1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Streitig ist die Feststellung eines Anspruchs auf Versorgung mit einem Hilfsmittel.
Der am ... Juni 1972 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte, Kläger ist als Skipper/Hafenmeister berufstätig. Er ist seit 1984 aufgrund einer Kniegelenksexartikulierung mit einer Beinprothese, zuletzt seit 2012 mit einer sog. C-Leg - Beinprothese (Computerized Leg = computergesteuertes Bein), versorgt. Am 27. März 2013 verordneten die behandelnden FÄ für Allgemeinmedizin Dres. ... die zukünftige Versorgung mit einer "Knieexporthese mit Genium-Kniegelenk, Tirton-Fuß in Linertechnik" mit der Begründung, dass der Kläger mit dieser Prothese das Gleichgewicht besser halten könne, ein flüssiger Laufgang erreicht und Hindernisse besser überwunden werden könnten. Der Patient sei somit besser arbeitsfähig.
Mit dem am 3. Mai 2013 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben beantragte die Firma Orthopädie-Technik ... unter Beifügung der vorgenannten Verordnung, eines vom Kläger ausgefüllten Fragebogens für Anwender, eines Dokumentationsblatt über die Testversorgung mit einem Genium-Bionc Prosthetic-System sowie eines Kostenvoranschlags in Höhe von 45.569,75
EUR die Versorgung des Versicherten mit einem Genium-Kniegelenksystem.
Die Beklagte veranlasste daraufhin mit Schreiben vom 16. Mai 2013 eine Stellungnahme des MDK und teilte dem Kläger nach Eingang der Stellungnahme des Gutachters
Dr. ... vom 30. Mai 2013 mit Bescheid vom 6. Juni 2013 mit, dass der Antrag auf Versorgung mit dem beanspruchten Hilfsmittel unter Hinweis auf die Stellungnahme des MDK abgelehnt werde, weil das Genium-Kniegelenk unter Wertung aller Unterlagen einschließlich der aktuell vorliegenden
DVD keinen wesentlichen Gebrauchsvorteil haben und somit keine medizinische Indikation bestehen würde.
Hiergegen erhob der Kläger mit der am 3. Juli 2013 eingegangenen E-Mail Widerspruch. Mit dem am 5. Juli 2013 bei der Beklagten eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten beantragte der Kläger unter Hinweis auf die Regelung des
§ 13 Abs. 3a SGB V in der Fassung des Patientenrechtegesetzes eine Bestätigung der Genehmigung. Innerhalb der dortigen Frist von 3 Wochen sei keine Mitteilung erfolgt. Die Leistung sei daher durch Fristablauf genehmigt. Weiter erhob der Kläger hilfsweise vorsorglich Widerspruch und machte mit diesem einen Anspruch auf die Versorgung mit dem streitgegenständlichen Hilfsmittel gemäß
§§ 27,
33 SGB V geltend. Zur Begründung verwies er darauf, dass die grundsätzliche Kostenübernahmefähigkeit seit dem Urteil des
BSG vom 6. Juni 2002 (
B 3 KR 68/01 R) feststehen würde. Die Ablehnung des Hilfsmittels würde unter Hinweis auf die entsprechende ärztliche Verordnung einen Eingriff in die ärztliche Verordnungshoheit darstellen. Das streitbefangene Prothesenknie würde folgende Gebrauchsvorteile aufweisen:
- Möglichkeit des alternierenden Treppaufgehens
- Möglichkeit mit der Prothese auf Bodenerhöhungen zu treten (
z.B. Bordsteinkanten)
- Sicheres Stehen mit Prothese
- Sicheres Treppabgehen sowie Hinauf- und Herabgehen von Schrägen
- Möglichkeit Hindernisse zu übersteigen
- Möglichkeit Rückwärtsschritte zu machen
- Längeres Stehen auf schrägen und unebenem Untergrund
- bessere Möglichkeit der Schrittlängenanpassung, Trippelschritte seien möglich
- belastungsunabhängiges Auslösen der Schwungphase
- physiologisches Gangbild führt zu belastungsfreierem Laufen und weniger Folgeschäden an Rücken und Hüfte
Eine Kosten/Nutzen-Erwägung sei hier nicht anzustellen.
