Die zulässige Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Myo-Orthese "WalkAide" in Höhe von 4.550,62
EUR.
Gemäß
§ 13 Abs. 3 SGB V sind dem Versicherten die für die selbstbeschaffte Leistung entstandenen Kosten zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Die Krankenkasse hat vorliegend die Kostenübernahme für die Myo-Orthese "WalkAide" zu Unrecht abgelehnt.
Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Bei dem Myo-orthetischen Gerät "WalkAide" handelt es sich nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Das Gerät "WalkAide" ist ausschließlich für behinderte Menschen gedacht, bei denen eine Schwäche des Peronaeusnerven besteht.
Das "WalkAide" ist auch nicht nach § 34
Abs. 4
SGB V ausgeschlossen.
Auch dass das "WalkAide" nicht im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt ist, führt nicht dazu, dass kein Versorgungsanspruch besteht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts handelt es sich bei dem Hilfsmittelverzeichnis um eine Auslegungshilfe, die für die Gerichte nicht verbindlich ist (
BSG SozR 3-2500 § 33
Nr. 25
S. 147).
Die Myo-Orthese "WalkAide" ist auch ein Hilfsmittel im Sinne der Krankenversicherung. Das "WalkAide" ist geeignet, die Einschränkungen beim Gehen durch die Fußheberschwäche und die Spastik zu bessern, wie
Dr. A. in seinem Gutachten vom 17.02.2012 ausführte. Durch das "WalkAide" wird die beeinträchtigte Körperfunktion, nämlich die Peronaeuslähmung, ausgeglichen. Hierbei handelt es sich entgegen der Ansicht des MDK -
Dr. I. - um einen unmittelbaren Behinderungsausgleich und nicht um einen mittelbaren Behinderungsausgleich. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (
BSG, Urteil vom 07.10.2010 -
B 3 KR 13/09 R) gilt bei dem sogenannten unmittelbaren Behinderungsausgleich das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183).
Da es sich hier um einen unmittelbaren Behinderungsausgleich handelt, kann die Beklagte sich nicht darauf berufen, dass eine Versorgung mit orthopädischen Schuhen ausreichend und zweckmäßig sei. Die Kosten für das "WalkAide" sind von der Beklagten zu übernehmen, da das "WalkAide" wesentliche Gebrauchsvorteile gegenüber orthopädischen Schuhen hat. Dies steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund des Gutachtens von
Dr. A. fest, der überzeugend darlegte, dass durch das "WalkAide" nicht nur der Peronaeusnerv stimuliert wird, sondern sich auch die Spastik im Oberschenkel, die durch sensible Reize an den Füßen verursacht wird, verringert und damit das Gangbild sich deutlich verbessert. Andere passive Fußheberschienen sind nicht gleich geeignet wie das "WalkAide", da die Streckspastik im Oberschenkel nicht so beeinflusst werden kann wie durch das "WalkAide", wie
Dr. A. in seinem Gutachten ausführlich beschrieben hat. Die Kammer konnte sich auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung davon überzeugen, dass das "Walk Aide" die Fußheberschwäche der Klägerin gut kompensiert und die Klägerin dadurch in der Lage ist, kürzere Strecken zu gehen.
Der Einwand der Beklagten, dass die Versorgung mit orthopädischen Schuhen wirtschaftlicher sei, führt auch nicht zu einem Leistungsausschluss. Eine Unwirtschaftlichkeit kann nur dann angenommen werden, wenn der zusätzliche Gebrauchsvorteil des Hilfsmittels im Alltagsleben eher gering ist, die dafür anfallenden Kosten im Vergleich zu der Standardversorgung als unverhältnismäßig hoch einzuschätzen sind (
vgl. BSG, Urteil vom 06.06.2002, Az.
B 3 KR 68/01 R). Die Versorgung mit orthopädischen Schuhen ist auch nicht wesentlich günstiger, da die Klägerin zunächst mit mindestens zwei Paar orthopädischen Schuhen versorgt werden müsste, da sie ohne die orthopädischen Schuhe auch im Haus nicht gehen kann. Außerdem ist nach einem bestimmten Zeitraum eine Versorgung mit neuen orthopädischen Schuhen erforderlich.
Aus den vorgenannten Gründen war die Klage erfolgreich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193
Abs. 1
SGG, die Zulässigkeit der Berufung aus § 143
SGG.