Urteil
Kostenübernahme für einen Autokindersitz - Leistungspflicht der privaten Krankenversicherung

Gericht:

LG Nürnberg-Fürth 11. Zivilkammer


Aktenzeichen:

11 S 4374/02


Urteil vom:

26.09.2002


Das LG hat in einem zivilrechtlichen Verfahren geurteilt, dass die Kosten für einen Autokindersitz auch dann von einer privaten Krankenversicherung zu ersetzen sind, wenn dieser nicht in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen enthalten ist. Die erste Instanz hatte die Kosten für die Erstattung eines Autokindersitzes dem Vater eines behinderten Kindes nicht zugesprochen, weil dieser nicht in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen enthalten sei.

Im Gegensatz zur ersten Instanz hat das LG Nürnberg-Fürth den Autokindersitz unter den Begriff der Orthese gefasst und ging dabei mit der Ansicht des Klägers konform, dass Orthesen nicht nur solche Stützapparate sind, die direkt am Körper getragen werden, sondern auch Hilfsmittel wie in diesem Fall ein Autokindersitz. Voraussetzung dafür ist jedoch eine entsprechende medizinische Indikation bei der hilfsmittelbedürftigen Person. Der Begriff des Stützapparates ist nicht nur als solcher zu begreifen, der zur Stützung einzelner Gelenke dient. Vielmehr beschreibt der Begriff des Stützapparates nur einen Teil der unter den vorgenannten Oberbegriff fallenden Gegenstände.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Rechtsweg:

AG Nürnberg Urteil vom 08.05.2002 - 21 C 801/02

Quelle:

MTD 01/2003
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Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Amtsgericht Nürnberg vom 08.05.2002 (Aktenzeichen: 21 C 801/02) abgeändert:

II. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Kosten für einen Autokindersitz, Autositz KID Travel mit Polsterung, höhenverstellbarem Schaumstoff-/Kopfstützpolster und Seitenpolster für die Tochter in Höhe von Euro 957,85 (= DM 1.873,40) sowie Zinsen hieraus ab 01.03.2002 zu bezahlen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.


Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EURO 957,85 festgesetzt.

Gründe:

I.

Hinsichtlich des Sachverhaltes wird auf den Tatbestand des oben genannten Ersturteils Bezug genommen; die Parteien haben im Berufungsverfahren im wesentlichen ihre Argumente erster Instanz wiederholt.


II.

Die Berufung ist zulässig und sachlich begründet, so dass unter entsprechender Abänderung des Ersturteils die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen war.

1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts handelt es sich bei dem oben im Tenor näher bezeichneten Autokindersitz um einen Stützapparat bzw. eine Liegeschale i.S. des Tarifs A 1.1 der Beklagten.

Im Haupttermin vom 12.09.2002 hat die Ehefrau des Klägers den genannten Sitz, bei welchem es sich um eine Spezialanfertigung für - wie das Kind des Klägers - an einem Rett-Syndrom oder ähnlichen Krankheiten leidende Personen handelt, denen aufgrund ihrer Krankheit ein selbständiges Sitzen ohne orthopädische Stütze unmöglich ist, gezeigt und erläutert.

Solche Hilfsmittel sind ohne weiteres als Stützapparate i.S. der genannten Tarifbestimmung zu werten, wie sich aus ihrer vorbeschriebenen Funktion ergibt.

Keinesfalls handelt es sich bei Stützapparaten lediglich um Hilfsmittel zur Stützung einzelner Gelenke, dies beschreibt nur einen Teil der unter den vorgenannten Oberbegriff fallenden Gegenstände.

2. Im Ergebnis kann dahinstehen, ob man den genannten Autokindersitz auch als Liegeschale i.S. der genannten Tarifbestimmung werten kann, da Liegeschale nur ein offenbar zur Klarstellung genannter Unterfall der Stützapparate darstellt.

3. Es trifft zwar zu, dass die Beklagte unstreitig die Kosten für eine im häuslichen Gebrauch zu benutzende Liegeschale - die auch im oben genannten Haupttermin vorgeführt wurde - erstattet hat.

Unstreitig ist diese jedoch für den Transport des Kindes im Auto nicht geeignet.

Da die Tarifbestimmungen keine Beschränkung auf die - in 1-jährigem Abstand - zu erstattenden Arten für Hilfsmittel vorsehen, begegnet es keinen Bedenken, die Beklagte zur Erstattung der Kosten für den Autokindersitz (siehe oben) zu verurteilen.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Referenznummer:

R/R1700


Informationsstand: 06.06.2003