Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 12.08.2005 abgeändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Die Revision wird zugelassen.
Zwischen den Beteiligten ist die Frage streitig, ob der Kläger Anspruch auf Kostenerstattung für einen behindertengerechten Umbau seines Pkw im Rahmen der Hilfsmittelversorgung hat.
Der 1947 geborene Kläger leidet u.a. an Multipler Sklerose (
MS), die zur Gehunfähigkeit geführt hat. Seit März 2003 bezieht er Leistungen der Pflegestufe III, darüber hinaus wurden die Nachteilsausgleiche einer erheblichen Gehbehinderung (G), einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (aG), der Hilflosigkeit (H) sowie einer Befreiung von der Rundfunk- und Fernsehgebührenpflicht (RF) zuerkannt. An Hilfsmitteln verfügt der Kläger über einen elektrischen Rollstuhl und einen Stehrollstuhl sowie eine elektrische Ladehilfe, mittels derer er den Rollstuhl in den Kofferraum seines Pkw verladen kann.
Im Januar 2003 beantragte er bei der Beklagten die Kostenübernahme für einen behindertengerechten Umbau seines Pkws. Aufgrund der Progredienz seiner Erkrankung sei es ihm nicht mehr möglich, sich vom Rollstuhl ins Auto umzusetzen. Um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und die Praxen seiner Ärzte und seines Krankengymnasten zu erreichen, müsse er im Rollstuhl sitzend transportiert werden. Aus diesem Grunde plane er den Kauf eines entsprechend umzurüstenden Pkws. Ausweislich des Kostenvoranschlags der Firma J.
GmbH vom 09.01.2003 beliefen sich die dadurch entstehenden Kosten auf 8.162, 92 Euro.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 21.01.2003 ab. Bei dem behindertengerechten Pkw-Umbau handele es sich um eine Maßnahme, die zur Eingliederung in das berufliche und das gesellschaftliche Leben diene. Aus diesem Grunde sei die gesetzliche Krankenversicherung (
GKV) hierfür nicht zuständig. Der Kläger widersprach der Ablehnung und machte mit Schreiben vom 23.01.2003 geltend, bei dem Umbau des Pkw handele es sich in gleicher Weise wie bei dem Ladeboy um eine zweckgerichtete Erweiterung für den Einsatz seines Rollstuhls. Er sei zur Befriedigung der elementaren Grundbedürfnisse und Lebensbetätigungen auf seinen Pkw angewiesen, um mobil zu sein, andernfalls habe er keine Möglichkeit, am öffentlichen Leben teilzunehmen und sich einen körperlichen und geistigen Freiraum zu verschaffen. Ein menschenwürdiges Leben könne nicht in den eigenen vier Wänden unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, es setze vielmehr die Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben voraus. Diese Grundbedürfnisse, für die die
GKV einzustehen habe, seien von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (
BSG) anerkannt. Ohne den zwischenzeitlich erfolgten Umbau des Pkws wäre es ihm nicht möglich gewesen, an den verordneten Maßnahmen der Krankengymnastik teilzunehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.09. 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Befriedigung des elementaren Grundbedürfnisses "Fortbewegung" sei der Kläger mit einem Elektrorollstuhl ausgestattet. Damit sei er in die Lage versetzt worden, sich selbstständig fortzubewegen und die Grundbedürfnisse im Sinne eines zu gewährleistenden Basisausgleichs zu befriedigen. Der behindertengerechte Pkw-Umbau setze zum Ausgleich der Behinderung nicht unmittelbar am Körper am, sondern am zu bedienenden Gerät und sei damit kein Grundbedürfnis des täglichen Lebens, da er nur einen mittelbaren Ausgleich darstelle (Urteil des
BSG vom 06.08.1998, Az.:
B 3 KR 3/97 R). Auch das Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums begründe keinen Anspruch, denn dieses Bedürfnis sei von der
BSG-Rechtsprechung immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines Gesunden verstanden worden. Das Mitfahren in einem Pkwsei keine körperliche Grundfunktion, die durch die
GKV auszugleichen sei ( Urteile des
BSG vom 16. September 1999, Az.:
B 3 KR 9/98 R;
B 3 KR 8/98 R und -
B 3 KR 13/98 R). Es handele sich hierbei vielmehr um den Aspekt der sozialen Eingliederung Behinderter, für den andere Sozialleistungsträger zuständig seien.
