Urteil
Arbeitgeberbegriff - Berechnung der Ausgleichsabgabe nach dem Schwerbehindertengesetz - Anrechnung eines schwerbehinderten Geschäftsführers - Arbeitsplatzbegriff im Sinne des § 7 Abs. 1 SchwbG

Gericht:

BVerwG


Aktenzeichen:

5 C 16.96


Urteil vom:

25.07.1997


Grundlage:

Nichtamtliche Leitsätze:

Ein schwerbehinderter Geschäftsführer einer GmbH wird jedenfalls dann nicht auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 7 Abs. 1 SchwbG beschäftigt, wenn er zugleich Gesellschafter der GmbH mit einem Anteil von 50 v. H. ist.

Arbeitgeber im Sinne des § 9 Abs. 3 SchwbG sind nur (schwerbehinderte) Einzelunternehmer, nicht hingegen (schwerbehinderte) Personen, die als Organ (oder als Organmitglied) einer juristischen Person Arbeitgeberfunktionen ausüben. Diese Auslegung ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (wie BVerwG, Urteil vom 24. 2. 1994 - 5 C 44.92 - br 1994 S. 164 = Buchholz 436.61 § 9 SchwbG Nr. 1).

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Behindertenrecht 01/1998

Aus den Gründen:

I. Die klagende GmbH wendet sich dagegen, daß der Beklagte bei der Berechnung der Ausgleichsabgabe nach dem Schwerbehindertengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.8.1986 (BGBl. I S. 1421, ber. S. 1550) - SchwbG - für das Erhebungsjahr 1991 ihren schwerbehinderten Geschäftsführer nicht auf einen Pflichtplatz für Schwerbehinderte angerechnet hat.

Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Anfechtungsklage gegen den Heranziehungsbescheid vom 6.11.1992 und den Widerspruchsbescheid vom 5.1.1993 hatte in beiden Rechtszügen keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Zurückweisung der Berufung im wesentlichen wie folgt begründet:

Der schwerbehinderte Geschäftsführer der Klägerin, der nach eigenen Angaben zu gleichen Teilen mit seinem Sohn Gesellschafter der Klägerin sei, sei weder nach § 9 Abs. 1 noch nach § 9 Abs. 3 SchwbG auf einen Pflichtplatz anzurechnen. Die von einem Geschäftsführer einer GmbH wahrzunehmenden Arbeitgeberfunktionen schlössen es aus, den Geschäftsführer als "auf einem Arbeitsplatz beschäftigt" anzusehen. Auch eine Anrechnung gemäß § 9 Abs. 3 SchwbG komme nicht in Betracht, da diese Vorschrift nur Arbeitgeber als natürliche Personen, nicht hingegen "arbeitgebergleiche Personen", die Arbeitgeberfunktionen wahrnähmen, erfasse. Diese Abgrenzung des Kreises der von den Anrechnungsregelungen des Schwerbehindertengesetzes begünstigten Personen sei willkürfrei und liege im Rahmen der dem Gesetzgeber zukommenden Gestaltungsfreiheit.

II. Die Revision der Klägerin, über die der Senat nach § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 und § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist unbegründet, so daß sie zurückzuweisen ist (§ 144 Abs. 2 VwGO).

Die das Berufungsurteil tragende Auslegung des § 9 Abs. 3 SchwbG verletzt Bundesrecht nicht. Sie stimmt überein mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 30.9.1992 - 11 RAr 79/91 - br 1993, 170 = SozR 3-3870 § 9 SchwbG Nr. 2), der sich der erkennende Senat in seinem Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 44.92 - br 1994, 164 = Buchholz 436.61 § 9 SchwbG Nr. 1 = AP Nr. 1 zu § 7 SchwbG 1986 = NJW-RR 1994, 1252 = DVBl. 1994, 1300 = ZfSH/SGB 1994, 642) mit eingehender Begründung angeschlossen hat. Das Vorbringen der Revision zeigt keine Gesichtspunkte auf, die nicht bereits in der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung gewürdigt worden sind.

Ausdrücklich offengelassen hat der erkennende Senat, ob ein schwerbehinderter sogenannter Fremdgeschäftsführer (ohne eigene Gesellschafterstellung) einen Arbeitsplatz im Sinne des § 7 Abs. 1 SchwbG einnimmt und deshalb nach § 9 Abs. 1 SchwbG auf einen Pflichtplatz angerechnet werden könnte (bejahend LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.12.1995 - L 3 Ar 2276/93 - sowie Dörner, SchwbG, Anm. IV zu § 9), ebenso, ob eine entsprechende Beurteilung bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer mit geringer Beteiligung und ohne maßgeblichen Einfluß in Betracht kommen könnte (vgl. hierzu HessVGH, Urteil vom 19.9.1996 - 9 UE 3009/94 - NZA 1997, 658 = ZfSH/SGB 1997, 226 = br 1997, 180 [Leitsatz]). Diese Fragen bedürfen auch im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn der Geschäftsführer der Klägerin ist nach den nach Maßgabe des § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts zu gleichen Teilen mit seinem Sohn Gesellschafter der Klägerin und hat infolge seiner Arbeitgeberfunktion nicht nur unmaßgeblichen Einfluß auf die Führung des Betriebs.

Referenznummer:

R/R0483


Informationsstand: 31.03.1998