Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Beteiligten streiten sich über die Versorgung des Klägers mit einer therapeutischen Bewegungshilfe.
Der 2007 geborene Kläger ist bei spastischer bilateraler Zerebralparese mit kombinierten Entwicklungsstörungen schwerstbehindert. Das Hessische Amt für Versorgung und Soziales stellte bei ihm ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "aG", "G", "B", "H" und "RF" fest. Im Alter von 4 ½ Monaten traten erstmals Krampfanfälle auf, welche seit einer Anfallszunahme im Alter von 10 ½ Monaten medikamentös behandelt wurde. Der Kläger wurde umfangreich therapeutisch gefördert (Physiotherapie, Ergotherapie
usw.). Er erhielt zur Behandlung seiner Spastizität insbesondere in den unteren Extremitäten Botulinumtoxin-Injektionen. Durch die umfangreichen Therapiemaßnahmen seien zahlreiche motorische Fortschritte möglich gewesen. Er habe auf dem Boden im Zwischenfersensitz frei sitzen, sich an Gegenständen selbstständig zum Stehen hochziehen und sich krabbelnd fortbewegen können. Er sei in seiner motorischen Entwicklung stark retardiert gewesen. Ihm sei bis zum heutigen Tage ein freies Stehen oder eine eigenständige Gehfähigkeit nicht möglich, sodass keine altersgerechte Vertikalisierung und Mobilisierung hätte stattfinden können. Bei ihm bildeten sich deswegen zahlreiche Gelenkkontrakturen und eine Hüftluxation beidseitig aus, welche am 20.05.2015 zu einem operativen Eingriff führten. Danach befand er sich vom 05.06.2015 bis 02.07.2015 im Kinderzentrum Mosbach in stationärer Rehabilitationsbehandlung. Durch die umfangreiche Förderung im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme konnte der Kläger mehr Eigengewicht im Lokomat übernehmen, schaffte es sogar geführt ein paar Schritte zu gehen und steigerte die Ausdauer im Stehen im Stehständer. Ärztlicherseits wurde zur weiteren Mobilisierung der Beine in vertikaler Position und zur Sicherung des Operationsergebnisses eine Erprobung eines Mobilisationsgeräts im Stehen zur Vermeidung erneuter Hüft- und Kniebeugekontrakturen empfohlen. Bei einer einmaligen Erprobung des Bewegungstrainers "Innowalk" habe der Kläger diesen gut angenommen. Der erstmalige Antrag mit der Versorgung mit diesem Bewegungstrainer lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.07.2015 ab.
Im Anschluss verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Klägers erneut und es kam zu rezidivierenden Muskelsehnenverkürzungen. Ausweislich des Arztberichts der Schön Klinik vom 17.01.2017 war eine operative Vorgehensweise erneut indiziert. Ärztlicherseits wurde die zukünftige Versorgung des Klägers mit dem Bewegungstrainer "Innowalk" empfohlen.
Am 19.04.2017 wurde der Kläger in der Schön Klinik München
u. a. an der Hüfte operiert. Nach einem ärztlichen Befundbericht der Klinik vom 24.04.2017 bestand bei dem Kläger
u. a. eine bilaterale spastische Cerebralparese und eine spastische Hüftgelenksdysplasie mit Reimers Migrationsindex um 40 % rechts und um 45 % links. Der Kläger erprobte den Bewegungstrainer "Innowalk" erneut. Ausweislich des Erprobungsberichts konnten bereits während der einmaligen Erprobung Verbesserungen
bzw. Stabilisierungen festgestellt werden
bzw. als langfristig durchsetzbar erachtet werden. Nach den dort durchgeführten Tests war dem Kläger eine Mobilität ohne Hilfsmittel bis auf die Handmotorik unmöglich. Der Bewegungstrainer wurde dem Kläger mit ärztlichem Attest vom 25.04.2017 für 12 Monate leihweise verordnet. Als Diagnosen wurden ein erworbener Spitzfuß, ein spastisch tetraplegische Zerebralparese, eine Muskelkontraktur mit mehreren Lokalisationen und eine Gelenkkontraktur am Unterschenkel (Fibula, Tibia, Kniegelenk) angegeben. Danach befand sich der Kläger vom 26.04.2017 bis 02.06.2017 erneut in stationärer Rehabilitation in Mosbach.
Der Leistungserbringer (D.
GmbH) übersandte mit Schreiben vom 02.05.2017 an die Beklagte einen Kostenvoranschlag über die mietweise Versorgung des Klägers mit einem Innowalk-Medium für 12 Monate zu einem Gesamtbetrag vom 8.383,55 Euro brutto. Hinsichtlich der Einzelheiten des Angebots wird auf diesen Kostenvoranschlag verwiesen. Bei diesem Gerät handelte es sich um ein motorbetriebenes multifunktionelles Hilfsmittel mit einer Sitz- und Stehfunktion. Es ermöglicht dem Nutzer mit einer schweren Mehrfachbehinderung das Ausüben von physiologischen Gehbewegungen. Es soll eine bestehende Behinderung durch eine Mobilisierung ausgeglichen werden; im Übrigen wird auf die Informationsbroschüre "Innowalk" verwiesen. Im Schreiben teilte der Leistungserbringer mit, dass die grundsätzliche Genehmigung beim
GKV-Spitzenverband beantragt worden sei.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf einen Innowalk in einem Telefonat mit der Mutter des Klägers am 22.05.2017 und mit Schreiben vom gleichen Tag ab. Der medizinisch-therapeutische Nutzen für die beantragte Behandlungsmethode und das hierfür erforderliche Hilfsmittel sei bisher wissenschaftlich nicht nachgewiesen und noch nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss (
G-BA) beurteilt worden. Hilfsmittel, deren Einsatz untrennbar mit einer speziellen Behandlungsmethode verbunden sei, welche nicht oder noch nicht für die vertragsärztliche Behandlung durch Empfehlung des
G-BA zugelassen wurde, könne erst nach positiver Empfehlung des