Die Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme des FA für Allgemeinmedizin
Dr. ... vom 19. Juli 2013 ein und holte eine weitere Stellungnahme des MDK ein. Nach Eingang des Gutachtens des DM ... vom 7. August 2013 teilte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 14. August 2013 mit, dass der geltend gemachte Anspruch nicht nach § 13
Abs. 3a
SGB V automatisch entstanden sei, weil der Klägers sich bis zur verspäteten Leistungsentscheidung am 6. Juni 2013 die beantragte Knieexartikulationsprothese nicht selbst beschafft habe. Demnach sei eine Erstattung der Leistung nicht möglich. Als weitere Voraussetzung zur Erstattung entstandener Kosten bei selbstbeschaffter Leistung sei im Übrigen vorgesehen, dass es sich um eine "erforderliche" Leistung handeln würde. Der Gutachter des MDK sei unter Wertung aller vorliegenden Unterlagen zu dem Ergebnis gekommen, dass keine neuen medizinischen Gesichtspunkte ergeben hätten, die die beantragte Versorgung mit der Genium-Prothese begründen würden. Es würde kein verbesserter Ausgleich der Behinderung mit der Genium-Prothese im Vergleich mit dem C-Leg gesehen, mit dem der Kläger erst im März 2012 neu versorgt worden sei; die beantragte Neuversorgung würde keine signifikante Verbesserung zur vorhandenen prothetischen Versorgung bringen. Unter Hinweis darauf, dass an der Ablehnungsentscheidung festgehalten werde, bat sie um Mitteilung, ob der Widerspruch unter Berücksichtigung ihrer Ausführungen aufrecht erhalten werde.
Mit Schreiben vom 22. August 2013 teilte der Prozessbevollmächtigte mit, dass der Widerspruch aufrecht erhalten werde. Gleichzeitig erhob der Kläger am 22. August 2013 beim Sozialgericht Klage mit dem Ziel der Feststellung, dass der Kläger einen Anspruch auf die Versorgung mit dem beantragten Hilfsmittel habe. Zur Begründung macht er geltend, dass er unter dem 30. April 2013 bei der Beklagen die Kostenübernahme mit dem streitgegenständlichen Hilfsmittel beantragt habe. Eine Entscheidung oder Mitteilung eines hinreichenden Grundes, warum über den Leistungsantrag nicht entschieden werden könne, sei nicht erfolgt. Auch habe die Beklagte ihm nicht in ausreichender Weise mitgeteilt, dass die Einschaltung des MDK erfolgen sollte. Ein Widerspruchsverfahren sei für den Fall der Genehmigungsfiktion nicht vorgesehen, da ein rechtsmittelfähiger Bescheid gerade nicht vorliegen würde. Eine Feststellungsklage sei daher zulässig (siehe bereits SG Dessau, Urteil vom 18. Dezember 2013 -
S 21 KR 282/13). Die Genehmigung würde die Versorgung mit dem streitigen Hilfsmittel als solchem sowie den Inhalt des Kostenvoranschlages und die Versorgung durch den ausgewählten Leistungserbringer umfassen. Der sozialrechtliche Leistungsantrag würde sowohl verfahrensrechtliche als auch materiell-rechtliche Wirkung entfalten. Dabei würde ein vom Versicherten selbst gestellter Antrag einem durch den Leistungserbringer gestellten Antrag gleichstehen.
Der Kläger beantragt,
es wird festgestellt, dass er gegen die Beklagte Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel des Typs Genium gemäß Kostenvoranschlag vom 30. April 2013 des Sanitätshauses Orthopädietechnik ... habe.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend, dass § 13
Abs. 3a
SGB V keine Anwendung finden würde, wenn sich der Versicherte bis zur Bekanntgabe der Leistungsentscheidung (hier am 6. Juni 2013) die beantragte Leistung nicht selbst beschafft habe. Dies sei hier der Fall. Der Kläger würde keinen Kostenerstattungsanspruch geltend machen.
Die Kammer hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird hierauf ergänzend Bezug genommen.
Die Klage ist unzulässig.
1. Die Kammer hat über die Klage gemäß § 105
Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten haben hiergegen innerhalb der vom Gericht eingeräumten Stellungnahmefrist keine Einwände erhoben.
