Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, weil dieser auf die entsprechende Möglichkeit in der Ladung hingewiesen worden ist (§§ 153
Abs. 1, 110
Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage mit Urteil vom 06.06.2013 abgewiesen. Der Kläger ist durch die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen nicht beschwert im Sinne von § 54
Abs. 2 Satz 1
SGG.
Sein erstinstanzlich gestellter Antrag, die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 06.01.2010 und 05.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.02.2011 zu verurteilen, die Kosten für das Elektrostimulationsgerät HiToP 191 als Sachleistung zu übernehmen, hat der Senat im Hinblick darauf, dass der Kläger eine Kostenerstattung nach
§ 13 Abs. 2 SGB V gewählt hat und nicht in Vorleistung getreten ist, als Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54
Abs. 1 Satz 1, 55
Abs. 1
Nr. 1
SGG) ausgelegt, gerichtet auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, die Kosten für die Beschaffung eines HiToP 191 im gesetzlichen Umfang dem Kläger zu erstatten. Nach dem sog. Meistbegünstigungsprinzip (
vgl. BSG, Urteil vom 26.06.2013, B 7 AY 6/11 R;
BSG, Urteil vom 28.03.2013, B 4 AS 47/12 R;
BSG, Urteil vom 29.04.2010, B 9 VS 2/09 R) ist sein Begehren unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen.
Das insoweit zulässige Begehren ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht zur Kostenerstattung für die Anschaffung des Hochton-Therapiegerätes HiToP 191 verpflichtet. Dem Kläger steht im Rahmen des § 13
Abs. 2
SGB V, wonach Versicherte anstelle der Sach- und Dienstleistung Kostenerstattung wählen können, kein anderer Leistungskatalog als im Naturalleistungssystem zur Verfügung. Auch der gewillkürte Kostenerstattungsanspruch setzt vielmehr voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung
bzw. das hierfür erforderliche Hilfsmittel zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hat (
BSG, Urteil vom 08.09.2009, B 1 KR 1/09 R, juris Rn. 12
m.w.N.). Ein solcher Sachleistungsanspruch ist, wie das SG zu Recht ausgeführt hat, nicht gegeben.
Versicherte haben gemäß
§ 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheiten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach
§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 SGB V ausgeschlossen sind.
Das vom Kläger begehrte Hochtontherapiegerät stellt als sächliches Mittel ein Hilfsmittel im Sinne des § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V dar (
BSG, Urteil vom 19.10.2004,
B 1 KR 28/02 R = juris Rn. 10
m.w.N.; Butzer in Becker/Kingreen, Kommentar zum
SGB V, 4. Auflage 2014, § 33 Rn. 4).
Ein Kostenübernahmeanspruch für ein Hilfsmittel zur Sicherung einer vorangegangenen Behandlung, nur diese Möglichkeit kommt im vorliegenden Fall in Betracht, setzt voraus, dass diese Behandlung ihrerseits in den Leistungskatalog der gesetzlichen Kranken-versicherung fällt. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben. Soll ein Hilfsmittel im Rahmen der Krankenbehandlung (§ 27
Abs. 1 Satz 2
Nr. 3
SGB V) gemäß § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V den Erfolg sichern, ist seine Verwendung, anders als etwa bei Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich, nicht von dem zugrunde liegenden Behandlungskonzept und den hierfür geltenden Anforderungen nach den
§§ 2 Abs. 1 Satz 3,
12 Abs. 1 SGB V in Verbindung mit
§ 135 Abs. 1 SGB V zu trennen. Nach Letzterer Bestimmung dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zulasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der GBA auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91
Abs. 2
S. 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92
Abs. 1
S. 2
Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über 1. die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zulasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung, 2. die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und 3. die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung. Die Hochtontherapie nach
Dr. N, für deren Anwendung das HiToP 191 entwickelt worden ist, ist eine neue Methode im Sinne dieser Vorschrift, für die die erforderliche Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses fehlt.