G-BA ins Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen werden. Bei der Beurteilung der erforderlichen Hilfsmittel im Zusammenhang mit einer speziellen Behandlungsmethode sei die Krankenkasse an diese Empfehlung gebunden. Sofern eine solche Empfehlung nicht vorläge, sei unabhängig von den Umständen des Einzelfalls eine Kostenübernahme für das Hilfsmittel nicht möglich. Die Beklagte teilte dem Leistungserbringer ebenfalls die Ablehnungsentscheidung mit.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 08.06.2017 Widerspruch dagegen ein. Er reichte im Widerspruchsverfahren ärztliche Befundberichte zur Akte. Nach der ärztlichen Stellungnahme der Rehaklinik Mosbach vom 22.06.2017 habe der Kläger durch die intensive Rehabilitationsmaßnahme auch unter Einsatz gerätegestützter Therapie Verbesserungen im Bewegungsausmaß und eine deutliche Reduktion des Muskeltonus zeigen können. Er habe im Verlauf mehr Eigenaktivität zeigen können. Ein geführtes Laufen habe mit Hilfe der Hilfsmittel und Hilfsperson initiiert werden können. Er habe sich stets an seinen Bewegungen erfreuen können und war dabei eher ruhig und gut zu führen. Er habe sich bis zu 10 Minuten auf eine Aktivität
bzw. einen Handlungsablauf einlassen können. Initial sei noch viel Führung und Unterstützung notwendig gewesen, im Verlauf sei er immer eigenaktiver geworden und habe eine bessere Rumpfkontrolle gezeigt. Ärztlicherseits werde eine weitere Förderung mit einem dynamischen Geh- und Stehtrainingsgeräts wie Innowalk für zwingend erforderlich gehalten, da dieser ihm eine Möglichkeit biete, in Bewegung zu bleiben und eigenaktiv am sozialen Alltag teilzunehmen. Der Kläger erhalte dadurch eine Möglichkeit ein Stück weit selbstständig zu sein und über seine Interessen selbstständig zu entscheiden. Der Innowalk biete die Möglichkeit zur Tonusregulation, Kontrakturprophylaxe und zur regelmäßigen Übung eines physiologischen Gangablaufes. Ausweislich einer ergotherapeutischen Stellungnahme vom 29.06.2017 sei der Innowalk für den Kläger ein wesentlicher Bestandteil zur Realisierung der gewünschten Behandlungsziele. Zur Erweiterung und deutlichen Unterstützung des Klägers sei der Innowalk für die Ermöglichung des Stands als auch des Gehens ein ausgezeichnetes unterstützend wirkendes Therapiegerät. Es sei hinsichtlich der neuronale Stimulation zur Aufrichtung, der Gangfazilitation, der weit höheren Therapiefrequenz und Wiederholungseffekt, physiologische Bewegungsmuster, Muskel- und Gelenkentwicklung sowie für psychosoziale Bedürfnisse vorteilhaft. Auch aus sonderpädagogische Sicht wurde die Versorgung des Klägers mit einem Innowalk-Gerät befürwortet (s. Stellungnahme der Schule vom 12.07.2017).
Der Antrag auf Aufnahme des Bewegungstrainers "Innowalk" in das Hilfsmittelverzeichnis sei seit längerem beantragt worden. Es sei dabei beantragt worden, ihn in die Produktgruppe 32 "Therapeutische Bewegungsgeräte" des Hilfsmittelverzeichnisses aufzunehmen. Am 04.09.2017 teilte die E. E-Stadt dem Leistungserbringer mit, dass der Antrag bearbeitet werde.
Nach einem Vermerk der Beklagten vom 14.09.2017 stelle das "Neue" in dieser Behandlungsmethode dar, dass die Behandlung im Zusammenhang mit einer Therapie stehe, mit der das Erlernte zu Hause weiter durchgeführt werden solle. Bisher richte sich das Behandlungskonzept in eine Übungstätigkeit unter der Aufsicht eines hierfür ausgebildeten Therapeuten. Diese Aufsicht würde entfallen und somit die Übungsintervalle und die Intensität des Geräteeinsatzes nicht mehr kontrolliert und berichtigt werden können. Eine "Behandlungsmethode" würde sich nicht allein auf die ärztliche Tätigkeit beschränken, sondern umfasse alle damit in Verbindung stehenden Maßnahmen. Wenn einzelne Bestandteile einer Behandlungsmethode - das Trainieren von Extremitäten - neu zu einer bereits anerkannten Behandlungsmethode hinzukommen würden, müsse diese Therapie als Gesamtes durch den
G-BA neu bewertet werden.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten kam am 25.01.2018 zu dem Ergebnis, dass dem Widerspruch nicht abgeholfen werden könne. Krankenkassen dürften nach dem Willen des Gesetzgebers nur abrechnungsfähige Leistungen erbringen, die in entsprechenden Richtlinien und Verträge aufgeführt seien. Leistungen hingegen, die nicht in den Richtlinien aufgeführt seien, würden als unkonventionelle Methoden gelten, für die der
G-BA noch keine positive Empfehlung über den therapeutischen Nutzen und die Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung abgegeben habe. Diese Methoden dürften die Krankenkassen weder übernehmen noch bezuschussen. Es bestände ausnahmsweise die Möglichkeit, dass ein sogenannter "Systemmangel" vorläge. Dafür müsse im konkreten Einzelfall festgestellt werden, dass eine vertragliche Behandlung nicht zur Verfügung stehe und dass der
G-BA die betreffende Methode nicht oder nicht zeitgerecht geprüft habe, obwohl die Wirksamkeit der Methode indikationsbezogen bereits nachgewiesen sei. Zur Sicherung der ärztlichen Versorgung habe der
G-BA nach
§ 92 SGB V Richtlinien über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten beschlossen, die nach § 92
Abs. 8
SGB V Bestandteil der Bundesmantelverträge seien und nach der Rechtsprechung des
BSG Normcharakter hätten. Nach Abschnitt A. Allgemeines § 6 Allgemeine Verordnungsgrundsätze sei die Verordnung eines Hilfsmittels ausgeschlossen, sofern es Bestandteil einer neuen, nicht anerkannten Behandlungsmethode sei. Zudem habe das
BSG in seinen Entscheidungen vom 08.07.2015 (Az.:
B 3 KR 5/14 R und
B 3 KR 6/14 R) bestätigt, dass kein Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln bestehe, die als untrennbarer Bestandteil einer vertragsärztlichen Behandlungs- oder Untersuchungsmethode eingesetzt werden, solange der
G-BA dazu keine positive Empfehlung abgegeben habe. Bei der häuslichen passiven Bewegungstherapie mit dem Innowalk handele es sich um eine unkonventionelle Methode, für die der
G-BA noch keine Empfehlung ausgesprochen habe, sodass die Kosten für den Innowalk durch die gesetzlichen Krankenkassen nicht getragen werden können. Es handele sich auch nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung, sodass die Leistungsvoraussetzungen nach
§ 2 Abs. 1a SGB V nicht vorliegen würden.
Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 28.02.2018 Klage dagegen erhoben. Im Klageverfahren legte der Kläger ein Schreiben des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 17.08.2018 an das Sozialgericht Hannover vor, wonach keine Anhaltspunkte dafür erkennbar seien, dass hinsichtlich des Bewegungstrainers "Innowalk" eine Antragspflicht vorliege (Schreiben vom 17.08.2018). Der Gemeinsame Bundesausschuss hat jedoch auch mitgeteilt, dass er weder eine Stellungnahme abgegeben hat noch ein Antrag zur Prüfung der Therapieform vorliege. Der Kläger hat zudem erneut ein Schreiben des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 13.12.2018 an das Sozialgericht Hannover vorgelegt; auf den Inhalt dieses Schreibens wird Bezug genommen. Die Beteiligten verwiesen auf positive
bzw. negative Entscheidungen anderer Gerichte hinsichtlich des streitigen Hilfsmittels.
Der Kläger behauptet, dass der Bewegungstrainer "Innowalk" für ihn erforderlich sei, um einer weiteren drohenden Behinderung vorzubeugen und die bestehenden Behinderungen auszugleichen. Zudem würden die gesetzlich geforderten Qualitätsstandards eingehalten. Im "Innowalk" fände das Training unter dem Eigenwicht und der maximalen Aufrichtung des Benutzers statt. Durch die passiv eingeleitete Bewegung müsse der Benutzer aktiv reagieren, sodass eine aktive Stimulation der Bein-, Becken- und Rumpfmuskulatur erreicht werde. Die Schreitbewegung des Therapiegeräts könne der Kläger durch aktives Mitbewegen der Beine modifizieren, er solle so mittelfristig zu einer Gehfähigkeit angeregt werden. Die durch Training gesteigerte Muskelaktivität führe zu einem erhöhten Stoffwechsel, der die Dichte und Mineralisierung der Knochenstruktur verbessere. Durch diesen Behinderungsausgleich sollen weitere Schäden oder Verschlechterungen des Zustandes minimiert werden. Durch den "Innowalk" werde eine soziale Interaktion auf Augenhöhe ermöglicht, die eine Teilhabe am Alltag sowie die Integration mit Gleichaltrigen sicherstelle. Zudem leide der Kläger
u. a. an einer bilateralen spastischen Bewegungsstörung. Der Zug der Muskulatur habe einen sehr entscheidenden Einfluss auf die Formentwicklung des wachsenden Knochens. Nur durch die Kombination von passiver Belastung der Hüfte im Stehen, aber auch durch aktive Beinbewegung und dadurch hervorgerufener Muskelstimulation im "Innowalk" könne eine Verbesserung der Hüftbelastung erfolgen und eine erneute Verschlechterung der Hüftsituation des Klägers vermieden werden. Im Bewegungstrainer "Innowalk" könne ein Wechsel von der sitzenden in eine stehende Position durchgeführt werden, wodurch den Hautstoffwechsel gefördert werde und Druckstellen durch langes Sitzen, Liegen oder statisches Stehen vermieden und Dekubiti vorgebeugt werden solle. Zudem werde durch die aktive Bewegung in aufrechter Körperhaltung eine allgemeine Kreislaufverbesserung und damit auch eine bessere Verdauungs- und Darmfunktion erreicht. Der kontinuierliche Einsatz des "Innowalk" sei im Rahmen der Therapien sowie als Hilfsmittel zur täglichen häuslichen Übung durch die Eltern ein optimales Hilfsmittel um eine reziproke Schreitbewegung anzubahnen. Zudem werde durch die aktive Bewegung in aufrechter Position der Kreislauf angekurbelt und der Stoffwechsel erhöht, sodass dadurch auch die kognitiven Fähigkeiten gefördert würden. Der Nutzer werde im "Innowalk" sicher geführt, sodass keine eigene Stehbereitschaft notwendig sei. Haltepunkte an Rumpf, Becken, Beinen und Füßen würde die Körperhaltung und Fußfehlstellung korrigieren und Sicherheit geben sowie Vertrauen in die eigene Bewegungen schaffen, sodass dadurch der Muskeltonus reguliert werden könne. Er ist der Ansicht, dass durch das Training im Bewegungstrainer einer weiteren drohenden Behinderung vorgebeugt und die bestehende Behinderung ausgeglichen werde. Es fände sowohl ein unmittelbarer als auch ein mittelbarer Behinderungsausgleich statt; es wird auf die entsprechenden Ausführungen in der Klageschrift verwiesen.
Der Kläger verwies zudem auf Studien des norwegischen Kostenträgers sowie norwegischen Erfahrungsberichte, wonach der Therapieerfolg mit dem "Innowalk" eindeutig belegt sei. Auch werde eine Längsschnittstudie durchgeführt, welche die Auswirkungen des Bewegungstrainers "Innowalk" auf die Hüftgelenksbeweglichkeit bei Kindern mit infantiler Cerebralparese untersucht wurde; danach habe sich das Bewegungsausmaß der Hüftgelenke nachweislich vergrößert. Zudem werde seit dem Jahre 2013 der Bewegungstrainer im Krankenhaus Rummelsberg in der Fachabteilung Kinder- und Neuroorthopädie als fester Bestandteil zur Rehabilitation nach verschiedenen neuropädiatrischen Operationen zur Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit, Reduktion von Spastiken und Erleichterung des Sitzens, Stehens und Gehens eingesetzt. Nach dieser Anwenderbeobachtung habe sich durch den Einsatz des Bewegungstrainers die Entwicklung der Patienten günstiger entwickelt.
Der Kläger ist der Ansicht, dass der Bewegungstrainer "Innowalk" für ihn auch erforderlich sei. Er sei nicht in der Lage ohne Hilfsmittel zu stehen, zu gehen und sich fortzubewegen. Das Hilfsmittel sorge dafür, dass eine hilfsmittelunterstützte Fortbewegung erreicht werde. Das Gangbild werde korrigiert und verbessert. Zudem werde durch die Kräftigung der Rumpfmuskulatur die Sitzfähigkeit verbessert und durch die intermittierenden Bewegungen Spastiken reduziert. Ohne Hilfsmittel sei er nicht eigenständig steh- und gehbereit. Er sei nicht ausreichend mit einem Hilfsmittel zur vertikalen Mobilisation versorgt, da lediglich ein Stehständer vorhanden sei. Damit könne aber keine Mobilisation des Klägers erfolgen. Es könne ein physiologisches Gangbild nicht erlernt werden noch könne eine Mobilisation zur Tonusregulation ausreichend erfolgen. Es stehe zudem kein anderes kostengünstigeres Hilfsmittel zur Verfügung. Zudem sei die Versorgung auch wirtschaftlich, da das Produkt qualitativ hochwertig und extrem langlebig sei. Der Bewegungstrainer wachse mit dem Kind und könne jeweils angepasst werden, sodass häufige Neuversorgungen vermieden werden können. Es erfolge eine regelmäßige Kontrolle. Zudem verfüge der Leistungserbringer über eine eigene Werkstatt.
