Urteil
Erstattung der über dem Festbetrag liegenden Kosten von digitalen Hörgeräten durch die Rentenversicherung

Gericht:

BSG 13. Senat


Aktenzeichen:

B 13 R 33/07 R


Urteil vom:

21.08.2008


Grundlage:

Nicht-amtlicher Leitsatz:

Gibt bei einem Antrag auf Leistungen zur Teilhabe der sogenannte erstangegangene Leistungsträger den Antrag nicht binnen kurzer Fristen an den seiner Meinung nach zuständigen Träger weiter, hat er Leistungen aufgrund aller Rechtsgundlagen zu erbringen, die in dieser Bedarfssituation für behinderte Menschen vorgesehen sind.

Kurzbeschreibung:

Der Kläger begehrt vom beklagten Rentenversicherungsträger die Erstattung der Kosten für digitale Hörgeräte, soweit die Krankenkasse diese nicht bereits übernommen hatte.

Dem Kläger wurden im November 2002 neue, digitale Hörgeräte verordnet. Vom Preis von insgesamt rund 3.700 Euro übernahm die Krankenkasse rund 900 Euro, sodass dem Kläger ein Eigenanteil in Höhe von 2800 Euro in Rechnung gestellt wurde.

Die Beklagte lehnte die Übernahme dieses Anteils ab, weil Hilfsmittel nicht förderungsfähig seien, die auch unabhängig vom Beruf den Gesundheitsbedürfnissen des menschlichen Lebens dienten oder für jede der Berufsausübung erforderlich seien.

Hingegen hatte das Sozialgericht (SG) die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Kosten der digitalen Hörgeräte abzüglich des von der Krankenkasse übernommenen Anteils zu erstatten. Auf die Berufung der Beklagten hatte sie das Landessozialgericht ( LSG) - lediglich noch - verurteilt, den Antrag des Klägers auf Kostenerstattung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Dem Kläger stünden jedenfalls Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu, weil durch die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit seine Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder gemindert sei. Am Arbeitsplatz sei der Kläger zur eigenen Sicherheit und zur Sicherheit der Mitarbeiter auf digitale Hörgeräte mit Mehrmikrofontechnik und Störschallunterdrückung angewiesen.

Ob eine Hörgeräteversorgung auch als medizinische Leistung zur Rehabilitation erbracht werden könne, hat das LSG offen gelassen; jedenfalls seien auch hierfür die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Unerheblich sei, ob daneben auch die gesetzliche Krankenversicherung im Rahmen der Krankenbehandlung leistungspflichtig ist.

Hiergegen richtete sich die vom LSG zugelassene Revision der Beklagten. Die Versorgung mit Hilfsmittel sei zunächst Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine Kostenübernahme durch den Rentenversicherungsträger komme nur in Betracht, wenn ein berufsspezifischer Mehrbedarf nötig sei; einen solchen habe das LSG jedoch nicht festgestellt, weil es nicht darauf abgestellt habe, ob er auch nach Versorgung durch die Krankenkasse nötig sei.

In dem Rechtsstreit um die Übernahme der Kosten digitaler Hörgeräte durch die Rentenversicherung hat das Bundessozialgericht (BSG) die Sache an das LSG zurückverwiesen. Ob die vom LSG ausgesprochene Verurteilung der Beklagten zur erneuten Bescheiderteilung Bestand hat, hängt von noch zu ermittelnden Umständen ab.

Insbesondere kann anhand der bisherigen Feststellungen des LSG nicht entschieden werden, ob und in welchem Umfang die Beklagte zur Leistungserbringung zuständig ist. Im Rechtsstreit ist bisher die Vorschrift des § 14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - nicht berücksichtigt worden.

Hiernach gilt: Gibt bei einem Antrag auf Leistungen zur Teilhabe der sogenannte erstangegangene Leistungsträger den Antrag nicht binnen kurzer Fristen an den seiner Meinung nach zuständigen Träger weiter, hat er Leistungen aufgrund aller Rechtsgrundlagen zu erbringen, die in dieser Bedarfssituation für behinderte Menschen vorgesehen sind. Ob in diesem Sinne erstangegangener Leistungsträger die Beklagte oder aber die Krankenkasse war, ist nicht geklärt. Zu überprüfen ist ferner, ob beim Kläger die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung nach Selbstbeschaffung vorliegen.

(Quelle: Sozialrecht + Praxis 01/2009)

Hinweis:

Fachbeiträge zum Thema finden Sie im Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) unter:
https://www.reha-recht.de/fileadmin/download/foren/a/A_2009-...
https://www.reha-recht.de/fileadmin/download/foren/a/A_2009-...
https://www.reha-recht.de/fileadmin/download/foren/a/A_2009-...

Rechtsweg:

SG Hildesheim Urteil vom 13.04.2005 - S 5 RI 117/03
LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 08.03.2007 - L 10 R 247/05
Zurückverweisung an das LSG

Quelle:

Sozialgerichtsbarkeit BRD

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 8. März 2007 aufgehoben. Die Sache wird an das Landessozialgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Tatbestand:


Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Rentenversicherungsträger verpflichtet ist, dem Kläger die Kosten digitaler Hörgeräte abzüglich des von der Krankenkasse übernommenen Anteils zu erstatten.

Der 1957 geborene Kläger ist seit seiner Geburt schwerhörig und wird seit seinem neunten Lebensjahr mit Hörgeräten versorgt. Er ist seit 1973 als Lagerarbeiter beschäftigt; innerhalb einer Lagerhalle führt er Transporte mit dem Gabelstapler durch und ist auch im Bereich der Warenausgabe und -annahme eingesetzt.