Neu ist die Behandlungsmethode in diesem Sinne, wenn sie zum Zeitpunkt der Behandlung nicht als abrechnungsfähige Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) aufgeführt ist (
BSG, Urteil vom 17.2.2010, B 1 KR 10/09 R = juris Rn. 21; Urteil vom 26.09.2006, B 1 KR 3/06 = SozR 4-2500 § 27
Nr.10). Weder der EBM-Ä noch die Richtlinie des GBA über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (HeilM-RL) führen die Hochtontherapie auf. Allerdings wird diese zu den Elektrotherapien gezählt, die § 21 HeilM-RL in der hier maßgeblichen Fassung vom 20.01.2011/19.05.2011 (
BAnz 2011
Nr. 96
S. 2247 und
S. 2312) nennt. Danach wenden die Maßnahmen der Elektrotherapie nieder- und mittelfrequente Stromformen an zur Schmerzlinderung, Durchblutungsverbesserung, Tonisierung und Detonisierung der Muskulatur. Umfasst sind folgende Maßnahmen: 1. Elektrotherapie unter Verwendung konstanter galvanischer Ströme oder unter Verwendung von Stromimpulsen (
z.B. diadynamische Ströme, mittelfrequente Wechselströme, Interferenzströme), 2. Elektrostimulation unter Verwendung von Reitzströmen mit definierten Einzel-Impulsen nach Bestimmung von Reizparametern (nur zur Behandlung von Lähmungen bei prognostisch reversibler Nervenschädigung), 3. Hydroelektrisches Teilbad oder Vollbad (Stangerbach). Von diesen Maßnahmen unterscheidet sich die Hochtontherapie jedoch wesentlich, weil ihre Wirkmechanismen darin bestehen, einen Schütteleffekt, der für eine schnellere Verteilung von in den Gewebsflüssigkeiten gelösten Substanzen sorgt, womit eine Verbesserung des Stoffaustausches erreicht werden soll, zu erzeugen. Ferner soll eine Stimulation hervorgerufen werden, die einerseits zur Depolarisation von Nervenfasern, wodurch die Weiterleitung von Schmerzempfindungen blockiert wird, und andererseits zur Reizung des Sympathikus und dadurch zur Freisetzung von Noradrenalin führt (
vgl. www. dr-med-N.de). Damit basiert diese Therapie auf einem eigenständigen vom in der medizinischen Wissenschaft anerkannten Elektrotherapieverfahren abweichenden Konzept, so dass die Hochtontherapie nicht der im Sinne des § 21 HeilM-RL anerkannten Elektrotherapie zugerechnet werden kann (
vgl. auch SG Aachen, Urteil vom 28.01.2010,
S 2 KR 1/09 = juris).
Ein Ausnahmefall, in dem es keiner Empfehlung des GBA bedarf, ist vorliegend nicht gegeben. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG im Urteil vom 03.06.2013 verwiesen, die sich der Senat nach Prüfung zu eigen macht (§ 153
Abs. 2
SGG).
Daher erfasst die Sperrwirkung des in § 135
Abs. 1 Satz 1
SGB V begründeten Leistungsverbots mit Erlaubnisvorbehalt jegliche Maßnahmen im Rahmen einer bei einem bestimmten Krankheitsbild systematisch angewandten "Methode" und demgemäß auch den Einsatz des hier begehrten Hilfsmittels (
BSG, Urteil vom 12.08.2009,
B 3 KR 10/07 R = juris Rn. 18
m.w.N.;
BSG, Beschluss vom 19.09.2012, B 3 KR 14/12 B).
Soweit der Kläger auf eine Neuregelung der
AOK zur Versorgung mit Elektrostimulationsgeräten ab dem 01.10.2011 verweist, rechtfertigt dieser Hinweis keine andere Beurteilung. Zwar ist in dem Schreiben ausgeführt, dass zur Schmerztherapie und Muskelstimulation bestimmte Elektrostimulationsgeräte (sog. TENS- und EMS-Geräte) zur häuslichen Anwendung ärztlicherseits verordnet werden können. Das vom Kläger begehrte HiToP-Gerät (HiToP = High Tone Power Therapy) zählt hierzu jedoch nicht.
Sofern der Kläger das HiToP 191 im Rahmen der Elektrotherapie gemäß § 21 HeilM-RL einsetzen will, ist eine Verpflichtung der Beklagten ebenfalls nicht gegeben. Denn ein Leistungsanspruch kommt nur in Betracht, wenn das Hilfsmittel ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Die Leistung darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (Butzer a.a.O., § 33 Rn. 9
m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Denn selbst hochwertige TENS- und EMS-Geräte sind bereits zu einem Preis von
ca. 100 Euro erhältlich (https://tens-ems.com).
Soweit der Kläger unter dem 27.01.2015 auf eine Kostenübernahme der
DAK bei einer Versicherten hingewiesen hat, ergibt sich ebenfalls keine andere Beurteilung. Unabhängig davon, dass dem Schreiben des Klägers nicht entnommen werden kann, welcher Sachverhalt der Bewilligung durch die
DAK zugrunde gelegen hat, kann eine Ungleichbehandlung einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht nicht begründen (
BSG, Urteil vom 27.05.2014, B 5 RE 6/14 R;
BSG, Urteil vom 22.06.2010, B 1 A 1/09 R, beide unter juris).
Schließlich kann der Kläger auch keine Rechte daraus herleiten, dass er nach seinem Vortrag sowohl in der Reha-Klinik B sowie von mehreren Orthopäden mit dem HiToP 191 behandelt worden ist. Denn aus der Nutzung nicht zugelassener Hilfsmittel durch Kliniken und niedergelassener Ärzte resultiert kein Versorgungsanspruch des Versicherten mit diesem Hilfsmittel.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160
Abs. 2
SGG), liegen nicht vor.