I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien streiten um einen Zuschuss für die Beschaffung eines Kraftfahrzeugs sowie die Übernahme der Kosten einer behinderungsgerechten Zusatzausstattung dieses Fahrzeugs.
1. Der 39-jährige Kläger ist als Polizeibeamter beruflich tätig. Er ist verheiratet und hat ein minderjähriges Kind. Wie sich aus dem im Verfahren vorgelegten fachärztlichen Attest ergibt, leidet er seit über 10 Jahren an einer schwer verlaufenden Multiplen Sklerose (seit Jahren sekundär chronisch progrediente Verlaufsform) mit bereits erheblichen Defiziten/Ausfallerscheinungen: "Die therapeutischen Möglichkeiten sind bereits ausgeschöpft, eine Besserung der Funktion ist nicht mehr zu erwarten. Es besteht allerdings nur eine minimale Einschränkung der Hände, welche die Funktion kaum beeinträchtigt. Auch die intellektuelle Leistungsfähigkeit ist in vollem Umfang erhalten. Hauptproblem ist eine hochgradige Lähmung der Beine mit starker, auch schmerzhafter Erhöhung der Muskelspannung (sogenannte Spastik) ... mit der Notwendigkeit entsprechender Hilfsmittel. Die Mobilität wird durch die Beinlähmung stark beeinträchtigt. Der Kläger ist im Wesentlichen auf die Benutzung eines Rollstuhles angewiesen, kann bei entsprechend günstigen Bedingungen ein Umsetzen (Transfer) selbständig vornehmen. Das selbständige Führen eines PKW ist aufgrund der erhaltenen Funktionsfähigkeit der Hände ... prinzipiell möglich. Er bedarf dabei aber spezieller Hilfsvorrichtungen, die vor allem den selbständigen Ein- und Ausstieg ermöglichen. Weiterhin ist eine Verladeeinrichtung zur Mitnahme seines speziell für seine Bedürfnisse zugeschnittenen Rollstuhles nötig. Vor allem aufgrund einer begleitenden Schmerzsymptomatik im Rahmen der Spastik ist die Tagesform des Klägers deutlichen Schwankungen unterworfen. Die Einhaltung eines festen Zeitplanes ist dadurch äußerst schwierig, da gerade auch die Dauer der alltäglichen Verrichtungen erheblich variiert. Aus diesem Grund ist einen Dienstzeit mit einem gewissen Spielraum des Arbeitsbeginnes von großer Bedeutung für die Aufrechterhaltung der beruflichen Einsatzmöglichkeit und Leistungsfähigkeit. Die berufliche Tätigkeit ist eine wesentliche Stütze im Rahmen der Krankheitsverarbeitung."
Aufgrund der Entfernung zwischen seinem Wohnort und seinem Arbeitsplatz und einer schlechten Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist der Kläger für die Fahrt zur Arbeit auf die Nutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen. Im normalen Polizeidienst ist er zwar nicht mehr einsetzbar, er wird jedoch im Innendienst eingesetzt. Er hat dabei flexible Arbeitszeiten. Krankheitsbedingt kommt es allerdings zu erheblichen Fehlzeiten. So war der Kläger im Jahr 2004 an 90, im Jahr 2005 an 147, im Jahr 2006 bis 21. November an 74, im Jahr 2007 an mindestens 94 und im Jahr 2008 bis einschließlich März an 15 Arbeitstagen krankheitsbedingt nicht an seiner Arbeitsstelle.
Bereits im Jahr 2000 hatte der Kläger vom Beklagten, vertreten durch das Zentrum Bayern Familie und Soziales Region ... - Integrationsamt - einen Zuschuss zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs in Höhe von 4.940.- DM erhalten; die Kosten der behinderungsgerechten Zusatzausstattung dieses Fahrzeugs in Höhe von 2.315.- DM wurden voll übernommen. Im Jahr 2004 bewilligte das Integrationsamt die volle Kostenübernahme der behinderungsbedingt notwendigen Umrüstung dieses Fahrzeugs auf Handgas in Höhe von 3.819,58
EUR.
