Die Klägerin begehrt die Freistellung von den den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von 320
EUR.
Bei der im Jahr 1973 geborenen Klägerin besteht eine beidseitige Innenohrschwerhörigkeit. Die Klägerin ist als selbstständige Kindertagespflegeperson beruflich tätig. Sie ist bei der
AOK, die Gesundheitskasse für Niedersachsen (Beigeladene) krankenversichert und bei der Beklagten rentenversichert. Am 4. Februar 2014 verordnete der Arzt für HNO-Heilkunde
Dr. I. der Klägerin beidseitige Hörhilfen aufgrund ihrer Innenohrschwerhörigkeit. Zuvor war die Klägerin nicht mit Hörhilfen versorgt.
Die Klägerin legte diese Verordnung dem Hörgeräteakustiker J. der Firma K. am 5. Februar 2014 vor und testete in der Folge mindestens zwei Hörgerate. Ausweislich des Anpass- und Abschlussberichtes des Hörgeräteakustikers vom 23. Juni 2014 testete die Klägerin Geräte der Firma L. 3 Serie 20 RIC, welche im Freifeld unter Nutzschall von 65
dB ein 85 %iges Sprachverstehen und im Freifeld unter Nutzschall von 65
dB und Störschall von 60
dB ein 45%iges Sprachverstehen ermöglichte. Dasselbe Sprachverstehen ermöglichte ein weiterhin von der Klägerin getestetes Hörgerät 3 Serie 20 Mini welches ausweislich des Anpassungsberichtes aufzahlungsfrei war. Unter dem 23. Juni 2014 schlug der Hörgeräteakustiker nach den durchgeführten Proben unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit die Versorgung mit den Hörgeräten der Firma L. 3 Serie 20 RIC vor. Als Begründung war angegeben: "subjektiv bester Klangeindruck, ästhetisch unauffällig, einfache Bedienungshandhabung" (
vgl. Formular Blatt 163 der GAe). Die offizielle Übergabe der Hörgeräte durch den Hörgeräteakustiker an die Klägerin erfolgte am 19. August 2014. Die Klägerin quittierte den Erhalt (Blatt 112 der Gerichtsakte). Weiterhin unterschrieb die Klägerin am 19. August 2014 eine Mehrkostenerklärung. Allerdings war in der Mehrkostenerklärung gerade entgegen den Vorgaben des Formulars eben gerade weder die Kostenvoranschlags-
Nr. noch die konkrete Höhe der Aufzahlung vermerkt. Aus der Erklärung geht weiter hervor, dass die Klägerin sich aufgrund der einfachen Handhabung/Bedienung, der ästhetischen Unauffälligkeit, sowie der besten Kompatibilität, Klang- und Spracheindruck mit
FM-Anlage in der Kommunikation mit Kindern, Eltern sowie am Telefon für dieses Gerät entschieden habe. Weiter ist in dem Formular vorgedruckt, dass sich die Versicherten beruflich bedingt für ein die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung übersteigendes Hörsystem entschieden haben. Dort sollen dann die Eigenschaften des Geräts eingetragen werden. Aber auch dieses Feld ist leer. Die Klägerin hat aber diese Aussage mit einem Kreuz in der Rubrik "Ja" bestätigt und das Formular unterschrieben. Auf die "Mehrkostenerklärung des Versicherten" Blatt 207 der Gerichtsakte wird Bezug genommen. Weitere Erklärungen über zu tragende Kosten unterschrieb die Klägerin nicht. Der Hörgeräteakustiker, die Firma K., stellte in der Folgezeit bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keine Rechnung an die Klägerin.
Die Firma K. sandte dann einen Kostenvoranschlag vom 19. August 2014 hinsichtlich der Versorgung der Klägerin mit Hörgeräten der Marke 3 Serie 20 RIC beidseits in Höhe von 1.934
EUR an die Beigeladene. Bei der Beigeladenen ging der Kostenvoranschlag am 22. August 2014 gemeinsam mit der Hörgeräteverordnung und der Mehrkostenerklärung der Klägerin vom 19. August 2014 ein.
