Die zulässige Berufung der Beklagten ist im Wesentlichen unbegründet. Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten in Höhe von 3.125,98 Euro und auf weitere Versorgung mit einem Bewegungstrainer Motomed Viva 1. Der Urteilstenor des SG ist deshalb entsprechend neu gefasst worden.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren den Kostenerstattungsanspruch beziffert hat, handelt es sich nicht um eine - unzulässige - Klageänderung, sondern um eine zulässige Änderung des Antrags gemäß §§ 153
Abs. 1, 99
Abs. 2
Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG).
Rechtsgrundlage des Kostenerstattungsanspruchs ist
§ 13 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX). Hiernach ist der Rehabilitationsträger zur Erstattung einer vom Leistungsberechtigten selbst beschafften erforderlichen Leistung u.a. dann verpflichtet, wenn er diese zu Unrecht abgelehnt hat und zwischen der rechtswidrigen Ablehnung und der Kostenlast des Versicherten ein Ursachenzusammenhang besteht. Ausgangspunkt zur Beantwortung der Frage, ob die begehrte Leistung zu Unrecht abgelehnt wurde, ist primär das für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltende Leistungsrecht (
vgl. BSG Urteil vom 07.10.2010 -
B 3 KR 5/10 R -).
Die Sachleistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für die Versorgung ihrer Versicherten mit Hilfsmitteln bestimmt sich nach
§ 33 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 SGB V ausgeschlossen sind. Anspruch auf Versorgung besteht nur, soweit das begehrte Hilfsmittel ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet; darüber hinausgehende Leistungen darf die Krankenversicherung gemäß
§ 12 Abs. 1 SGB V nicht bewilligen (
vgl. BSG SozR 4-2500 § 33
Nr. 11). Hiervon ausgehend hat die Beklagte die Versorgung mit dem begehrten Bewegungstrainer Motomed Viva 1 zu Unrecht abgelehnt.
Der Kläger hat zwar keinen Sachleistungsanspruch auf Versorgung mit dem Ziel des Behinderungsausgleichs oder auf Versorgung zur Vorbeugung einer drohenden Behinderung (§ 33
Abs. 1 Satz 1 3. Alternative und 2. Alternative
SGB V); was vom Kläger selbst auch nicht in Abrede gestellt wird. Die Beklagte hat die Versorgung aber deshalb zu Unrecht abgelehnt hat, weil der streitgegenständliche Bewegungstrainer hier zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung dient (§ 33
Abs. 1 Satz 1 1. Alternative
SGB V) und ebenso wirksame, aber wirtschaftlich günstigere Alternativen nicht zur Verfügung stehen.
Grundsätzlich fallen Maßnahmen oder Hilfen zur Bewegungsförderung nur ausnahmsweise in die Leistungszuständigkeit der Krankenkassen. Der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung dient ein bewegliches sächliches Mittel nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (
BSG) dann, wenn es spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt wird, um zu ihrem Erfolg beizutragen (
vgl. BSG SozR 4-2500 § 33
Nr. 7). Keinen ausreichend engen Bezug zu einer konkreten Krankenbehandlung weisen diejenigen gesundheitsförderlichen Maßnahmen auf, die (nur) allgemein auf die Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, die Mobilisierung von Restfunktionen des behinderten Menschen, die Erhöhung der Ausdauer und Belastungsfähigkeit sowie die Hilfe bei der Krankheitsbewältigung zielen. Ein weitergehender spezifischer Bezug zur ärztlich verantworteten Krankenbehandlung
i.S.v.
§ 27 Abs. 1 SGB V kommt nur solchen Maßnahmen zur körperlichen Mobilisation zu, die in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche und ärztlich angeleitete Leistungserbringer stehen und für die gezielte Versorgung
i.S.d. Behandlungsziele des § 27
Abs. 1 Satz 1
SGB V als erforderlich anzusehen sind. Davon ist bei einer Hilfe zur körperlichen Betätigung - wie hier mit dem Bewegungstrainer - dann auszugehen, wenn der Versicherte aufgrund der Schwere der Erkrankung dauerhaft Anspruch auf Maßnahmen der physikalischen Therapie hat, die durch das beanspruchte Hilfsmittel unterstützte eigene körperliche Betätigung diese Therapie entweder wesentlich fördert oder die Behandlungsfrequenz infolge der eigenen Betätigung geringer ausfallen kann und sich deshalb die Versorgung mit dem Hilfsmittel im Rahmen der Wahlmöglichkeit des Versicherten als wirtschaftlich darstellt (
vgl. BSG Urteil vom 07.10.2010 a.a.O.).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn der Einsatz des Bewegungstrainers ist Teil des ärztlich verordneten komplexen therapeutischen krankheitsbezogenen Vorgehens, in dem das Hilfsmittel neben weiteren therapeutischen Maßnahmen wie insbesondere regelmäßiger Krankengymnastik und Ergotherapie zum Zwecke der Mobilisation und Verbesserung des Haltens des Gleichgewichtes bei Sitz-, Geh- und Stehübungen, zur Förderung des Muskelaufbaus und zur Verbesserung der Körperbeherrschung eingesetzt wird und dies von den behandelnden Ärzten bei der Planung von Intensität und Häufigkeit der Krankengymnastik als weiteres Therapieelement berücksichtigt wird.