Er behauptet, dass es sich bei dem Bewegungstrainer "Innowalk" auch um keine neue Behandlungsmethode handele. Unter diesem Begriff werde eine medizinische Vorgehensweise beschrieben, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liege, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheide. Der Bewegungstrainer nutze ein solches eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept nicht. Er unterscheide sich von anderen Therapieverfahren dadurch, dass eine Kombination verschiedener- für sich allein jeweils anerkannter oder zugelassener- Maßnahmen zum Tragen komme. Es diene der Vertikalisierung, vergleichbar mit einem Stehtrainer. Der Bewegungstrainer sei zudem ein aktivierendes Hilfsmittel, das mittels Training unter Eigengewicht eine aktive Stimulation der Bein-, Becken- und Rumpfmuskulatur zur Folge habe. Es nutze zudem das Prinzip des Lokomat-Trainings. Diese Behandlungsprozesse seien für sich allein jeweils anerkannt und zugelassen. Durch den Innowalk seien diese Konzepte in einem Gerät vereint. Er ist der Ansicht, dass durch den Innowalk keine wesentliche Änderung oder Erweiterung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechnungsfähige Methoden bestehe, da sich der diagnostische
bzw. therapeutische Nutzen aus einer bisher nicht erprobten Wirkungsweise der Methode ergeben soll, sodass keine selbstständige Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss erforderlich sei. Es sei deswegen auch eine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht notwendig. Einen Nachweis eines überlegenen medizinisch-therapeutischen Nutzens bestehe nur für Hilfsmittel zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung, aber nicht für Hilfsmittel, die primär einem Behinderungsausgleich und dem Vorbeugen einer weiteren drohenden Behinderung dienen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Aufhebung des Bescheides vom 22.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2018 mit dem Hilfsmittel "Innowalk medium" der Firma E. als Leihgerät für 12 Monaten zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Widerspruchsbescheides. Hinsichtlich der "Neuartigkeit" der Behandlungsmethode verweist sie auf das Urteil des
BSG vom 08.07.2015, Az.: B 3 KR 6/14 R. Der Innowalk werde mit der passiven Bewegungstherapie vorrangig im stationären Bereich eingesetzt und bedürfe der fachlichen Supervision. Das "Neue" an dieser Behandlungsmethode sei daher, dass das Erlernte zu Hause weiter ohne Aufsicht durchgeführt werden sollte. Dadurch würde die Möglichkeit entfallen, Übungsintervalle und die Intensität des Geräteeinsatzes fachkundig zu kontrollieren und zu berichtigen. Zudem sei die Wirkweise neu, die gerade in der Kombination verschiedener Therapien erreicht werden solle, welches ein noch nicht bewertetes Risiko (insbesondere in der Häuslichkeit) beinhalte. Dieses Risiko gebiete daher eine vorherige Bewertung durch den
G-BA. Zudem werde der Innowalk Bewegungstrainer nicht zum Ausgleich einer Behinderung eingesetzt werden, da ein Ausgleich nicht erreicht werde. Es werde mit maximaler Gewichtsübernahme, somit rein passiv, trainiert, sodass Grundbedürfnisse damit nicht befriedigt werden können.
Sie ist der Ansicht, dass nicht differenziert werde, welchem Bereich des Behinderungsausgleiches das streitgegenständliche Hilfsmittel dienen solle. Zudem könne ein "Training" keinen Behinderungsausgleich darstellen. Ein Ausgleich einer Körperfunktion erfolge entweder mit einem Hilfsmittel oder nicht, werde aber nicht trainiert. Gerade das Training sei der Behandlung zuzuordnen. Sie könne zudem nicht der Ansicht des Klägers folgen, dass es sich nicht um ein Hilfsmittel handele, welches untrennbar mit einer Behandlungsmethode verbunden sei, da eine Vielzahl von Hilfsmitteln im Hilfsmittelverzeichnis vorhanden seien, welche die im Innowalk vereinten Behandlungsmethoden einzeln abbilden würden und deswegen diese Methoden anerkannt seien. Es komme auf Grund des Methodenbewertungsverfahrens nach
§ 135 SGB V nicht auf die Listung des Hilfsmittels im Hilfsmittelverzeichnis und den dort beschriebenen Voraussetzungen an. Vielmehr handele es sich bei den Verfahren nach § 135
SGB V und
§ 139 SGB V um zwei unterschiedliche Verfahren. Sämtliche Wirkweisen seien ohne Belang, nur die mit dem Innowalk bezweckte Therapie sei zu überprüfen. Der
G-BA habe zudem weder bestätigt noch negiert, dass es sich um eine neue Behandlungsmethode handele, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass keine Antragspflicht vorliege. Diese Frage habe jedoch bezüglich der Frage, ob es sich um eine neue Behandlungsmethode handele, keine Auswirkungen. Das wäre erst relevant, sofern zumindest ausreichende Anhaltspunkte für die medizinische Wirksamkeit der Methode vorliegen würden.
Es handele sich bei dem Bewegungstrainer um eine innovative und neue Herangehensweise, welches entsprechend den Herstellerangaben von bereits existierender Standardtherapie abweichen würde. Selbst wenn man das theoretisch-wissenschaftliche Konzept mit einem Stehtrainer, dem NF-Walker und einem Bewegungstrainer als anerkannt voraussetzen würde, kämen mit dem Einsatz eines Innowalks nicht alle Bewegungsbestandteile zur Entfaltung. Mit dem Einsatz des Innowalks würde die Fortbewegung bis hin zur Mobilität entfallen, es werden die Komponenten des Stehens und passiven Bewegens hervorgehoben, ohne jedoch wie beim NF-Walker aus einer Mischung aus Stehen, aktiven und passiven Bewegens das Gehen zu ermöglichen. Es sei zudem ungeklärt, ob durch die Kombination von mehreren einzelnen Einheiten Effekte erreicht werden, die ein ungeklärtes Risiko, ein Übertrainieren oder gar eine Verschlechterung des Zustands bewirken. Der "Innowalk" sei somit als "neue" Behandlungsmethode zu bewerten, da er einzelne Bestandteile erfüllt, andere weglässt und kombiniert und dadurch zugelassene Behandlungsmethoden ändert oder erweitert. Eine rein passive Bewegung könne zudem keinen Behinderungsausgleich darstellen.
A. Streitgegenstand dieses Verfahrens ist die Frage, ob dem Kläger ein Anspruch auf Versorgung mit dem Hilfsmittel "Innowalk medium" der Firma E. als Leihgerät für 12 Monaten zusteht.
B. Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht bei dem örtlich zuständigen Gericht gemäß §§ 57
Abs. 1, 78, 87
Abs. 2 90 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) erhoben worden. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54
Abs. 4
SGG statthaft. Im Übrigen ist seitens der Beklagten auch das Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden, auch wenn die Beklagte lediglich eine Verfügung dergestalt getroffen hat, dass dem Widerspruch nicht abgeholfen wird. Dabei handelt es sich streng genommen um die interne Entscheidung der Ausgangsbehörde nach Abhilfeprüfung, sofern sie den Widerspruch nicht für begründet hält und deswegen ihn zusammen mit dem Verwaltungsvorgang an die Widerspruchsstelle weiterleitet, welche sodann über den Widerspruch zu entscheiden hat. Jedoch ist die Verfügung aus dem objektiven Empfängerhorizont so auszulegen, dass der Widerspruch mit dieser Entscheidung zurückgewiesen werden sollte.
C. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 22.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2018 abgelehnt, sodass dieser nicht in seinen Rechten verletzt wird. Dem Kläger steht kein Anspruch auf die Versorgung mit dem streitgegenständlichen Hilfsmittel zu (dazu unter I.-
IV.).
I. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Versorgung mit dem Hilfsmittel "Innowalk medium" aus
§§ 27,
33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zu. Nach § 27
Abs. 1
S. 1
SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst gemäß § 27
Abs. 1
S. 2
Nr. 3
SGB V auch die Versorgung mit Hilfsmitteln.
Nach § 33
SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34
Abs. 4 ausgeschlossen sind. Wie in allen anderen Bereichen der Leistungsgewährung müssen auch Hilfsmittel ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nach
§ 12 Abs. 1 SGB V nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.
Bei der begehrten Versorgung handelt es sich um ein Hilfsmittel, welches ärztlich verordnet wurde (dazu unter 1.). Es ergibt sich kein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Krankenbehandlung (dazu unter 2.). Das begehrte Hilfsmittel führt zudem weder zu einem unmittelbaren noch mittelbaren Behinderungsausgleich; es handelt sich auch nicht um eine drohende Behinderung (dazu unter 3.).
1. Dem Kläger wurde das Hilfsmittel mit ärztlichem Attest vom 25.04.2017 verordnet. Dabei handelt es sich auch um ein orthopädisches Hilfsmittel, welches im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates eingesetzt wird.
2. Durch das Hilfsmittel soll auch der Erfolg einer Krankenbehandlung
i. S. v. §§ 27
Abs. 1, 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V gesichert werden (dazu unter a)). Es handelt sich jedoch um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, welche noch nicht seitens des
G-BA geprüft und als abrechnungsfähiges Hilfsmittel anerkannt wurde (dazu unter b)).
a) Gegenstände, die unmittelbar der Krankheitsbehandlung dienen, indem von ihnen ein therapeutischer Erfolg erhofft wird, sind Hilfsmittel (Beck/Pitz in jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 33
SGB V, Rn. 22). Der Sicherung des Erfolgs einer Krankenbehandlung dient das Hilfsmittel, soweit es spezifisch im Rahmen der ärztlich verordneten Krankenbehandlung eingesetzt wird, um zu ihren Erfolg beizutragen (
BSG, Urteil vom 08.07.2015, Az.:
B 3 KR 5/14 R- juris- Rn. 20). Dabei ist keine Voraussetzung, dass durch das Hilfsmittel eine Heilung der Erkrankung erreicht wird. Es ist zur Sicherung des Erfolgs einer Krankenbehandlung im Rahmen von § 33
Abs. 1 Satz 1 1. Alt.
SGB V ausreichend, wenn mit dem Hilfsmittel ein therapeutischer Erfolg angestrebt wird (
vgl. BSG, Urteil vom 08.07.2015, Az.: B 3 KR 5/14 R- juris- Rn. 21).
Der spezifische Bezug zur ärztlich verantworteten Krankenbehandlung setzt voraus, dass die Verwendung des begehrten Hilfsmittels in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einen ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche und ärztlich angeleitete Leistungserbringer steht und für die gezielte Versorgung im Sinne der Behandlungsziele des § 27
Abs. 1 Satz 1
SGB V als erforderlich angesehen wird.
Die Anwendung des Innowalks erfolgt ausweislich der Ausführungen des Klägers unter Nutzung des Eigengewichts sowie der maximalen Aufrichtung des Benutzers. Auf diese passiv eingeleitete Bewegung muss der Benutzer aktiv reagieren. Diese Aktivität führt danach zu einer aktiven Stimulation der Bein-, Becken- und Rückenmuskulatur. Der Einsatz des Hilfsmittels soll zu einem erhöhten Stoffwechsel mit Verbesserung der Dichte und Mineralisierung der Knochenstruktur, Verbesserung der sozialen Interaktion, Verbesserung der Hüftbelastung sowie erneute Verschlechterung der Hüftsituation des Klägers führen. Im Weiteren soll eine allgemeine Kreislaufverbesserung und auch eine besseren Verdauungs- und Darmfunktion erreicht werden. Zudem soll durch den Einsatz des Innowalks auch langfristig die kognitiven Fähigkeiten gefördert werden.
Damit soll durch den Einsatz des Innowalks sowohl die Verschlimmerung der Krankheit und ihren Folgen vermieden werden als auch die Krankheitsbeschwerden gelindert werden, sodass das Hilfsmittel unmittelbar der Krankheitsbehandlung dient. Nach der durchgeführten Operation soll der Einsatz des Hilfsmittels dazu dienen, zum Erhalt des Operationsergebnisses beizutragen. Erneute Hüft- und Kniebeugekontrakturen sollen vermieden werden. Das Gericht hält insoweit auch die in der ergotherapeutischen Stellungnahme vom 29.06.2017 beschriebenen Vorteile des "Innowalks" für überzeugend. Unter Berücksichtigung der Beschreibung der konkreten Handhabung und Wirkung des Hilfsmittels dient Innowalk auch dazu den bisherigen Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern.