Sein HNO-Arzt verordnete dem Kläger am 5.11.2002 neue Hörgeräte, weil die Leistung der bisherigen (analogen) Geräte unzureichend sei. Der Kläger erwarb zwei digitale "Hinter-dem-Ohr"-Geräte zum Preis von zusammen EUR 3.715,--; die Krankenkasse übernahm einen Anteil in Höhe von EUR 915,--, sodass dem Kläger EUR 2.800,-- in Rechnung gestellt wurden ( insoweit sind Kalenderdaten nicht festgestellt).

Am 28.11.2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten "Leistungen zur Teilhabe", was er am 2.12.2002 auf telefonische Rückfrage dahin konkretisierte, er begehre die Übernahme der Kosten für digitale Hörgeräte insbesondere zur Verwendung am Arbeitsplatz. Die Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, solche Hörgeräte seien nicht förderungsfähig, weil sie neben dem Einsatz im Arbeitsleben auch einer verbesserten Hörfähigkeit im Alltag dienten (Bescheid vom 2.12.2002). Im Widerspruchsverfahren ließ die Beklagte den Arbeitsplatz des Klägers besichtigen; nach einer Stellungnahme der Betriebsärztin sichere das Tragen der digitalen Hörgeräte mit verbesserter Hörfähigkeit den Arbeitsplatz. Die Beklagte wies den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass Hilfsmittel, die auch unabhängig vom Beruf den Gesundheitsbedürfnissen des menschlichen Lebens dienten oder für jede Form der Berufsausübung erforderlich seien, nicht förderungsfähig seien ( Widerspruchsbescheid vom 11.4.2003).

Auf die Klage hat das Sozialgericht Hildesheim (SG) die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Kosten der digitalen Hörgeräte abzüglich des von der Krankenkasse übernommenen Anteils zu erstatten (Urteil vom 13.4.2005). Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat das Urteil des SG geändert, den Tenor neu gefasst und unter Abweisung der weitergehenden Klage die Beklagte verurteilt, den Antrag des Klägers auf Erstattung der Kosten digitaler Hörgeräte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (Urteil vom 8.3.2007).

Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt: Das Urteil des SG sei zu ändern, weil lediglich eine Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung bestehe.

Zwar habe der Kläger gemäß § 15 Abs 1 Satz 3 und 4 Alt 2 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX) dem Grunde nach gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der Restkosten der von ihm selbst beschafften digitalen Hörgeräte. Über das "Wie" der Erstattung und dabei insbesondere die Höhe des Erstattungsbetrages habe die Beklagte jedoch unter Beachtung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden (§ 15 Abs 1 Satz 3 SGB IX). Im Übrigen sei die Berufung der Beklagten nicht begründet. Die Voraussetzungen der §§ 9, 10, 11 und 16 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) iVm § 33 Abs 3 Nr 6, Abs 8 Satz 1 Nr 4 SGB IX seien erfüllt. Durch die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers erheblich gefährdet bzw gemindert. Abzustellen sei insoweit nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auf die tatsächlichen Verhältnisse an seinem bisherigen Arbeitsplatz.

Nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. S. sei der Kläger dort zur eigenen Sicherheit und zur Sicherheit der Mitarbeiter auf digitale Hörgeräte mit Mehrmikrofontechnik und Störschallunterdrückung angewiesen. Die Ausnahmeregelung nach § 33 Abs 8 Satz 1 Nr 4 letzter Halbsatz SGB IX stehe dem nicht entgegen. Ob eine Hörgeräteversorgung als medizinische Leistung erbracht werden könne, könne dahinstehen; denn auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gemäß § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI gegen die Beklagte seien hier erfüllt. Ob daneben die gesetzliche Krankenversicherung im Rahmen der Krankenbehandlung iS von § 27 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) ebenfalls leistungspflichtig sei, berühre den hier streitgegenständlichen Anspruch nicht, sodass auch eine Beiladung der Krankenkasse nicht erforderlich sei. Die zum 1.7.2001 neu gefasste Vorschrift des § 15 Abs 1 Satz 2 SGB VI, wonach eine zahnärztliche Behandlung einschließlich des Zahnersatzes als Leistung der medizinischen Rehabilitation ua nur erbracht werde, soweit sie nicht als Leistung der Krankenversicherung zu erbringen sei, habe der Gesetzgeber auf diesen engen Teilbereich beschränkt. Im Wege des Umkehrschlusses könne davon ausgegangen werden, dass es im Übrigen bei der originären Leistungsverpflichtung des Rentenversicherungsträgers verbleibe.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 9 iVm § 10 Abs 1 SGB VI und von § 33 Abs 3 Nr 6, Abs 8 Satz 1 Nr 4 SGB IX. Auch bei einer konkreten Betrachtung der letzten Beschäftigung des Klägers könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass er ohne große Veränderung oder fundamentale Verschlechterung der Hörfähigkeit über viele Jahre mit geringerwertigen Hörgeräten versorgt worden sei. Die Versorgung mit Hilfsmitteln sei aber gemäß § 33 SGB V zunächst Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung. Ein Hilfsmittel habe nach dieser Vorschrift die Funktion, auf medizinischem Gebiet eine Behinderung auszugleichen, wobei die Möglichkeit der Herstellung und Erhaltung der Arbeitsfähigkeit zu berücksichtigen sei. Nur notwendige Hilfsmittel, die vom behinderten Menschen in keinem anderen Bereich als am derzeitigen Arbeitsplatz nötig würden und nur dort benutzt werden könnten, seien in der Regel nicht Gegenstand der medizinischen, sondern der beruflichen Rehabilitation. Nur wenn ein solcher berufsspezifischer Mehrbedarf nötig sei, komme eine Kostenübernahme durch den Rentenversicherungsträger in Betracht. Die Beweiswürdigung des LSG beruhe auf einem falschen Ausgangspunkt, nämlich ohne Versorgung durch die Krankenkasse. Vielmehr stehe dem geltend gemachten Anspruch die Vorschrift des § 33 Abs 8 Satz 1 Nr 4 letzter Halbsatz SGB IX entgegen.


Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 8. März 2007 und das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 13. April 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.


Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung begründet. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann nicht entschieden werden, ob die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht einen Anspruch des Klägers auf (Rest-) Kostenerstattung verneint hat und verpflichtet ist, hierüber neu zu entscheiden.

Nur dies ist Gegenstand der Revision und nicht die vom Kläger ursprünglich neben der Anfechtungsklage erhobene unechte Leistungsklage (§ 54 Abs 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) auf Kostenerstattung hinsichtlich der selbst beschafften digitalen Hörgeräte (zwei "Hinter-dem-Ohr"-Geräte) in Höhe von EUR 2.800,00 (EUR 3.715,00 tatsächliche Kosten abzüglich des von der Krankenkasse übernommenen Anteils in Höhe von EUR 915,00). Denn der Kläger hat das Berufungsurteil nicht angefochten.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass im Revisionsverfahren nur Ermessensansprüche zu prüfen wären. Denn auch dann, wenn festgestellt werden könnte, dass dem Kläger der von ihm ursprünglich geltend gemachte Leistungsanspruch gegen die Beklagte zustünde, hätte deren Rechtsmittel keinen Erfolg.

Entgegen der Ansicht des LSG im angefochtenen Urteil ist nicht nur auf die Beziehungen zwischen dem Kläger und der Beklagten als Rentenversicherungsträger (hierzu unter 1) abzustellen. Vielmehr sind im vorliegenden Verfahren die Zuständigkeitsregeln des § 14 SGB IX zu beachten (hierzu unter 2). Dies könnte je nach Fallgestaltung im Einzelnen dazu führen, dass die Beklagte für die vom Kläger begehrte Leistung nicht der zuständige Leistungsträger ist, uU jedoch auch zur Pflicht der Beklagten, dem Kläger auch solche (weiteren) Leistungen zu gewähren, für die eigentlich die Krankenkasse zuständig ist (hierzu unter 3). Im Einzelnen wird das LSG die maßgeblichen Tatsachen noch zu ermitteln haben (hierzu unter 4).

1. Wäre allein auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und der Beklagten abzusehen, gälte Folgendes:

Mit seinem hier maßgebenden Antrag vom 28.11.2002 hat der Kläger "Leistungen zur Teilhabe" begehrt und auf dem beigefügten Formblatt der Beklagten die Leistungsart "Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben" angekreuzt; damit war, wie später (auf telefonische Rückfrage am 2.12.2002) erläutert, die Übernahme der Kosten für die Versorgung mit einem digitalen Hörgerät gemeint. Nach den Feststellungen des LSG hat er sich (der Zeitpunkt ist nicht festgestellt) jedenfalls vor dem Abschluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht die begehrten Hörgeräte (für beide Ohren) verschafft. Schon deshalb kann sich der Anspruch nicht mehr auf die Versorgung mit einem Hörgerät als Sachleistung richten, sondern nur auf Kostenerstattung.

a) Insoweit scheidet jedoch entgegen der Meinung des LSG ein Anspruch auf "Kosten für Hilfsmittel" als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben iS des § 33 Abs 1, Abs 3 Nr 1 und 6, Abs 8 Satz 1 Nr 4 SGB IX iVm §§ 9, 10, 11, 16 SGB VI von vornherein aus. Denn der Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ist im vorliegenden Fall gegenüber dem Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nachrangig. Dies ergibt sich aus § 33 Abs 8 Satz 1 Nr 4 SGB IX, wonach unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch Kosten für Hilfsmittel umfassen, "es sei denn, dass ... solche Leistungen als medizinische Leistung erbracht werden können". Damit ist zunächst zu prüfen, ob die Voraussetzungen der §§ 26 ff, vor allem des § 31 SGB IX, erfüllt sind (Götze in Hauck/ Noftz, SGB IX, K § 33 RdNr 36 Stand 2007; Bieritz-Harder in HandKomm-SGB IX, 2006, § 33 RdNr 39) . Nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX umfassen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation insbesondere auch Hilfsmittel; diese wiederum werden in § 31 SGB IX näher geregelt; auf diese Bestimmungen wiederum verweist § 15 Abs 1 Satz 1 SGB VI, wonach die Träger der Rentenversicherung im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Leistungen nach den §§ 26 bis 31 SGB IX erbringen (mit Ausnahme von in der Vorschrift im Einzelnen aufgeführten Leistungen, zu denen jedoch Hilfsmittel nicht zählen).

Diesem Ergebnis entspricht, dass die Wendung in § 33 Abs 8 Satz 1 Nr 4 SGB IX "Hilfsmittel, die wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Berufsausübung, zur Teilnahme an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben oder zur Erhöhung der Sicherheit auf dem Weg vom und zum Arbeitsplatz und am Arbeitsplatz erforderlich sind" nur solche Hilfsmittel umfasst, die zum Ausgleich einer Behinderung für eine bestimmte Berufsausübung erforderlich sind und nicht (wie Hörhilfen) generell für alle beruflichen Tätigkeiten benötigt werden - oder sogar auch für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben überhaupt ( Hohmann in Wiegand, SGB IX, HandKomm, § 33 RdNr 178 unter Hinweis auf BSG vom 26.7.1994, SozR 3-4100 § 56 Nr 15 - orthopädische Arbeitssicherheitsschuhe Stand: 2007; BSG vom 8.3.1990, USK 9056 - Arbeitsrollstuhl mit Hubvorrichtung).

b) Handelt es sich jedoch bei der Versorgung mit den fraglichen Hörgeräten um eine Leistung der Beklagten zur medizinischen Rehabilitation, ist zwar fraglich, ob der vom Kläger nach dem jetzigen Verfahrensstand geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch nach Selbstbeschaffung im Gesetz vorgesehen ist; zumindest ergibt er sich jedoch aus einer entsprechenden Anwendung des § 15 SGB IX.

