Die zulässige Klage ist auch begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 14.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf Ausstattung mit dem "Trekker Breeze".
Rechtsgrundlage dieses Anspruchs ist
§ 33 Abs 1 Satz 1 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach
§ 34 Abs 4 SGB V aus der
GKV-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen.
Diese Voraussetzungen liegen vor. Das Gericht folgt in der Beurteilung des Hilfsmittels dem Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 25.06.2009, Aktenzeichen:
B 3 KR 4/08 R. Danach kann ein
GPS-System für blinde oder sehbehinderte Menschen ein Hilfsmittel zum Ausgleich von Behinderungsfolgen iS von § 33 Abs 1 Satz 1
SGB V sein. Dem steht weder die fehlende Aufführung im Hilfsmittelverzeichnis der
GKV noch eine Qualifizierung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens entgegen.
Im vorliegenden Einzelfall gewährt das
GPS-System auch Vorteile, die dem von der
GKV abzudeckenden Bereich der medizinischen Rehabilitation zuzurechnen sind.
Für den Ausgleich von Folgen krankheitsbedingter Mobilitätseinschränkungen haben die Krankenkassen im Gefüge der verschiedenen Sozialleistungsträger nur einzustehen, soweit die Bewegung im Nahbereich der Wohnung eines Versicherten betroffen ist und das beanspruchte Hilfsmittel hierfür einen besonderen Gebrauchsvorteil bietet; Auch nach Inkrafttreten des
SGB IX (vgl hier
§ 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) ist die
GKV nicht für den Ausgleich sämtlicher direkter und indirekter Behinderungsfolgen zuständig. Ihre Aufgabe ist allein die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Für darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitationsziele haben hingegen andere Sozialleistungssysteme aufzukommen.
Demgemäß ist ein Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten oder indirekten Folgen einer Behinderung - mittelbarer Behinderungsausgleich - nur "erforderlich" iS von § 33 Abs 1 Satz 1
SGB V, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft (stRspr; vgl zuletzt BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7 jeweils RdNr 12 - schwenkbarer Autositz bei Wachkomaversorgung; BSGE 91, 60 RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 10 - Rollstuhl-Ladeboy;
BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185 - Rollstuhl-Bike;
BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32 S 191 - Therapie-Tandem - jeweils mwN) . Räumlich bezieht sich dies im Bereich der Mobilität auf den Bewegungsradius, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht (
BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 29, 31, 32 sowie
BSG SozR 3-1200 § 33 Nr 1; stRspr). Dazu ist der Versicherte nach Möglichkeit zu befähigen, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegende Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (
BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 187 - Rollstuhl-Bike). Ausnahmen hiervon hat der Senat nur bei besonderen zusätzlichen Merkmalen gemacht - etwa im Hinblick auf die besonderen Entwicklungsanforderungen von Kindern und Jugendlichen (vgl zB
BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 46 S 259 mwN - behindertengerechtes Dreirad für Kinder) oder unter besonderen Umständen im Rahmen der medizinischen Versorgung (vgl BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, jeweils RdNr 13 - schwenkbarer Autositz bei Wachkomaversorgung; vgl auch Senatsurteil vom 20.11.2008 -
B 3 KN 4/07 KR R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen (Urteilsabdruck RdNr 16) - Kraftknoten).
Für das hier beanspruchte Hilfsmittel gelten die vorgenannten Maßstäbe entsprechend. Ziel der Versorgung mit einem
GPS-System ist die Milderung von Folgen des Ausfalls oder der wesentlichen Beeinträchtigung des Sehvermögens und damit der Ausgleich mittelbarer Behinderungsfolgen. Hierfür hat die
GKV nach den dargelegten Maßstäben nur aufzukommen, soweit es der Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse dient. Das beurteilt sich bei Mobilitätseinschränkungen infolge von Blindheit oder Sehbehinderung nicht anders als bei Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates; in beiden Fällen erstreckt sich die Ausgleichsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von dem Grund der Beeinträchtigung räumlich nur auf den Bewegungsradius, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht, und dem Gegenstand nach auf diejenigen Mittel, die für diesen Nachteilsausgleich funktionell erforderlich sind.
