Der Senat konnte durch die Vorsitzende und Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheiden, da die hierfür gemäß § 155
Abs. 4, 3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) erforderlichen Einverständniserklärungen vorliegen.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151
Abs. 1
SGG). Sie ist jedoch nicht begründet; der geltend gemachte Erstattungsanspruch besteht nicht. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass die Beklagte als erstangegangener Rehabilitationsträger i.
S. von
§ 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) über den Antrag der Klägerin nach allen Rechtsgrundlagen zu befinden hatte, die in der gegebenen Bedarfssituation für behinderte Menschen vorgesehen sind; eine Ablehnung ist dem erstangegangenen Rehabilitationsträger, der den Antrag nicht innerhalb der Frist des § 14
Abs. 1 Satz 1
SGB IX weitergeleitet hat, nur möglich, wenn überhaupt kein Träger die beantragte Leistung zu erbringen hat (
vgl. hierzu im Einzelnen
BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 -
B 3 KR 5/12 R - juris Rn. 15
ff.; Hessisches
LSG, Urteil vom 19. Juni 2013 -
L 6 AL 3/10 - juris Rn. 42).
1. Die Voraussetzungen des für den Bereich des
SGB V als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommenden
§ 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V sind nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift sind, sofern die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (erste Fallgruppe) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (zweite Fallgruppe) und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch.
a) Ein Anspruch der Klägerin gemäß § 13
Abs. 3 Satz 1 Alternative 1
SGB V besteht nicht. Zwar kann eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung unaufschiebbar werden, wenn mit der Ausführung so lange gewartet wird, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, damit der mit ihr angestrebte Erfolg noch erreicht werden kann (siehe hierzu und zum Folgenden
BSG, Urteil vom 25. September 2000 - B 1 KR 5/99 R - juris Rn. 16). Die medizinische Dringlichkeit ist allerdings nicht allein ausschlaggebend. Denn für die erste Fallgruppe wird neben der Unaufschiebbarkeit vorausgesetzt, dass die Krankenkasse die in Rede stehenden Leistungen nicht rechtzeitig erbringen konnte. Davon kann im Regelfall nur ausgegangen werden, wenn sie mit dem Leistungsbegehren konfrontiert war und sich dabei ihr Unvermögen herausgestellt hat. Nur da, wo eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse vom Versicherten nach den Umständen des Falles nicht verlangt werden konnte, darf die Unfähigkeit zur rechtzeitigen Leistungserbringung unterstellt werden. Daraus folgt, dass der Kostenerstattungsanspruch mit dem Unvermögen der Krankenkasse zur rechtzeitigen Erbringung einer unaufschiebbaren Leistung nur begründet werden kann, wenn es dem Versicherten - aus medizinischen oder anderen Gründen - nicht möglich oder nicht zuzumuten war, vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten (
vgl. hierzu
BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - juris Rn. 23;
LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11. März 2013 - L 4 KR 32/12 B - juris Rn. 21).
Der Klägerin war die Einschaltung der Beklagten vor der Beschaffung möglich. Ein Unvermögen der Beklagten zur rechtzeitigen Erbringung einer unaufschiebbaren Leistung kann nicht begründet werden.
b) Ein Anspruch der Klägerin lässt sich auch nicht aus § 13
Abs. 3 Satz 1 Alternative 2
SGB V herleiten.
Danach besteht ein Kostenerstattungsanspruch, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Dies ist dann der Fall, wenn die Krankenkasse eine vom Versicherten beantragte und ihm rechtlich zustehende Leistung objektiv rechtswidrig verweigert hat, wenn die einschlägigen materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen also erfüllt gewesen sind (siehe nur Helbig in jurisPK-
SGB V, 2. Auflage, § 13 Rn. 54, 56). Das Bestehen eines entsprechenden Sachleistungsanspruchs des Versicherten gegen seine Krankenkasse setzt voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu denjenigen Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (
BSG, Urteil vom 27. März 2007 - B 1 KR 17/06 R - juris Rn. 12).
Der Anspruch ist somit gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (st. Rs,
z.B. BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R - juris Rn. 28
m.w.N.).
Zu berücksichtigen ist insoweit, dass eine Leistung im Rahmen der Hilfsmittelversorgung nicht bereits mit der Auswahl des jeweiligen Hilfsmittels "selbst beschafft" ist. Die Auswahl ist dem Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet und scheidet deshalb - mit Ausnahme von Fällen der Vorfestlegung - als Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung aus. Anspruchshindernd ist grundsätzlich erst ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer. Unschädlich sind danach Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind wie
z. B. bei der Hörgeräteversorgung die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte, zu der auch eine probeweise Hörgeräteüberlassung gehört. Anderes gilt dann, wenn der Versicherte bereits vor der Entscheidung der Krankenkasse eine endgültige rechtliche Verpflichtung eingeht und der Leistungserbringer demgemäß auch im Falle der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch die Krankenkasse die Abnahme und Bezahlung des Hilfsmittels verlangen kann
(z. B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/09 R - juris Rn. 12 und Urteil vom 24. Januar 2013 -
B 3 KR 5/12 R -, juris Rn. 44, jeweils
m.w.N.).
