Die gemäß §§ 143 f Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht erhobene Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin Anspruch auf die Versorgung mit einem Blindenführhund durch die Beklagte hat.
Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4
SGG zulässig. Sie ist auch begründet.
Der geltend gemachte Anspruch der Klägerin richtet sich nach
§ 27 Abs 1 Satz 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst gemäß § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3
SGB V die Versorgung mit Hilfsmitteln. Gemäß
§ 33 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Der Anspruch umfasst gemäß § 33 Abs 1 Satz 4
SGB V auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Gemäß
§ 12 Abs 1 Satz 1 SGB V müssen Hilfsmittel ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen bzw Erforderlichen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte gemäß § 12 Abs 1 Satz 2
SGB V nicht beanspruchen.
Der Blindenführhund ist ein Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs 1 Satz 1
SGB V (
BSG, Urteil vom 25. Februar 1981-
5a/5 RKn 35/78, BSGE 51, 206; vgl Hilfsmittelkatalog Produktnummer 99.99.01.0001). Der Blindenführhund ist weder nach § 34 Abs 4
SGB V ausgeschlossen noch ein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, der üblicherweise von einer großen Zahl von nichtbehinderten Menschen regelmäßig benutzt wird (dazu
BSG, Urteil vom 03. November 1993 -
1 RK 42/92, SozR 3-2500 § 33 Nr 5 mwN;
BSG, Urteil vom 16. April 1998 -
B 3 KR 9/97 R, SozR 3-2500 § 33 Nr 27 mwN).
Der Behinderungsausgleich des § 33 Abs 1 Satz 1
SGB V hat grundsätzlich zwei Zielrichtungen. Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst. Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen.
Ein unmittelbarer Funktionsausgleich liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (
BSG) vor, soweit das Hilfsmittel die ausgefallene oder beeinträchtigte Körperfunktion ausgleicht, indem es die entsprechende Körperfunktion ermöglicht oder sie weitestgehend ersetzt (
BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 -
B 3 KR 20/08 R - BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36
Nr. 2.). Hierbei ist der aktuelle Stand der Medizin und der Medizintechnik maßgebend. Kosten-Nutzen-Erwägungen sind im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs grundsätzlich nicht anzustellen. Die Wirtschaftlichkeit eines dem unmittelbaren Behinderungsausgleichs dienenden Hilfsmittels ist grundsätzlich zu unterstellen (
BSG, Urteil vom 29. April 2010 -
B 3 KR 5/09 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 30 Rdnr 11 mwN;
BSG, Urteil vom 6. Juni 2002 -
B 3 KR 68/01 R, SozR 3-2500 § 33 Nr 44
S. 248). Der Leistungsanspruch hinsichtlich eines fortschrittlicheren Hilfsmittels wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein vollständiges Gleichziehen mit einem gesunden Versicherten auch damit nicht erreicht werden kann (
BSG, Urteil vom 16. September 2004 -
B 3 KR 19/03 R - BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33
Nr. 7).
Soweit das Hilfsmittel die ausgefallene oder beeinträchtigte Körperfunktion weder ganz noch weitestgehend ersetzen kann, handelt es sich um einen mittelbaren Behinderungsausgleich. In diesem Falle kommt ein Leistungsanspruch nur in Betracht, soweit es um den angemessenen Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung geht (Beck/Pitz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 33
SGB V, Rn. 27). Im Rahmen des sog mittelbaren Behinderungsausgleichs geht es nicht um ein Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines nichtbehinderten Menschen. Die Aufgabe der Gesetzlichen Krankenversicherung ist allein die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist daher von der Gesetzlichen Krankenversicherung nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach der ständigen Rechtsprechung des
BSG gehören zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrung aufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (vgl
BSG, Urteil vom 10. März 2011 -
B 3 KR 9/10 R, Rdnr 13;
BSG, Urteil vom 18. Mai 2011 -
B 3 KR 12/10 R, Rdnr 13). Das betroffene Grundbedürfnis auf Erschließung eines körperlichen Freiraums umfasst die Bewegungsmöglichkeit in der eigenen Wohnung und im umliegenden Nahbereich. Anknüpfungspunkt ist der Bewegungsradius, den ein Nichtbehinderter üblicherweise zu Fuß zurücklegt (
BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 27, Nr 15). Für die Bestimmung des Nahbereichs gilt ein abstrakter, von den Besonderheiten des jeweiligen Wohnortes unabhängiger Maßstab. Die Erforderlichkeit der Hilfsmittelversorgung im Einzelfall ist eine subjektbezogene Anspruchsvoraussetzung, die nach einem konkret individuellen Maßstab beurteilt wird. Der Nahbereich wird nicht im Sinne einer Mindestwegstrecke bzw einer Entfernungsobergrenze festgelegt, sondern lediglich beispielhaft im Sinne der Fähigkeit konkretisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um in einem kurzen Spaziergang an die frische Luft zu kommen oder um die üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind, wobei allerdings die Fähigkeit, eine Wegstrecke von 100 Metern bzw 200 Metern nicht als ausreichend zur Erschließung des Nahbereichs angesehen worden ist. Sie umfasst jedoch nicht die Fähigkeit, weitere Wegstrecken zu bewältigen. Für die Bestimmung sind allein die Zwecke des § 33 Abs 1 Satz 1
SGB V maßgebend.
