Der Senat konnte im schriftlichen Verfahren gemäß § 124
Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 173
SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Die Entscheidung des SG ist zu Recht ergangen, die Klägerin war durch die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten zu Unrecht beschwert (§ 54
Abs. 2 Satz 1
SGG).
Nach
§ 33 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte einen Anspruch gegen ihre Krankenkasse auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs. 4 SGB V durch
Rechtsverordnung ausgeschlossen sind. Wie in allen anderen Bereichen der Leistungsgewährung der gesetzlichen Krankenversicherung auch, müssen die Leistungen nach § 33
SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (
§ 12 Abs. 1 SGB V;
vgl. dazu Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16.09.2004 -
B 3 KR 15/04 R - juris Rn. 11). Gleiches gilt für Leistungen, die allein der Eigenverantwortung des Versicherten zuzurechnen sind (
§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin Anspruch auf das begehrte Hilfsmittel. Sie benötigt es zur Sicherung des Erfolgs ihrer Krankenbehandlung (§ 33 Abs 1 Satz 1 1. Alt
SGB V), da ebenso wirksame, aber wirtschaftlich günstigere Alternativen nicht zur Verfügung stehen.
Zwar fallen Maßnahmen oder Hilfen zur Bewegungsförderung nur ausnahmsweise in die Leistungszuständigkeit der Krankenkassen, da zur Krankenbehandlung im Sinne von
§§ 27 Abs 1,
28 Abs 1 Satz 1 SGB V regelmäßig nur Maßnahmen mit Behandlungs- und Therapiecharakter, die einen eindeutigen Krankheitsbezug haben, gehören. Bloß allgemeine Maßnahmen der Erhaltung und Förderung der Gesundheit genügen diesen Anforderungen demgegenüber nicht, selbst wenn sie von qualifizierten Fachkräften unter ärztlicher Betreuung und Überwachung durchgeführt werden. Demgemäß fällt Sport - anders als Krankengymnastik oder Physikalische Therapie -, der in allgemeiner Weise den körperlichen und psychischen Zustand positiv beeinflussen soll und bei dem der medizinische Zweck nicht überwiegt, nicht unter den krankenversicherungsrechtlichen Behandlungsbegriff. Jedoch können bewegliche sächliche Mittel zur Förderung oder Ermöglichung der Mobilisation in besonders gelagerten Fällen Hilfsmittel zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung im Sinne von § 33 Abs 1 Satz 1, 1. Alt
SGB V sein. Der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung dient ein bewegliches sächliches Mittel, soweit es spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt wird, um zu ihrem Erfolg beizutragen (Butzer in Becker/Kingreen,
SGB V, Kommentar, 3. Auflage 2012, § 33 Rn. 12). Eine unmittelbare Bedienung des Hilfsmittels durch den Arzt selbst ist dabei nicht zwingend erforderlich, so dass ein Hilfsmittel nicht schon deshalb nach § 33 Abs 1
SGB V ausgeschlossen ist, weil die praktische Anwendung durch den Versicherten selbst erfolgt. Jedoch ist nicht jede gesundheitsfördernde Betätigung als spezifischer Einsatz im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung anzusehen. Keinen ausreichend engen Bezug zu einer konkreten Krankenbehandlung weisen diejenigen gesundheitsförderlichen Maßnahmen auf, die (nur) allgemein auf die Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, die Mobilisierung von Restfunktionen des behinderten Menschen, die Erhöhung der Ausdauer und Belastungsfähigkeit sowie die Hilfe bei der Krankheitsbewältigung zielen. Ein weitergehender spezifischer Bezug zur ärztlich verantworteten Krankenbehandlung im Sinne von § 27 Abs 1
SGB V kommt daher nur solchen Maßnahmen zur körperlichen Mobilisation zu, die in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche und ärztlich angeleitete Leistungserbringer stehen und für eine gezielte Versorgung im Sinne der Behandlungsziele des § 27 Abs 1 Satz 1
SGB V als erforderlich anzusehen sind. Davon ist bei einer Hilfe zur körperlichen Betätigung dann auszugehen, wenn der Versicherte aufgrund der Schwere der Erkrankung dauerhaft Anspruch auf Maßnahmen der Physikalischen Therapie hat, die durch das beanspruchte Hilfsmittel unterstützte eigene körperliche Betätigung diese Therapie entweder wesentlich fördert oder die Behandlungsfrequenz infolge der eigenen Betätigung geringer ausfallen kann und sich deshalb die Versorgung mit dem Hilfsmittel im Rahmen der Wahlmöglichkeit des Versicherten (§ 33 Erstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB I] und
§ 9 Abs 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX] als wirtschaftlich darstellt (
vgl. zu alledem
BSG, Urteil vom 7. Oktober 2010 - B 3 KR 5/10 R - juris Rn. 19
ff. m. zahlreichen w. N.).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin benötigt wegen der Schwere ihrer Erkrankung dauerhaft Maßnahmen der Physikalischen Therapie und hat diese mindestens seit 2007 regelmäßig zwei Mal wöchentlich in Anspruch genommen. Darüber hinaus sind nach den Feststellungen der Fachärztin R vom 20. August 2010 und von
Dr. B vom 7. September 2010 therapeutische Maßnahmen zur Verringerung der Spastik und Förderung
bzw. Erhaltung der Mobilität der Klägerin täglich zwei bis drei Mal erforderlich. Aus den genannten Stellungnahmen und auch daraus, dass bereits mit der ärztlichen Verordnung vom 19. Januar 2009 ein Bewegungstherapiegerät mit Spastiklockerungsprogramm verordnet wurde, folgt des Weiteren, dass das Gerät spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt werden soll, um zu deren Erfolg beizutragen. Auch wird durch die Bewilligung des Bewegungstrainers die täglich erforderliche physiotherapeutische Behandlung teilweise ersetzt, da die Frequenz der nach den ärztlichen Stellungnahmen häufiger als zweimal wöchentlich erforderlichen Physikalischen Therapie durch die eigene Betätigung der Klägerin mit Hilfe des begehrten Bewegungstrainers geringer ausfallen kann. Damit ist der Einsatz des Bewegungstrainers Teil des ärztlich verantworteten komplexen therapeutischen krankheitsbezogenen Vorgehens (des Therapieplans), indem das Hilfsmittel neben der weiteren therapeutischen Maßnahme der regelmäßigen Physikalischen Therapie eingesetzt und von den die Klägerin behandelnden Ärzten bei der Planung von Intensität und Häufigkeit der Krankengymnastik als weiteres Therapieelement berücksichtigt wird (
BSG, aaO., Rn. 22;
vgl. hierzu auch Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Februar 2000 -
L 16 KR 178/98 - juris Rn. 22).
