Im Einverständnis der Beteiligten konnte die mit Verfügung des Vorsitzenden des 8. Senats vom 27. Dezember 2005 bestimmte Berichterstatterin anstelle des Senats (§ 155
Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) ohne mündliche Verhandlung (§ 153
Abs. 1
i.V.m. § 124
Abs. 2
SGG) entscheiden.
Die gemäß §§ 143f.
SGG an sich statthafte und
gem. § 151
Abs. 1 und 2
SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig, konnte in der Sache jedoch keinen Erfolg haben.
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 5. Dezember 2012 ist nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 11. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. September 2011 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Das Sozialgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Versorgung mit einer Silikon-Fingerprothese für den Zeigefinger ihrer rechten Hand besitzt. Dies entspricht mit der Rechtsprechung Senats (zuletzt: Urteil vom 25. April 2013, Az. L 8 KR 335/10).
Auch wenn es sich bei der vorliegend streitigen Versorgung nach Überzeugung des Senats dem Grunde nach um einen unmittelbaren Behinderungsausgleich
gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. SGB V handelt, besitzt die Klägerin keinen Anspruch, da wesentliche Gebrauchsvorteile der streitigen Silikon-Fingerprothese nicht ersichtlich sind.
Unstreitig handelt es sich bei einer Silikon-Fingerprothese nicht um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, diese ist auch nicht nach
§ 34 Abs. 4 SGB V von der Versorgung durch die
GKV ausgeschlossen.
Der von der
GKV zu leistende Behinderungsausgleich bemisst sich danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird. Der unmittelbare Behinderungsausgleich ist grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Insoweit hat der in § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V als 3. Alternative genannte Zweck (nunmehr auch in
§ 31 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - SGB IX) für die im Rahmen der
GKV gebotene Hilfsmittelversorgung 2 Ebenen. Im Vordergrund steht der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktionen selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits (sog. unmittelbarer Behinderungsausgleich) unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Dieser unmittelbare Behinderungsausgleich dient in aller Regel ohne besondere weitere Prüfung der Befriedigung der Grundbedürfnisse des täglichen Lebens im Sinne von § 31
Abs. 1
Nr. 3
SGB IX, weil die Erhaltung
bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel - wie vorliegend die Silikon-Optik der streitigen Fingerprothese - nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist (zuletzt: Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2009, Az.
B 3 KR 20/08 R,
Rdnr. 14f. veröff. in Juris).
Demgegenüber können Hilfsmittel das Ziel haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (sog. mittelbarer Behinderungsausgleich). Im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleichs ist die
GKV nur leistungspflichtig im Umfang eines Basisausgleichs. Dieser umfasst nicht den Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der
GKV ist allein die medizinische Rehabilitation nach
§ 1 SGB V sowie
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX und damit die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Die darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der
GKV daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens zählen das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Zum Grundbedürfnis der Erschließung eines geistigen Freiraums gehören u.a. die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen Menschen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens
bzw. eines Schulwissens. Zum körperlichen Freiraum im Sinne eines Basisausgleichs der eingeschränkten Bewegungsfreiheit gehört die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (Supermarkt, Arzt, Apotheke, Geldinstitut, Post), nicht aber die Bewegung außerhalb dieses Nahbereichs. Soweit überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind schon immer zusätzliche qualitative Momente verlangt worden (Bundessozialgericht, Urteil vom 25. Juni 2009, Az.
B 3 KR 10/08 R,
Rdnr. 13 mit weiteren Nachweisen, veröff. in Juris).
Körperersatzstücke wie eine Fingerprothese dienen dem unmittelbaren Ersatz des fehlenden Körperteils und ersetzen dessen ausgefallene Funktionen. Denn Fingerprothesen sind - wie Beinprothesen - auf den Ausgleich der Behinderung selbst gerichtet und dienen der medizinischen Rehabilitation. Bei einer Fingerprothese geht es um das Grundbedürfnis auf möglichst sicherer Greif-, Halte- und Führungsfunktion der Hand, wie es bei nicht behinderten Menschen gewährleistet ist. Die fehlende Funktion muss durch das Körperersatzstück möglichst weitgehend ausgeglichen werden (siehe zur Beinprothese: Bundessozialgericht Urteil vom 25. Juni 2009, Az. B 3 KR 10/08 R,
Rdnr. 17, veröff. in Juris).
Jedoch steht ein Anspruch auf unmittelbaren wie auch auf mittelbaren Behinderungsausgleich unter dem Wirtschaftlichkeitsgebot des
§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V ausreichend, d.h. die Heilmittelversorgung muss zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Dem folgend umfasst auch der unmittelbare Behinderungsausgleich in Form eines Körperersatzstückes nicht stets eine optimale Versorgung. So besteht kein Anspruch auf ein teureres Hilfsmittel, soweit die kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell in gleicher Weise geeignet ist. Mehrkosten sind dem Versicherten zu tragen (§ 33
Abs. 1 Satz 5
SGB V, § 31
Abs. 3
SGB IX). Dies bedeutet zugleich, dass Krankenkassen nicht für solche "Innovationen" aufzukommen haben, die keine wesentlichen Gebrauchsvorteile für den Versicherten bewirken, sondern sich auf einen besseren Komfort im Gebrauch oder eine bessere Optik beschränken (Bundessozialgericht Urteil vom 25. Juni 2009, Az. B 3 KR 10/08 R,
Rdnr. 14, veröff. in Juris).
Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 14. Juli 2013 aufgeführt hat, macht die Klägerin zwar einen Anspruch auf einen unmittelbaren Behindertenausgleich nach § 33
Abs. 1 Satz 1 3. Alt.
SGB V geltend. Dieser Anspruch unterliegt jedoch dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12
Abs. 1 Satz 1
SGB V. Das streitige Hilfsmittel muss danach ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Dem folgend umfasst auch der unmittelbare Behinderungsausgleich in Form eines Körperersatzstücks stets keine optimale Versorgung. Ein Anspruch auf ein teures Hilfsmittel, soweit die kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell in gleicher Weise geeignet ist. Darüber hinausgehende Mehrkosten hat der Versicherte zu tragen (§ 33
Abs. 1 Satz 5
SGB V, § 31
Abs. 3
SGB IX). Die Krankenkassen haben nicht für solche Innovationen im Bereich der Körperersatzstücke aufzukommen, die keinen wesentlichen Gebrauchsvorteil für den Versicherten beinhalten, sondern sich auf einen besseren Komfort im Gebrauch - oder wie vorliegend - auf eine bessere Optik beschränken (Bundessozialgericht, Urteil vom 25. Juni 2009, Az. B 3 KR 10/08 R,
Rdnr. 14, zit. nach der Veröff. in Juris). Einen wesentlichen Gebrauchsvorteil der beantragten Versorgung im Alltag gegenüber einer Versorgung ohne Silikonoberfläche, hat die Klägerin weder vorgetragen noch ist diese aus den vorliegenden Unterlagen erkennbar. Eine Verbesserung der Druck- und Schmerzempfindlichkeit durch die beantragte Silikonausstattung der Prothese ist nicht nachvollziehbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160
Abs. 2
SGG nicht vorliegen.