Eine
FM Anlage (digitale Funkübertragungsanlage) war der Klägerin am 22. Juli 2014 verordnet worden. Nach einem richterlichen Hinweis in dem Verfahren vor dem Sozialgericht Hannover (S 2 KR 628/14) auf die insoweit versäumte Weiterleitungsfrist nach § 14
SGB IX, gab die Beigeladene ein Anerkenntnis am 13. April 2015 hinsichtlich der Kosten für die
FM Anlage Phonak Roger Pen auf der Grundlage des Kostenvoranschlages der Firma M. in Höhe von 2.399
EUR ab. Die Klägerin ist mit diesem Gerät versorgt.
Mit Bescheid vom 27. August 2014 bewilligte die Beigeladene die Hörgeräteversorgung der Klägerin zu einem Abgabepreis in Höhe von 1.614
EUR (Festbeträge). Die gesetzliche Zuzahlung in Höhe von 20 Euro habe die Klägerin selbst zu tragen. Auch die weiteren Mehrkosten müsse die Klägerin selbst tragen. Mit Schreiben gleichen Datums teilte die Beigeladene der Firma K. mit, dass sie Kosten in Höhe von 1.594
EUR übernehme. Ebenfalls mit Schreiben vom 27. August 2014 leitete die Beigeladene den Kostenvoranschlag an die Beklagte gemäß
§ 14 SGB IX weiter, damit diese die berufsbedingten Mehrkosten trage und wies insoweit auf die Erläuterung der Klägerin in der Mehrkostenerklärung hin.
Mit Bescheid vom 22. September 2014 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme der Mehrkosten ab. Die Anforderungen des Berufes der Kinderpflegerin würden keine spezifisch berufsbedingte Notwendigkeit für höherwertige Hörgeräte beinhalten. Dagegen legte die Klägerin am 30. September 2014 Widerspruch ein. Sie habe sich durch höherwertige Hörgeräte versorgen lassen, da sie durch diese eine deutlich lautere und sprachlich bessere Akustik erfahre als durch die Geräte ohne Zuzahlung. Das bessere Sprachverständnis werde durch Geräte erzielt, bei denen die Mikrofone direkt im Ohr liegen, solche Geräte lägen leider nicht im Kassenleistungsbereich, sodass sie zwangsläufig höherwertige Geräte in Anspruch nehmen müsse. Eine unabhängige Beratung bei 2 weiteren Akustikern habe ergeben, dass bei ihrem Hörverlust keine anderen Hörgeräte zweckdienlich seien. Dies sei gleich zu Beginn der Probetragung deutlich geworden. Jedoch auch mit den hiesigen Hörgeräten sei sie ohne die Hilfe der
FM Anlage in einigen Bereichen nicht in der Lage, sich dem Hörvermögen eines gesunden Menschen anzugleichen. Mit Bescheid vom 12. März 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 24. März 2015 Klage vor dem Sozialgericht Hannover erhoben. Sie hat ihren Vortrag wiederholt und bekräftigt, dass die höherwertigen Hörgeräte erforderlich seien, da so der Ton direkt im Ohr lande. Diese Geräte seien auch mit der
FM Anlage kompatibel. Die Arbeit als Kinderpflegerin sei von Situationen mit Störschall geprägt, sodass sie die höherwertigen Hörgeräte berufsbedingt benötige (Elterngespräche bei Bring- und Abholung der Kinder, Telefonate, Fortbildungen, Gespräche in Gruppen
usw.).
Die Beklagte hat erneut die Auffassung vertreten, dass Störschall auch im allgemeinen Leben in vielfältigen Situation anzutreffen sei, sodass der Beruf der Klägerin keine besonderen Anforderungen stelle.
Die Beigeladene hat darauf hingewiesen, dass die Beklagte und die Beigeladene das Verwaltungsverfahren entsprechend dem Urteil des Bundessozialgerichts (
B 3 KR 5/12 R) umsetzen würden. Das bedeute, dass der Kostenübernahmeantrag hinsichtlich des Anteils für die berufsbedingten Mehraufwendungen an die Beklagte weitergeleitet werden könne.