2. Gegenstand des Verfahrens ist die Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen des § 13
Abs. 3a
S. 7 des 5. Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Krankenversicherung (
SGB V), welcher mit Wirkung vom 26. Februar 2013 durch Artikel 2
Nr. 1
i.V.m. Artikel 5 des Patientenrechtegesetzes vom 20. Februar 2013 (BGBl. I,
S. 277 - 282,
S. 279) eingefügt worden ist. Das Patientenrechtegesetz, welches eine Verbesserung der Rechtsposition des sozialversicherten Patienten zum Gegenstand hat (
vgl. hierzu den Überblick von
Prof. Dr. Wenner, Patientenrechte im Krankenversicherungsrecht - Zum Inkrafttreten des neuen Patientenrechtegesetzes: Sachlicher Fortschritt oder bürokratische Antworten auf alte Fragen, Die Sozialgerichtsbarkeit 2013,
S. 162 - 169), sieht u.a. mit der neuen Regelung des § 13
Abs. 3a
SGB V eine Einstandspflicht der Krankenkasse bei verzögerter Leistungsentscheidung vor. Im Einzelnen wird in § 13
Abs. 3a
S. 1
SGB V zunächst geregelt, dass eine Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden hat. Für den Fall, dass die Krankenkasse die Fristen nicht einhalten kann, sieht die Neuregelung weiter vor, dass die Krankenkasse dies dem Versicherten "unter Darlegung der Gründe" rechtzeitig schriftlich mitteilt. Wird kein "hinreichender Grund" mitgeteilt, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (
Abs. 3a
S. 6). Rechtsfolge ist nach § 13
Abs. 3a
S. 7
SGB V, dass die Krankenkasse, wenn sich der Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst beschafft, zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet ist.
Der Kläger hat zwar nach dem Wortlaut seiner Klage "die Feststellung eines Anspruchs gegen die Beklagte auf Versorgung mit dem Hilfsmittel des Typs Genium entsprechend dem Kostenvoranschlag der Firma ..." beantragt. Der Sache nach würde es sich damit um eine - in einen Feststellungsantrag "gekleidete" - echte Leistungsklage im Sinne des § 54
Abs. 5
SGG handeln. Eine solche Klage wäre hier jedoch nicht statthaft, weil der mit der Klage geltend gemachte Sachleistungsanspruch auf die zukünftige Versorgung mit einem Hilfsmittel gemäß § 31
Abs. 1
S. 1
SGB V regelmäßig den Erlass eines Verwaltungsakt voraussetzt; dies gilt im Übrigen auch für einen Erstattungs- wie auch für einen (Kosten-)Freistellungsanspruch, welche ebenfalls nur im Rahmen einer kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54
Abs. 1 und 4
SGG geltend gemacht werden könnte. Der Zulässigkeit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage stünde hier jedoch entgegen, dass das zwingend vorgeschriebene Vorverfahren (§ 78
SGG) ersichtlich noch nicht abgeschlossen ist.
Im Rahmen der nach § 123
SGG dem Sozialgericht obliegenden Feststellung des "erhobenen Anspruchs" ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger und wohl auch die Beklagte ersichtlich davon ausgehen, dass es in Fällen wie dem Vorliegenden statthaft sei, vor der Beschaffung der beanspruchten Leistungen im Wege einer vorgeschalteten Feststellungsklage die auf der Grundlage von § 13
Abs. 3a
S. 7
SGB V behaupte Erstattungsverpflichtung gerichtlich klären zu lassen. Die so verstandene Feststellungsklage ist jedoch unzulässig.
Mit einer Feststellungsklage kann zwar gemäß § 55
Abs. 1
Nr. 1
SGG die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat; möglich ist hier auch nur die Feststellung einzelner Rechte und Pflichten. Es wäre daher dem Grunde nach auch möglich, ein - auf der Grundlage von § 13
Abs. 3 a
S. 7
SGB V in Betracht kommendes - Recht des Klägers auf Erstattung der Kosten für eine selbst beschaffte Leistung (hier in Form eines Hilfsmittels) feststellen zu lassen. Hier fehlt es jedoch unter Hinweis auf den sog. Subsidiaritätsgrundsatz an dem erforderlichen Feststellungsinteresse.
