Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Der Klägerin steht kein Erstattungsanspruch gemäß
§ 14 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB IX gegenüber der Beklagten zu.
Im Verhältnis der Rehabilitationsträger untereinander räumt § 14
Abs. 4
SGB IX dem "zweitangegangenen Träger" einen spezialgesetzlichen Erstattungsanspruch gegen den "materiell-rechtlichen" eigentlichen
bzw. originär zuständigen Rehabilitationsträger ein, der den allgemeinen Erstattungsansprüchen nach dem
SGB X vorgeht (
vgl. Urteile des
BSG vom 26. Juni 2007, Az.:
B 1 KR 34/06 R in SozR 4-3250 § 14
Nr. 4 und vom 20. April 2010, Az.:
B 1/3 KR 6/09 R, bislang nur in JURIS veröffentlicht).
§ 14
Abs. 4 Satz 1 bis 3 Halbsatz 1
SGB IX lautet wie folgt: "Wird nach Bewilligung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger nach
Abs. 1 Satz 2 bis 4 festgestellt, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist, erstattet dieser dem Rehabilitationsträger, der die Leistung erbracht hat, dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften (§ 14
SGB IX i. d. F. des
Art. 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2001, BGBl I 1046)."
Die beklagte Krankenkasse ist für die dem Versicherten gewährte Maßnahme der Arbeitstherapie
i. S. v. § 14
Abs. 4 Satz 1
SGB IX nicht zuständig gewesen. Dabei kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob tatsächlich die Zuständigkeit der Klägerin für diese Maßnahme nach den Regelungen des
SGB VI besteht oder
ggf. die Agentur für Arbeit als zuständiger Leistungsträger in Betracht kommt.
Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation, die von der Krankenkasse zu erbringen sind, zeichnen sich dadurch aus, dass die Notwendigkeit ständiger ärztlicher Verantwortung besteht, bei dem nicht lediglich die Gewährung von Unterkunft in einem nicht gefährdeten Milieu mit Anleitung zur Bewältigung lebenspraktischer und beruflicher Anforderungen im Vordergrund steht (
vgl. Urteil des
BSG vom 26. Juni 2007, Az.:
B 1 KR 36/06 R in SozR 4-2500 § 40
Nr. 4). Inhalt und Gegenstand der Arbeitstherapie sind im Gesetz nicht ausdrücklich definiert. Gemäß
§ 26 Abs. 2 SGB IX umfassen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation insbesondere gemäß
Nr. 7 der Vorschrift die Belastungserprobung und die Arbeitstherapie. Allein die Tatsache, dass die Arbeitstherapie als medizinische Maßnahme der Rehabilitation in § 26
SGB IX genannt ist, begründet jedoch keine Zuständigkeit der Beklagten. Das
BSG hat bereits in seiner Entscheidung vom 26. März 2003 - Az.:
B 3 KR 23/02 R - (in SozR 4-2500 § 33
Nr. 3
Rdnr. 15) entschieden, dass die Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung auch nach dem Inkrafttreten des
SGB IX allein in der medizinischen Rehabilitation nach Maßgabe des
SGB V besteht, also der möglichst weitgehenden Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktion einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltages meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation bleibe Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme.
In seiner Entscheidung vom 26. Juni 2007 (aaO) hat das
BSG ausgeführt, dass das
SGB IX zwar eigenständig Gegenstände, Umfang und Ausführungen von Leistungen regelt. Ob der einzelne Leistungsträger allerdings für alle unter dem Aspekt medizinischer Rehabilitation in Betracht kommenden Einzelleistungen aufzukommen hat, richtet sich danach, ob der Träger für die betroffene Maßnahme als Ganzes zuständig ist. Hinsichtlich der Zuständigkeit und der Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe wird insoweit nach wie vor auf die für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetze (hier das
SGB V) verwiesen, während die Vorschriften des
SGB IX nur maßgebend sind, soweit etwa im
SGB V nichts Abweichendes vorgesehen ist. Anders als § 15
Abs. 1 Satz 1
SGB VI verweist das
SGB V für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht pauschal auf die §§ 26 bis 31
SGB IX. Die Krankenkassen sind vielmehr nach den Vorschriften des
SGB V zur Erbringung medizinischer Rehabilitationsleistungen nur unter den dort genannten Voraussetzungen verpflichtet. Fehlt es daran, so kommt der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht in Betracht. Unerheblich ist hierfür, inwieweit andere Rehabilitationsträger die Maßnahme als Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben oder Leben in der Gemeinschaft zu gewähren hatten. Maßgebend ist folglich lediglich, ob die Beklagte die Arbeitstherapie ihrer Art nach entsprechend den Vorschriften des
