Die Berufung ist zulässig und begründet.
Unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts vom 19. Dezember 2001 und unter Abänderung des Bescheides vom 15. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2001 war die Beklagte zu verurteilen, die Kosten des von der Klägerin selbst beschafften Blindenführhundes
S. in vollem Umfang zu übernehmen.
Gemäß § 13
Abs. 3
SGB V in der bis zum 30. Juni 2001 gültigen Fassung (BGBl. 1997 I
S. 1520), haben Versicherte Anspruch auf Kostenerstattung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch Kosten für die selbstbeschaffte Leistung entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war. Vorliegend hat die Beklagte die Übernahme der vollen Kosten für den Blindenführhund der Klägerin zu Unrecht abgelehnt.
Versicherte haben gemäß § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V (in der ebenfalls bis 30. Juni 2001 gültigen Fassung) Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34
Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Versorgung eines Blinden mit einem Blindenführhund wird nach ständiger Rechtsprechung von der Leistungsverpflichtung der Krankenkassen nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V erfasst (siehe dazu: Wagner in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 33
Rdnr. 25).
Im vorliegend zu entscheidenden Rechtsstreit ist die Notwendigkeit der Versorgung der Klägerin mit einem Blindenführhund unstreitig. Die Beklagte erkannte mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2001 die Notwendigkeit der Versorgung an, da sie der Klägerin die Übernahme der Kosten in Höhe von 28.800,00 DM bewilligte. Damit war vorliegend über den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten zu entscheiden.
Der Senat ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Kosten des Blindenführhundes
S. über die gezahlten 28.800,00 DM hinaus in dem tatsächlich entstandenen Umfang zu übernehmen. Die Leistungspflicht der Beklagten ist nicht auf 28.800,00 DM beschränkt, da im maßgeblichen Zeitraum weder eine Festbetragsregelung noch eine vertragliche Regelung mit einem zugelassenen Leistungserbringer zur Versorgung der blinden Versicherten der Beklagten mit einer Blindenführhundeschule bestand.
Zur Bestimmung des Umfangs der Leistungspflicht der Beklagten ist § 33
Abs. 2 Satz 1
SGB V in der bis zum 30.06.2001 anzuwendenden Fassung heranzuziehen; ist für ein erforderliches Hilfsmittel ein Festbetrag nach
§ 36 SGB V festgesetzt, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrags. Dies entspricht dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach
§ 12 Abs. 2 SGB V. Gemäß § 36
Abs. 1 Satz 1 und 2
SGB V bilden die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich Festbetragsgruppen für Hilfsmittel. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen setzen für diese Festbetragsgruppen gemeinsam einheitliche Festbeträge fest. Sinn und Zweck dieser Norm ist die Steuerung der Preise durch Setzung von Preisgrenzen für die Inanspruchnahme von verordneten Hilfsmitteln. Des Weiteren wird dadurch das medizinisch Notwendige definiert, die Leistungspflicht auf dieses beschränkt und der Wettbewerb der Leistungsanbieter gefördert.
Die Zielsetzung dieser Norm umfasst somit die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Hilfsmittelversorgung zu möglichst günstigen Preisen (siehe dazu Wagner in Krauskopf, a.a.O., § 36
Rdnr. 2). Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 17. Dezember 2002, Aktenzeichen.:
1 BvL 28/95,
1 BvL 29/ 95,
1 BvL 30/95) nicht zu beanstanden. Nach dem Vortrag der Beklagten ist für die vorliegend maßgebliche Zeit eine Festbetragsregelung nicht erfolgt. Damit ist die Leistungspflicht der Beklagten nicht auf einen einheitlichen Festbetrag beschränkt.
Die Klägerin besitzt gegen die Beklagte einen Leistungsanspruch über den gewährten Betrag von 28.800,00 DM hinaus, da zwischen der Beklagten und einem Blindenführhunde-Ausbilder
bzw. einer -schule keine vertragliche Regelung zur Versorgung der Versicherten der Beklagten mit Blindenführhunden bestand. Für andere Hilfsmittel - für die kein Festbetrag festgesetzt wurde - übernimmt die Krankenkasse gemäß § 33
Abs. 2 Satz 2
SGB V die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.