Vorliegend ist davon auszugehen, dass die Klägerin bereits vor Antragstellung am 24. Juli 2007 eine endgültige rechtliche Verpflichtung bzgl. der Zahlung der den Festbetrag übersteigenden Kosten für das Hörgerät eingegangen war. Zum einen war sie, wie aus der von ihr unterschriebenen "Kundeninformation" vom 20. März 2006 hervorgeht, von der
Fa. K Hörgeräte darüber informiert worden, dass über dem Festbetrag liegende Kosten von ihr zu tragen seien und hat sich trotzdem nicht für eine eigenanteilsfreie Versorgung entschieden (
vgl. hierzu
LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. November 2013 -
L 33 R 550/12 - juris Rn. 58). Auch der Vermerk auf dem Kostenvoranschlag der
Fa. K Hörgeräte vom 12. April 2006 "bestätige ich den Eigenanteil
inkl. der gesetzlichen Zuzahlung" macht deutlich, dass der Klägerin jedenfalls bewusst war und sie akzeptiert hat, dass die
Fa. K Hörgeräte sie zur Bezahlung der den Festbetrag übersteigenden Kosten heranziehen würde. Dem entsprechend wurde ihr nach Ablehnung ihres Antrags vom 24. Juli 2007 mit Bescheid vom 11. Oktober 2007 der über dem Festbetrag liegende Betrag von der
Fa. K Hörgeräte in Rechnung gestellt und von ihr auch beglichen. Zudem hat die Klägerin in ihren Schriftsätzen mehrfach ausgeführt, sie habe sich (im Juli 2006) für ihre Hörgeräte "entschieden". Damit kann eine Kausalität zwischen
ggf. rechtswidriger Leistungsablehnung und dem Entstehen der Mehrkosten ausgeschlossen werden. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Klägerin den Entschluss zum Erwerb der Hörgeräte unbedingt, also unabhängig von der Entscheidung der Beklagten hinsichtlich ihres Antrags auf Übernahme der Mehrkosten, gefasst hatte.
Damit kann dahin stehen, ob die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des unmittelbaren Behinderungsausgleichs, für welchen das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts gilt,
ggf. Anspruch auf eine Versorgung mit hinsichtlich der Kosten über dem Festbetrag liegenden Hörgeräten gehabt hätte oder ob, wovon sowohl die Gutachterin des MDK
Dr. H als auch der vom SG bestellte Gutachter
Dr. med. habil. M ausgingen, bereits eine einohrige Versorgung mit einem Festbetragsgerät ihre Hörbehinderung ausreichend ausgeglichen hätte.
2. Soweit die Klägerin mit dem von ihr geltend gemachten Erstattungsanspruch auch einen Anspruch auf Erstattung von Kosten für Leistungen zur Teilhabe geltend macht (
§ 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 SGB IX i.V.m. § 16 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]
bzw. § 97 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung), ist die Beklagte ebenfalls passivlegitimiert (s.o.). Mögliche Anspruchsgrundlage insoweit ist
§ 15 Abs. 1 Satz 4 2. Alt. SGB IX. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind jedoch ebenfalls nicht erfüllt.
Bei dem - rehabilitationsrechtlichen - Kostenerstattungsanspruch nach
§ 15 Abs. 1 Satz 4 2. Alt. SGB IX handelt es sich um einen Parallelanspruch zum krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 13
Abs. 3 Satz 1 2. Alt.
SGB V. Der Anspruch ist somit gegeben, wenn der nach § 14
SGB IX zuständige Rehabilitationsträger die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und d. Versicherte
bzw. Leistungsberechtigte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung d. Versicherten
bzw. Leistungsberechtigten ausgelöst hat (
BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R - juris Rn. 42). Mangels Vorliegen des erforderlichen Ursachenzusammenhanges (s.o. unter 1. b) sind die Voraussetzungen dieser Vorschrift ebenfalls nicht erfüllt.
Damit kann dahinstehen, ob entsprechend den Ausführungen der Beigeladenen zu 2 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11
SGB VI für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gegeben waren. Des Weiteren kann dahin stehen, ob die Klägerin aus beruflichen Gründen in besonderer Weise auf ihr Hörvermögen angewiesen ist
bzw. die Voraussetzungen für die Annahme einer besonderen beruflichen Betroffenheit vorliegen.
3. Da § 14
Abs. 2 Satz 1
SGB IX im Außenverhältnis zum Versicherten die Zuständigkeiten aller anderen Träger ausschließt und die Beklagte somit den geltend gemachten Anspruch unter Beachtung aller in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen zu prüfen hatte (s.o.), hat (auch) die Beigeladene zu 1 innerhalb des durch den Antrag der Klägerin vom 24. Juli 2007 ausgelösten Verwaltungsverfahrens ihre Zuständigkeit für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen verloren (
BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R - juris Rn. 26); sie war somit sachlich nicht zuständig für den Erlass der Bescheide vom 29. September 2006 und 1. März 2007.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (
SGG).
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160
Abs. 2
Nr. 1, 2
SGG).