Das Sozialgericht hat die Krankenkasse der Klägerin mit Beschluss vom 13. April 2015 zum Verfahren beigeladen, die Klage mit Urteil vom 22. Februar 2017 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Eine Weiterleitung des Kostenübernahmeantrages durch die Krankenkasse an die Rentenversicherung nach Gewährung des Festbetrages sei nicht möglich. Dies ergebe sich schon daraus, dass ein gebundener Anspruch gegen die Krankenkasse gemäß
§ 33 SGB V bestehe, wohingegen Rehabilitationsleistungen im Ermessen stünden. Daher könne eine Weiterleitung hinsichtlich der berufsbedingten den Festbetrag übersteigenden Kosten entgegen der Rechtsprechung des
BSG nicht möglich sein. Nach Erfüllung des Sachleistungsanspruches lägen die Voraussetzungen des § 14
SGB IX nicht mehr vor.
Gegen das der Klägerin am 10. März 2017 zugestellte Urteil hat diese am 22. März 2017 Berufung eingelegt. Sie weist erneut darauf hin, dass bei ihr ein besonderer beruflicher Bedarf bestehe, der sich deutlich von einer normalen Bürotätigkeit unterscheide. Sie habe in den letzten Jahren jeweils 2 bis 7 Kinder gleichzeitig, in den Jahren 2014/15 an 2-3 Tagen in der Woche und ab 2016 an 5 Tagen in der Woche betreut. Sie habe bei dem Akustiker K. mehrere Geräte getestet. Allerdings sei die Testung in lautloser Umgebung erfolgt. In der Realität ergäbe sich dies natürlich so gut wie nie. Die Verordnung habe sie am 5. Februar 2014 an den Hörgeräteakustiker übergeben. Während der Behandlung bei der Firma K. sei sie zusätzlich noch bei einem Akustiker in N. zur Beratung gewesen, um eine 2. Meinung einzuholen. Sie habe sich dann für ein Gerät entschieden, dies eingetragen und nach einer Testzeit richtig einstellen lassen. Dieser Bedarf sei nach Weiterleitung an die Beklagte entsprechend der Rechtsprechung des
BSG von der Beklagten zu decken. Sofern der Hörgeräteakustiker J. vortrage, dass dieselbe Hörfähigkeit auch mit einem günstigeren Gerät zu erreichen gewesen sei, so sei sie bereits bei der Anpassung der Hörgeräte anderer Auffassung gewesen. Bei den günstigen Geräten habe es mehr Störgeräusche (zum Beispiel durch Wind oder Rascheln) gegeben. Daher sei ihre Wahl eindeutig auf die höherwertigen im-Ohr-Geräte gefallen. Weiterhin trägt die Klägerin vor, dass die Firma K. bis heute keine Rechnung gestellt habe. Der Ausgang dieses Rechtsstreits solle abgewartet werden. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erläutert, dass im Zuge der Erprobung der Hörgeräte mit der Firma K. über Kostenfragen gesprochen worden sei. Es sei ihr erläutert worden, dass die Krankenkasse den sogenannten Festbetrag übernehmen werde. Unter Berücksichtigung dieses Festbetrages würde sich ein Restbetrag in der Größenordnung von etwa 350
EUR ergeben, der dann von ihr als persönliche Zuzahlung aufzubringen sei. Sie sei zunächst davon ausgegangen, dass die Differenz von rund 350
EUR von ihr persönlich zu tragen sei. Sie habe sich bereits im August 2014 für die Hörgeräte entschieden. Die Firma K. habe vorgeschlagen, die Zuzahlung erst dann in Rechnung zu stellen, wenn eine Übernahme von Seiten der Sozialleistungsträger endgültig abgelehnt worden sei. Die Klägerin hat die Ausfertigung für die Versicherten hinsichtlich der ärztlichen Verordnung einer Hörhilfe zur Gerichtsakte gereicht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 22. Februar 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. September 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2015 aufzuheben und den Bescheid der Beigeladenen vom 27. August 2014 zu ändern und die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu verpflichten, die Klägerin von der Verpflichtung zur Entrichtung einer über den gesetzlichen Zuzahlungsbetrag von 20,- Euro hinausgehenden Zuzahlung zu der durchgeführten Versorgung mit den Hörgeräten 3 Serie 20 RIC freizustellen.