Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Beteiligten streiten über die Versorgung mit einem Fußhebersystem des Typs Bioness L 300.
Das Produkt wird bei einer Fußhebeschwäche eingesetzt und dient der Verbesserung des Gangbildes. Es hat drei Hauptkomponenten (eine Beinmanschette, ein am Schuh angebrachter Gangsensor sowie eine drahtlose Steuerung/Fernbedienung), die über ein kabelloses Kommunikationssystem miteinander verbunden sind. Das System stimuliert mithilfe funktioneller Elektrostimulation (FES) die Nerven im Unterschenkel und aktiviert die Muskeln, die den Fuß heben. Nach den Internet-Angaben des Herstellers kann das L 300 Fußhebersystem neben der Unterstützung eines natürlicheren Gangs Muskeln neu trainieren, Muskelatrophie vermeiden oder verringern, den Bewegungsbereich erhalten oder erweitern und die lokale Durchblutung fördern. Der Hersteller gibt ferner an, das L 300 Fußhebersystem sei ein Medizinprodukt, welches von der amerikanischen Arzneimittelzulassungsbehörde für die Europäische Union CE-zertifiziert ist und in Rehabilitationszentren weltweit eingesetzt werde. Das Produkt ist im Ergebnis einer Prüfung nach § 139 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (
SGB V) durch den
GKV-Spitzenverband per 31. Juli 2014 nicht in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen worden.
Bei dem im Dezember 2002 geborenen Kläger, der bei der Beklagten familienversichert ist, trat Anfang 2010 nach einer langsam progredienten Hemisymptomatik (Taubheitsgefühl, Muskelschwäche, Facialisparese, kurzzeitige Sprachstörungen) im Rahmen eines Infektes der oberen Atemwege eine akut entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems (akute disseminierte Enzephalomyelitis - ADEM) auf. Er leidet an einer Lähmung der rechten Körperhälfte. Durch eine Fußhebeschwäche ist das Gangbild des Klägers unphysiologisch. Am rechten Auge sind Anteile des Gesichtsfeldes eingeschränkt (homonyme Halbseitenblindheit). Der Kläger wird seit Jahren fortlaufend betreut durch das Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ) für chronisch kranke Kinder, Abteilung Neuropädiatrie der Charité. Zuletzt wurde er dort vor wenigen Tagen, am 25. Oktober 2017, vorgestellt. Der Kläger erhielt
u. a. bereits mehrfach Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Rehabilitationsklinik in H. sowie in anderen Rehabilitationszentren. Von April 2012 bis Herbst 2013 nahm er in sechsmonatigen Abständen an einem Behandlungskonzept "Auf die Beine" in der Universitätsklinik in Köln teil. Im Juli 2013 sowie im Juli/August 2015 absolvierte der Kläger auf Anregung des SPZ erfolgreich ein CIMT-Programm (intensive Therapie des Armes) im Rehabilitationszentrum in K. Er erhält dauerhaft einmal wöchentlich Krankengymnastik. Zur Verbesserung seines Gangbildes ist er mit Einlagen versorgt. Im März 2013 erfolgte im SPZ probeweise die Versorgung mit einer Walk-Aide-Orthese. Die Krankenkasse lehnte die Übernahme der Kosten für diese Neurostimulationsorthese jedoch bindend ab.
Am 9. März 2015 verordnete die behandelnde SPZ-Ärztin
Dr. T. dem Kläger das streitgegenständliche Fußhebersystem des Typs Bioness L 300. Ende März 2015 reichte das Sanitätshaus O.
GmbH einen entsprechenden Kostenvoranschlag zur Versorgung des Klägers bei der Beklagten ein. Die Beklagte teilte dem Kläger hierauf zunächst mit, sie habe noch ergänzende Informationen beim Hilfsmittellieferanten angefordert (an den Vater des Klägers adressiertes Schreiben vom 31. März 2015). Unter dem 8. April 2015 teilte sie außerdem mit, dass für die Beurteilung der Leistungsvoraussetzungen eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) eingeholt werden müsse. Mit Bescheid vom 27. April 2015 lehnte die Beklagte die Versorgung mit dem System Bioness L 300 ab. Dabei stützte sie sich auf das MDK-Gutachten, der zu dem Ergebnis gekommen war, ein alltagsrelevanter Gebrauchsvorteil lasse sich nicht feststellen und überdies auf mögliche Gefährdungen durch eine dauerhafte Elektrostimulation hingewiesen hatte. Das MDK-Gutachten fügte die Beklagte dem Bescheid bei. Der Widerspruch des Klägers war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2016).
Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Leistungsbegehren weiter. Er trägt vor, er sei in seiner Gangmobilität eingeschränkt und werde von seiner Umwelt, insbesondere von Gleichaltrigen, als hinkend wahrgenommen. Dass in Rede stehende Hilfsmittel sei als Mobilitätshilfsmittel zum Ausgleich dieser Behinderung erforderlich und werde nicht zu therapeutischen Zwecken begehrt. Auf eine herkömmliche Peronäusschiene könne er nicht verwiesen werden, da diese in ihrer Auswirkung auf den Behinderungsausgleich hinter dem streitgegenständlichen Hilfsmittel zurückbleibe. Überdies komme dem verordnenden Arzt bei der Auswahl des Hilfsmittels die Therapiehoheit zu. Bei einer im Januar 2015 erfolgten Probeversorgung mit dem L 300 Fußhebersystem sei ein wesentlich besseres Gangbild festzustellen gewesen. Zur weiteren Darstellung des klägerischen Vorbringens wird ergänzend auf die sonstigen Ausführungen in der Klagebegründung vom 12. Februar 2016 sowie in den Schriftsätzen vom 29. September 2016 und 17. Mai 2017 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 27. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2016 zu verurteilen, ihn mit einem Fußhebersystem des Typs Bioness L 300 zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Das Gericht hat Befundberichte bei den behandelnden Ärzten des SPZ und beim Arzt für Allgemeinmedizin
Dr. K. angefordert. Für das SPZ hat die Fachärztin für Pädiatrie und Neuropädiatrie
Dr. T. die gerichtlichen Fragen mit Bericht vom 3. Januar 2017 beantwortet. Der vollständig ausgefüllte Befundbericht des
Dr. K. lag Anfang Februar 2017 vor. Auf beide Unterlagen wird Bezug genommen. Zur Frage, ob das hier streitgegenständliche Hilfsmittel als Bestandteil einer neuen Behandlungsmethode eingesetzt würde, hat das Gericht eine Stellungnahme des Gemeinsamen Bundesausschusses (
G-BA) eingeholt. Auf das Antwortschreiben der Geschäftsstelle des
G-BA vom 4. April 2017 wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens und zur Ergänzung des Sachverhalts wird schließlich Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die vorgelegen hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Das Gericht konnte mündlich verhandeln und entscheiden, obwohl für die Beklagte im Termin niemand erschienen ist. Die Beklagte ist in der Terminmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden. Sie hat hierauf mitgeteilt, dass die Entsendung eines Vertreters zum Termin nicht beabsichtigt ist.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Fußhebersystem Bioness L 300.
In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (
BSG) ist geklärt, dass der Anspruch auf ein Hilfsmittel, welches als untrennbarer Bestandteil einer neuen vertragsärztlichen Behandlungs- oder Untersuchungsmethode eingesetzt wird, erst dann gegeben ist, wenn der
G-BA die Methode positiv bewertet hat. Eine Bewertung durch den
G-BA ist auch bezüglich bereits anerkannter Methoden erforderlich, wenn diese im Hinblick auf ihre diagnostische
bzw. therapeutische Wirkungsweise, mögliche Risiken und/oder Wirtschaftlichkeitsaspekte eine wesentliche Änderung oder Erweiterung erfahren (stv.:
BSG, Urteil vom 12. August 2009 -
B 3 KR 10/07 R -, BSGE 104, 95-108 = SozR 4-2500 § 139
Nr. 4 - Magnetodyn II; Urteil vom 8. Juli 2015 -
B 3 KR 5/14 R -, SozR 4-2500 § 33
Nr. 47, RdNr. 13 - CGMS). Bei dem vom Kläger begehrten Fußhebersystem handelt es sich um ein Hilfsmittel (dazu im Folgenden a). Die Behandlung der Fußhebeschwäche im Wege der Elektrostimulation (FES) ist eine neue Behandlungsmethode im Sinne des
§ 135 Abs. 1 SGB V (dazu b), die in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen System steht und noch nicht durch den
G-BA anerkannt ist (dazu c). Eine positive Empfehlung des
G-BA ist nicht ausnahmsweise entbehrlich (dazu d). Der Kläger kann die Leistung nicht kraft fingierter Genehmigung verlangen (dazu e).