Hiergegen richtete sich die am 24.10.2003 erhobene Klage, mit der der Kläger sein Begehren unter Wiederholung des bisherigen Vorbringens weiterverfolgte. Ergänzend trug er vor, er benötige den Pkw drei Mal wöchentlich, um damit zur Krankengymnastik zu gelangen. Die Praxis befinde sich
ca. 7,5
km von seinem Wohnort entfernt. Die Krankengymnastik in der Praxis sei wirkungsvoller, weil vor Ort Geräte genutzt werden könnten, die bei häuslicher Versorgung nicht zur Verfügung stehen würden. Darüber hinaus nehme er einmal wöchentlich an den Zusammenkünften einer Selbsthilfegruppe zur Krankengymnastik teil, ferner finde einmal monatlich ein zusätzliches Gruppentreffen statt. Er nutze den Pkw auch zu Arzt- und gelegentlichen Verwandtenbesuchen. Ein Umsetzen aus dem Rollstuhl in den Pkw-Sitz sei nicht mehr möglich. Nach der jüngsten Rechtsprechung des
BSG (Urteile vom 16.09.2004, Az.: B 3 KR 19/03 R und B 3 KR 15/04 R) zähle die Möglichkeit, bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen zu den Grundbedürfnissen, denn die notwendige medizinische Versorgung sei grundlegende Voraussetzung, um die elementaren Bedürfnisse des täglichen Lebens befriedigen zu können. Die Erforderlichkeit des Hilfsmittels sei anhand der Kriterien des Einzelfalls zu prüfen, sodass individuelle Faktoren wie das Alter, die Förderung des Integrationsprozesses, die Schwere der Behinderung oder die Notwendigkeit medizinischer Intensivbehandlung Berücksichtigung finden könnten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.01.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2003 zu verurteilen, an ihn 8.000,- Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages hat die Beklagte sich auf ihre in den angefochtenen Bescheiden dargelegten Rechtsauffassung bezogen. Ergänzend hat sie vorgetragen, auch unter Berücksichtigung der neueren Urteile des
BSG vom 16.09. 2004 komme eine Kostenerstattung nicht in Betracht. Mit den ihm zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln könne der Kläger sich einen körperlichen Freiraum im Sinne eines Basisausgleichs erschließen. Zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung könne die verordnete Krankengymnastik auch unter Zuhilfenahme von transportablen Gerätschaften zu Hause durchgeführt werden, andernfalls bestünde die Möglichkeit der Beförderung mittels Behindertentransports. Arztbesuche fielen bei einer Vielzahl von Versicherten an.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 12.08.2005 stattgegeben. Die Hilfsmittelversorgung sei grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls, anhand dessen die Geeignetheit und Erforderlichkeit des Hilfsmittels bezogen auf das auszugleichende Grundbedürfnis zu prüfen sei. Ein grundlegendes Bedürfnis auf Gewährleistung des Führens eines Pkw oder die Nutzung eines Pkw als Mitfahrer sei jedoch von der Rechtsprechung bislang nicht anerkannt worden. Vorliegend stehe aber die Notwendigkeit im Vordergrund, bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufsuchen zu können. Ähnlich wie die in der Entscheidung des
BSG vom 16.09.2004 (Az.: B 3 KR 19/03 R) klagende Versicherte sei der Kläger auf Grund seiner körperlichen Ausfälle aus eigenem Vermögen nicht mehr in der Lage, sich einen eigenen körperlichen Freiraum zu verschaffen, sodass die Fortbewegung nahezu ausschließlich dem Besuch bei Ärzten und Therapeuten dienen solle. Mit dem umgerüsteten Pkw werde der Weg dorthin erheblich erleichtert. Auf Grund seiner schwerwiegenden Erkrankungen sei der Kläger auf die Inanspruchnahme physiotherapeutischer und krankengymnastischer Behandlung in den Räumen der jeweiligen Therapeuten angewiesen, weil dort Geräte zur Verfügung stünden, die nicht transportabel seien. Das Hilfsmittel sei aus diesem Grund notwendig, aber auch erforderlich, weil kostengünstigere nicht zur Verfügung stünden. Auf die Inanspruchnahme von Fahrdiensten könne der Kläger nicht verwiesen werden. Das ergebe sich zum einen aus den vom Gesetzgeber mit diesen Leistungsarten verfolgten unterschiedlichen Zwecken, zum anderen aber auch aus der Überlegung, dass sich bei überschlägiger Berechnung die Umrüstungskosten im Vergleich zu den Fahrtkosten längstens in einem Zeitraum von 3 bis 4 Jahren amortisieren würden. Unerheblich sei, dass der Kläger das Fahrzeug auch zu Verwandtenbesuchen und Einkäufen benutzen könne.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten vom 16.09.2005. Das Sozialgericht habe die Erklärungen des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung außer Acht gelassen, nach denen er noch in der Lage sei, mit dem ihm bisher zur Verfügung gestellten mechanischen und dem elektrischen Rollstuhl sein Haus alleine verlassen zu können. Seinem Grundbedürfnis nach Bewegung sei damit Rechnung getragen. Die mit der Benutzung eines Pkw verbundene Bewegungsfreiheit sei von der Rechtsprechung ausdrücklich nicht als allgemeines Grundbedürfnis anerkannt worden (