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass spätestens bei Erstellung des Anpass- und Abschlussberichtes des Hörgeräteakustikers vom 23. Juni 2014 die nötige Hörgeräteverordnung an den Akustiker übergeben worden sei. Damit habe die rechtswirksame Antragstellung für die Bestimmung des erstangegangenen Trägers vorgelegen. Die Weiterleitung am 27. August 2014 durch die Beigeladene an die Beklagte sei daher verspätet (nach Ablauf von 2 Wochen erfolgt). Die Beklagte trägt weiter vor, dass entsprechend der gemeinsamen Empfehlung zwischen der Deutschen Rentenversicherung und dem
GKV Spitzenverband ein Antrag auf Versorgung mit einem Hörgerät, den ein Versicherter an einen Träger der Kranken- oder Rentenversicherung richte, stets (auch) ein Antrag im Sinne des § 14
SGB IX sei. Ergäben sich im Rahmen der Prüfung durch die Krankenkasse Anhaltspunkte dafür, dass ein Mehrbedarf aufgrund beruflich bedingter Anforderung erforderlich erscheine, bewillige die Krankenkasse ihre Leistung gegenüber ihrem Versicherten und gebe den Antrag gleichzeitig innerhalb der 2-wöchigen Weiterleitungsfrist mit entsprechender Begründung an die Rentenversicherungsträger weiter (
B 3 KR 5/12 R). Diese gemeinsame Empfehlung werde für Anträge seit dem 1. Juni 2014, also auch vorliegend angewendet. Ein berufsbedingter Mehrbedarf liege jedoch nicht vor. Die Beigeladene ist der Auffassung, dass das Verfahren hinsichtlich der Weiterleitung des Antrages rechtmäßig durchgeführt worden sei. Die Voraussetzungen für die Erstattung des Mehrbedarfes lägen allerdings nicht vor. Eine weitergehende berufsbedingte Versorgung sei nicht erforderlich. Die Hörfähigkeit der Klägerin sei auch mit einem günstigeren Gerät zu erreichen gewesen. Das aufzahlungsfreie Hörgerät (3 Serie 20 Mini) habe den gleichen Hörgewinn wie das auf Zahlungspflichtige Gerät (3 Serie 20 RIC ) sowohl im Nutzschall als auch im Störschall erreicht. Für die Beklagte seien die objektiven Messergebnisse maßgeblich. Die Klägerin habe daher die Mehrkosten auch entsprechend der Mehrkostenerklärung vom 19. August 2014 zu tragen.
Dass die Klägerin auf die Zuständigkeit eines anderen Sozialleistungsträgers hingewiesen worden sei, sage über dessen tatsächliche Leistungsverpflichtung nichts aus. Die abschließende Prüfung, ob die Mehrkosten aus berufsspezifischen Gründen vom Rentenversicherungsträger übernommen würden, oblägen diesem.
Die Beigeladene hat die Verträge über die Versorgung der Versicherten mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit ab Vollendung des 18. Lebensjahres mit Hörsystem gemäß
§ 127 Absatz 3 SGB V in der Fassung vom 15. März 2013 und 15. Dezember 2016 sowie die die Richtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung in der Fassung vom 21. Dezember 2011, zuletzt geändert am 24. November 2016 zur Gerichtsakte gereicht. Hinsichtlich der Pflichten des Akustikers verweist die Beigeladene auf die unter anderem mit der Bundesinnung für Hörgeräteakustiker geschlossenen Verträge über die Versorgung der Versicherten mit Hörsystemen. Darin sei auch geregelt, dass der Leistungserbringer die Leistung entsprechend dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. Dezember 2009 (
B 3 KR 20/08 R) zu erbringen habe.