Zwar erbringen die Träger der Rentenversicherung nach den §§ 9, 10, 11, 15 Abs 1 Satz 1 SGB VI iVm § 26 Abs 1, Abs 2 Nr 6 und § 31 SGB IX im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation auch Hilfsmittel - jedoch, entsprechend den allgemeinen Grundsätzen, als Sachleistung (s zB Brodkorb in Hauck/Noftz, SGB IX, K § 31 RdNr 5, Stand: 2005). Der Kläger begehrt die Hörgeräte jedoch nicht (mehr) als Sachleistung. Denn er hat sie sich, wenn auch mit Hilfe eines von der Krankenkasse übernommenen "Anteils" (wohl in Form des Festbetrags, § 36 SGB V, also als Sachleistung unter Zuzahlungspflicht des Versicherten hinsichtlich des den Festbetrag übersteigenden Teils des Kaufpreises: BSG vom 23.1. 2003, BSGE 90, 220, 224 = SozR 4-2500 § 33 Nr 1) selbst beschafft; er begehrt damit lediglich eine Erstattung des bis jetzt von ihm getragenen Teilbetrags.

Offen bleiben kann, ob § 15 SGB IX als unmittelbare Rechtsgrundlage im Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung Anwendung findet. § 15 Abs 1 Satz 1 SGB VI verweist nicht auf § 15 SGB IX, der die Erstattung selbstbeschaffter Leistungen regelt, sondern lediglich auf die §§ 26 bis 31 SGB IX. Der 1. Senat des BSG hält deshalb weitere Vorschriften des SGB IX insoweit nicht für unmittelbar anwendbar (vgl BSG vom 26.6.2007 - B 1 KR 36/06 R, RdNr 18 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Zur Begründung verweist er ua auf § 7 Satz 2 SGB IX, wonach sich die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen richten. Das SGB VI aber enthält - anders als das Krankenversicherungsrecht mit § 13 Abs 3 SGB V - keine Vorschrift über die Erstattung selbstbeschaffter Leistungen.

Folgt man dieser Ansicht, was der Senat ausdrücklich offen lässt (aA zB Welti, SGb 2008, 321, 324), ist diese Regelungslücke jedenfalls - ebenso wie für das Siebte Buch Sozialgesetzbuch (BSG vom 20.3.2007, SozR 4-1300 § 48 Nr 10 RdNr 13; BSG vom 5.10.1995, SozR 3-2200 § 557 Nr 1; jeweils mwN) - sachgerecht durch entsprechende Heranziehung des § 13 Abs 3 SGB V zu schließen. Dies aber bedeutet, dass insoweit auch die Vorschrift des § 15 SGB IX entsprechend anzuwenden ist. Denn seit dem 1.7.2001 enthält § 13 Abs 3 Satz 2 SGB V eine Verweisung auf diese Vorschrift ("Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 15 des Neunten Buches erstattet."), deren Voraussetzung hier erfüllt sind, geht es doch um eine Leistung (des Rentenversicherungsträgers) zur medizinischen Rehabilitation nach den §§ 26 ff SGB IX (auf die § 15 Abs 1 SGB VI verweist).

c) Ob der Kläger die Voraussetzungen des § 15 SGB IX, insbesondere des hier einschlägigen Abs 1 Satz 4 (der der Vorschrift des § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V nachgebildet ist), erfüllt, kann nach dem gegenwärtigen Streitstand nicht entschieden werden; es fehlt insoweit insbesondere an der Feststellung, ob sich der Kläger die Hörgeräte bereits vor Entscheidung der Beklagten durch Bescheid vom 2.12.2002 selbst beschafft hat (s zu § 13 Abs 3 SGB V: BSG vom 23.1.2003, BSGE 90, 220, 231 = SozR 4- 2500 § 33 Nr 1 speziell für die Versorgung mit Hörhilfen; in Abgrenzung hierzu BSG vom 20.5.2003, SozR 4-2500 § 13 Nr 1 RdNr 14), was einem Anspruch entsprechend § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX entgegenstünde.

d) Sollte der Kläger jedoch diese Voraussetzung erfüllen, ist zu prüfen, ob ihm nach den og Vorschriften ein Anspruch auf medizinische Rehabilitation zustand, den die Beklagte iS des § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX zu Unrecht abgelehnt hat.

Dies kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Jedenfalls dann, wenn, wie das LSG in dieser Form freilich nicht festgestellt hat, bei ihm aus beruflichen Gründen ein Hörgerät erforderlich war, das nicht für EUR 915,00 hätte erworben werden können (s hierzu näher unten bei 3b), hätte die Beklagte auf den Antrag des Klägers vom 28.11.2002 zumindest im vom LSG angenommenen Rahmen eine Ermessensentscheidung treffen müssen und den Antrag nicht, wie geschehen, von vornherein ablehnen dürfen.