a) Rechtsgrundlage für das Leistungsbegehren ist
§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der aktuellen, im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Fassung. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34
Abs. 4 ausgeschlossen sind.
Bei dem vom Kläger begehrten Fußhebersystem handelt es sich um eine sächliche medizinische Leistung und deswegen unzweifelhaft um ein Hilfsmittel im Sinne des § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V. Nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Hilfsmittel hier dem Versorgungsziel der Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung dient (§ 33
Abs. 1 Satz 1 Regelung 1
SGB V). Dies ist der Fall, soweit es spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung (
§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V) eingesetzt wird, um zu ihrem Erfolg beizutragen (
BSG SozR 4-2500 § 33
Nr. 32 RdNr. 21 m. w. N - Therapiedreirad;
BSG SozR 4-2500 § 33
Nr. 38 RdNr. 17 - Matratzen-Encasings;
BSG, Urteil vom 8. Juli 2015 - B 3 KR 5/14 R -, SozR 4-2500 § 33
Nr. 47, RdNr. 20 - CGMS). Der spezifische Bezug zur ärztlich verantworteten Krankenbehandlung setzt voraus, dass die Verwendung des begehrten Hilfsmittels in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche und ärztlich angeleitete Leistungserbringer steht und für die gezielte Versorgung im Sinne der Behandlungsziele des § 27
Abs. 1 Satz 1
SGB V als erforderlich anzusehen ist (
BSG SozR 4-2500 § 33
Nr. 32 RdNr. 21 - Therapiedreirad;
BSG, Urteil vom 8. Juli 2015 - B 3 KR 5/14 R -, SozR 4-2500 § 33
Nr. 47, RdNr. 20 - CGMS). So liegt es hier.
Der Kläger leidet (
u. a.) an einer Lähmung der rechten Körperhälfte. Er wird deswegen seit Jahren fortlaufend und planmäßig durch das SPZ betreut. Im Rahmen dieser Betreuung hat der Kläger diverse Rehabilitationsbehandlungen erhalten und an verschiedenen Therapieprogrammen teilgenommen. Die therapeutischen Bemühungen der Ärzte des SPZ sind darauf gerichtet, die Halbseitenlähmung des Klägers zu bessern
bzw. komplett zurück zu bilden. Betreffend die Mobilität des Klägers besteht das Ziel darin, eine Besserung
bzw. Erleichterung seines Gangbildes zu erreichen. Die SPZ-Ärzte verordnen ihm deswegen Einlagen, die wachstumsbedingt bereits mehrmals erneuert werden mussten. Zur Besserung des Gangbildes wurde er Anfang 2013 im SPZ probeweise mit einer Walk-Aide-Orthese versorgt. Das streitgegenständliche System soll ebenfalls zu einer Besserung der Fusshebemuskeln und der Erleichterung des Gangbildes beitragen. Sein Einsatz soll im Rahmen der ärztlichen Behandlung durch das SPZ erfolgen, zu der ein enger Zusammenhang besteht. Der Zusammenhang ist nicht dadurch infrage gestellt, dass regelmäßig nur zweimal jährlich Vorstellungen des Klägers im SPZ erfolgen. Denn auf die Anzahl oder Häufigkeit der Arztbesuche kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an (
BSG, Urteil vom 8. Juli 2015 - B 3 KR 5/14 R -, SozR 4-2500 § 33
Nr. 47, RdNr. 20 a. E.). Der Einstufung als Hilfsmittel zur Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung steht auch nicht entgegen, dass die Behandlung nicht auf die Heilung der Fußhebeschwäche ausgerichtet ist. Im Rahmen von § 33
Abs. 1 Satz 1 Regelung 1
SGB V ist es ausreichend, wenn mit dem Hilfsmittel ein therapeutischer Erfolg angestrebt wird (
BSG,
a. a. O., RdNr. 21 a. E.), was vorliegend unzweifelhaft der Fall ist.