Im vorliegenden Fall sei auch tatsächlich ein aufzahlungsfreies Hörgerät angeboten worden, das objektiv dem gleichen Hörerfolg erziele, wie das begehrte aufzahlungspflichtige Hörgerät (Blatt 194 GA).
FM-Anlagen könnten auch erfolgreich mit aufzahlungsfreien Hörgeräten gekoppelt werden. Ein im Einzelfall subjektiv besserer Klang- und Spracheindruck bei Kopplung mit einem aufzahlungspflichtigen Hörgerät könne keine höhere Kostenübernahme durch die
GKV begründen. Das Gericht hat den Zeugen O. J. schriftlich gehört. Auf die Schriftsätze vom 13. Juli und 13. November 2017 (Blatt 114 und 160 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Akte des Sozialgerichts Hannover unter dem Aktenzeichen S 2 KR 628/14 Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung geworden sind. Die Verwaltungsakte der Beigeladenen befindet sich in Kopie in der Gerichtsakte (Blatt 28 bis 43 der Gerichtsakte).
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Klägerin hat weder gegen die Beklagte noch gegen die Beigeladene (Vgl. § 75
Abs. 5
SGG) einen Anspruch auf die nunmehr begehrte Freistellung von den durch den Festbetrag nicht gedeckten Kosten der Hörgeräteversorgung abzüglich des Eigenanteils in Höhe von 20
EUR. Die Klägerin ist nämlich bereits nicht gegenüber dem Hörgeräteakustiker verpflichtet, derartige Zahlungen zu leisten und hat solche Zahlungen auch noch nicht vorgenommen. Ein entsprechender Vertragsschluss, oder sonstige Verpflichtungserklärungen sind nicht dargelegt worden und auch nicht anderweitig festzustellen. Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden auf Antrag grundsätzlich in Form einer Sachleistung (
§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) erbracht, wobei die Krankenkasse ihre Leistungspflicht gemäß
§ 12 Abs. 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist (
BSG, Urteil vom 6. September 2007,
B 3 KR 20/06 R, juris,
Rdnr. 13 = SozR 4-2500 § 33
Nr. 17). Dies ist grundsätzlich verfassungsgemäß, gilt jedoch in dieser Form nur, wenn eine sachgerechte Versorgung des Versicherten zu den festgesetzten Beträgen möglich ist.
Der für ein Hilfsmittel festgesetzte Festbetrag begrenzt die Leistungspflicht der Krankenkasse nämlich dann nicht, wenn er für den Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung objektiv nicht ausreicht (
BSG, Urteil vom 21. August 2008 -
B 13 R 33/07 R -, BSGE 101,207 mwN insbesondere zur Rechtsprechung des
BVerfG und des
BSG). Als Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Freistellungsanspruchs kommt im Ausgangspunkt
§ 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V in Betracht. Danach gilt: Hat die Krankenkasse "eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war". Auch ein Freistellungsanspruch wird von der auf Kostenerstattung zugeschnittenen Regelung des § 13
Abs. 3
SGB V umfasst (BSGE 85, 287 = SozR 3-2500 § 33
Nr. 37).
Der Erstattungs-
bzw. Freistellungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des
BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung,
vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 -
B 3 KR 20/08 R = BSGE 105, 170). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbstbeschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (
vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, a.a.O.).
Die Klägerin ist unstreitig mit den von ihr begehrten und individuell angepassten Hörgeräten 3 Serie 20 RIC versorgt. Der Hörgeräteakustiker hat diese ihr endgültig und dauerhaft zum Gebrauch überlassen und auf dieser Basis im Gegenzug den sog. Festbetrag gegenüber der Krankenkasse abgerechnet. Auch aus Sicht der Klägerin erfüllen diese ihr tatsächlich überlassenen Hörgeräte vollumfänglich ihren Versorgungsanspruch, da diese den bestmöglichen Ausgleich ihrer Hörbeeinträchtigungen bewirken. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich. Erforderlich im Sinne von
§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist dementsprechend grundsätzlich die nach dem Stand der Medizintechnik (§ 2
Abs. 1 Satz 3
SGB V) in Betracht kommende bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder, soweit damit im allgemeinen Alltagsleben ein erheblicher Gebrauchsvorteil im Vergleich zu anderen in Betracht kommenden Hörhilfen verbunden ist (
BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, BSGE 105, 170).