Soweit die Beklagte davon ausgeht, dass angesichts einer nicht deutlichen Verringerung der Gehfähigkeit der Klägerin zwischen Mitte 2009 und Mitte 2010 davon ausgegangen werden kann, dass die zweimal wöchentlich durchgeführte Krankengymnastik ausreichend sei, die Mobilität der Klägerin zu erhalten und dass das begehrte Hilfsmittel deshalb nicht erforderlich sei, überzeugt dies nicht. Zum einen hat sich jedenfalls seit 1997 die Gehfähigkeit der Klägerin deutlich verschlechtert, zum anderen hat
Dr. B in seiner Stellungnahme vom 5. Oktober 2010 darauf hingewiesen, dass insofern eine Verschlechterung eingetreten ist, als zwischen Mitte 2009 und Mitte 2010 auf Grund der zunehmenden Spastizität eine höhere Dosierung der Glukokortikoide notwendig geworden ist. Hinzu kommt, dass die Erkrankung der Klägerin schubweise progredient verläuft, so dass aus der über den Zeitraum eines Jahres im Wesentlichen unveränderten Gehstrecke jedenfalls nicht geschlossen werden kann, dass eine Frequenz der Physiotherapie von zwei Mal pro Woche dauerhaft ausreichend wäre, die Gehfähigkeit der Klägerin zu erhalten.
Das begehrte Hilfsmittel stellt sich auch als wirtschaftlich dar. Selbst wenn der Klägerin insgesamt (nur) fünfmal wöchentlich Physikalische Therapie bewilligt würde und sie somit insgesamt deutlich weniger als
ca. dreimal täglich mobilitätsfördernde Maßnahmen durchführte, kann nach der von der Beklagten vorgelegten Leistungsübersicht der Heilmittelanwendungen der letzten Jahre davon ausgegangen werden, dass innerhalb
ca. eines Jahres Kosten in ungefähr dem Anschaffungspreis des Bewegungstrainers entsprechender Höhe anfallen würden. Der Beklagten ist allerdings zuzugeben, dass dann, wenn die Versorgung mit dem Bewegungstrainer die Physikalischen Behandlungen nicht (teilweise) kompensieren würde, sondern lediglich zusätzlich zum Einsatz käme, das Hilfsmittel nicht wirtschaftlich und damit erforderlich wäre (
vgl. hierzu auch Beschluss des Senates vom 26. Mai 2011 - L 1 KR 9/10,
S. 8 d. Umdrucks - nicht veröffentlicht - mit Hinweis auf Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 5. April 2005 -
L 11 KR 2161/04 - juris Rn. 29).
Da sich die Versorgung der Klägerin mit dem begehrten Hilfsmittel als wirtschaftlich darstellt (
vgl. BSG, aaO., Rn. 22 a. E.), ist nicht entscheidungserheblich, dass die Mobilität der Klägerin auch durch die Verordnung zusätzlicher Physikalischer Therapiemaßnahmen erhalten werden könnte. Da Physikalische Therapiemaßnahmen jedenfalls nicht täglich und auch nicht werktäglich zwei- bis dreimal durchgeführt werden könnten, kann auch dahinstehen, ob, wie von der Beklagten auf der Grundlage der gutachtlichen Äußerungen im nach Aktenlage erstellten Gutachten des MDK vom 20. April 2009 dargelegt, eine Maßnahme der Physikalischen Therapie effektiver wäre als eine Trainingseinheit mit einem Bewegungstrainer. Soweit in diesem Gutachten die Versorgung mit dem Hilfsmittel deshalb nicht befürwortet wurde, weil es lediglich ergänzend zur krankengymnastischen Versorgung eingesetzt werden solle, kann dem angesichts der Erforderlichkeit täglichen Mobilitätstrainings und da das Gerät die notwendige krankengymnastische Versorgung immerhin teilweise ersetzt, ebenfalls nicht gefolgt werden. Auch ist der Klägerin ein eigenständiges aktives Training ohne Bewegungstrainer wegen der bereits vorhandenen Mobilitätseinschränkungen nicht möglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160
Abs. 2
SGG).