Die zum sachlich und örtlich zuständigen Sozialgericht Augsburg form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die zweiwöchige Miete der motorisierten Kniebewegungsschiene.
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden grundsätzlich als Sach- oder Dienstleistungen erbracht (
§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Eine Kostenerstattung für selbstbeschaffte Leistungen kommt nur unter den Voraussetzungen des
§ 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Danach hat die Krankenkasse den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung zu erstatten, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alternative) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (2. Alternative) und dadurch Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung entstanden sind.
Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13
Abs. 3 Satz 1
SGB V setzt voraus, dass eine wirksame Zahlungsverpflichtung des Versicherten vorliegt (Bundessozialgericht -
BSG - vom 28.03.2000, B 1 KR 21/99 R;
BSG vom 09.10.2001, B 1 KR 6/01 R;
BSG vom 23.07.1998, B 1 KR 3/97 R). Nur im Falle einer wirksamen Zahlungsverpflichtung ist die selbstbeschaffte Leistung im Sinne von § 13
Abs. 3 Satz 1
SGB V durch die Verweigerung der Sachleistung verursacht. Der erforderliche Kausalzusammenhang fehlt, soweit der Versicherte mehr aufwendet, als dem Leistungserbringer von Rechts wegen zusteht. Denn dann ist nicht mehr die Ablehnung durch die Krankenkasse, sondern das Verhalten des Patienten die wesentliche Ursache für das Entstehen der Kosten. Ob der Versicherte die ohne Rechtsgrund gezahlte Vergütung zurückfordern kann, ist für den krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch ohne Belang. Das Kostenerstattungsverfahren kann nicht dazu benutzt werden, die Leistungspflicht der Krankenkasse für eine Sachleistung unabhängig von einer tatsächlichen Kostenbelastung allein im Interesse des Leistungserbringers abstrakt klären zu lassen und diesem damit einen eigenen Prozess zu ersparen. Ist ein Versicherter keiner durchsetzbaren Vergütungsforderung ausgesetzt, so schließt dies einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13
Abs. 3 Satz 1
SGB V aus. Dies gilt selbst dann, wenn die Rechnung bereits bezahlt ist (
BSG vom 23.07.1998, aaO).
Vorliegend hat die Klägerin die Forderung der Beigeladenen beglichen, obwohl letztere keinen wirksamen Vergütungsanspruch erworben hatte. Denn der zwischen der Klägerin und der Beigeladenen abgeschlossene privatrechtliche Mietvertrag ist aufgrund von § 32
SGB I nichtig. Nach § 32
SGB I sind privatrechtliche Vereinbarungen, die zum Nachteil des Sozialleistungsberechtigten von Vorschriften dieses Gesetzbuchs abweichen, nichtig. Vorliegend handelt es sich bei dem zwischen der Klägerin und der Beigeladenen abgeschlossenen Mietvertrag um eine derartige Vereinbarung. Zwar ist es ein berechtigtes Anliegen eines Leistungserbringers, sich durch die Vereinbarung einer Sekundärhaftung des Versicherten für den Fall der Ablehnung des vorrangigen, zur Kostenpflicht der Krankenkasse führenden Sachleistungsanspruches vergütungsrechtlich abzusichern. Jedoch ist der Schutzzweck des § 32
SGB I berührt, wenn der Leistungserbringer bei einem Sachleistungsverhältnis auch dann vertraglich auf den Versicherten zurückgreifen will, wenn die Krankenkasse die Vergütung aus Gründen verweigert, die in die Risikosphäre des Leistungserbringers fallen und von ihm zu vertreten sind (
BSG vom 03.08.2006, B 3 KR 24/05 R).
Dies ist vorliegend nach Überzeugung des Gerichts der Fall. Die Beigeladene hat in ihre Risikosphäre fallende und von ihr zu vertretende Umstände auf die Klägerin verlagert. Denn aufgrund der Rahmenverträge zur Hilfsmittelversorgung sind die Leistungserbringer dazu verpflichtet, vor Lieferung des Hilfsmittels bei der Krankenkasse einen Kostenvoranschlag und die ärztliche Verordnung einzureichen sowie die Genehmigung der Krankenkasse abzuwarten. Will ein Leistungserbringer ein Hilfsmittel vor Genehmigung durch die Krankenkasse an einen gesetzlich Krankenversicherten ausliefern, so erfordert dies nach Auffassung des Gerichts eine vorherige und ausdrückliche, möglichst auch schriftliche Aufklärung des Versicherten darüber, dass eine individuelle Genehmigung durch die Krankenkasse erforderlich ist und diese nicht zwingend zu erfolgen hat. Dies muss erst recht dann erfolgen, wenn ein Hilfsmittel aus dem Hilfsmittelverzeichnis gestrichen wurde, wie es vorliegend für die Bewegungsschiene im August 2004 der Fall war.