Hinsichtlich des Umfangs des Kostenstattungsanspruchs entsprechend § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX ist zu beachten, dass insoweit uU die Grundsätze über das sog "Systemversagen" eine Rolle spielen können. Nach § 31 Abs 3 SGB IX gilt zwar: "Wählen Leistungsempfänger ein geeignetes Hilfsmittel in einer aufwändigeren Ausführung als notwendig, tragen sie die Mehrkosten selbst". Dies bedeutet, dass dann, wenn auch ein billigeres als das vom Kläger gewählte Hörgerät die vom LSG festgestellten beruflichen Anforderungen erfüllt hätte, dieser (bei ordnungsgemäßem Ablauf) jedenfalls die Differenz zwischen den Kosten beider Geräte selbst hätte tragen müssen. Dies kann jedoch dann nicht gelten, wenn gerade durch die iS des § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX zu Unrecht erfolgte Ablehnung seines Antrages dem Kläger die erforderliche sachgerechte Beratung (§ 14 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB I)) durch den Rentenversicherungsträger vorenthalten worden ist, wie er seine eigene Belastung möglichst gering halten kann (s hierzu Hauck in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 13 SGB V, RdNr 245, 259, 264, 274, Stand: 2008).

2. Eine allein auf die Beziehungen zwischen dem Kläger und der Beklagten als Träger der Rentenversicherung verkürzte Sicht wird jedoch dem Fall nicht gerecht. Denn sie berücksichtigt nicht die aus der seit dem 1. Juli 2001 geltenden Regelung des § 14 SGB IX zu ziehenden Folgerungen.

Fraglich ist hiernach bereits, ob die Beklagte der im Falle des Klägers ("formell") zuständige Leistungsträger ist. Nach § 14 SGB IX ist die Beklagte zur Erbringung einer Leistung zur Teilhabe - und damit auch zur Kostenerstattung nach Selbstbeschaffung - nur dann zuständig, wenn sie aufgrund des bei ihr am 28.11.2002 eingegangenen (nicht näher spezifizierten) Antrags (ggf auch erst durch die am 2.12.2002 auf telefonische Rückfrage erfolgte Klarstellung, es solle ein digitales Hörgerät insbesondere zur Verwendung am Arbeitsplatz beantragt werden; vgl Bayerischer Verwaltungsgerichtshof vom 1.12.2003 - 12 CE 03.2683, FEVS 56, 188, 190; Löschau in GemeinschaftsKomm SGB IX, § 14 RdNr 23, Stand: 2007) der "erstangegangene" Rehabilitationsträger war (hierzu im Einzelnen BSG vom 26.10. 2004, BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 7 ff; BSG vom 26.6.2007 - B 1 KR 34/06 R, RdNr 12 ff - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Dies aber ergibt sich aus den Feststellungen des LSG nicht. Denn "erstangegangener" Träger kann auch die (vom LSG nicht näher bezeichnete) Krankenkasse sein; sie ist ebenfalls Rehabilitationsträger iS des § 14 SGB IX, weil sie Träger jedenfalls für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 SGB IX) sein kann. Nach dem mitgeteilten Sachverhalt war an der Erbringung des digitalen Hörgeräts jedenfalls auch die Krankenkasse beteiligt, weil sie von den Kosten einen "Anteil" von EUR 915,00 übernahm: damit liegt durchaus nahe, dass der Kläger die Versorgung mit den hier streitigen Hörgeräten bereits zuvor bei seiner Krankenkasse beantragt hatte.

War aber die Krankenkasse der erstangegangene Rehabilitationsträger, war sie dafür zuständig, den Anspruch auf die beantragte Leistung zur Teilhabe zu erbringen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags festgestellt hat, dass sie für die Leistung nicht zuständig ist, und danach nicht den Antrag unverzüglich dem nach ihrer Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zugeleitet hat (§ 14 Abs 1 Satz 1 und 2, Abs 2 Satz 1 SGB IX).

Dies gilt unabhängig davon, ob die Beklagte als Träger der Rentenversicherung "eigentlich" (nur oder auch) zur Leistungserbringung zuständig war. Ist der erstangegangene Träger für eine Leistung der beantragten Art gar nicht zuständig, hat er die Leistung dem Antragsteller gegenüber nach den Vorschriften des "eigentlich" zuständigen Leistungsträgers zu erbringen und ggf einen Erstattungsanspruch gegenüber dem "eigentlich" zuständigen Träger geltend zu machen (hierzu BSG vom 26.6.2007 - B 1 KR 34/06 R, RdNr 24 ff). Ist für die Erbringung der Leistung neben dem erstangegangenen auch ein anderer Rehabilitationsträger "eigentlich" zuständig, ist der erstangegangene und nach § 14 SGB IX leistende Rehabilitationsträger dafür verantwortlich, dass die beteiligten Rehabilitationsträger im Benehmen miteinander und in Abstimmung mit dem Leistungsberechtigten die nach dem individuellen Bedarf voraussichtlich erforderlichen Leistungen funktionsbezogen feststellen und schriftlich so zusammenstellen, dass sie nahtlos ineinandergreifen (§ 10 Abs 1 Satz 1 SGB IX). Versäumt er dies, entstehen hieraus jedoch keine Nachteile für den Antragsteller. Denn die in § 14 Abs 1 und 2 SGB IX geregelte Zuständigkeit erstreckt sich im Verhältnis zu diesem stets auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation für behinderte Menschen vorgesehen sind (BSG vom 26.10.2004, BSGE 93, 283 = SozR 4- 3250 § 14 Nr 1, RdNr 15; BSG vom 26.6.2007 - B 1 KR 34/06 R, RdNr 14; möglicherweise aA ( obiter dictum) BSG vom 14. 12. 2006 - B 4 R 19/06 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris-RdNr 33).

Die ("formelle") Zuständigkeit des erstangegangenen Trägers ändert sich auch nicht dadurch, dass dieser das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines - und sei es bindenden - Verwaltungsakts abschließt (vgl § 8 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X)). Er bleibt vielmehr auch für ein mögliches Verfahren nach § 44 SGB X zuständig, auch wenn die Rechtswidrigkeit iS dieser Vorschrift (nur) darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat (BSG vom 26.10.2004, BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 10; dort ist statt § 44 "Abs 2" SGB X zu lesen: "Abs 3").