BSG-Urteil vom 26. März 2003,
B 3 KR 23/02 R). Die Bewegungsfreiheit als Grundbedürfnis sei ausdrücklich nur auf die Bewegung in der eigenen Wohnung und die Möglichkeit beschränkt worden, die Wohnung zu verlassen, um einen kurzen Spaziergang zu machen oder die üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden Stellen zu erreichen. Dies sei dem Kläger anders als der Wachkomapatientin in der Entscheidung des
BSG vom 16.09.2004 (Az.: B 3 KR 19/03 R) möglich. Nach dieser Entscheidung des
BSG komme die Beschränkung auf den Basisausgleich ausnahmsweise dann nicht in Betracht, wenn auf Grund der Schwere des Krankheitsbildes ein eigener körperlicher Freiraum überhaupt nicht mehr wahrgenommen werden könne und die Fortbewegung ausschließlich dem Besuch bei Ärzten und Therapeuten dienen solle. Das Sozialgericht habe auch unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger sich nicht wesentlich von anderen Versicherten unterscheide, die ebenfalls regelmäßig medizinische und therapeutische Behandlungen in Anspruch nehmen müssten. Selbst bei Benutzen des behindertengerecht umgebauten Pkwsei der Kläger auf die Hilfe Dritter angewiesen, denn das Fahrzeug könne er nicht selbst steuern.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 12.08.2005 abzuändern, und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Seine Behinderungen, auf Grund deren er zahlreiche Nachteilsausgleiche im Schwerbehindertenrecht in Anspruch nehme und Leistungen der Stufe III von der Pflegeversicherung beziehe, schränkten ihn in seiner Lebensbetätigung und dem Ausleben allgemeiner Grundbedürfnisse ein. Bereits der 8. Senat des
BSG habe entschieden, dass ein schwenkbarer Autositz ein Hilfsmittel sei, wenn einem Versicherten dadurch ermöglicht werde, einen Pkw zu benutzen und damit die Unfähigkeit auszugleichen, zu gehen und ein Fortbewegungsmittel zu besteigen (
BSG-Urteil vom 26.02.1991, Az.: 8 RKn 13/90). Aus diesem Grunde benötige auch er das streitgegenständliche Hilfsmittel, mit dem er nicht mehr als einen Basisausgleich für eine Behinderung erziele. Da nach der Rechtsprechung des
BSG alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen seien, komme es auch auf den Umstand an, dass er krankengymnastische und therapeutische Übungen durchführen müsse, die zu Hause nicht möglich seien.
Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte der Beklagten, die der Senat beigezogen hat und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist sowie auf das Vorbringen der Beteiligten im Übrigen Bezug genommen.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Beklagte zur Kostenerstattung für den behindertengerechten Umbau des Pkw des Klägers verurteilt, denn der angefochtene Bescheid vom 21.01.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2003 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger daher nicht gemäß § 54
Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) in seinen Rechten.
Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch ist § 13
Abs. 3 Satz 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) V i.d.F. des
Art. 5
Nr. 7
i.V.m. Art. 67 des Gesetzes vom 19.06.2001 (BGBl I
S. 1046). Nach dieser Regelung sind in dem Fall, in dem die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Vorschrift stellt eine Ausnahme von dem im Recht der
GKV geltenden Sachleistungsprinzip dar und verwandelt - bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen - den Sachleistungsanspruch in einen Anspruch auf Erstattung der entstandenen Kosten (
vgl. hierzu Höfler in Kasseler Kommentar zum
SGB V, Stand 2006, § 13
Anm. 5
ff.). Damit steht der Kostenerstattungsanspruch zum Sachleistungsanspruch im Verhältnis der Akzessiorität.