Der Blindenführhund ist nach der Rechtsprechung des
BSG unmittelbar auf den Ausgleich der Behinderung selbst gerichtet (
BSG, Urteil vom 25. Februar 1981 -
5a/5 RKn 35/78, BSGE 51, 206). Dem stehe nicht entgegen, dass das Hilfsmittel nicht direkt am Körper ausgleichend wirkt (
BSG, Urteil vom 27. Oktober 1982 -
9a RV 16/82, BSGE 54, 140). Entscheidend sei, dass das Hilfsmittel die beeinträchtigte Funktion - hier das Sehen - ermöglicht, ersetzt oder ergänzt. Der Blindenführhund biete Ersatz für die durch Blindheit ausgefallene oder zumindest erschwerte Möglichkeit der Umweltkontrolle. Dieser Funktionsausgleich soll unmittelbar diese Behinderung betreffen und nicht erst bei den Folgen der Behinderung in bestimmten Lebensbereichen einsetzen (
BSG, Urteil vom 25. Februar 1981 - 5a/5 RKn 35/78, BSGE 51, 206; auch
LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Mai 2012 -
L 11 KR 804/11;
LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Oktober 2013 -
L 5 KR 99/13; SG Bremen, Urteil vom 24. Mai 2016 -
S 4 KR 153/15 -).
Dem könnte entgegenzuhalten sein, dass Umweltkontrolle und Orientierungsfähigkeit keine unmittelbaren Körperfunktionen wie Sehen oder Hören sind, sondern vielmehr intellektuelle Kombinationsleistungen aus verschiedenen Sinneseindrücken. Dies könnte für eine Qualifikation als mittelbarer Behinderungsausgleich sprechen.
Im Ergebnis kann dies jedoch dahingestellt bleiben, da die Versorgung mit einem Blindenführhund im Falle der Klägerin auch zum mittelbaren Behinderungsausgleich geeignet, angemessen und erforderlich ist. Denn die Versorgung mit einem Langstock und erhaltenem Mobilitätstraining ist angesichts der bei der Klägerin vorliegenden Kombination aus Blindheit und Gehbehinderung nicht ausreichend, um die Mobilität und die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums zu gewährleisten. Auch neben einem Blindenlangstock kann der Blindenführhund im Einzelfall erforderlich sein, wenn er wesentliche Gebrauchsvorteile bietet (
vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Oktober 2013 - L 5 KR 99/13; Urteil des erkennenden Senates vom 29. August 2017 - L16/4 KR 65/12).
Ebenso wenig schließt die Möglichkeit, die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen, den Versorgungsanspruch nach § 33
SGB V aus, denn es ist wesentliches Ziel der Hilfsmittelversorgung, dass behinderte Menschen nach Möglichkeit von der Hilfe anderer Menschen unabhängig oder zumindest deutlich weniger abhängig werden (
BSG, Urteil vom 12. August 2009 -
B 3 KR 8/08 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 27 Rdnr 18)
Bei der Prüfung der Erforderlichkeit ist nicht auf die abstrakt generellen Gebrauchsvorteile eines Blindenführhundes im Vergleich mit einem Blindenlangstock abzustellen, sondern vielmehr auf die konkrete Versorgungsnotwendigkeit im Einzelfall, die nach medizinischen Gesichtspunkten zu beurteilen ist. Denn nach der Rechtsprechung des
BSG besteht selbst im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleiches kein Automatismus im Sinne einer höherwertigen Versorgung. Vielmehr kann die Versorgung mit einem fortschrittlicheren oder höherwertigen Hilfsmittel nur derjenige beanspruchen, der nach ärztlicher Einschätzung im Alltagsleben dadurch deutliche Gebrauchsvorteile hat (
BSG, Urteil vom 06. Juni 2002 - B 3 KR 68/01 R -, SozR 3-2500 § 33 Nr 44, SozR 3-2500 § 31 Nr 9, Rn. 14). Ansonsten fehlt es an der Erforderlichkeit dieses speziellen Hilfsmittels (
BSG, Urteil vom 06. Juni 2002 - B 3 KR 68/01 R -, SozR 3-2500 § 33 Nr 44, SozR 3-2500 § 31 Nr 9, Rn. 14).