3. Für den Fall des Klägers folgt hieraus - je nach dem noch im Einzelnen festzustellenden Ablauf - Folgendes:

a) Hat der Kläger vor dem 28.11.2002 (bzw vor dem 2.12.2002) bei seiner Krankenkasse beantragt, ihn mit (neuen) Hörgeräten zu versorgen, so war die Krankenkasse der erstangegangene Träger iS des § 14 SGB IX. Da sie nicht innerhalb von zwei Wochen ihre Unzuständigkeit festgestellt und den Antrag demgemäß auch nicht an einen anderen Rehabilitationsträger weitergeleitet hat, hatte sie sowohl die nach dem SGB V als auch die nach dem SGB VI vorgesehenen Leistungen zu erbringen, ggf in Abstimmung mit der Beklagten.

Hierbei ist unerheblich, ob die Versorgung eines Versicherten mit einer Hörhilfe nach § 11 Abs 1 Nr 4, § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3, § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation im Rahmen des SGB V ist (so zB Welti, SGb 2008, 321, 326 f). Denn selbst wenn dem nicht so wäre (so BSG vom 26.6.2007 - B 1 KR 36/06 R, RdNr 16, 18), ist ein an die Krankenkasse gerichteter Antrag auf Versorgung mit Hörgeräten jedenfalls auch auf Leistungen zur Teilhabe iS von § 1, § 4 und § 5 SGB IX gerichtet. Im Zweifel will der Versicherte die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen; ein einmal gestellter Antrag ist also umfassend, dh auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen zu prüfen (Senatsurteile vom 29.11.2007 - B 13 R 44/07 R, RdNr 21 - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; vom 23.5.2006, SozR 4-2600 § 43 Nr 9 RdNr 27; jeweils mwN; s zum SGB V auch BSG vom 4.4.2006, BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14).

Dann aber hatte die Krankenkasse dem Kläger nicht nur die ihm nach dem SGB V zustehenden Leistungen zu gewähren ( insbesondere also den Festbetrag nach § 36 SGB V), sondern auch darüber hinausgehende Leistungen zur Teilhabe, für deren Erbringung "eigentlich" der Rentenversicherungsträger zuständig ist (hierzu und zur Abgrenzung im Folgenden unter b), seien es Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 6 Abs 1 Nr 4 iVm § 5 Nr 1 bis 3 SGB IX). Dies gilt unabhängig davon, ob für die gesetzlichen Krankenkassen die Versorgung mit Hilfsmitteln keine Leistung zur medizinischen Rehabilitation ist oder - was hier keine Rolle spielt (s oben bei 1a) - sie von vornherein zB für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2 SGB IX) "eigentlich" nicht zuständig sind (§ 6 Abs 1 Nr 1 SGB IX).

Beim gegenwärtigen Streitstand kann der Senat offen lassen, ob bei dieser Fallkonstellation (Krankenkasse als erstangegangener Träger) daneben noch die Beklagte als (uU auch) aus materiellem Recht verpflichteter Träger zuständig blieb (so (obiter dictum) BSG vom 14.12.2006 - B 4 R 19/06 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris-RdNr 32). Wäre dies nicht der Fall, wäre aus der geschilderten Rechtslage zu folgern, dass dem Kläger der Beklagten gegenüber der geltend gemachte Anspruch von vornherein nicht zustehen kann; schon deshalb wäre seine Klage abzuweisen (zu einer möglichen Ausnahme s unten bei 4).

b) War hingegen in der Tat die Beklagte der erstangegangene Träger, so folgt hieraus, dass sie nicht nur die nach dem SGB VI iVm dem SGB IX in die "eigentliche" Zuständigkeit eines Rentenversicherungsträgers fallenden Leistungen zu erbringen hat, sondern daneben auch diejenigen Leistungen, für die "eigentlich" die Krankenkasse zuständig ist (hierzu s oben bei 2).

aa) Dies gilt auch dann, wenn, wie (oben bei a) aufgezeigt, die Versorgung mit Hörhilfen nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung keine Leistung zur medizinischen Rehabilitation ist. Denn § 14 SGB IX muss seiner Intention nach auch in solchen Fällen gelten, in denen eine Leistung (hier: Hörhilfe/Hilfsmittel) beantragt wird, die nach dem Recht des angegangenen Trägers eine solche der medizinischen Rehabilitation, nach dem der ("eigentlich" mit- oder allein-) zuständigen Krankenkasse jedoch keine Leistung zur Teilhabe (iS der §§ 4, 5 SGB IX) ist.

bb) In dieser Hinsicht ist ferner zu beachten, dass die Krankenkasse zwar aus Gründen der Wirtschaftlichkeit die Sachleistung "Versorgung mit Hörhilfen" (§ 33 Abs 1 Satz 1 SGB V) auf der Grundlage einer Festbetragsregelung (§ 36 SGB V) zu erbringen hat, also unter Zuzahlungspflicht des Versicherten hinsichtlich des den Festbetrag übersteigenden Teils des Kaufpreises (BSG vom 23.1.2003, BSGE 90, 220, 224 = SozR 4-2500 § 33 Nr 1). Soweit für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag (§ 12 Abs 2 SGB V) - im LSG-Urteil als "Anteil der Krankenkasse" bezeichnet. Dies ist grundsätzlich verfassungsgemäß, gilt jedoch in dieser Form nur, wenn eine sachgerechte Versorgung des Versicherten zu den festgesetzten Festbeträgen möglich ist. Der für ein Hilfsmittel festgesetzte Festbetrag begrenzt die Leistungspflicht der Krankenkasse nämlich dann nich t, wenn er für den Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung objektiv nicht ausreicht (BVerfG vom 17.12.2002, BVerfGE 106, 275, 309 f = SozR 3-2500 § 35 Nr 2; BSG vom 23.1.2003, BSGE 90, 220, 224 = SozR 4-2500 § 33 Nr 1; LSG Niedersachsen-Bremen vom 15.6.2005 - L 4 KR 147/03, NZS 2006, 204).