Da keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unaufschiebbaren Leistung im Sinne eines Notfalls erkennbar sind, kann sich ein Kostenerstattungsanspruch nur aus der zweiten Alternative der genannten Vorschrift ergeben. Deren Voraussetzungen liegen hingegen nicht vor, denn die Beklagte hat die beantragte Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt. Nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V in der Fassung des
Art. 5
Nr. 9
i.V.m. Art. 67 des Gesetzes vom 19.06.2001 (a.a.O.) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (Alternative 1), einer drohenden Behinderung vorzubeugen ( Alternative 2) oder eine Behinderung auszugleichen (Alternative 3), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34
Abs. 4
SGB V ausgeschlossen sind. Im Sinne dieses letzten Halbsatzes hat die behindertengerechte Umrüstung des Pkws keine tatbestandsausschließende Wirkung, denn sie stellt weder einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens dar, noch hat sie einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen im Sinne des § 34
Abs. 4
SGB V, die Umrüstung des Pkws soll vielmehr dazu dienen, die beim Kläger durch die
MS-Erkrankung eingetretene Behinderung im Sinne des § 33
Abs. 1 Satz 1 Alternative 3
SGB V auszugleichen.
Gegenstand des Behinderungsausgleichs sind zunächst solche Hilfsmittel, die auf den Ausgleich der Behinderung selbst gerichtet sind, also zum unmittelbaren Ersatz der ausgefallenen Funktionen dienen (
vgl. hierzu Höfler in Kasseler Kommentar, a.a.O. § 33
Anm. 11
m.w.N.). Der in § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V genannte Zweck des Behinderungsausgleichs umfasst jedoch auch solche Hilfsmittel, die die direkten und indirekten Folgen der Behinderung ausgleichen. Aufgabe der
GKV ist die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können (
vgl. §§ 26
Abs. 1, 55
Abs. 1
SGB IX).
Ein Hilfsmittel ist von der
GKV immer dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach der ständigen Rechtsprechung des 3. Senats des Bundessozialgerichts gehören zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrung aufnehmen, ausscheiden, die ( elementare) Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (
vgl. hierzu
BSG vom 16.09.2004, Az.: B 3 KR 15/04 R mwN). Dabei ist das Erschließen eines gewissen körperlichen Freiraums immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden zu verstehen. Die Rechtsprechung stellt dabei auf diejenigen Entfernungen ab, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (
vgl. hierzu
BSG Bd. 91, 60, 63 = SozR 4/2500 § 33
Nr. 3 S 20 mwN).
Soweit in dem Zusammenhang überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind bisher stets zusätzliche qualitative Momente verlangt worden (
vgl. BSG SozR 3/2500 § 33
Nr. 27 Seite 153 - Rollstuhl-Bike für Jugendliche -; und SozR 3/2500 § 33
Nr. 46 Seite 256 - Dreirad für ein Kind -). Maßgeblich ist dabei in allen bislang entschiedenen Fällen - wie es § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V ausdrücklich verlangt - auf die Erforderlichkeit im Einzelfall abgestellt worden. Die Zuordnung bestimmter Betätigungen zu den Grundbedürfnissen hängt deshalb von individuell unterschiedlichen Faktoren ab wie
z.B. dem Alter eines Versicherten (
BSG SozR 3/2500 § 33
Nr. 27
S. 158), die Förderung des Integrationsprozesses (
BSG SozR 3/2500 § 33
Nr. 46
S. 2588
ff.), die Schwere einer Behinderung (
BSG-Urteil vom 24.01.1990 - Az.: 3/8 RK 16/87 -, njw 1991, 1564) oder die Notwendigkeit medizinischer Intensivbehandlungen, die die Individualtät eines Lebenssachverhaltes ausmachen. Unter Berücksichtigung dieser als gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung anzusehenden Kriterien lässt sich der Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung für den behindertengerechten Umbau des Pkws nicht begründen. Die zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehörende Fortbewegung ist durch die ihm zur Verfügung gestellten Hilfsmittel in Form des mechanischen Rollstuhls für den Wohnbereich und des elektrischen Rollstuhls für den Außenbereich sichergestellt. Damit ist ihm das Erschließen eines gewissen körperlichen Freiraums im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst möglich. Der Kläger hat im Termin vom 26.10.04 selbst erklärt, mittels dieses Rollstuhls sein Haus verlassen zu können. Damit besteht für ihn die Möglichkeit, im Nahbereich liegende Zielpunkte selbstständig,
ggf. unter Inanspruchnahme einer Begleitperson, zu erreichen. Auf letzteres ist der Kläger auch beim Benutzen des behindertengerecht umgebauten Pkw angewiesen, denn alleine kann er kein Fahrzeug mehr steuern. Zusätzliche qualitative Merkmale im oben beschriebenen Sinne, die zu einer abweichenden Beurteilung führen können, liegen nicht vor. Der Kläger befindet sich im mittleren Lebensalter und damit nicht mehr in einer Phase seines Lebens, die noch einen Entwicklungsprozess beinhaltet, der besondere Berücksichtigung finden müsste wie etwa bei der Zuerkennung des Rollstuhl-Bikes für Jugendliche.