a) Das Bundessozialgericht hat bereits mit Urteil vom 9. Oktober 2001 (B 1 KR 6/01 R - SozR 3-2500 § 13
Nr. 25, Leitsatz 1 und Orientierungssatz sowie Rn. 22) unter Aufgabe früherer Entscheidungen klargestellt, dass gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen dem Versicherten und seiner Krankenkasse über den Leistungsanspruch nur in zwei Konstellationen denkbar sind: Entweder der Versicherte klagt auf Gewährung einer noch ausstehenden Behandlung als Sachleistung oder er hat sich die Behandlung zunächst privat auf eigene Rechnung beschafft und verlangt von der Krankenkasse die Erstattung der Kosten. Das Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs 3
SGB V würde keine Handhabe bieten, die Leistungspflicht der Krankenkasse losgelöst von einer tatsächlichen Kostenbelastung allein im Interesse des Leistungserbringers abstrakt klären zu lassen und diesem damit einen eigenen Prozess zu ersparen. Ein Kostenerstattungsanspruch für die Zukunft kommt regelmäßig nicht in Betracht; noch ausstehende Behandlungen können vom Versicherten lediglich als Sach- oder Dienstleistung beansprucht werden (Helbig in: jurisPK-SGB V, 2. Auflage 2012, § 13
SGB V, Stand: 9. April 2013, Rn. 86). Allenfalls in Ausnahmefällen (nämlich beim Fehlen systemnäherer Korrekturmöglichkeiten) hat das
BSG einen Anspruch des Versicherten gegen die Krankenkasse für möglich gehalten, die Kosten der Bereitstellung einer von der Krankenkasse geschuldeten, bisher noch nicht durchgeführten Behandlung vorab zu übernehmen und unmittelbar mit dem Leistungserbringer abzurechnen (
BSG, Urteil vom 3. April 2001 - B 1 KR 40/00 R = SozR 3-2500 § 27a
Nr. 3, Rn. 32;
vgl. auch Urteil vom 21. Juni 2011 - B 1 KR 17/10 R - SozR 4-2500 § 28
Nr. 4, Rn. 11, beide zitiert nach juris). Diese Ausnahmevoraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt.
b) Für die Kammer besteht keine Veranlassung hiervon in Fällen des § 13
Abs. 3a
SGB V abzuweichen. Dies gebietet weder die Tatsache, dass die beanspruchte Leistung mit einem Preis von 45.569,75
EUR ersichtlich die finanzielle Leistungsfähigkeit des Klägers überschreitet, noch die Tatsache, dass die in § 13
Abs. 3a
SGB V geregelten Fristen die ansonsten bei der Untätigkeitsklage in § 88
SGG vorgesehenen Fristen bei weitem unterschreiten, so dass mit Blick auf die Rechtsweggarantie des Artikel 19
Abs. 4 Grundgesetz (
GG) in diesen Fällen eine Klagemöglichkeit in Form der Feststellungsklage eröffnet sei (so Thorsten Vogel, Die Genehmigungsfiktion des § 13
Abs. 3a
SGB V - ein gesetzgeberisches Kuckucksei?, Neue Zeitschrift für Sozialrecht 2014,
S. 201 - 211,
S. 211 unter III. Die prozessuale Geltendmachung). Ein Systemversagen
bzw. eine Vorenthaltung von Rechtsschutz kann hier nicht festgestellt werden. Dem Kläger wird auch in den Fällen des § 13
Abs. 3a
SGB V bei Fristablauf ausreichend Rechtsschutz dadurch gewährt, dass er unter Verweis auf das inzwischen anstelle eines (feststellenden) Verwaltungsaktes nunmehr durch Genehmigungsfiktion abgeschlossenen Vorabverfahrens (ausführlich hierzu Noftz in: Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch - Gesamtkommentar,
SGB V, § 13
SGB V, Stand März 2014, Rn. 58l) gegen die Beklagten einen Sachleistungsanspruch auf tatsächliche Verschaffung der beanspruchten Leistung im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend machen kann. Dieser Anspruch könnte
ggf. im Falle einer Eilbedürftigkeit mit Hilfe einer auf der Grundlage von § 86b
Abs. 2
SGG zu erlassenden Regelungsanordnung durchgesetzt werden.
c) Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte den Versorgungsantrag bereits mit Bescheid vom 6. Juni 2013 abgelehnt hat (SG Dessau-Roßlau in dem Urteil vom 18. Dezember 2013 -
S 21 KR 282/13, Rn. 15, welches in diesem Falle eine Ausnahme von dem Subsidiaritätsgrundsatz annimmt; zitiert nach juris). Denn auch in diesem Falle ist erstens über die hier streitigen Sach- und Rechtsfragen bereits im Rahmen des anhängigen Vorverfahrens zu entscheiden, und ist zweitens kein weitergehendes Feststellungsinteresse des Klägers ersichtlich
bzw. wird von ihm auch nicht geltend gemacht. Dass der Zulässigkeit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage derzeit noch der Abschluss des bereits eingeleiteten - aber ausweislich der Verwaltungsakten noch nicht abgeschlossenen - Widerspruchsverfahrens entgegensteht, rechtfertigt nicht die vom Sozialgericht Dessau-Roßlau angenommene Ausnahme vom Subsidiaritätsgrundsatz. Der Vorrang der Gestaltungs- oder Leistungsklage gilt nämlich nicht nur dann, wenn eine solche Klage zulässig ist, sondern auch schon dann, wenn eine solche (wie hier) nach Abschluss des Vorverfahrens zulässig wäre
bzw. der Kläger eine Gestaltungs- oder Leistungsklage erheben könnte (
vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG Kommentar, 10. Aufl., § 55 Rn. 19a, der beide Alternativen anführt). Es wäre schlechterdings wenig nachvollziehbar, das Eingreifen des Subsidiaritätsgrundsatzes in das Belieben der Beteiligten zu stellen, in einem solchen Falle das grundsätzlich vorrangige Verfahren nicht oder nur nachlässig zu betreiben.
d) Schließlich rechtfertigt sich die Ausnahme von dem Subsidiaritätsgrundsatz auch nicht unter Hinweis auf die Tatsache, dass es sich bei der Beklagten um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt (so SG Dessau-Roßlau, a.a.O., Rn. 15; allgemein hierzu Keller, a.a.O., Rn. 19c).
Dies wird zwar nachvollziehbar mit der Annahme begründet, dass der Beklagte den Kläger angesichts seiner in der Verfassung verankerten Bindung an Gesetz und Recht auch ohne Leistungsurteil mit Vollstreckungsdruck befriedigt, wofür auch prozessökonomische Gründe sprechen würden. Eine solche Erwartung ist hier jedoch unbegründet. Zum einen fehlt es bereits deshalb an dem Vorliegen prozessökonomischer Gründe, weil bereits ein Vorverfahren anhängig ist, welches nach Meinung der Beteiligten (siehe hierzu das Schreiben der Beklagten vom 14. August 2013 und des Prozessbevollmächtigten vom 22. August 2013) und unter Hinweis auf die Regelung des § 88
Abs. 2
SGG ersichtlich entscheidungsreif ist. Zum anderen ist nicht zu erwarten, dass der Streitfall mit der gerichtlichen Feststellung endgültig geklärt ist, sondern es ist davon auszugehen, dass das Sozialgericht auch nach Abschluss des vorliegenden Verfahrens im Rahmen einer weiteren Leistungsklage noch einmal mit der Sache befasst werden müsste, weil über weitere streitige Punkte zu entscheiden ist, die von der begehrten Feststellung nicht erfasst werden. Dies beruht darauf, dass die von dem Kläger in Anspruch genommene Regelungen des § 13
Abs. 3a
S. 1 bis 7
SGB V auf einen Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel im Sinne des § 33
Abs. 1
S. 1
SGB V nicht anwendbar sind. Vielmehr erklärt § 13
Abs. 3a
S. 9
SGB V für - die hier streitigen - Leistungen zur medizinischen Rehabilitation die speziellen Sonderregelungen der
§§ 14,
15 des 9. Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) für anwendbar.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für den geltend gemachten Anspruch auf die Versorgung mit einem Hilfsmittel sind
§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 33
SGB V sowie
§ 26 Abs. 2 Nr. 6 in Verbindung mit
§ 31 SGB IX. Bei der beanspruchten Kniegelenksprothese der Marke Genium handelt es sich nämlich um eine Leistung der medizinischen Rehabilitation (so
z.B. BSG, Urteil vom 23. Januar 2003 -