Die von der Klägerin dargestellten Gespräche mit Kindern, Eltern sowie am Telefon auch in lauter Umgebung stellen Alltagssituationen dar, so dass auch bezogen auf solche lärmbelasteten Situationen die Ermöglichung eines bestmöglichen Ausgleichs im angesprochenen Sinne der gesundheitlich bedingten Hörbeeinträchtigungen bereits von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung erfasst wird. Die tatsächliche Versorgung mit den gewünschten und den erforderlichen bestmöglichen Ausgleich gewährleistenden Hörgeräten 3 Serie 20 RIC hat die Klägerin - ggfs. abgesehen von der gesetzlichen Zuzahlung in Höhe von 20
EUR - nicht durch eine aus eigenen Mitteln bewirkte Zuzahlung bewirkt. Eine solche Zuzahlung hat sie nicht geleistet. Es ist auch nicht erkennbar, dass sie sich rechtsverbindlich zu einer künftigen Erbringung einer solchen Zuzahlung (außerhalb der ohnehin von §§ 33
Abs. 8,
61 SGB V vorgeschriebenen gesetzlichen Zuzahlung in Höhe 20
EUR, die von Seiten der Klägerin auch gar nicht zur gerichtlichen Überprüfung gestellt wird) verpflichtet hat. Es fehlt damit schon im Ausgangspunkt an einer rechtlich wirksamen Kostenbelastung der Klägerin im Sinne der erläuterten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Dem nunmehr geltend gemachten Begehren auf Freistellung von einer Zahlungsverpflichtung (bezüglich einer über den gesetzlichen Zuzahlungsbetrag von 20,- Euro hinausgehenden Zuzahlung) fehlt angesichts des Fehlens einer entsprechenden Zahlungsverpflichtung auf Seiten der Klägerin die erforderliche Grundlage. Da damit ohnehin keine weitergehenden Ansprüche der Klägerin nach der tatsächlich erfolgten und von Seiten der Krankenkasse mit der Zahlung des sog. Festbetrages finanzierten Versorgung mit den Hörgeräten 3 Serie 20 RIC noch in Betracht kommen, verletzten die angefochtenen, solche Ansprüche ablehnenden Bescheide die Klägerin auch nicht in ihren Rechten.
Auch nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens bleibt kein Raum für die für die Annahme eines Freistellungsanspruchs erforderliche Feststellung, dass die Klägerin sich persönlich zur Aufbringung des streitbetroffenen Mehrkostenbetrages verpflichtet haben könnte. Ein entsprechender Vertragsschluss oder eine anderweitige rechtsverbindliche Verpflichtungserklärung (soweit eine solche zivilrechtlich außerhalb eines Vertrages überhaupt in Betracht kommen sollte) ist nicht dargelegt worden. Eine entsprechende rechtsverbindliche Verpflichtung ist die Klägerin weder schriftlich noch mündlich eingegangen. Der Senat hatte die anwaltlich vertretene Klägerin mit Verfügung vom 14. August 2018 noch einmal explizit aufgefordert, substantiiert darzulegen, ob, wann und in welcher Form überhaupt eine ernsthaft gewollte rechtliche bindende vertragliche Vereinbarung zwischen ihr und dem Hörgeräteakustiker bezüglich einer von Seiten der Klägerin persönlich aufzubringenden Zuzahlung geschlossen worden sein soll. Ein entsprechender substantiierter Vortrag ist weder vor noch in der mündlichen Verhandlung erfolgt. Auch anderweitig lässt sich die Begründung einer solchen Verpflichtung nicht feststellen. Die Klägerin hat zwar in der mündlichen Verhandlung ihre subjektive Einschätzung erläutert, wonach sie ("zunächst") davon ausgegangen sei, dass sie die Mehrkosten von rund 350,- Euro persönlich zu tragen habe, falls diese nicht noch von einem Sozialleistungsträger erstattet würden. Eine damit korrespondierende rechtsverbindliche Erklärung gegenüber dem Hörgeräteakustiker ist jedoch nicht festzustellen.