Am 6. Oktober 2005 beantragte der Kläger Leistungen für die behinderungsbedingte Zusatzausstattung eines neu zu beschaffenden Kraftfahrzeugs in Höhe von 61.851,20
EUR. In der Folgezeit wurde dieser Antrag mehrfach modifiziert. Das bisherige Fahrzeug könne behinderungsbedingt nicht mehr genutzt werden, er könne es nur noch mit größten Schwierigkeiten besteigen. Seiner Frau
bzw. seinen Kollegen könne es auch nicht zugemutet werden, ihn umzusetzen. Einen Fahrdienst könne er nicht nutzen, weil er nicht mehr sicherstellen könne, zur jeweils vereinbarten Abholzeit auch fertig zu sein. Auch könne seine Ehefrau den Fahrdienst nicht übernehmen. Ein Heimarbeitsplatz komme aus der Sicht seines Arbeitgebers aus Sicherheitsgründen nicht in Betracht.
Mit Bescheid vom 8. Januar 2007 lehnte das Integrationsamt den Antrag in der damals aktuellsten Fassung vom 10. Juli 2006, die einen Zuschuss zur Beschaffung eines gebrauchten Personenkraftwagens sowie Kostenübernahme für die behinderungsbedingte Zusatzausstattung in Höhe von 44.694,02
EUR umfasste, ab. Den hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Widerspruch wies das Integrationsamt mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2007 zurück.
2. Mit der hiergegen erhobenen Klage beantragt der Kläger,
den Bescheid des Beklagten vom 8. Januar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juli 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag des Klägers auf Leistung eines Zuschusses zur Ersatzbeschaffung eines Kraftfahrzeugs und Übernahme der Kosten einer behinderungsbedingten Zusatzausstattung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Unstreitig erfülle der Kläger die persönlichen Voraussetzungen für eine Kraftfahrzeughilfe.
Hinsichtlich des beantragten Zuschusses für die Beschaffung des Kraftfahrzeugs habe das Integrationsamt bereits das Einkommen des Klägers unrichtig ermittelt. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass der Kläger nicht nur seinem Kind, sondern auch seiner Ehefrau gegenüber unterhaltspflichtig sei. Zudem seien auch höhere als die einkommensabhängigen Zuschüsse möglich, wenn Art und Schwere der Behinderung ein Fahrzeug mit höherem Kaufpreis zwingend erforderten, wie dies durch die fachtechnische Stellungnahme des Integrationsamtes vom 30. Januar 2006 (gemeint wohl 31. Januar 2006) auch bestätigt worden sei. Das bisherige Fahrzeug des Klägers sei aber nicht mehr ausreichend, um eine Nutzung durch ihn zu ermöglichen. Hieraus ergebe sich ein Anspruch des Klägers auf einen höheren Zuschuss zum Fahrzeugkauf.
Der Kläger habe auch Anspruch auf einen Zuschuss zur behinderungsgerechten Zusatzausstattung des Wagens.
Wie der Integrationsdienst im Auftrag des Integrationsamtes selbst festgestellt habe, könne der Kläger sein jetziges Fahrzeug nur noch unter erheblichen Mühen und nicht mehr ohne fremde Hilfe besteigen. Weder seinen Kollegen noch seiner Ehefrau sei es zumutbar, diese Hilfe auf Dauer zu übernehmen, insbesondere habe seine Ehefrau jetzt bereits gesundheitliche Probleme aufgrund dieser ständigen Überlastung.
Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Einsatz eines Fahrdienstes hier wirtschaftlicher sein solle, als die beantragte Leistung. Die jährlichen Kosten für den Fahrdienst betrügen 20.000.-
EUR. Die Kosten für die Zusatzausstattung und Umbau des Fahrzeugs beliefen sich auf 54.198,55
EUR. Bei Inanspruchnahme eines Fahrdienstes müsse zusätzlich für etwa 10.000.-
EUR ein crashsicherer Rollstuhl beschafft werden, da sonst kein sicherer Transport möglich sei. Die zur Verfügung stehenden Fahrdienste seien hierfür nicht ausgerüstet. Schon deshalb komme hier die Inanspruchnahme eines Fahrdienstes nicht in Betracht. Wie auch durch das vorgelegte fachärztliche Attest vom 15. März 2008 bestätigt werde, könne er aber zudem einen festen Zeitplan, wie er für den Fahrdienst erforderlich sei, nur noch unter außerordentlichen Schwierigkeiten
bzw. gar nicht mehr einhalten.
Die fehlende Eintragung der Ausrüstung in die Fahrerlaubnis des Kläger könne ihm nicht entgegengehalten werden. Die Eintragung sei erst nach einer Abnahme durch den
TÜV möglich, was mangels Erwerb des Fahrzeugs bisher noch nicht möglich gewesen sei.
Auf die beantragten Leistungen bestünde ein Rechtsanspruch des Klägers, sie seien nicht ins Ermessen des Integrationsamts gestellt. Lediglich die Entscheidung, "wie" eine Rehabilitation durchzuführen sei, stünde im Ermessen der Behörde. Erfülle der Kläger die Voraussetzungen für eine Kraftfahrzeughilfe, so richteten sich seine Ansprüche nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung.
Der Gesundheitszustand des Klägers verschlechtere sich weiter. Seine Ehefrau leide unter erheblichen orthopädischen Beeinträchtigungen, durch die sie immer weniger in der Lage sei, den Kläger in sein Fahrzeug umzusetzen. Auch seinen Arbeitskollegen sei es immer weniger zumutbar, ihm an seinem Arbeitsplatz beim Umsetzen zu helfen. Der Kläger laufe nunmehr auch Gefahr, bisher für die Beschaffung des Fahrzeugs, für die er keine Eigenmittel habe und auch keinen Bankkredit bekomme, zur Verfügung gestellte Spendengelder zu verlieren. Diese Spendengelder seien nämlich zeitlich befristet. Es sei nunmehr zu befürchten, dass dadurch eine Finanzierungslücke entstehe, die nachträglich nicht mehr geschlossen werden könne.
3. Das Integrationsamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger überschreite bereits die für den Zuschuss zu den Anschaffungskosten maßgeblichen Einkommensgrenzen. Selbst wenn dies jedoch nicht der Fall sein sollte, bestehe kein Anspruch auf die beantragten Leistungen. Diese seien ins Ermessen der Behörde gestellt. Die Möglichkeit, Kosten für Fahrdienste zu übernehmen, wenn dies wirtschaftlicher und für den Behinderten zumutbar ist, sei dabei ausdrücklich eröffnet. Für die Frage der Wirtschaftlichkeit sei auch zu berücksichtigen, was der Behinderte selbst gegebenenfalls noch aufzubringen habe. Nach den von den in Frage kommenden Fahrdiensten eingeholten Äußerungen sei hier aus wirtschaftlichen Gründen ein Fahrdienst vorzuziehen, bei den dadurch entstehenden Kosten müssten auch die hohen Fehlzeiten des Klägers berücksichtigt werden. Im Hinblick auf die mögliche Entwicklung des Krankheitsverlaufs des Klägers müsse auch davon ausgegangen werden, dass weitere, unter Umständen sehr kostenintensive, Nachrüstmaßnahmen erforderlich seien. Während für die Inanspruchnahme eines Fahrdienstes ein crashsicherer Rollstuhl nicht erforderlich sei, müsse ein solcher aber dann beschafft werden, wenn der Kläger als Fahrer seines eigenen Kraftfahrzeugs nicht mehr auf den Fahrersitz umgesetzt werden könne, sondern das Fahrzeug direkt aus dem Rollstuhl heraus steuern müsse. Die Kosten für einen crashgetesteten Rollstuhl betrügen etwa 10.000.-
EUR.