Hiervon ausgehend besteht Anspruch auf Versorgung mit einem
GPS-System für blinde und sehbehinderte Menschen durch die
GKV, wenn sich der Versicherte nach den Umständen des Einzelfalls ohne diese Unterstützung im Nahbereich um die eigene Wohnung nicht zumutbar orientieren kann und das
GPS-System deshalb einen wesentlichen Gebrauchsvorteil im dargelegten Sinne bietet. Das ist nicht der Fall, wenn dem Versicherten die Orientierung im Umfeld um die Wohnung trotz Blindheit oder Sehbehinderung aus eigenem Vermögen oder mit anderen Hilfsmitteln - insbesondere einem Blindenführhund - vertraut ist und Orientierungsdefizite insoweit nicht bestehen (
BSG, Urteil vom 25.06.2009, Aktenzeichen: B 3 KR 4/08 R).
Der Kläger verfügt ausschließlich zu seiner Orientierung über Blindenlangstöcke und kann gerade nicht auf die Fähigkeiten eines Blindenführhundes zu seiner Orientierung zurückgreifen. Im Übrigen geht das Gericht davon aus, dass eine Orientierung in dem vom
BSG definierten Nahbereich - nämlich dem Bewegungsradius, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß zu erreichen vermag - nur mit der Hilfe von Blindenlangstöcken nur höchst eingeschränkt, nämlich ausschließlich auf geübten und bekannten Wegen, möglich ist. Der Kläger hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es im Sinne des mittelbaren Behinderungsausgleichs auch gewährleistet sein muss, dass im Wohnungsumfeld Wege unternommen werden können, um so einen körperlichen und geistigen Freiraum zu erschließen. Dabei gehört es auch zur Erschließung dieses Freiraums, nicht auf einige wenige bekannte Wege im Sinne einer körperlichen Betätigung verwiesen zu werden, sondern im Sinne der Erschließung eines geistigen Freiraums, auch die Möglichkeit zu haben, sich bisher unbekannte Wege, Lokalitäten, Geschäfte
etc. im Nahbereich zu erschließen, was für jeden Sehenden eine Selbstverständlichkeit ist. Bei weitem geht es dabei nicht darum, ein Gleichziehen mit den Möglichkeiten eines Sehenden zu erreichen, sondern auch um die absolute Basisversorgung.
Dem ortskundigen Gericht ist das häusliche Umfeld des Klägers bekannt. Es handelt sich um eine reine mit wenigen Gewerbebetrieben durchsetzte Wohnsiedlung in ländlicher Umgebung auf einem Berg. Die übliche Infrastruktur des Nahbereichs, d.h. Geschäfte, Ärzte
etc. ist dort nicht anzutreffen, sondern der Kläger ist darauf angewiesen - auch für die üblichen alltäglichen Erledigungen - die Innenstadt A-Stadts aufzusuchen. Dies ist fußläufig möglich, jedoch mit einem breiten und auch ständig wechselnden Angebot im Hinblick auf alle alltäglichen Verrichtungen verbunden. Der Kläger lebt gerade nicht in dörflichen Strukturen, wo es im Nahbereich zum Beispiel darum gehen kann, den einen Bäcker, Supermarkt, Friseur oder Arzt aufzusuchen.
Vor diesem Hintergrund ist vor allem zur Erschließung auch eines geistigen Freiraums entscheidend, dass der Kläger gerade nicht zumutbar auf die Orientierung mit seinen eingeschränkten Möglichkeiten der Wahrnehmung und seinen Blindenlangstöcken zu verweisen ist. Es ist vielmehr in seinem Lebensumfeld zu erwarten, dass seine Orientierung im Nahbereich um die Wohnung für die im Alltag üblichen Wege mit einem
GPS-System für blinde und sehbehinderte Menschen wesentlich verbessert werden kann, zumal er gerade nicht über eine Führhund verfügt, der ihn sicherlich auch in der Orientierung mehr unterstützen könnte, als ein Blindenlangstock.
Nach alledem musste die Klage Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.