Insoweit fehlen jedoch bereits in zweierlei Hinsicht Feststellungen des LSG:

(1) Es ist zunächst davon ausgegangen, dass "wegen der Art und Schwere der Hörbehinderung des Klägers in Bezug auf die Bedingungen und Anforderungen seines Arbeitsplatzes eine Versorgung mit digitalen Hörgeräten mit Mehrkanaltechnik und Störschallunterdrückung erforderlich ist" (Berufungsurteil S 8). Dies schließt jedoch nicht die Feststellung ein, dass nicht auch ein zum Festbetrag erhältliches Hörgerät die genannten Anforderungen erfüllt hätte (vgl die Feststellungen des SG Aachen vom 26.8.2003 - S 13 KR 26/02 - Juris, ebenfalls auf das Jahr 2002 bezogen; s auch die Ausführungen des vom LSG gehörten Sachverständigen Prof. Dr. S. auf Bl 7 seines Gutachtens). War dies der Fall, muss die Beklagte im Rahmen ihrer ( "originären") Leistungspflicht im Rahmen des § 14 SGB IX weder nach SGB V ("eigentliche" Zuständigkeit der Krankenkasse) noch nach SGB VI ("eigentliche" Zuständigkeit der Beklagten) mehr erbringen als durch den Festbetrag von EUR 915,00 abgedeckt (zu den Besonderheiten im Kostenerstattungsverfahren nach bzw entsprechend § 15 Abs 3 SGB IX s jedoch oben bei 1 d).

(2) Ebenso wenig lässt sich den Feststellungen des LSG entnehmen, ob nicht die Fallgestaltung vorlag, dass kein Hörgerät zum festgesetzten Festbetrag zur Verfügung stand, das, soweit von der Krankenkasse zu leisten, für den Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung objektiv ausreichte. Dann hätte die Krankenkasse (in ihrer "eigentlichen" Zuständigkeit) auch den den Festbetrag überschießenden Teil des Kaufpreises eines dem § 12 Abs 1 Satz 1 SGB V ("Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten") entsprechenden Hörgeräts (nicht zwingend des vom Kläger erworbenen Modells; beachte freilich auch hier die Besonderheiten im Kostenerstattungsverfahren, s oben bei 1 d) übernehmen müssen. Auch ein solches aber hätte möglicherweise ebenfalls die vom LSG genannten beruflichen Anforderungen erfüllen können.

Dies gilt umso mehr, als die Zuständigkeit der Krankenversicherung auch Hilfsmittel umfassen kann, die (nur) für die Berufsausübung erforderlich sind. Zwar besteht eine Leistungspflicht der Krankenkassen nur für solche Hilfsmittel, die zur Ausübung eines elementaren Grundbedürfnisses erforderlich sind (s auch für die Rechtslage unter Geltung des SGB IX: BSG vom 19.4.2007, SozR 4-2500 § 33 Nr 15 RdNr 16) . Hierzu hat jedoch das BSG auch die Ausübung einer sinnvollen beruflichen Tätigkeit überhaupt gezählt (vgl zB BSG vom 12.10.1988, SozR 2200 § 182b Nr 36 - Sitzschalenstuhl; großzügiger formuliert bei BSG vom 15.11.1989, SozR 2200 § 182 Nr 116 - Korrektions-Schutzbrille). Auch im vorliegenden Fall ist dies für den Umfang der ("eigentlich") der Krankenkasse obliegenden Leistungspflicht zu beachten. Denn diese Rechtsprechung gilt weiterhin. Sie war damit begründet worden, dass es zu den elementaren Grundbedürfnissen des Menschen zählt, eine berufliche oder andere gleichwertige Tätigkeit auszuüben, und dass die Herstellung und Erhaltung der Arbeitsfähigkeit seit jeher eine Aufgabe der Krankenversicherung war (BSG SozR 2200 § 182b Nr 36 S 99). Hieran aber hat sich nichts geändert.

Von der Beklagten im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach § 14 SGB IX zu erbringende Leistungen nach Krankenversicherungsrecht stehen überdies von vornherein nicht im Ermessen des Trägers, sondern sind als Anspruchsleistungen zu erbringen.

cc) Nur dann, wenn sich auf Grundlage des bisher Ausgeführten ergeben sollte, dass kein von der Krankenkasse ohne Zuzahlung des Klägers zu leistendes Hörgerät auch die vom LSG festgestellten, aus der beruflichen Tätigkeit des Klägers abgeleiteten Anforderungen erfüllt hätte, läge die vom LSG angenommene Fallkonstellation vor, dass aus beruflichen Gründen ein höherwertiges Hörgerät erforderlich ist als von der Krankenkasse zu leisten.

Für derartige Fälle ist eine Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers zu prüfen, im Rahmen der medizinischen Rehabilitation (und ggf im Ermessenswege) berufsbedingte Mehrkosten für ein einheitliches Hilfsmittel zu übernehmen. Das LSG ist insoweit ohne erkennbaren Rechtsfehler von der Erfüllung der in §§ 9, 10 und 11 SGB VI geregelten Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe durch den Rentenversicherungsträger und vom Nichtvorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 12 SGB VI ausgegangen. Dann aber richten sich die Leistungen der Rentenversicherung zur medizinischen Rehabilitation nach den §§ 26 bis 31 SGB IX (§ 15 Abs 1 Satz 1 SGB VI; die dort genannten Ausnahmen sind nicht einschlägig).