b) Es handelt sich jedoch um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode nach
§ 135 SGB V. Sofern ein Hilfsmittel den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern soll und dabei in einem untrennbaren Zusammenhang mit einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode steht, ist Voraussetzung für den Anspruch nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V, dass die neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode durch den GBA anerkannt worden ist. Dabei kann bei der Verwendung eines Hilfsmittels zur Sicherung des Erfolgs einer Krankenbehandlung nicht von dem zugrunde liegenden Behandlungskonzept und den dafür geltenden Anforderungen nach
§§ 2 Abs. 1 Satz 3,
12 Abs. 1 SGB V getrennt werden (
BSG, Urteil vom 08.07.2015, Az.: B 3 KR 5/14 R - juris- Rn. 27). § 135
SGB V konstituiert für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Gleichzeitig konkretisiert der
G-BA durch seine Entscheidung den Umfang der den Versicherten von ihrer Krankenkasse geschuldeten medizinischen Leistungen und damit deren Sachleistungsanspruch; regelmäßig bedient er sich dazu den Erlass von Richtlinien nach
§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i. V. m. § 135
Abs. 1
SGB V. Insofern hat er die Übernahme von neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 6
Abs. 11 Hilfsmittel-RL ausgeschlossen. Dies hat zur Folge, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nur dann zu Lasten der
GKV erbracht werden dürfen, wenn der
G-BA eine positive Empfehlung abgegeben hat. Ansonsten kommen eine Leistungserbringung und damit auch eine Abrechnungsfähigkeit in der vertragsärztlichen Versorgung nicht in Betracht. Diese Sperrwirkung des Leistungsverbots mit Erlaubnisvorbehalt erfasst jede Maßnahme im Rahmen einer bei einem bestimmten Krankheitsbild systematisch angewendeten Methode.
aa) Vorliegend liegt eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode vor, welche zum Zeitpunkt der Entscheidung als auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht durch den GBA anerkannt worden ist (zu letzterem unter bb)).
Der Begriff der Behandlungsmethode beschreibt eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (
BSG, Urteil vom 08.07.2015, Az.: B 3 KR 5/14 R - juris- Rn. 32). Neu ist eine Behandlungsmethode, wenn sie bislang nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (
BSG, aaO). Dabei kommt dem in § 92
Abs. 1 Satz 2
Nr. 5
SGB V und § 135
Abs. 1
SGB V verwendeten Begriff der "Behandlungsmethode" jedoch eine umfassendere Bedeutung zu als dem Begriff der "ärztlichen Leistung" im EBM-Ä nach
§ 87 SGB V, da einzelne vertragsärztliche Leistungen oftmals nur Bestandteil eines methodischen Konzepts sind. Setzt sich eine Behandlungsmethode aus eine Kombination verschiedener - für sich alleine jeweils anerkannter oder zugelassener - Maßnahmen zusammen, kann es sich um eine neue Behandlungsmethode handeln, wenn das zugrunde liegende theoretisch-wissenschaftliche Konzept gerade in der neuartigen Kombination verschiedener Einzelleistungen liegt (
BSG, aaO). Es kommt dann daraus an, ob die im EBM-Ä bereits enthaltene ärztliche Einzelleistungen oder bereits zugelassene Behandlungsmethoden bereits eine wesentliche Änderung oder Erweiterung erfahren (
BSG, aaO). Um das Vorliegen einer wesentlichen Änderung oder Erweiterung beurteilen zu können, bedarf es einer Orientierung am Schutzzweck des § 135
Abs. 1
SGB V. Nach § 135
Abs. 1
SGB V hat der GBA Empfehlungen abzugeben über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkasse erbrachten Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapieplanung, der notwendigen Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und den erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung. Damit dient die Notwendigkeit einer solchen Empfehlung vor Erbringung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung der Sicherung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen. Neue medizinische Verfahren dürfen zum Schutz der Patienten nicht ohne hinreichende Prüfung ihres diagnostischen
bzw. therapeutischen Nutzens und etwaiger gesundheitlicher Risiken in der vertragsärztlichen Versorgung angewendet werden. Im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot darf die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht auf unwirksame oder unwirtschaftliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ausgedehnt werden (
BSG, Urteil vom 08.07.2015, Az.: B 3 KR 5/14 R - juris- Rn. 33). Eine wesentliche Änderung oder Erweiterung erfahren bereits in EBM-Ä enthaltene ärztliche Leistungen dann, wenn sich der diagnostische
bzw. therapeutische Nutzen aus einer bisher nicht erprobten Wirkungsweise der Methode ergeben soll oder wenn mit der Methode gesundheitliche Risiken verbunden sind, denen bisher nicht nachgegangen wurde. Eine neue Wirkungsweise und bisher nicht erforschte Risiken können sich auch aus der Komplexität der Methode oder ihres technischen Ablaufs ergeben (
BSG, aaO).
Vorliegend ergibt sich das zugrunde liegende theoretisch-wissenschaftliche Konzept gerade in der neuartigen Kombination verschiedener Einzelleistungen, die für sich alleine anerkannt und zugelassen sind. Insofern vereinen sich in dem Hilfsmittel "Innowalk" das theoretisch-wissenschaftliche Konzept eines Stehtrainers, dem NF-Walker und einen Bewegungstrainer, beschränkt auf die darin enthaltenen Komponenten des Stehens und passivem Bewegens. Nach eigener Überzeugung des Gerichts, welche die Beteiligten im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch bestätigt hatten, kann mit dem Innowalk keine Fortbewegung erfolgen. Vielmehr dient das Hilfsmittel dazu, mittels Trainings einerseits die Voraussetzungen für eine zukünftige Mobilität zu schaffen und andererseits weiteren notwendigen Operationen vorzubeugen. Nach Überzeugung des Gerichts ist mit dem Hilfsmittel auch eine wesentliche Änderung gegeben. Die "Neuheit" der Behandlungsmethode ergibt sich gerade daraus, dass das Hilfsmittel vorrangig im stationären Bereich eingesetzt wird und dabei der fachlichen Supervision bedarf; beim Einsatz des Hilfsmittels zu Hause erfolgte jedoch gerade keine Aufsicht, sodass keine Kontrolle hinsichtlich der Übungsintervalle sowie der Intensität des Geräteeinsatzes stattfinden könnte. Es ist insofern unklar, ob mit dem Einsatz des Hilfsmittels zu Hause gesundheitliche Risiken verbunden sind. Um solche gesundheitliche Risiken auszuschließen, ist gerade seitens des Gesetzgebers verbunden, dass diese Risiken vor Zulassung einer neuen Behandlungsmethode im dafür vorgesehenen Verfahren ausreichend untersucht werden. Vor diesem Hintergrund kommt es nach Auffassung des Gerichts nicht darauf an, ob bei dem "Innowalk" die maximalen Nutzungszeiten durch einen Mitarbeiter des Herstellers eingestellt werden und diese durch den Nutzer nicht verändert werden können. Dies dient dazu die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen der Krankenversicherung zum Schutze der Patienten zu sichern, sodass vor diesem Hintergrund eine Empfehlung seitens des GBA erforderlich ist.