b) Das Fußhebersystem des Typs Bioness L 300 basiert auf einer neuen Behandlungsmethode. Die Stimulation der Unterschenkelnerven mittels FES unterscheidet sich im Hinblick auf die medizinisch-technische Vorgehensweise sowie mögliche Risiken und Aspekte der Wirtschaftlichkeit erheblich von den herkömmlichen Behandlungsvarianten (
u. a. Krankengymnastik, Einlagen, Peronäusschiene) und stellt daher eine "neue", bisher nicht anerkannte Behandlungsmethode dar. Die FES ist im Vergleich zu den bisherigen Behandlungsmethoden schon deswegen "neu", weil diese in keiner Weise elektrisch unterstützt sind. Die elektrische Wirkungsweise hat auch erhebliche Unterschiede im Hinblick auf mögliche Risiken zur Folge. Ausweislich des MDK-Gutachtens vom 20. April 2015 finden sich in den Herstellerinformationen Warnhinweise, dass die langfristigen Wirkungen dauerhafter elektrischer Stimulation nicht bekannt wären
bzw. die Geräte nicht in die Reichweite von Kindern gelangen sollen. Auch der Einfluss auf die kindlichen Wachstumsfugen sei bislang nicht geklärt. Nach Einschätzung der MDK-Gutachterin T ist der Einsatz einer dauerhaften Elektrostimulation bei Kindern besonders kritisch zu sehen. Die genannten Risiken gebieten es auch im Hinblick auf den Schutzzweck des § 135
Abs. 1
SGB V, die FES als neue Behandlungsmethode zu bewerten. Die gesetzliche Ausgestaltung der
G-BA-Empfehlung als Anspruchsvoraussetzung bei neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden dient der Sicherung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen. Neue medizinische Verfahren dürfen zum Schutz der Patienten nicht ohne hinreichende Prüfung ihres diagnostischen
bzw. therapeutischen Nutzens und etwaiger gesundheitlicher Risiken in der vertragsärztlichen Versorgung angewandt werden (
vgl. BSG, Urteil vom 16. September 1997 - 1 RK 28/95 -, BSGE 81, 54 - 73, SozR 3-2500 § 135
Nr. 4). Die Elektrostimulationsverfahren können aufgrund ihrer neuen Wirkungsweise und ihres technischen Ablaufs mit gesundheitlichen Risiken verbunden sein, insbesondere beim Einsatz im Kindesalter. Hierauf ist in dem bereits erwähnten MDK-Gutachten vom 20. April 2015 deutlich hingewiesen worden. Der Schutz insbesondere von Kindern vor etwaigen gesundheitlichen Risiken durch die Verwendung von elektrostimulierend wirkenden Hilfsmitteln verlangt es, die Anwendung in der vertragsärztlichen Versorgung von einer Bewertung dieser Behandlungsmethode durch den
G-BA abhängig zu machen.
c) Der Einsatz des streitgegenständlichen Hilfsmittels steht hier in einem untrennbaren Zusammenhang mit einer neuen Behandlungsmethode im Sinne von § 135
Abs. 1 Satz 1
SGB V. Ein solcher Zusammenhang besteht schon deswegen, weil die technisch neuartige Wirkungsweise der FES unmittelbar mit Nutzung des Fußhebersystems Bioness L 300 verbunden (und bezweckt) ist. Wegen dieses Zusammenhanges ist Voraussetzung für einen Leistungsanspruch des Versicherten, dass die neue Behandlungsmethode durch den
G-BA anerkannt worden ist (ständige Rechtsprechung des
BSG,
z. B. Urteil vom 12. August 2009 - B 3 KR 10/07 R -, BSGE 104, 95-108 = SozR 4-2500 § 139
Nr. 4 - Magnetodyn II; Urteil vom 8. Juli 2015 - B 3 KR 5/14 R -, SozR 4-2500 § 33
Nr. 47, RdNr. 26 - CMGS; zuletzt: mehrere Urteile vom 11. Mai 2017 -
u. a. B 3 KR 6/16 R und B 3 KR 17/16 R, jeweils RdNr. 29 - Kopforthese). An einer derartigen Anerkennung der Methode durch den
G-BA fehlt es, was zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist.