Nach dieser Maßgabe hat die Klägerin hier einen Anspruch auf Versorgung mit einem Blindenhund durch die Beklagte. Dies ergibt sich zunächst aus den Gutachten von Dr M. vom 5. Dezember 2013 und 18. September 2014, der sich auch mit den Einwendungen des MDK auseinandergesetzt hat, und dem Gutachten der Gespannprüferin für Blindenführhunde Dr N. vom 16. März 2015, die die Klägerin ebenfalls in ihrer häuslichen Umgebung besucht und mit ihr einen Fußmarsch im Nahbereich unternommen hat. Insbesondere hat Dr N. bestätigt, dass es möglich sei, einen Blindenführhund am Rollator auszubilden und dass die Versorgung mit einem Blindenführhund die Probleme der Klägerin bei der Erschließung eines körperlichen Freiraum erheblich reduzieren könnte. Der Senat bezieht sich insoweit auf die ausführliche Darstellung in den Gründen des Urteils des SG, der er sich in vollem Umfang anschließt, § 153 Abs 2
SGG.
Aus dem Berufungsverfahren ergibt sich keine andere Beurteilung.
Nach dem Bericht über die Schulung in Orientierung und Mobilität als Einweisung in den Gebrauch des Hilfsmittels Langstock des Sehwerkes über 20 Unterrichtsstunden vom 5. März bis 10. Mai 2016 ergibt sich, dass die Klägerin mit einem Blindenlangstock nicht ausreichend versorgt ist, denn es war ihr nicht durchgängig möglich, nur mit dem Stützstock als Gehhilfe unterwegs zu sein. Insbesondere konnte bei Überquerung von Straßen und dem nötigen Auf- und Abwärtsgehen von Bordsteinkanten eine sichere Umsetzung der Techniken nicht erreicht werden. Eine nahe Begleitung bleibe also erforderlich. Zudem gestaltete sich der Einsatz mit dem Rollator als Gehhilfe und einem Blindenlangstock gleichzeitig als schwierig. Die Hand-/Fingerstellung und Kraftdosierung könne den schweren Langstock nicht gezielt einsetzen, da das Aufstützen auf die Gehhilfe noch durchgängig gebraucht wird.
Aus diesem Bericht ergibt sich auch, dass die Klägerin ihre Mobilität erheblich steigern konnte und genügend körperliche Ausdauer aufbringend konnte, um sogar weitere Wege zurückzulegen. Sie ist in der Lage ein rasches und lang anhaltendes Tempo am Rollator beizubehalten. Dies ist ihr dann möglich, sobald die Gehrichtung und Steuerung beispielsweise durch eine Begleitperson übernommen wird.