Gemäß § 126
Abs. 1 Satz 1
SGB V dürfen Hilfsmittel an Versicherte nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden. Als Leistungserbringer ist gemäß § 126
Abs. 1 Satz 2
SGB V zuzulassen, wer eine ausreichende, zweckmäßige, funktionsgerechte und wirtschaftliche Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel gewährleistet und die für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarungen anerkennt. Zwar haben die Spitzenverbände der Krankenkassen gemäß § 126
Abs. 2
SGB V gemeinsame Empfehlungen zur einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen nach § 126
Abs. 1
SGB V für Blindenführhunde-Ausbilder als Leistungserbringer zur Auswahl, Ausbildung und Abgabe von Blindenführhunden sowie zur Einarbeitung der Versicherten (Einführungslehrgang) abgegeben. Wie die Beklagte jedoch vorträgt, bestand nur eine "stillschweigende" Abrede aber keine vertragliche Beziehung mit einem Blindenführhunde-Ausbilder
bzw. Blindenführhundeschule. Die von der Beklagten vorgetragene stillschweigende Abrede erfüllt nicht die Voraussetzungen einer vertraglichen Regelung mit einem zugelassenen Leistungserbringer nach § 126
i.V.m. § 127
SGB V.
Bei dieser Sachlage kann die Beklagte der Klägerin nicht entgegenhalten, sie habe ihr mit Schreiben vom 27. Juni 2000/18. Juli 2000 zwei Blindenführhundschulen benannt, die einen Blindenführhund für 28.800,00 DM abgeben würden. Der Senat ist zu der Überzeugung gekommen, dass sich die Klägerin nur dann auf diese beiden Blindenführhundeschulen hätte verweisen lassen müssen, wenn diese Leistungserbringer im Sinne von § 126
SGB V gewesen wären. Dabei stützt der Senat seine Auffassung auf § 126
Abs. 1 Satz 1
SGB V in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung. Danach dürfen Hilfsmittel an Versicherte nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden. Dies ist dadurch begründet, dass Leistungserbringer gemäß § 126
Abs. 2 Satz 2
SGB V zuzulassen sind, wenn sie eine ausreichende, zweckmäßige, funktionsgerechte und wirtschaftliche Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel gewährleisten und die für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarungen anerkennen. Dies setzt eine entsprechende Prüfung durch die Krankenkasse voraus. Da die beiden von der Beklagten benannten Blindenführhundeschulen keine zugelassenen Leistungserbringer sind
bzw. waren, kann mangels entsprechender Prüfung im Rahmen eines Zulassungsverfahrens nicht festgestellt werden, ob diese die Kriterien einer ausreichenden, zweckmäßigen, funktionsgerechten und wirtschaftlichen Versorgung blinder Versicherten mit einem Blindenführhund erfüllten. Allein der Vortrag der Beklagten, es seien keine Hinweise bekannt, die gegen eine Ausbildung entsprechend den Qualitätskriterien des
MDS vom 19. Januar 1999
bzw. gegen die Empfehlung des
MDS sprechen würden, kann eine Prüfung im Rahmen eines Zulassungsverfahrens nach § 126
Abs. 2
SGB V nicht ersetzen.
Des Weiteren kann die Beklagte ihrer Einstandspflicht für die vollen Kosten des Blindenführhundes
S. der Klägerin nicht entgegenhalten, dass es sich dabei um eine "Spitzenmedizin"
bzw. um einen nicht marktüblichen Preis für einen Blindenführhund handele und die Beschaffung damit gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot des
§ 12 Absatz 1 SGB V verstoße. Die Beklagte selbst hat keine Kriterien vorgetragen, aus denen sich ein marktüblicher Preis - i.