Ein Integrationsprozess in einem bestimmten Lebensbereich,
z.B. das Arbeitsleben, ist ebenfalls nicht feststellbar, auch rechtfertigt die Schwere der Behinderung des Klägers keine abweichende Beurteilung. Der Senat verkennt zwar nicht das Ausmaß der durch die
MS-Erkrankung beim Kläger vorliegenden Behinderung, jedoch ist der Kläger in der Lage, die ihm zur Verfügung gestellten Rollstühle sitzend zu benutzen und zu bedienen. Funktionseinschränkungen seiner Arme liegen nicht vor, denn andernfalls wäre sein Hinweis auf die in der Praxis des Therapeuten durchzuführenden Übungen mit Hanteln und an der Sprossenwand nicht nachvollziehbar. Insoweit lässt sich daher nicht feststellen, dass der behindertengerechte Umbau des Pkw für den Kläger notwendig ist, um Grundbedürfnisse zu befriedigen. Ein darüber hinausgehender Behinderungsausgleich ist als Leistung der
GKV nicht vorgesehen. Das ergibt sich aus der mit Wirkung zum 01. 07.2001 in Kraft getretenen Vorschrift des § 31
Abs. 1
Nr. 3
SGB IX, mit der der Hilfsmittelbegriff für alle Träger von Leistungen der medizinischen Rehabilitation einheitlich definiert wird. Anhaltspunkte dafür, dass der unverändert gebliebenen Fassung des § 33
SGB V geschlossen werden könne, der Gesetzgeber habe den Behinderungsausgleich durch die
GKV über die bisherige Rechtsprechung hinaus ausweiten wollen, liegen nicht vor.
Eine abweichende Beurteilung ergibt sich nach Auffassung des Senats auch nicht aus der Entscheidung des
BSG vom 16.09.2004 ( Az.: B 3 KR 19/03 R), in der das Aufsuchen von Ärzten und Therapeuten im Fall einer Wachkomapatientin als elementares Grundbedürfnis entscheidungserherbliche Bedeutung erlangt hat für die Zuerkennung eines schwenkbaren Autositzes im Rahmen der Hilfsmittelversorgung. Der Senat sieht hierin eine Entscheidung, die sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ableitet. Das ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass derselbe Senat des
BSG in einem Parallelverfahren unter dem gleichen Datum eine gegenteilige Entscheidung getroffen hat, obwohl auch die Klägerin dieses Verfahrens geltend gemacht hatte, auf den schwenkbaren Autositz zur Benutzung ihres Pkws angewiesen zu sein, um u.a. Arzttermine wahrzunehmen (
BSG, Urteil vom 16.09.2004, Az.: B 3 KR 15/04 R). Bei gegenüberstellender Betrachtung beider Entscheidungen ergibt sich, dass das
BSG an dem Grundsatz festgehalten hat, Hilfsmittel in der gesetzlichen Krankenversicherung kämen beim Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden in Betracht, maßgeblich seien immer die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Diese bestünden im Fall der Wachkomapatientin in einer erheblichen Behinderung und dem Vorliegen multipler Erkrankungen. Diese Behinderungen schränkten die Wachkomapatientin in ihrer Lebensbetätigung der allgemeinen Bedürfnisse ein, sie habe weder gehen noch ein Fahrzeug besteigen können, selbst die eigenständige Benutzung des ihr von der Beklagten zur Verfügung gestellten Viamobils sei ihr vollständig unmöglich gewesen. Diese besonderen Umstände machten das in Betracht kommende Grundbedürfnis nach Fortbewegung im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden zu einem ungeeigneten Kriterium, denn die Wachkomapatientin habe mit ihren multiplen Behinderungen einen eigenen körperlichen Freiraum überhaupt nicht mehr wahrnehmen können und ihre Fortbewegung habe ausschließlich dem Besuch bei Ärzten und Therapeuten dienen sollen. Der Weg dorthin sei ihr durch die Benutzung des Pkw erheblich erleichtert worden, weil ihr durch den Transport im vertrauten Fahrzeug und in Gegenwart der Eltern Angstzustände genommen und zusätzliche spastische Anfälle vermieden worden seien. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass die erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung des Klägers, die der Senat nicht verkennt, ein solches Ausmaß nicht erreicht. Nur beim Vorliegen eines solchen Ausmaßes von Behinderungen, die jedes andere Grundbedürfnis entfallen lassen, sieht der Senat das Aufsuchen von Ärzten und Therapeuten als entscheidungserhebliches elementares Grundbedürfnis an. Fehlt ein solcher Kontext, kann das zweifelsohne menschliche Grundbedürfnis, Ärzte und Therapeuten aufzusuchen, zu keinem sachgerechten Ergebnis führen, denn es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass dieses Bedürfnis bei behinderten Menschen ausgeprägter als bei gesunden ist und dort ausnahmslos festzustellen sein wird. Auch das wöchentliche dreimalige Aufsuchen seines Therapeuten vermag aus den genannten Gründen keinen Anlass zu einer abweichenden Entscheidung zu geben. Der Frage, inwieweit zwischen dem Aufsuchen von Ärzten und Therapeuten noch qualitative Unterschiede bestehen, brauchte der Senat nicht weiter nachzugehen.