Dadurch, dass die Beigeladene mit der von einer Sachleistung ausgehenden Klägerin vor Genehmigung durch die Beklagte einen privatrechtlichen Mietvertrag abgeschlossen hat, hat sie ihr Risiko, bei einer Lieferung vor Genehmigung durch die Beklagte ihre Vergütung nicht zu erhalten, auf die Klägerin verlagert. Aus den glaubhaften Äußerungen der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass sie sich nicht bewusst war, einen privatrechtlichen Mietvertrag abzuschließen. Vielmehr war sie der Auffassung, eine Sachleistung der Krankenkasse zu erhalten und lediglich den Empfang des Hilfsmittels zu bestätigen. Diesbezüglich sind auch die im Mietvertrag enthaltenen Formulierungen irreführend. Dies gilt insbesondere für den Satz "auf Wunsch des Mieters beantragt O. die Kostenübernahme bei der zuständigen Krankenkasse." Die von der Beigeladenen vorgenommene Verlagerung von in ihre Risikosphäre fallenden und von ihr zu vertretenden Umständen bewirkt die Nichtigkeit des privatrechtlichen Mietvertrages.
Ebenso wenig wie aus dem nichtigen Mietvertrag bestehen Ansprüche der Beigeladenen gegenüber der Klägerin aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 670, 683 Bürgerliches Gesetzbuch -
BGB -) oder aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812
BGB). Denn eine Entgegennahme der Bewegungsschiene als Privatpatientin entsprach weder dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Klägerin noch ihrem Interesse. Ein Bereicherungsanspruch nach § 812
Abs. 1 Satz 1
BGB scheitert daran, dass zwischen der Klägerin und der Beigeladenen in Bezug auf die Lieferung der Kniebewegungsschiene kein Leistungsverhältnis besteht. Nach dem objektiven Empfängerhorizont war Leistende hier die Beklagte (
vgl. BSG vom 09.10.2001, Az: B 1 KR 6/01 R).
Selbst wenn vorliegend ein wirksamer Vergütungsanspruch bestehen würde, so hätte die Klägerin keinen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13
Abs. 3 Satz 1
SGB V. Ein Anspruch nach der 2. Alternative des § 13
Abs. 3 Satz 1
SGB V scheitert daran, dass sich die Klägerin die Leistung besorgt hat, ohne die Entscheidung der Beklagten abzuwarten. Denn einem derartigen Fall fehlt der notwendige Kausalzusammenhang für eine Entstehung der Kosten durch die Ablehnung der Krankenkasse (ständige Rechtsprechung, so
z.B. BSG vom 26.09.2006, B 1 KR 3/06 R). Auch eine unaufschiebbare Leistung im Sinne der 1. Alternative lag nicht vor. Dies kann nur angenommen werden, wenn es dem Versicherten nicht zumutbar ist, mit dem Beginn einer Behandlung bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse zu warten. Die Leistung muss im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich sein, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubes besteht (
BSG vom 04.04.2006, Az: B 1 KR 7/05 R). Von einer unaufschiebbaren Leistung kann dann nicht ausgegangen werden, wenn die Leistung in aller Regel zeitlich absehbar ist, so dass ihre Gewährung durch die Krankenkasse rechtzeitig sichergestellt werden kann (
BSG vom 20.05.2003, B 1 KR 9/03 R). Gerade dies ist aber bei der Versorgung mit einer Bewegungsschiene nach einem geplanten Eingriff der Fall (
BSG vom 10.04.2008,
B 3 KR 8/07 R). Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass eine rechtzeitige Mobilisation des Kniegelenkes im Anschluss an die geplante Operation nicht hätte erfolgen können und nur unter Umgehung der gesetzlich vorgesehenen Vorabbefassung der Krankenkasse unzumutbare gesundheitliche Folgen hätten vermieden werden können. Denn bis zur Genehmigung durch die Krankenkasse hätte zunächst Krankengymnastik, gegebenenfalls im Wege des Hausbesuches, erfolgen können.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Da die Beigeladene durch den nichtigen Mietvertrag und das Beharren auf ihrer Forderung den Rechtsstreit ausgelöst hat, erschien es angemessen, ihr die außergerichtlichen Kosten der Klägerin aufzuerlegen.
Die Berufung ist nicht zulässig, da der Streitwert weniger als 750,00
EUR beträgt (§ 144
Abs. 1
SGG). Sie war auch nicht zuzulassen (§ 144
Abs. 2
SGG), da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer obergerichtlichen Entscheidung abweicht.