S. des Gebotes des § 12 I
SGB V - für einen Blindenführhund ergeben könnte. Nach dem Ergebnis der Anfragen des Senats bei den Blindenführhundeschulen X. und D. konnte nicht die Unwirtschaftlichkeit der von der Klägerin gewählten Schule X. festgestellt werden. Die Anfragen des Senats bei beiden Blindenführhundeschulen ergab, dass die Kostenaufstellungen beider Schulen nicht vergleichbar sind. Es fehlt an einer Grundlage für die Feststellung, die Versorgung der Klägerin mit dem gewählten Blindenführhund sei unwirtschaftlich, da es an der Basis eines Vergleichs fehlt. Die von beiden Schulen veranschlagten Kosten für Erwerb des Hundes, Ausbildung, Schulung der Klägerin am Ort der Schule und an ihrem Wohnort sind zu unterschiedlich um eine Vergleichbarkeit herstellen zu können.
Selbst wenn unterstellt wird, dass die zwischenzeitlich nicht mehr bestehende Hundeführschule P. C. im Mai 2000 einen Blindenführhund zum Preis von
ca. 28.800, 00 DM angeboten hätte, bestätigt dies nur, dass zwei Blindenführhundeschulen ein entsprechendes Angebot hätten abgeben können. Allein die bereits veröffentlichten Urteile zur Kostentragungspflicht von gesetzlichen Krankenkassen für die Kosten eines Blindenführhundes zeigen, dass ein marktüblicher Preis sich nicht herausgebildet hat. Im Jahr 1991 wurden Kosten für einen Blindenhund in Höhe von 33.737,10 DM (Sozialgericht Gießen, Urteil vom 17. März 1993 - Az.: S 9 KR 577/92), im Jahr 1994 in Höhe von 36.050,00 DM (Landessozialgericht Bremen, Urteil vom 6. September 1996 - Az.:
L 2 KR 1/96) und im Jahr 1999 in Höhe von 37.181,22 DM ( Sozialgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21. Januar 2002 - Az.:
S 25 KR 2166/99) geltend gemacht.
Der Beklagten ist insoweit zuzustimmen, dass die vorliegend im Jahr 2000 geltend gemachten Kosten in Höhe von insgesamt 47. 616,07 DM recht hoch sind. Ein marktüblicher Preis konnte jedoch allein anhand der beiden von der Beklagten genannten Blindenführhundeschulen nicht festgestellt werden; weitere benannte die Beklagte nicht. Die Nichterweislichkeit eines marktüblichen Preises für einen Blindenführhund geht nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten der Beklagten. Der Grundsatz der objektiven Beweislast regelt, wer die Folgen zu tragen hat, wenn das Gericht eine bestimmte Tatsache - trotz Ausschöpfen aller Ermittlungsmöglichkeiten - nicht feststellen kann. In dieser Situation gilt der Grundsatz, dass derjenige die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch oder Einwand begründen. Die Beklagte wendet gegen den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch der Klägerin ein, dass diese nicht notwendig im Sinne von unwirtschaftlich gewesen sei, da ein kostengünstigerer, marktüblicher Preis möglich gewesen wäre. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast hat die Beklagte die Folgen der Nichterweislichkeit eines niedrigeren marktüblichen Preis zu tragen.
Auch kann die Beklagte der Klägerin nicht entgegenhalten, sie habe sich für den Blindenführhund
S. bereits vor ihrem Antrag auf Kostenübernahme in der Weise entscheiden, dass ihr eine Versorgung mit einem anderen - preisgünstigeren-Hund nicht mehr möglich gewesen wäre. Nach der vom Senat eingeholten Auskunft der Blindenführhundeschule X. erteilte die Klägerin erst Ende August/Anfang September 2000 die Zusage, den über die Kostenübernahme der Beklagten hinausgehenden Restbetrag zu zahlen. Zuvor hatte die Klägerin nach Auskunft der D. einen Kostenvoranschlag von dieser Schule von Juni 2000 eingeholt. Auch wurde der Klägerin der Blindenführhund
S. erst im November 2000 übergeben. Aus alledem kann nicht der Schluss gezogen werden, die Klägerin habe sich bereits im Zeitpunkt ihrer Anfrage im Mai 2000 für eine Versorgung mit einem Blindenführhund der Schule X. entschieden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160
Abs. 2
SGG nicht vorliegen.