Die Inanspruchnahme eines Fahrdienstes sei auch zumutbar. Es sei zwar durchaus nachvollziehbar, dass der Zeitaufwand für die täglichen Verrichtungen abhängig von der Tagesform des Klägers variieren könne. Zum Einen erhalte der Kläger aber als Leistung aus der Pflegeversicherung eine Hilfsperson für diese morgendlichen Tätigkeiten, die Schwankungen der Tagesform wirkten sich im Zeitaufwand für die Pflegeperson weniger aus. Zum anderen seien auch bei den Fahrdiensten flexible Buchungsvorlaufzeiten kein Problem. Entgegen dem Vorbringen des Klägers seien die Fahrdienste auch von ihren technischen Möglichkeiten her in der Lage, die Transportleistungen ordnungsgemäß zu erbringen. Die Kosten betrügen ja nach dem, welcher Fahrdienst beauftragt werde, zwischen 140.-
EUR und
ca. 60.-
EUR pro Tag.
Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Gericht mit Beschluss vom 3. Juni 2008 (
Au 3 E 08.136) abgelehnt.
4. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Ablehnungsbescheid des Integrationsamtes vom 8. Januar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juli 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf erneute Verbescheidung seines Antrags (§ 113
Abs. 1, 4 und 5 der Verwaltungsgerichtsordnung -
VwGO).
1. Der Kläger begehrt Leistungen, die das Integrationsamt gemäß
§ 102 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b) des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) aus den Mitteln der Schwerbehindertenausgleichsabgabe als begleitende Hilfe im Arbeitsleben zum Erreichen des Arbeitsplatzes erbringen kann. Gemäß
§ 14 Abs. 1 Nr. 2,
§ 17 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) und
§ 20 der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) können Leistungen nach Maßgabe der Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation - Kraftfahrzeughilfe-Verordnung - (
KfzHV) erbracht werden. Die Kraftfahrzeughilfe-Verordnung sieht vor, für behinderte Menschen, die zum Erreichen ihres Arbeitsplatzes auf ein Kraftfahrzeug angewiesen sind, Kraftfahrzeughilfe zu leisten, wenn nur auf diese Weise die Teilhabe am Arbeitsleben dauerhaft gesichert werden kann (
§ 3 Abs. 3 KfzHV).
a) Die Leistungen des Integrationsamtes sind damit auf die Sicherstellung der Teilhabe am Arbeitsleben beschränkt. Das Integrationsamt ist kein Rehabilitationsträger im Sinne des
§ 6 SGB IX, der gemäß
§ 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft erbringen, sowie eine möglichst selbstbestimmte und selbständige Lebensführung ermöglichen soll.
b) Zwischen den Beteiligten ist nicht umstritten, dass der Kläger zum Personenkreis der schwerbehinderten Menschen gehört, für die die Erbringung von Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben nach Maßgabe der §§ 102
SGB IX, 14 ff
SchwbAV i.V.m. der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung grundsätzlich möglich ist. Es ist auch nicht umstritten, dass der Kläger nicht mittels öffentlicher Verkehrsmittel seinen Arbeitsplatz erreichen oder an einem Heimarbeitsplatz arbeiten kann, er also auf einen individuellen Transport angewiesen ist.
c) Streitig ist jedoch die Art und Weise, auf die dem Kläger Hilfe gewährt wird. Aufgrund der oben zitierten Bestimmungen steht die Frage, wie die Hilfe gewährt wird, im Ermessen des Integrationsamtes. Anders als nach § 102
Abs. 4
SGB IX, wonach ein Anspruch auf die Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz besteht, ist die Gewährung von Leistungen nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung ins Ermessen des Integrationsamtes gestellt.