Die weiteren Argumente des Klägers verfangen demgegenüber nicht. Es spielt insofern für das vorliegende Verfahren keine Rolle, ob das Hilfsmittel mit mechanisch, halb automatischen oder robotergestützte Therapieformen, welche bereits in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen wurden, vergleichbar ist und ob es sich um eine bereits erprobte Wirkungsweise handelt. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob es sich bei dem konkreten Hilfsmittel um eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode handelt. Die Unterschiede liegen zwischen den zugelassenen Therapieformen und des hier streitgegenständlichen Hilfsmittel gerade darin, dass ein technisches Gerät, welches bislang in vertragsärztlichen Praxen oder Krankenhäusern eingesetzt wurde, nun dem Patienten überlassen wird und von ihnen selbst ohne regelmäßige Kontrolle und Anleitung eingesetzt wird (
vgl. die Ausführungen in
BSG, Urteil vom 08.07.2015, Az.:
B 3 KR 6/14 R - juris- Rn. 25, 26; diese gelten vorliegend entsprechend). Der Kläger kann zudem sich auch nicht auf das Hilfsmittelverzeichnis und auf die Gruppe 32 ("Fremdkraftbetriebene Kombinationstrainer") berufen; danach besteht nur eine Überwachungspflicht, sofern eine Eigenabschaltung des Hilfsmittels nicht möglich ist. Insofern hat der Kläger selbst ausgeführt, dass das Hilfsmittelverzeichnis unverbindlich ist. Dies wird im Übrigen auch durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt, wonach das Hilfsmittelverzeichnis für den Anspruch des Versicherten nicht verbindlich ist (
vgl. BSG, Urteil vom 08.07.2015, Az.: B 3 KR 6/14 R - juris- Rn. 16). Im Weiteren kann eine Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis bei einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode nur erfolgen, sofern der GBA beteiligt wurde (
vgl. BSG, Urteil vom 08.07.2015, Az.: B 3 KR 6/14 R - juris- Rn. 12). Sofern es sich um eine "neue" Behandlungsmethode handelt, kommt dem vom GBA durchzuführenden Methodenbewertungsverfahren nach § 135
Abs. 1
SGB V dem Vorrang gegenüber dem nach
§ 139 SGB V durchzuführenden Verfahren zur Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis zu (
vgl. BSG, Urteil vom 08.07.2015, Az.: B 3 KR 6/14 R - juris- Rn. 17).
bb) Entgegen der Ansicht des Klägers hat der GBA auch keine Empfehlung nach § 135
Abs. 1
SGB V bzw. den darauf gerichteten Antrag nicht für nicht erforderlich gehalten. Aus den seitens des Klägers vorgelegten Schreiben vom 17.08.2018 und 13.12.2018 des GBAs ergibt sich deutlich, dass der GBA bis zum heutigen Zeitpunkt keine Empfehlung seitens des Hilfsmittels "Innowalk" abgegeben hat und auch kein darauf gerichteter Antrag vorliegt. Die Ausführungen des GBA zur Antragspflicht betreffen insofern nur die Frage, ob sich die bestehende Antragsbefugnis der Spitzenverbände zur einen Verpflichtung verdichtet. Eine solche Pflicht besteht nur bei Vorliegen von medizinischen Erkenntnissen, die im Hinblick des diagnostischen oder therapeutischen Nutzens einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode einer positiven Abschätzung durch den
G-BA wahrscheinlich erscheinen lassen, sofern auch im Übrigen eine positive Bewertung der Methode - etwa wegen fehlender Wirtschaftlichkeit - nicht ausgeschlossen ist. Daraus kann aber im Umkehrschluss nicht geschlossen, dass kein Antrag für die Anerkennung des "Innowalks" als neue, abrechnungsfähige Untersuchungs- und Behandlungsmethode erforderlich ist.
3. Das Hilfsmittel dient neben der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung auch dem Ausgleich einer Behinderung (dazu a)). Jedoch handelt es sich weder um einen unmittelbaren noch um einen mittelbaren Behinderungsausgleich (dazu unter b) und c)).
a) Menschen sind nach
§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Von Behinderung bedroht sind Menschen, wenn die Behinderung zu erwarten ist (§ 2
Abs. 1 Satz 2
SGB IX) (Beck/Pitz in jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 33
SGB V, Rn. 23). Der Kläger ist auf Grund der bei ihm vorliegenden spastischen bilateralen Zerebralparese mit kombinierten Entwicklungsstörungen in seiner Mobilität eingeschränkt. Durch umfangreiche Therapiemaßnahmen hat der Kläger zwar zahlreiche motorische Fortschritte erzielt, jedoch ist ihm ein freies Stehen oder gar eine eigenständige Gehfähigkeit weiterhin nicht möglich. Seine körperliche Funktion weicht somit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand ab und beeinträchtigt den Kläger in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Da die Behinderung bereits eingetreten ist, handelt es sich dabei jedoch nicht um eine drohende Behinderung.
b) Das Hilfsmittel gleicht diese Behinderung nicht unmittelbar aus. Ein unmittelbarer Funktionsausgleich liegt nach der Rechtsprechung des
BSG vor, soweit das Hilfsmittel die ausgefallene oder beeinträchtigte Körperfunktion ausgleicht, indem es die entsprechende Körperfunktion ermöglicht oder sie weitestgehend ersetzt. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einem unmittelbar auf den Ausgleich der beeinträchtigten Organfunktion selbst gerichteten Hilfsmittel, insbesondere einem künstlichen Körperglied, ohne weiteres anzunehmen, dass eine medizinische Rehabilitation vorliegt. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert (KassKomm/Nolte, 103. EL März 2019,
SGB V § 33 Rn. 11a).
Das Hilfsmittel ermöglicht die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht selbst, ersetzt oder erleichtert diese Ausübung auch nicht. Vielmehr soll durch das Training mit dem "Innowalk" langfristig eine eigene Steh- und Gehbereitschaft erreicht werden, welche sich positiv auf die geistige und motorische Entwicklung des Klägers auswirken soll. Dieses Training stellt aber keinen unmittelbaren Behinderungsausgleich dar, sondern erst dadurch soll der unmittelbare Behinderungsausgleich erreicht werden. Insofern gleicht das Hilfsmittel die bestehenden Behinderungen nicht unmittelbar aus.
c) Das Hilfsmittel führt jedoch auch nicht zu einem mittelbaren Behinderungsausgleich. Soweit das Hilfsmittel die ausgefallene oder beeinträchtigte Körperfunktion weder ganz noch weitestgehend ersetzen kann, kommt ein Leistungsanspruch nur in Betracht, soweit es um den angemessenen Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung geht (Beck/Pitz in jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 33
SGB V, Rn. 26). Hingegen werden nur mittelbar oder nur teilweise die Organfunktion ersetzende Mittel lediglich dann als Hilfsmittel im Sinne der Krankenversicherung angesehen, wenn sie die Auswirkungen der Behinderung nicht nur in einem bestimmten Lebensbereich (Beruf/Gesellschaft/Freizeit), sondern im gesamten täglichen Leben ("allgemein") beseitigen oder mildern und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen (Landessozialgericht für das Saarland, Urteil vom 15. März 2006, Az.: L 2 KR 23/01 - juris- Rn. 22).
