limb-Prothesenhand bei Alltagsaktivitäten können entgegen der Ansicht der Beklagten und des MDK nicht als unwesentlich bezeichnet werden. Mittels der i-Limb-Prothesenhand sind dem Kläger auch linksseitig sämtliche Greifmuster (Schlüssel - Griff, Kraft - Griff, Präzisions - Griff, isolierte Abspreizung des Zeigefingers und der Daumen - Park - Modus) möglich, was bei der von der Beklagten für ausreichend erachteten Versorgung mit Sensor Hand Speed nicht der Fall ist. Wenn neue Hilfsmittel nach dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik den natürlichen Arm- und Handfunktionen immer weiter angenähert werden, stellt jeder Entwicklungsschritt die gerade ausreichende Versorgung dar. Werden - wie hier durch die i-Limb-Prothesenhand - erhebliche Gebrauchsvorteile erzielt, dürfen Versicherte nicht auf das zweitbeste Hilfsmittel verwiesen werden. Der Kläger kann auch nicht darauf verwiesen werden, sämtliche im Alltag üblicherweise erforderlichen Tätigkeiten mit der nicht beeinträchtigten rechten Hand durchzuführen.
Die myoelektrische Armprothese mit i-Limb-Hand ist schließlich auch wirtschaftlich, denn deren Gebrauchsvorteile sind weder auf spezielle Lebensbereiche begrenzt, noch erschöpfen sie sich in der Bequemlichkeit oder im Komfort der Nutzung. Die Gebrauchsvorteile sind nicht nur gering, so dass die - von der Beklagten nicht bezifferten - Mehrkosten gegenüber einer Prothese mit Sensor Hand Speed vom Hersteller B. nicht unverhältnismäßig sind. Die mit der i-Limb-Prothesenhand verbundenen Funktionsvorteile wirken sich im gesamten Alltagsleben des Klägers aus. Eine zusätzliche Kosten - Nutzen - Erwägung ist nicht zusätzlich zum Erfordernis der umfassenden Einsetzbarkeit des Hilfsmittels beziehungsweise des Gebrauchsvorteils bei einem Grundbedürfnis anzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.