aa) Bei den Bestimmungen des § 102
Abs. 3
SGB IX und der §§ 17 und 20
SchwbAV handelt es sich um "Kann"-Bestimmungen. Selbst wenn dieses Ermessen auf der Ebene des Handlungsermessens, also hinsichtlich der Frage, ob Leistungen erbracht werden, dann auf Null reduziert ist, wenn Hilfe zum Erreichen des Arbeitsplatzes nötig ist, besteht es als Auswahlermessen bei der Entscheidung, wie die Leistungen erbracht werden, weiterhin. Letzteres bezweifelt auch der Kläger nicht, wenn er auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 21.3.2006,
B 5 RJ 9/04 R verweist, das davon ausgeht, dass jedenfalls nach § 9
Abs. 2 und 1
SGB VI a.F. überhaupt kein Handlungsermessen besteht, ein Auswahlermessen jedoch nicht ablehnt.
bb) Das Integrationsamt stellt entsprechenden Hilfebedarf aber nicht in Abrede. Es hält lediglich die Art und Weise der Hilfe in der beantragten Form nicht für zweckmäßig und wirtschaftlich. Das Integrationsamt ist aber nicht gezwungen, die Leistungen zum Erreichen des Arbeitsplatzes als Zuschuss zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs (
§ 4 KfzHV) und Übernahme der Kosten der behinderungsbedingten Zusatzausstattung (
§ 7 KfzHV) zu erbringen. § 20
SchwbAV verweist zwar auf die Kraftfahrzeughilfe-Verordnung in dem er bestimmt, dass schwerbehinderte Menschen Leistungen zum Erreichen des Arbeitsplatzes nach Maßgabe der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung erhalten können. Dies bedeutet jedoch nicht, dass solche Leistungen nur nach Maßgabe dieser Verordnung zu gewähren sind. Besteht die Möglichkeit, ein Erreichen des Arbeitsplatzes auf andere Weise sachgerecht sicherzustellen, kann der Berechtigte auf eine andere Hilfeart verwiesen werden, soweit dies pflichtgemäßem Ermessen entspricht. Die Kraftfahrzeughilfe ist regelmäßig nur eine von mehreren in Betracht zu ziehenden Maßnahmen, die zur Erhaltung eines Arbeitsplatzes eingesetzt werden können (BayVGH vom 19.8.2002, 12 CE 02.1442).
cc) Selbst wenn man dem nicht folgen will, so ist zu berücksichtigen, dass auch bei der Entscheidung über die Begründung von Ansprüchen auf einmalige Geldleistungen nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung ein Handlungs- und Auswahlermessen besteht (
BSG vom 61.11.1993,
4 RA 22/93). Die Kraftfahrzeughilfe-Verordnung ist eine im Rang unter dem vom Parlament beschlossenen Gesetz, auf dem sie beruht, stehende Verordnung. Ihre Vorschriften müssen vom Rehabilitationsträger also innerhalb des durch Parlamentsgesetz geschaffenen Rahmens ausgelegt werden (
vgl. BSG a.a.O.). Nichts anderes kann gelten, wenn die Vorschriften von Behörden anzuwenden sind, die, wie das Integrationsamt, keine Rehabilitationsträger sind, da auch diese die Kraftfahrzeughilfe-Verordnung nur im Rahmen der von ihnen zu beachtenden Gesetze anwenden können. Sieht das Parlamentsgesetz eine Ermessensentscheidung vor, kann aber nicht die im Range unter dem Gesetz stehende Verordnung diese zu einer gebundenen Entscheidung verdichten (
vgl. zum Ganzen
BSG a.a.O.).