Das Gutachten von Dr O. vom 4. August 2017 bestätigt die Einschätzungen von Dr M. und Dr N.. Dr O. hat bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Eine ausgeprägte Rotations-Seitverbiegung der Wirbelsäule mit daraus resultierender Bewegungseinschränkung der Brust- und Lendenwirbelsäule sowie einem ebenfalls daraus resultierenden Schultertief- und Beckenhochstand rechts, Klinisch ein Engesyndrom (Impingementsyndrom) beider Schultergelenke mit daraus resultierender Bewegungseinschränkung, rechts mehr als links, Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogengelenkes, Zustand nach Implantation einer Kniegelenksprothese rechts mit einer im Seitenvergleich herabgesetzten Beweglichkeit, einen deutlichen Ballenfuß sowie eine ebenfalls deutliche Krallenzehenbildung der Zehen 2 bis 5 beidseits, rechts führend. Nach dem Gutachten von Dr O., der den aktuellen Gesundheitszustand der Klägerin begutachtet hat, ist die Klägerin in der Lage, trotz der genannten Gesundheitsstörungen einen Blindenführhund zu halten. Sie besitzt eine gute Grundmobilität, Kondition und Orientierungsfähigkeit. Auch nach dem mit Dr O. unternommenen Spaziergang war eine muskuläre oder sonstige Schwäche nicht zu beobachten. Die Klägerin hatte während des Gehens ebenfalls genügend Atem für eine Unterhaltung, so dass davon auszugehen sei, dass sie am Rollator ebenfalls eine darüber hinausgehende Gehstrecke bewältigen könne. Dr O. hat zudem ausgeführt, dass bei der Klägerin eine gute Orientierung in der gewohnten Umgebung besteht, sie sich die Versorgung eines Hundes zutraut und auch in der Vergangenheit einen Hund betreut hat, den sie abgeben musste, da dieser nicht darauf trainiert gewesen sei, Hindernisse und Gefahren zu erkennen. Dr O. hat festgestellt, dass sie zB in der Lage sei, den Kühlschrank aufzusuchen, etwas zu entnehmen, dieses in einen Futternapf geben könnte, sofern sich die Dinge an den gewohnten Plätzen befinden würden. Sie sei in der Lage, eine Wegstrecke problemlos zu bewältigen. Darüber hinaus hat sich Dr O. überzeugt, dass die Distanz zum Ufer des Elbe-Seiten-Kanals etwa 400 Meter beträgt und einem Hund Freilauf sowie Kontakt zu anderen Hunden bieten könnte. Die geistige und körperliche Verfassung der Klägerin sprechen dafür, dass sie den Anforderungen an einen Hundeführer gerecht werden kann. Sie ist in der Lage, einem Hund Abwechslung zu bieten, ihn zu pflegen, zu füttern und auch mit ihm Gassi zu gehen. Der Senat schließt sich der Einschätzung des Sachverständigen, aufgrund seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens getroffenen Überzeugung an (§ 128
SGG). Dr O. hat die vorliegenden Akten und Gutachten gründlich ausgewertet, das Krankheitsbild umfassend gewürdigt und er hat die die Klägerin nicht nur fachgerecht untersucht, sondern sie am 28. Juli 2017 in ihrer Wohnung aufgesucht und mit ihr einen Spaziergang von ca 2
km mit leichten Steigungen und Gefälle zurückgelegt. Das Gutachten ist insgesamt einleuchtend und in sich widerspruchsfrei.
In der mündlichen Verhandlung, in der sich der Senat einen Eindruck von der Klägerin verschafft hat und in der die Klägerin gebeten wurde, mit dem Rollator den Gerichtsflur entlang zu gehen, hat die Klägerin bestätigt, dass sie jahrelang einen Hund gehalten hat und mit der Versorgung von Hunden vertraut ist.
In Anbetracht der Ausführungen von Dr O. und des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung war die von der Beklagten im Schriftsatz vom 1. November 2017 angeregte nochmalige Befragung von Dr N. nicht erforderlich. Zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr N. war die Klägerin bereits in die Pflegestufe II eingestuft und auch bei der Begutachtung durch Dr N. benutzte die Klägerin bereits einen Rollator. Sie konnte eine Wegstrecke bewältigen und hatte keine Ermüdungserscheinungen. Eben dies hat Dr O. in seinem Gutachten bestätigt.
In Hinblick auf das positive Beweisergebnis durch insgesamt vier Gerichtsgutachten gibt das Verhalten der Beklagten, die im Vorfeld der mündlichen Verhandlung in Kenntnis des aktuellen positiven Gutachtens von Dr O. einen möglichen Leistungserbringer telefonisch kontaktiert hat, der sich wiederum mit der Gerichtssachverständigen Dr N. in Verbindung gesetzt hat, um eine tatsächliche Realisierung des Anspruchs der Klägerin zu behindern, Anlass, die Beklagte an ihre Bindung an Recht und Gesetz (Art 20 Abs 3 Grundgesetz) zu erinnern. Darüber hinaus sollen die Krankenkassen nach
§ 70 SGB V auf eine humane Krankenbehandlung ihrer Versicherten hinwirken. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum Gesundheitsreformgesetz (GRG) trägt § 70 Abs 2
SGB V der besonderen Bedeutung einer humanen Krankenbehandlung als tragendem Prinzip der gesetzlichen Krankenversicherung Rechnung (Engelmann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 70
SGB V, Rn. 36). Die Norm ist deshalb als Auslegungsrichtlinie zu berücksichtigen (
BSG, Urteil vom 10. Mai 2005 - B 1 KR 25/03 R - BSGE 94, 302, 309 Rdnr 21 = SozR 4-2500 § 34
Nr. 2 Rn. 21).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Es hat kein gesetzlicher Grund vorgelegen, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2
SGG).