Der Kläger kann das begehrte Hilfsmittel auch nicht auf der Grundlage von § 33
Abs. 1 Satz 1 Regelung 3
SGB V beanspruchen. Ein Hilfsmittelanspruch zum Ausgleich einer Behinderung setzt voraus, dass das Hilfsmittel im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung eingesetzt werden darf, wozu es zunächst einer positiven Empfehlung des
G-BA zu der zu Grunde liegenden Behandlungsmethode bedarf (
BSG, Urteil vom 8. Juli 2015 - B 3 KR 5/14 R -, SozR 4-2500 § 33
Nr. 47, RdNr. 46 - CMGS). Da der Einsatz des Hilfsmittels hier - wie ausgeführt - nicht von der zu Grunde liegenden Behandlungsmethode zu trennen ist, kann auf eine Anerkennung durch den
G-BA nicht verzichtet werden. Das Bewertungsverfahren für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden durch den
G-BA erfolgt auf Antrag. Die Antragsbefugnis der berechtigten Organisationen kann sich unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Antragspflicht verdichten (hierzu: Ihle, in: JurisPK
SGB V, § 135, RdNr. 39). Der
G-BA hat in seiner Stellungnahme vom 4. April 2017 darauf hingewiesen, dass betreffend die streitgegenständliche Therapie keine Anhaltspunkte für eine Antragspflicht erkennbar seien.
d) Die Behandlungsmethode der FES darf auch nicht ausnahmsweise ohne positive Empfehlung des
G-BA im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung eingesetzt werden. Als Ausnahmefallgruppen anerkannt sind in der Rechtsprechung des
BSG die Fälle des § 2
Abs. 1a
SGB V, ferner sog. Seltenheitsfälle und der Fall des sog. Systemversagens (zuletzt: mehrere Urteile vom 11. Mai 2017 -
u. a. B 3 KR 6/16 R und B 3 KR 17/16 R, jeweils RdNr. 53 - Kopforthese). Vorliegend ist keine dieser Fallgruppen gegeben. Bei der Fußhebeschwäche handelt es sich weder um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche, noch um eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung im Sinne des § 2
Abs. 1a
SGB V. Ein Seltenheitsfall (abzustellen ist auf die Fußhebeschwäche, nicht auf die ADEM) liegt ebenso wenig vor wie ein Systemversagen.
e) Der Kläger kann den erhobenen Anspruch auch nicht aus einer fiktiven Genehmigung im Sinne von
§ 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V herleiten. Die Kammer musste nicht entscheiden, ob aus einer fingierten Genehmigung überhaupt ein Naturalleistungsanspruch als eigenständig durchsetzbarer Anspruch erwachsen kann (so das
BSG, Urteil vom 8. März 2016 -
B 1 KR 25/15 R -, BSGE 121, 40-49, SozR 4-2500 § 13
Nr. 33; Urteil vom 11. Juli 2017 - B 1 KR 26/16 R - juris, dessen Auslegung jedoch nicht zu überzeugen vermag). Eine Genehmigungsfiktion ist hier nämlich bereits deshalb nicht eingetreten, weil die Beklagte innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang entschieden hat. Die 5-Wochenfrist ist maßgeblich, weil die Beklagte eine gutachtliche Stellungnahme des MDK eingeholt und den Kläger hierüber rechtzeitig schriftlich unterrichtet hat (
vgl. § 13
Abs. 3a Satz 2
SGB V). Das ist, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, zwischen den Beteiligten nicht umstritten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.