1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage
gem. § 54
Abs. 1
S. 1,
Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig.
2. Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Versorgung mit dem beantragten Stehtrainer aus
§§ 2,
27,
33 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V). Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung einschließlich der Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Das gilt soweit einzelne Hilfsmittel nicht als Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind oder nach
§ 34 Abs. 4 SGB V von der Versorgung ausgeschlossen sind. Der Anspruch auf Hilfsmittelversorgung umfasst auch die Gewährung des Zubehörs, um den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Hilfsmittels zu ermöglichen (
vgl. BSG, Urteil v. 15.3.2018
B 3 KR 4/17 R, Rn. 21 - juris).
Die Voraussetzungen für einen Anspruch des Klägers auf Versorgung mit dem beantragten Stehtrainer samt Zubehör sind erfüllt.
2.1 Bei dem vom Kläger begehrten Stehtrainer T.B. handelt es sich um ein Hilfsmittel, das im Hilfsmittelverzeichnis des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen ("Hilfsmittelverzeichnis") unter der Ziff. 28.29.01.1042 gelistet ist. Der Stehtrainer soll zur Krankenbehandlung des Klägers eingesetzt werden. Er dient insbesondere zur Unterstützung der physikalischen Therapien, die dem Kläger seine Bewegungsfähigkeit erhalten sollen.
2.2 Die Versorgung des Klägers mit dem begehrten Stehtrainer ist im konkreten Einzelfall erforderlich. Insbesondere ist die beantragte Versorgung für den erstrebten Behandlungserfolg geeignet, notwendig und wirtschaftlich.
a) Ein Hilfsmittel ist geeignet, wenn es seine Funktionstauglichkeit und seinen medizinischen Nutzen unter Beweis gestellt hat. Das ist dann der Fall, wenn die Mehrheit der einschlägigen Fachleute die objektive Eignung des Hilfsmittels zur Erreichung des jeweiligen Versorgungsziels befürwortet. Die Geeignetheit des Geräts T.B. ist hier schon durch die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis gemäß
§ 139 SGB V indiziert. Hilfsmittel sind nämlich nur dann in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen, wenn der Hersteller die Funktionstauglichkeit, die Sicherheit und, soweit erforderlich, den medizinischen Nutzen nachgewiesen hat. Auf einen zusätzlichen Nachweis des therapeutischen Nutzens der Balancefunktion des begehrten Stehtrainers kommt es vorliegend nicht an. Es ist vielmehr allein auf den nachgewiesenen medizinischen Nutzen des Gerätes für das jeweilige Versorgungsziel abzustellen. Im Fall des Klägers hielten sowohl dessen behandelnder Ärzte als auch der vom Gericht bestellte medizinische Sachverständige,
Dr. D., und sogar die MDK-Gutachter eine Versorgung des Klägers mit einem Stehtrainer zur Durchführung der physio- und ergotherapeutischen Behandlung für erforderlich. Nach Überzeugung des Gerichts ist der Stehtrainer T.B. hierfür geeignet, ohne dass man auf die enthaltene Balancefunktion abstellen müsste. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass diese Funktion auch deaktiviert werden kann, so dass sich das Gerät wie ein starrer Stehtrainer verhält. Er hat ferner dargelegt, dass er mit seinem bisherigen Stehtrainer und dem begehrten neuen Gerät im Grunde dieselben Übungen durchführen wird. Das Vorhandensein einer umstrittenen Zusatzfunktion führt nicht dazu, dass ein Hilfsmittel von vornherein aus der Versorgung ausscheidet, wenn der medizinische Nutzen im Übrigen nachgewiesen ist. Andernfalls wäre die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis nach § 139
SGB V bedeutungslos. Dieses Hilfsmittelverzeichnis soll gemäß § 139
Abs. 1
SGB V aber gerade den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung abbilden. Die Frage, ob eine Versorgung mit einem grundsätzlich geeigneten Hilfsmittel, das über eine umstrittene Zusatzfunktion verfügt, im Einzelfall erforderlich ist, muss im Rahmen der Notwendigkeit der Versorgung geprüft werden.
b) Die Versorgung des Klägers mit dem Stehtrainer T.B. ist notwendig. Das Gericht folgt bei dieser Einschätzung dem überzeugenden Sachverständigengutachten des
Dr. D ... Dieser legt insbesondere dar, dass sich bei dem Kläger durch die Nutzung des Balancetrainers die Fähigkeit zum selbstständigen Transfer aus und in den Rollstuhl verbessert hat. Außerdem sei die Rumpfstabilität des Klägers besser, was für die Benutzung des Rollstuhls wichtig sei. Der Sachverständige beschreibt zudem eine Verbesserung der Kreislaufsituation des Klägers mit niedrigeren Blutdruckwerten, Vorteile bei der urologischen Problematik des Klägers sowie eine Verminderung der Spastik.
Dr. D. bestätigt damit die vom Gericht eingeholten Befundberichte des Hausarztes des Klägers, Herrn T ... Die Erkenntnisse des Sachverständigen im Hinblick auf die verbesserte Beweglichkeit und Rumpfstabilität lassen sich auch anhand der vom Kläger vorgelegten Videodokumentation nachvollziehen. Die von der Beklagten eingeholten Stellungnahmen des MDK stehen dem nicht entgegen. Die MDK-Gutachter stellen in ihren ablehnenden Gutachten vor allem auf die fehlende Studienlage zum medizinischen Nutzen der Balancefunktion ab, auf die es hier wie gesagt nicht ankommt.
Die Notwendigkeit der Versorgung ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger bereits über einen Stehtrainer vom Typ "D." verfügt. Der vorhandene Stehtrainer stellt keine hinreichende Versorgung dar. Das folgt schon daraus, dass der Kläger nach Auskunft des ihm behandelnden Arztes und seiner Physiotherapeuten den vorhandenen Stehtrainer nicht so einstellen kann, dass eine schmerzfreie Benutzung möglich ist. Vielmehr leidet der Kläger durch die Fixierung in dem vorhandenen Stehtrainer unter Schmerzen im Becken- und Hüftbereich. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, dass der von ihm begehrte Stehtrainer T.B. eine schmerzfreie Benutzung möglich macht, weil die Fixierung dort anders ausgeführt ist. Dies wird unterstützt durch die Ausführungen des
Dr. D. in dem gerichtlich beauftragten Sachverständigengutachten. Dieser beschreibt, dass durch die Balancefunktion die beim Kläger noch erhaltenen Funktionen besser ausgenutzt werden könnten. Im Ergebnis trete durch die verbesserte Stabilisierung des Rumpfes eine Schmerzreduktion ein.
c) Schließlich ist die Versorgung des Klägers mit dem begehrten Stehtrainer auch wirtschaftlich. Es bestehen keine gleichwertigen günstigeren Behandlungsalternativen zur Verfügung. Insbesondere hat der Kläger die vom MDK empfohlene Ergo- und Physiotherapie auch bisher schon durchgeführt, ohne dass eine vergleichbare gesundheitliche Verbesserung eingetreten wäre, wie sie vom Sachverständigen
Dr. D. bestätigt wurde.
Dr. D. hat in seinem Gutachten sogar eine Verschlechterung der nach Beendigung der zwischenzeitlichen Nutzung des Balancetrainers festgestellt.
3. Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193
Abs. 1
SGG.