B 3 KR 7/02 R = SozR 4-2500 § 33
Nr. 1, Rn. 18 bei einem Anspruch auf die Versorgung mit einem Hörgerät;
vgl. auch Urteil vom 26. März 2003 -
B 3 KR 23/02 R = SozR 4-2500 § 33
Nr. 3 zur Versorgung mit einem Rollstuhl-Ladeboy; beide zitiert nach juris). Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation gelten gemäß § 13
Abs. 3a
S. 9
SGB V die §§ 14, 15
SGB IX zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbst beschaffter Leistungen und nicht die Bestimmungen der Sätze 1 bis 7 des § 13
Abs. 3a
SGB VI (ebenso Christina Manthey, Hörhilfen - Versicherte zwischen Anspruch und Wirklichkeit,
ASR 2013,
S. 259 - 265,
S. 263). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des
BSG und der allgemeinen Auffassung im Schrifttum, dass im Falle der Selbstbeschaffung von medizinischen Rehabilitationsleistungen, zu denen auch selbst beschaffte Hilfsmittel zählen, die Zuständigkeits- und Erstattungsregelungen der §§ 14, 15
SGB IX über die über die bisherige Verweisungsnorm des § 13
Abs. 3
S. 2
SGB V als spezielle Regelung zur Anwendung kam (
vgl. Brandts in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand 80 El. 2013, § 13
SGB V, Rn. 92
bzw. Manthey, a.a.O., in
Anm. 25
m.w.N.). Die ausdrücklich in § 13
Abs. 3a
S. 9
SGB V für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation aufgenommene Sonderregelung entspricht dem in § 11
Abs. 2
S. 3
SGB V und § 13
Abs. 3
S. 2
SGB V geregelten Anwendungsvorbehalt (Noftz, a.a.O., § 13
SGB V, Rn. 58q).
Da nach alledem bei Leistungen der medizinischen Rehabilitation keine Genehmigungsfiktion im Sinne des § 13
Abs. 3a
S. 6
SGB V eintritt, ist vorliegend auch nicht zu erwarten, dass mit der offenbar von beiden Beteiligten übereinstimmend erstrebten gerichtlichen Entscheidung über den streitigen Eintritt der Genehmigungsfiktion der Streitfall endgültig geklärt ist. Vielmehr hängt der geltend gemachten Anspruch von der Erforderlichkeit der beanspruchten Leistung im Sinne des § 33
Abs. 1
S. 1
SGB V und deren Wirtschaftlichkeit im Sinne des
§ 12 Abs 1 SGB V ab. Bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere wie hier durch Prothesen ist deshalb u.a. erforderlich, dass die behauptete Innovation dem Versicherten in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet, und nicht nur in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels betrifft
bzw. nicht ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen
bzw. einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (st. Rspr.,
vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 -
B 3 KR 5/12 R = SozR 4-3250 § 14
Nr.19, Rn. 34
m.w.N.; zitiert nach juris). Im Übrigen hätte die Beklagte, weil sie den Antrag nicht innerhalb der Frist des
§ 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX an einen anderen Rehabilitationsträger weitergeleitet hat, im Falle einer Ablehnung eines Anspruchs auf das Hilfsmittel auf der Grundlage der Regelungen des Krankenversicherungsrechts darüber hinaus zu prüfen, ob der Anspruch
ggf. unter Heranziehung des Teilhaberechts anderer Rehabilitationsträger begründet wäre. Hier käme beispielsweise unter Hinweis auf die beruflichte Tätigkeit des Klägers als Skipper/Hafenmeister dem Grunde nach eine Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen der §§ 9 ff des 6. Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Rentenversicherung (
SGB VI)
i.V.m. §§ 6 Abs. 1 Nr. 4, 26
Abs. 1
Nr. 2 und
Abs. 2
Nr. 6,
31,
33 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX in Betracht. Die Hausärzte des Klägers hatten nämlich die Verordnung des Hilfsmittels u.a. auch damit begründet, dass der Kläger mit dem Genium-Kniegelenk "besser arbeitsfähig werde".
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG; sie entspricht dem Ergebnis der Hauptsache. Das Rechtsmittel der Berufung ist hier gemäß §§ 105
Abs. 2, 143, 144
Abs. 1
SGG auch ohne ausdrückliche Zulassung durch das Sozialgericht statthaft.