2. Ermessensentscheidungen der Behörden sind gerichtlich aber nur eingeschränkt überprüfbar (§ 114
VwGO). Auf die Frage, ob das Gericht eine Entscheidung für zweckmäßig hält, kommt es dabei nicht an. Das Gericht darf keine eigenen Ermessenserwägungen anstellen. Es kann lediglich geprüft werden, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, oder von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Art und Weise Gebrauch gemacht hat. Solche Ermessensfehler liegen hier aber nicht vor. Die Behörde hat das ihr zustehende Ermessen im Bescheid vom 8. Januar 2007 und im Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2007 korrekt ausgeübt. Das Integrationsamt war sich seines Entscheidungsspielraumes bewusst. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Behörde sich von sachfremden Erwägungen hätte leiten lassen. Gesichtspunkte, die zu berücksichtigen waren, aber nicht berücksichtigt wurden, sind ebenfalls nicht erkennbar. Insbesondere hat das Amt den Gesundheitszustand des Klägers und seine berufliche Situation gewürdigt. Es war jedoch andererseits auch nicht gehindert, wirtschaftliche Aspekte in die Entscheidung einzubeziehen. Das Integrationsamt erbringt die entsprechenden Leistungen aus seinen Einnahmen aus der Schwerbehindertenausgleichsabgabe. Die zur Verfügung stehenden Mittel sind bei der Entscheidung daher zu berücksichtigen. Stehen kostengünstigere Maßnahmen, die ebenso geeignet sind, zur Verfügung, kann das Gericht nicht von einer fehlerhaften Ermessensausübung ausgehen. Die Verweisung des Klägers auf einen Fahrdienst ist dementsprechend nicht zu beanstanden. Wegen der fortschreitenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers muss damit gerechnet werden, dass die derzeit erforderlichen und beantragten Investitionen nicht zu einer dauerhaften Sicherstellung der Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger führen, sondern dass in absehbarer Zeit weitere kostenintensive Umbaumaßnahmen und sonstige Investitionen nötig werden. Demgegenüber stehen verschiedene Behindertenfahrdienste zur Verfügung, die nicht wie vom Kläger angenommen, etwa 20.000
EUR pro Jahr kosten würden, sondern zum Teil erheblich kostengünstiger sind, insbesondere wenn die krankheitsbedingt erhebliche Anzahl der Fehltage des Klägers berücksichtigt wird. Ein crashsicherer Rollstuhl ist für den normalen Transport durch einen Fahrdienst demgegenüber nicht erforderlich. Die Fahrdienste sind auch einigermaßen flexibel. Sie müssten lediglich mit einer Vorlaufzeit von etwa einer Stunde über die genauen Abfahrtszeiten unterrichtet werden, so dass der unterschiedlichen Tagesform des Klägers Rechnung getragen werden kann.
3. Selbst wenn man aber zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass der Behörde hier keinerlei Ermessen dahingehend zusteht, ob sie die Kraftfahrzeughilfe-Verordnung anwenden will oder nicht, und die Behörde auch nur auf der Grundlage der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung über die dort vorgesehenen Maßnahmen entscheiden kann, ist der Bescheid aber rechtmäßig. Gemäß § 3
Abs. 3
KfzHV wird Kraftfahrzeughilfe geleistet, wenn nur auf diese Weise sichergestellt werden kann, dass der behinderte Mensch dauerhaft am Arbeitsleben teilhaben kann. Hier steht aber der Fahrdienst als geeignete und sogar wirtschaftlichere Alternative zur Verfügung. Andererseits ist wegen der zu erwartenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers zu befürchten, dass durch die jetzt beantragte Hilfe die Teilhabe am Arbeitsleben nicht dauerhaft gesichert werden kann. Damit liegen die Voraussetzungen einer Leistung nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung hier auch dann nicht vor, wenn man von einer gebundenen Entscheidung ausgeht. Auch insoweit besteht daher kein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides und erneute Verbescheidung des Antrags.
4. Der Kläger trägt als unterliegender Teil die Kosten des gemäß § 188 Satz 2
VwGO gerichtskostenfreien Verfahrens (§ 154
Abs. 1
VwGO). Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167
Abs. 2
VwGO.
Beschluss
Der Gegenstandswert wird auf 37.905,70
EUR festgesetzt.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 33
Abs. 1 des Rechtsanwaltsgebührengesetzes und berücksichtigt die Grundsätze für die Streitwertfestsetzung gerichtskostenpflichtiger Verfahren (§ 52
Abs. 1, 3 des Gerichtskostengesetzes), wobei das Gericht den sich so ergebenden Betrag von 56.858,55
EUR (Umbaukosten 54.198,55 zuzüglich Zuschuss Beschaffung 2.660.-
EUR) gemäß
Nr. 1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit um ein Drittel reduziert hat.