1. Die Klage ist zulässig, da das sachlich (§ 51
Abs. 1
Nr. 2
SGG) und örtlich (§ 57
Abs. 1
SGG) zuständige Sozialgericht München angerufen, das gesetzlich vorgesehene (§ 78
SGG) Vorverfahren durchgeführt wurde und fristgerecht (§ 87
Abs. 2
SGG) Klage erhoben worden ist. Vorliegend konnte das Gericht einen Gerichtsbescheid erlassen, da gemäß § 105 Absatz 1 Satz 1
SGG die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufwies und der Sachverhalt geklärt war. Die Beteiligten wurden ordnungsgemäß gehört,
bzw. haben sich vorab mit einem Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.
2. Die Klage ist auch begründet.
Versicherte haben gemäß
§ 33 SGB V Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung, die im Einzelfall erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit sie nicht - was vorliegend auszuschließen war - als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Diese Hilfsmittel können zulasten der Krankenkasse nur geleistet werden, wenn sie notwendig sind, den Erfolg der Krankenbehandlung zusichern beziehungsweise eine Behinderung auszugleichen und darüber hinaus auch wirtschaftlich sind (
§ 12 Abs. 1 SGB V).
Dabei bemisst sich der Behinderungsausgleich entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder mittelbaren Behinderungsausgleich beansprucht wird (BSGE, Urteil vom 17. Dezember 2009,
B 3 KR 20/08 R, Juris, Rn. 14). Während beim unmittelbaren Behinderungsausgleich das Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleich als Maßstab herzunehmen ist, gilt für den mittelbaren Behinderungsausgleich, also wenn die Erhaltung
bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktionen nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden, ein beschränkter Maßstab. Hier (und nur hier!) müssen die Krankenkassen nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintreten (
BSG, a.a.O., Rn. 15,16) und haben für über die Leistungspflicht der Krankenkasse hinausreichende Behinderungsfolgen gegebenenfalls auch andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen. Dies gilt auch etwa für Gebrauchsvorteile der Hilfsmittel im Beruf (
BSG, a.a.O., Rn. 16,17). Die Versorgung mit Beinprothesen dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich und demzufolge ist eine Beinprothese für die Versorgung des Betroffenen grundsätzlich schon dann erforderlich iS von § 33 Abs 1 Satz 1
SGB V, wenn sie nach dem Stand der Medizintechnik (
§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) die bestmögliche Angleichung an das Gehvermögen Gesunder erlaubt und damit im allgemeinen Alltagsleben einen erheblichen Gebrauchsvorteil gegenüber anderen Beinprothesen bietet.
Aus der im Rahmen der Beweisaufnahme durchgeführten Begutachtung durch
Dr. C. ergibt sich nach Auffassung des Gerichts diesbezüglich unzweifelhaft, dass die vom Kläger gewünschte Beinprothese einen ganz wesentlichen Schritt in Richtung der Angleichung des Gehens der Behinderten an Gesunde ermöglicht. Solange dieser Ausgleich im Sinne eines Gleichziehens mit dem Gehvermögen von Gesunden nicht vollständig erreicht ist, kann die Versorgung mit einer geeigneteren Beinprothese schon aus gesetzessystematischen Überlegungen heraus (siehe oben) keinesfalls mit der Begründung abgelehnt werden, dass die
GKV nur für die Aufrechterhaltung eines - wie auch immer zu bestimmenden - Basisgehvermögens aufzukommen habe. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 Satz 1
SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es, gehbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen dem Gangbild des gesunden möglichst weitgehend anzupassen ...
Begrenzt ist der so umrissene Anspruch allerdings durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1
SGB V. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 Satz 1
SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teurere Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist. Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der
GKV ist eine kostenaufwendige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere durch Prothesen für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten nach ärztlicher Einschätzung in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen oder wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (
BSG, a.a.O., Rn. 21).
Diese anspruchsvernichtenden Kriterien liegen beim Kläger nicht vor. Wie oben bereits ausgeführt, ergeben sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für den Kläger ganz erhebliche Gebrauchsvorteile, die sich nicht unter Komfort- und Bequemlichkeitsgesichtspunkten fassen lassen. Unbeachtlich sind Ausführungen zur Frage, ob das gewünschte Prothesensystem Spätschäden effektiver verhindert. Entscheidend ist, ob sich das Gehen des Behinderten wesentlich dem Gehen des Gesunden weiter annähert. Dies liegt hier vor. Abgesehen davon erscheint es dem Gericht nur logisch, dass eine Angleichung an das Gangbild des Gesunden auch eine Verringerung von Folgeschäden zur Folge haben muss. Hierauf kommt es jedoch - wie oben ausgeführt - nicht an.
3. Der Klage war daher in vollem Umfang stattzugeben. Mangels Beklagtenvorbringens zu gleichwertigen Alternativen und unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme hatte das Gericht auch keine Bedenken das gewünschte Gerät direkt auszuurteilen. Die Kostenfolge ergibt das § 193
SGG.