In dem im vorliegenden Verfahren allein maßgebenden Verhältnis zum Kläger als Versicherten kann offen bleiben, ob die Beklagte, ist sie diesem gegenüber zuständig, eigene Leistungen "eigentlich" nur als "Aufstockung" von vorrangig en Leistungen der Krankenkasse zu erbringen hat oder, wie das LSG meint (mit der Ausnahme der Spezialregelung des § 15 Abs 1 Satz 2 SGB VI), in "originärer" Zuständigkeit. Dies berührt allenfalls einen nach Leistungserbringung durchzuführenden Ausgleich (hierzu BSG vom 26. Juni 2007 -- B 1 KR 34/06 R, RdNr 14, 24 ff) .

Jedenfalls hat die Krankenversicherung "eigentlich" nicht einzustehen, soweit nur wegen einer auf eine besonders gute Hörfähigkeit angewiesenen beruflichen Tätigkeit oder wegen der besonderen Verhältnisse am Arbeitsplatz, hierin eingeschlossen die Unfallverhütungsvorschriften, ein höherwertiges Hörgerät notwendig ist (s zusammenfassend BSG vom 24.4. 2008 - B 3 KR 24/07 B). Hierbei verbietet sich jedoch eine den Leistungsumfang der Krankenversicherung zu sehr zurücknehmende Sichtweise. So spricht etwa das Argument, der Versicherte benötige ein besonders leistungsfähiges Hörgerät für die Teilnahme am Straßenverkehr im Rahmen seines Weges von und zur Arbeit, nicht gegen die Leistungspflicht der Krankenkasse. Denn den Gefahren des Straßenverkehrs sind auch nicht Berufstätige ausgesetzt.

Wenn jedoch der Rentenversicherungsträger zuständig ist, wäre nicht zwingend auf das spezifische Hörgerät abzustellen, das der Kläger bereits erworben hat und hinsichtlich dessen eine Zuzahlung in Höhe von EUR 2.800,00 angefallen ist. Denn die für die Krankenkassen maßgebenden Wirtschaftlichkeitsgrundsätze gelten in entsprechender Weise auch für die vom Rentenversicherungsträger zu erbringenden medizinischen Leistungen zur Rehabilitation (vgl § 31 Abs 3 SGB IX; auch hier ist jedoch erneut auf die Besonderheiten im Kostenerstattungsverfahren hinzuweisen, s oben bei 1d).

4. Das LSG wird auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen vor allem die Tatsachen zu ermitteln haben, anhand derer entschieden werden kann, ob nach § 14 SGB IX in der Tat die Beklagte - oder aber die Krankenkasse - zur Erbringung der vom Kläger hinsichtlich der Hörhilfen begehrten Gesamtleistung (darin eingeschlossen die Leistungsteile, die "eigentlich" in die Zuständigkeit des anderen Trägers fielen) zuständig war. Beim gegenwärtigen Streitstand kann der Senat offenlassen, ob, und wenn ja auf welcher Grundlage (§ 75 Abs 1, Abs 2 Alt 1 oder 2 SGG), das LSG nach Zurückverweisung die Krankenkasse beizuladen hat.

Ebenso kann zunächst offenbleiben, auf welche Weise, erwiese sich die Krankenkasse als erstangegangener Träger, der Kläger einen eventuellen Anspruch auf Übernahme (Erstattung) der Kosten über den Festbetrag hinaus gegenüber der Krankenkasse noch durchsetzen kann und muss (s insoweit oben bei 3a am Ende zur Frage, ob neben dem erstangegangenen Träger auch der "eigentlich" zuständige passiv legitimiert bleibt). Sollte die Krankenkasse im Jahre 2002 einen ihre über den Festbetrag hinausgehende Leistungspflicht ablehnenden Bescheid erlassen haben (was im Übrigen ihre Verurteilung nach § 75 Abs 5 SGG ausschlösse: BSG vom 13.8.1981, SozR 1500 § 75 Nr 38 S 36 ff), wäre zu prüfen, ob einem Anspruch des Klägers nicht inzwischen § 44 Abs 4 SGB X entgegensteht; nach dem bisherigen Stand der Rechtsprechung ist diese Vorschrift selbst bei einem erheblichen Verschulden (grober Fahrlässigkeit) der Behörde anzuwenden (BSG vom 11.4.1985, SozR 1300 § 44 Nr 17 S 36). Sollte die Krankenkasse hingegen ohne Verwaltungsakt geleistet haben, wäre zu prüfen, ob sie sich insoweit auf Verjährung ( § 45 SGB I) berufen kann. Wenn danach keine (weitere) durchsetzbare Leistungspflicht der Krankenkasse bestehen sollte, könnte geprüft werden, ob (wäre die Beklagte an sich nicht passiv legitimiert) dieses Ergebnis mit der gesetzgeberischen Intention des § 14 SGB IX übereinstimmt. Wenn nicht, könnte sich die Frage stellen, ob insoweit - übergangsweise, so lange sich die Erkenntnisse über die Tragweite der Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX noch nicht durchgesetzt hatten - durch Auslegung (ggf teleologische Reduktion) der Vorschrift geholfen werden kann; dies könnte uU bei "fehlgelaufenen" Fällen ( wie möglicherweise dem des Klägers) zum Ergebnis der Leistungspflicht eines nach § 14 SGB IX an sich nicht zuständigen Trägers (hier: der Beklagten) führen.

Das LSG wird auch über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Referenznummer:

R/R4045


Informationsstand: 29.10.2008