Im Bereich der Mobilität muss die Hilfsmittelversorgung nur gewährleisten, dass der erwachsene Versicherte sich in der eigenen Wohnung bewegen und die Wohnung verlassen kann, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Besonderheiten des Wohnortes sind auch dann für die Hilfsmitteleigenschaft nicht maßgeblich, wenn Alltagsgeschäfte außerhalb der Reichweite liegen, die ein Rollstuhlfahrer regelmäßig erreichen kann. Für Kinder und Heranwachsende gilt auch hinsichtlich der Mobilität ein großzügigerer Maßstab: Für sie kommt es darauf an, durch die Hilfsmittelversorgung sich einen gewissen körperlichen Freiraum gefahrlos zu erschließen (Beck/Pitz in jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 33
SGB V, Rn. 31).
Vorliegend ermöglicht das Hilfsmittel dem Kläger jedoch nicht, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und sie für einen kurzen Spaziergang zu verlassen. Auch der großzügigere Maßstab für Kinder und Heranwachsende führt vorliegend nicht zu einem anderen Ergebnis, da die Hilfsmittelversorgung zum Ausgleich der fehlenden Steh- und Gehfähigkeit nicht dazu führt, dass der Kläger sich mit dem Hilfsmittel einen gewissen körperlichen Freiraum im Gehen oder Stehen gefahrlos erschließen könnte. Der "Innowalk" ist von seiner Konzeption nicht dazu gedacht, dem Benutzer unmittelbar die Mobilität zu ermöglichen. Vielmehr soll das Hilfsmittel mittelbar dazu führen, dass jemand wieder mobilisiert wird. Insofern ist es eher mit einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme oder Krankengymnastik vergleichbar. Das Hilfsmittel betrifft damit kein Grundbedürfnis des täglichen Lebens, sondern dient dazu, dem Kläger durch kontinuierliches Training in der Zukunft selbst zu ermöglichen, ohne Hilfsmittel mobil zu sein.
II. Das Gericht kann vorliegend auch nicht erkennen, dass es sich bei den Erkrankungen des Klägers um einen Seltenheitsfall handelt oder ein Systemversagen vorliegt (dazu unter 1. und 2.).
1. Es handelt sich um keinen sogenannten Seltenheitsfall, bei dem sich eine Krankheit und ihre Behandlung einer systematischen Erforschung entziehen und bei dem eine erweiterte Leistungspflicht der Krankenkassen in Betracht zu ziehen wäre (
vgl. BSG, Urteil vom 27. März 2007, Az.: B 1 KR 17/06 R- juris- Rn. 17). Ausweislich der Informationen aus dem Internet wird bei einem von 500 lebend geborenen Kindern eine Zerebralparese diagnostiziert. Die Inzidenz liegt bei 9 / 100.000 Einwohnern pro Jahr. Insofern kommt diese Erkrankung somit durchaus nicht so selten vor, dass sie sich einer systematischen Erforschung entzieht. Eine erweiterte Leistungspflicht der Beklagten besteht aus diesem Gesichtspunkt nicht.
2. Es liegt auch kein Systemversagens des GBA vor, welche zu einer Leistungspflicht der Krankenkasse führen kann. Es ist insoweit in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass eine Leistungspflicht der Krankenkasse wegen Systemversagens ungeachtet des in § 135
Abs. 1
SGB V aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt bestehen kann, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode darauf zurückführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wird. Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135
Abs. 1
SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deswegen die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (
vgl. BSG, Urteil vom 07.05.2013, Az.: B 1 KR 44/12 R- juris- Rn. 17f.). Vorliegend ist ausweislich der vorgelegten Schreiben des GBA kein Antrag gestellt worden. Der Kläger
bzw. seine Prozessbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass zwischenzeitlich ein Antrag gestellt worden ist. Insofern ist aber darauf hinzuweisen, dass zunächst eine Beschlussfassung über die Annahme des Antrags innerhalb von drei Monaten herbeigeführt werden muss (
vgl. § 135
Abs. 1 Satz 4
SGB V). Es schließt sich dann das Methodenbewertungsverfahren nach § 135
Abs. 1 Satz 5
SGB V an, welches regelmäßig nicht länger als drei Jahre dauern sollte. Vor dem Hintergrund, dass der Antrag erst vor kurzem gestellt wurde, kann das Gericht nicht erkennen, dass der GBA das Methodenbewertungsverfahren nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt hat.
III. Der Kläger kann auch keinen Anspruch nach § 2
Abs. 1a
SGB V gegen die Beklagte geltend machen, da es sich der bei ihm vorliegenden Erkrankung - spastische bilaterale Zerebralparese - nicht um eine lebensbedrohlich oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder mit einer solchen Erkrankung jedenfalls wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung geltend macht.
IV. Der Kläger kann zudem auch keinen Anspruch aus
§ 13 Abs. 3a SGB V geltend machen. Nach § 13
Abs. 3a Satz 6
SGB V gilt eine beantragte Leistung als genehmigt, sofern die Krankenkasse bestimmte Fristen nach § 13
Abs. 3a Sätze 1, 2
SGB V nicht einhält oder dem Versicherten keinen hinreichenden Grund für die Fristverzögerung mitteilt. Der Antrag des Klägers ist bei der Beklagten am 02.05.2017 eingegangen. Die ablehnende Entscheidung wurde der Mutter des Klägers am 22.05.2017 telefonisch mitgeteilt. Insofern ergibt sich aus § 13
Abs. 3a Satz 1
SGB V, dass die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden hat. Dabei wird nicht spezifiziert, um welche Art von Entscheidung es sich handelt. Nach § 33
Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (
SGB X) kann ein Verwaltungsakt auch mündlich erlassen werden. Da vorliegend sich im Gesetz dazu keine andere, insbesondere keine speziellere, Regelung findet, kann die Beklagte Leistungsanträge auch mündlich innerhalb der 3-Wochen-Frist des § 13
Abs. 3a Satz 1
SGB V ablehnen.
D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193
SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung. Die Berufung ist nach §§ 143, 144
SGG zulässig, da der Kläger die Übernahme einer Sachleistung (mietweise Überlassung des Hilfsmittels) begehrt und dafür Kosten i. H. v. 8.383,55 Euro anfallen würden, sodass der Wert des Beschwerdegegenstands von 750 Euro deutlich überschritten ist.