Urteil
Zur unterschiedlichen MdE-Bewertung in Unfallversicherung und sozialem Entschädigungsrecht - allgemeine Erfahrungssätze - ärztliche Meinungsäußerung

Gericht:

BSG 2. Senat


Aktenzeichen:

2 RU 60/84


Urteil vom:

26.06.1985


Grundlage:

  • SchwbG |
  • BVG § 30 |
  • SGB 10 § 48 Abs 1 Fassung 1980-08-18 |
  • SGB 10 § 44 Abs 1 S 1 Fassung 1980-08-18 |
  • RVO § 581 Abs 1 Fassung 1963-04-30

Leitsatz:

1. Eine Änderung der allgemeinen Erfahrungssätze über die unfallbedingte MdE bei einem Unterschenkelverlust mit auch längenmäßig günstigen Stumpfverhältnissen ist zZt nicht feststellbar.

Orientierungssatz:

MdE - allgemeine Erfahrungssätze - ärztliche Meinungsäußerung - unterschiedliche MdE-Bewertung in Unfallversicherung und sozialem Entschädigungsrecht:

1. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit Beeinträchtigungen durch Unfallfolgen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung; sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind (vgl BSG 30.8.1984 2 RU 65/83 = HVGBG RdSchr VB 122/84).

2. Bei der Bewertung der MdE sind auch die von der Rechtsprechung und von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind, aber Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in den zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden (vgl BSG 26.6.1970 2 RU 108/67 = SozR Nr 9 zu § 581 RVO).

3. Auch die allgemeinen Erfahrungssätze über die Bewertung der MdE, die sich zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung gebildet haben, können in regelmäßigen Zeitabständen und müssen gegebenenfalls bei neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen daraufhin geprüft werden, ob sie den technischen Entwicklungen und den Änderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sowie gewandelten sozialmedizinischen Anschauungen und neuen sozialmedizinischen Erkenntnissen anzupassen sind (vgl BSG 27.1. 1976 8 RU 264/74 = SozR 2200 § 581 Nr 6) .

4. Zur Frage der unterschiedlichen Bewertung der MdE in der Unfallversicherung und im Bereich des BVG sowie im Schwerbehindertenrecht.

Diese Entscheidung wird zitiert von:

BSG 1986-05-27 2 RU 20/85 Vergleiche
BSG 1987-04-23 2 RU 42/86 Vergleiche
BSG 1988-05-30 2 RU 54/87 Vergleiche

Rechtszug:

vorgehend SG Itzehoe 1979-01-23 S 1 U 49/78
vorgehend LSG Schleswig 1984-08-08 L 4 U 79/83

Referenznummer:

KSRE033143305


Informationsstand: 01.01.1990