SGB V hätte leisten müssen. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Nach den Ausführungen des Klinikums B C im Abschlussbericht vom 27. Februar 2004 wohnte der Versicherte L. im streitigen Zeitraum nicht im Klinikum, sondern in der H-W-Stiftung. Er wurde an sehr realitätsnahen Arbeitstherapieplätzen im Klinikum B O eingesetzt. Die meiste Zeit war er im Zentralarchiv mit allen dort regelmäßig anfallenden Tätigkeiten betraut. Zur Steigerung der Anforderungen und zum Kennenlernen eines neuen Arbeitsumfeldes absolvierte er ab dem 10. Oktober 2003 ein begleitetes Praktikum im Sekretariat der Lungenklinik des Klinikums B O. Dort hat er sich nach anfänglichen leichten Schwierigkeiten gut eingearbeitet und konnte zu einem adäquaten Umgang mit den Kollegen finden. Dieses Praktikum wurde zu Beginn des neuen Jahres beendet, nachdem es bedingt durch depressive Stimmungsschwankungen immer wieder zu unentschuldigten Fehlzeiten kam. Er kehrte daraufhin zurück an den Arbeitsplatz im Zentralarchiv. Das Klinikum B O hat weiterhin ausgeführt, dass der Versicherte L. im Gruppengeschehen immer schnell integriert und von Anfang an voll akzeptiert war. Dies gab ihm zeitweise die Gelegenheit, sich intensiv für die Belange anderer einzusetzen, wobei eigene Interessen leicht ins Hintertreffen gerieten. Vom 30. September 2003 bis 13. November 2003 nahm der Versicherte L. regelmäßig am Konzentrationstraining teil. Die Ergebnisse waren stark von seiner jeweiligen Tagesform abhängig. Er erzielte dennoch gut durchschnittliche bis überdurchschnittliche Ergebnisse in den Bereichen Selbständigkeit, Ausdauer und Sorgfalt. Weiterhin wurde eine Fähigkeitsanalyse nach
MELBA durchgeführt. In enger Zusammenarbeit mit den Wohnbetreuern der H-W-Stiftung konnte die weitere Planung der beruflichen Rehabilitation konkretisiert werden. Hierfür war ein langer Vorlauf nötig, weil der Versicherte L. zu Beginn der Behandlung diesbezüglich noch keinerlei Orientierung hatte. Er ist zu verschiedenen Einrichtungen begleitet worden und das Klinikum B O hat in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt das für ihn möglichst zutreffendste Angebot ausgewählt. Zum 1. März 2004 wurde der Versicherte L. in den Förderlehrgang übergeben, um ihn auf die geplante Berufsausbildung im kaufmännischen Bereich gezielt vorzubereiten. Der Bericht ist unterschrieben vom Koordinator Ergotherapie
Dr. V und der behandelnden Ergotherapeutin H.
Aus dem Abschlussbericht des Klinikums B O ergibt sich, dass es sich bei der Maßnahme im streitigen Zeitraum nicht um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung handelt.
Das
BSG hat in seinem Urteil vom 26. Juni 2007 (aaO) ausgeführt, dass, wie sich aus der die §§ 40
ff.,
§ 11 Abs. 2 SGB V ergänzenden Legaldefinition der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen in § 107
Abs. 2
SGB V ergibt, medizinische Rehabilitation i.
S. d. Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung ihrem Hauptzweck nach eine stationäre Behandlung des Patienten voraussetzt, um eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen oder einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken (Vorsorge) oder um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern oder im Anschluss an Krankenhausbehandlung den dabei erzielten Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen, auch mit dem Ziel, eine drohende Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern (Rehabilitation), wobei Leistungen der aktivierenden Pflege nicht von den Krankenkassen übernommen werden dürfen (
vgl. § 107 Abs. 2 Nr. 1 SGB V).
Neben dieser Zielsetzung muss die Maßnahme erfordern, dass die Einrichtung in organisatorischer, institutioneller Hinsicht "fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung" steht und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal darauf eingerichtet ist, den Gesundheitszustand des Patienten "nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen, zu verbessern und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen" (
vgl. § 107
Abs. 2
Nr. 2
SGB V).
Zum einen handelt es sich bei der Arbeitstherapie des Versicherten L. nicht um eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme
i. S. v. § 40 Abs. 2 SGB V und zum anderen ist nicht ersichtlich, dass der Arbeitstherapie des Versicherten L. ein bestimmter ärztlicher Behandlungsplan zu Grunde lag, aus dem sich eine in erster Linie medizinische Ausrichtung der Maßnahme ergibt.