Diese Versorgung ist zum Zwecke der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung entgegen der Ansicht der Beklagten auch erforderlich
i.S.v. § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V, denn ebenso wirksame, aber wirtschaftlich günstigere Alternativen als das Training mit dem Bewegungstrainer Motomed Viva 1 stehen entgegen der Ansicht der Beklagten nicht zur Verfügung. Soweit die Beklagte meint, die dem Kläger gewährte Krankengymnastik und Ergotherapie seien hier ausreichend, verkennt sie die Schwere der Erkrankung des Klägers sowie ferner, dass die durch das begehrte Hilfsmittel unterstützte eigene körperliche Betätigung die gewährten Heilmitteltherapien wesentlich fördert.
Dr. I hat in ihrem Befundbericht nämlich eingehend und überzeugend dargelegt, dass die beim Kläger erreichten Erfolge durch die verordneten Heilmitteltherapien allein nicht erreicht werden konnten. Zu Beginn der Behandlung war der Kläger komplett pflegebedürftig und bettlägerig und Eigenaktivitäten waren nicht möglich. Die Kommunikation erfolgte lediglich mit Augenausdruck und Kopfbewegung. Bei passivem Aufsetzen konnte der Kläger den Sitz aufgrund fehlender Rumpfhaltestabilität nicht halten und selbst eigenständige Drehbewegungen im Bett waren nicht möglich. Infolge der eingeleiteten Therapien und der eigenen Betätigung mit dem Bewegungstrainer ist es, wie die behandelnde Ärztin darlegt, zu einer stetigen Besserung des Allgemeinzustandes und einer Rückbildung der Defizite gekommen. Lageänderungen im Bett sind nun zu großen Teilen möglich. Beim Aufsetzen wird zwar Hilfe benötigt, der freie Sitz kann aber mittlerweile sicher und anhaltend gehalten werden, so dass der Kläger einige Zeit des Tages außerhalb des Bettes im Rollstuhl sitzend verbringen kann. Der Stand ist ebenfalls möglich und mit Unterstützung können auch wenige Schritte zurückgelegt werden. Auch der von der Beklagten nochmals befragte MDK hat unter dem 19.07.2010 die Auffassung vertreten, es könne medizinisch nicht begründet werden, dass diese Funktionsverbesserungen in gleichem Maße auch ohne die Benutzung des Bewegungstrainers eingetreten wären. Der Umstand, dass - wie
Dr. I eingehend dargelegt hat - ein gleicher Behandlungserfolg eine Physiotherapie über mehrere Stunden pro Tag erfordert hätte, verdeutlicht ebenfalls die Erforderlichkeit der Versorgung mit dem Bewegungstrainer. Denn angesichts der für den Bewegungstrainer vom Kläger aufgewandten Mietkosten in Höhe von 142,09 Euro pro Monat und der ansonsten notwendigen weiteren wöchentlichen Physiotherapiestunden wird deutlich, dass letzteres wirtschaftlich wesentlich ungünstiger wäre. Ein genereller Vorrang krankengymnastischer Leistungen als Heilmittel gegenüber der Versorgung mit Hilfsmitteln zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung besteht überdies nicht (
vgl. BSG Urteil vom 07.10.2010 a.a.O.).
Der streitige Bewegungstrainer ist auch kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, denn er soll, was auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird, bereits seiner Konzeption nach den Zwecken des § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V dienen; von körperlich nicht beeinträchtigten Menschen wird er praktisch nicht genutzt.
Der Kostenerstattungsanspruch ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Sachleistungspflicht nach § 33
Abs. 1
SGB V beschränkt sich zwar auf das kostengünstigste Hilfsmittel, es besteht demnach kein Anspruch auf Optimalversorgung sondern nur auf ausreichende, wirtschaftliche und zweckmäßige Hilfsmittel (
vgl. BSG Urteil vom 07.10.2010). Dies gilt grundsätzlich auch für die Höhe des Erstattungsanspruchs. Der Versicherte soll wirtschaftlich so gestellt werden, als hätte die Krankenkasse die Sachleistung rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der vom Kläger gemietete Bewegungstrainer Motomed Viva 1 über eine ausreichende, wirtschaftliche und zweckmäßige Hilfsmittelversorgung hinausging.
Das Hilfsmittel war, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, für die gesamte Dauer der Mietzeit erforderlich und auch für die Zukunft sind, zur Erreichung weiterer Verbesserungen und zur Erreichung des Ziels einer zumindest Teilselbständigkeit, wie
Dr. I eingehend begründet hat, weitere Trainingseinheiten auf dem Bewegungstrainer unabdingbar erforderlich, so dass auch weiterhin ein Anspruch auf Versorgung mit einem Bewegungstrainer Motomed Viva 1 besteht, wie das SG zutreffend dargelegt hat, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf verwiesen wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht, da die Voraussetzungen gemäß § 160
Abs. 2
SGG nicht erfüllt sind.