Auch der Hinweis des Klägers auf die Entscheidung des 8. Senats des
BSG vom 26.02.1991 (Az.: 8 RKn 13/90) führt zu keiner anderen Beurteilung, denn auch der 8. Senat hat in seiner mittlerweile durch aktuellere Rechtsprechung überholten Entscheidung die Umstände des Einzelfalls in den Vordergrund gerückt.
Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, dem Kläger den behindertengerechten Umbau "zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung" im Sinne des § 33
Abs. 1 Satz 1 Alternative 1
SGB V zu bewilligen. Diese Alternative betrifft lediglich solche Gegenstände im Rahmen der Hilfsmittelversorgung, die auf Grund ihrer Hilfsmitteleigenschaft spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt werden, um zu ihrem Erfolg beizutragen. Es entspricht der Intention des § 33
SGB V und auch dessen Vorgänger-Regelung in § 182 b der Reichsversicherungsordnung (RVO -
vgl. dazu BT-Drucks 11/ 2237 S 174), unter dem Begriff "Hilfsmittel", um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, alle sächlichen Mittel zu verstehen, die der Krankenbehandlung dienen. Der Wortlaut des § 33
Abs. 1 Satz 1 Alternative 1
SGB V, der auf die Sicherung eines Erfolgs der Krankenbehandlung abstellt, bedarf insoweit einer Erweiterung. Es reicht aus, wenn mit dem Hilfsmittel ein therapeutischer Erfolg angestrebt wird; er muss nicht bereits vorliegen und nur noch zu sichern sein. Der Wortlaut ist nur verständlich vor der historischen Entwicklung und Funktion der Vorschrift, die Hilfsmittel von den Heilmitteln abzugrenzen, die früher ebenfalls sächlicher Natur sein konnten. Das ist nach der nunmehr gültigen Abrenzung von Heilmitteln gegenüber Hilfsmitteln (
vgl. hierzu
BSG 88, 204 = SozR 3/2500 § 33
Nr. 41) nicht mehr erforderlich, weil jetzt alle sächlichen Mittel, die therapeutischen Zwecken dienen, Hilfsmittel und nicht Heilmittel sind. Eine noch weitergehende Ausdehnung der unter diese Alternative fallenden Hilfsmittel auch auf solche, die eine ärztliche oder therapeutische Behandlung erst ermöglichen, ist aber nicht geboten. Insoweit geht es bereits um die Frage eines Behinderungsausgleichs, der von der dritten Alternative des § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V erfasst wird (
BSG vom 16.09.2004, Az.: B 3 KR 19/03 R).
Auch der vom Kläger angesprochene Gesichtspunkt der ersparten Kosten für Behindertentransporte durch den behindertengerechten Umbau seines eigenen Pkws führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar ist das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung von dem in § 12
SGB V normierten Wirtschaftlichkeitsgebot durchzogen, jedoch ist dennoch jeder Anspruch hinsichtlich seiner Voraussetzungen gesondert zu prüfen und bei Fehlen einer Tatbestandsvoraussetzung mit der Kompensation sonst anfallender Kosten nicht begründbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193
Abs. 1
SGG.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 161
Abs. 2
Nr. 1
SGG).