Im Vordergrund der Maßnahme standen vielmehr nichtmedizinische Ziele und Mittel, nämlich die berufliche und soziale Integration des Versicherten L. Nach dem Inhalt des Abschlussberichtes zielte die Arbeitstherapie auf die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit durch Training beruflicher Fähigkeiten und Fertigkeiten ab. Darüber hinaus wurde das Training von lebenspraktischen Fähigkeiten wie Pünktlichkeit, schließlich auch Persönlichkeitsstabilisierung durch Erhöhung des Selbstbewusstseins und des Konzentrationsvermögens begleitet. Auch aus der Erstellung der Fähigkeitsanalyse nach
MELBA ergibt sich, dass der Versicherte L. im Rahmen der Arbeitstherapie überwiegend Hilfen arbeits- und sozialtherapeutischer Art wie Arbeitstraining, Sozialberatung in Ausbildungs- und sonstigen Fragen, erhielt. Ärztliche Interventionen waren nicht erforderlich und es erfolgte keine Pharmakotherapie. Eine Feststellung darüber, dass eine planmäßige ärztliche Behandlung, Physiotherapie, die Verabreichung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder ähnliche medizinische Maßnahmen erfolgen sollten, liegen nicht vor und sind im Abschlussbericht des Klinikums B O auch nicht erwähnt. Die
evtl. Anwendung von Ergotherapie und orientierenden therapeutischen Gesprächen, wie im Antrag des Klinikums B O vom 25. April 2003 gegenüber der Beklagten ausgeführt, unterlagen folglich keinem ärztlichen Behandlungsplan und können daher die Zuständigkeit der Beklagten nicht begründen.
Aus den Feststellungen im Abschlussbericht ergibt sich vielmehr, dass es in erster Linie um berufliche und soziale Integration des Versicherten L. ging, bei deren erfolgreicher Durchführung mittelbar auch eine Festigung der Erfolge der bereits vorher auf Kosten der Beklagten durchgeführten Maßnahmen im Klinikum B O zu erwarten war. Dabei fällt auch ins Gewicht, dass der Versicherte L. bereits vor Beginn der streitigen Maßnahme vom 25. August 2003 bis 24. Februar 2004, ausweislich des Entlassungsberichtes des Krankenhauses B O vom 1. Dezember 2003 bereits seit Juni 2003, an der Arbeitstherapie im Archiv des Klinikums teilgenommen hat. Mithin hat die Beklagte den stationären Aufenthalt des Versicherten L. im Krankenhaus B O bis zum 15. August 2003 als Kostenträger übernommen und während dieser Zeit bereits eine Arbeitstherapie für den Versicherten L. von Juni bis August gezahlt. Darüber hinaus heißt es in dem Entlassungsbericht, dass der Versicherte L. sich bis zum Behandlungsende am 15. August 2003 psychisch stabilisieren konnte. Trotz des über längere Zeit schwierigen Behandlungsverlaufs konnte er kleine Schritte in Richtung einer geordneten und überschaubaren Zukunftsperspektive für sich erreichen. Er war motiviert für die geplante klinische Arbeitstherapie und seine anschließende berufliche Rehabilitation. Mithin gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die von der Beklagten erbrachte stationäre Leistung im Krankenhaus B O ihr Ziel nicht erreicht hat und es im unmittelbaren Anschluss daran sofort einer weiteren medizinischen Rehabilitationsmaßnahme zu Lasten der Beklagten bedurft hätte.
Mithin ist die Beklagte für die Erbringung der Maßnahme im streitigen Zeitraum nicht zuständig gewesen. Sie braucht daher die Kosten hierfür gemäß
§ 14 Abs. 4 SGB IX nicht zu erstatten. Die Berufung ist folglich zurückzuweisen. Auf die Frage der Zuständigkeit der Klägerin im Rahmen des § 15 Abs 1 Satz 1
SGB VI kommt es nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Sozialgerichtsgesetz (
SGG)
i. V. m. § 154
Abs. 2 und § 162
Abs. 1 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO), denn keiner der Beteiligten gehört zu dem Personenkreis, für den nach § 183
SGG das Verfahren gerichtskostenfrei ist.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52
Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Zuständigkeit der Leistungen der Rehabilitationsträger untereinander in Anbetracht des Urteils des
BSG vom 20. Oktober 2009, Az
B 5 R 44/08 R (in SozR 4-3250 § 14 Nr 9), das auf die Frage einer einheitlichen Gesamtschau der Maßnahmen abstellt, zugelassen.