Die von ihr unterzeichnete sog. Mehrkostenerklärung brachte eine solche rechtsverbindliche Verpflichtungserklärung schon deshalb nicht zum Ausdruck, weil ihr das für eine Bindungswirkung erforderliche zentrale Merkmal in Form der Höhe der von der Versicherten persönlich zu erbringenden Zuzahlung fehlte. Das in dem Vordruck vorgesehene Feld für die Eintragung eines entsprechenden vom Versicherten persönlich zu übernehmenden Mehrkostenbetrages ist im vorliegenden Fall gerade freigelassen worden. Diesbezüglich liegt ein offener Einigungsmangel im Sinne von § 154
BGB vor. Auch das in dem Vordruck vorgesehene Feld für die Eintragung eines ggfs. in Bezug zu nehmenden Kostenvoranschlages ist nicht ausgefüllt worden. Es lässt sich auch anderweitig kein hinreichend deutlich von Seiten der Klägerin geäußerter Verpflichtungswille feststellen. Für einen entsprechenden hinreichend klar gegenüber dem Hörgeräteakustiker zum Ausdruck gebrachten Verpflichtungswillen vermochte auch die Klägerin nichts substantiiert vorzutragen. Dementsprechend kommt es letztlich auch gar nicht auf die Frage an, inwiefern die von ihr auf Aufforderung des Hörgeräteakustikers unterzeichnete - gerade keine Verpflichtung zur persönlichen Tragung konkret aufgeführter Mehrkosten beinhaltende - sog. Mehrkostenerklärung im Ausgangspunkt die Vermutung der Vollständigkeit der in ihr festgehaltenen Erklärungen (
vgl. zu dieser Vermutung etwa
BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - VIII ZR 34/14 -, MDR 2015, 234, 235) begründet.
Bezeichnenderweise hat der Hörgeräteakustiker der Klägerin in den inzwischen rund vier Jahren seit Überlassung der Hörgeräte der Klägerin nicht einmal eine Rechnung über eine von ihrer Seite zu erbringende Zuzahlung ausgestellt. Selbst der seinerzeit bevorstehende (und inzwischen eingetretene) Ablauf der Regelverjährungsfrist nach § 195
BGB hatte ihn nicht einmal zur Ausstellung einer Rechnung und ggfs. zur schriftlichen Dokumentation eventueller Hemmungstatbestände (etwa im Sinne des § 203
BGB) bewogen. Die Klägerin selbst hat in der mündlichen Verhandlung berichtet, dass sie den Hörgeräteakustiker mehrfach zur Ausstellung einer Rechnung über die Mehrkosten aufgefordert habe, dass dieser eine solche Rechnung gleichwohl aber nicht ausgestellt habe. Dieser Sachverhalt lässt in der gebotenen Gesamtschau nur den Schluss zu, dass der Hörgeräteakustiker selbst die zwischen ihm und der Klägerin getroffenen Absprachen nicht in dem Sinne verstanden hat, dass die Klägerin persönlich zur Erstattung der streitbetroffenen Mehrkosten verpflichtet werden sollte. Da damit im Ergebnis ohnehin keine materiellrechtlichen Erstattungs- oder Freistellungsansprüche der Klägerin erkennbar sind, bedarf es im vorliegenden Rechtsstreit keiner weiteren Prüfung, der wechselseitigen Zuständigkeiten der Beklagten und der Beigeladenen nach Maßgabe des
§ 14 SGB IX (a.F.). Die Kostenentscheidung ergibt sich aus der Anwendung des § 193
SGG. Sie fällt zulasten der Beigeladenen aus, weil diese den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblich verschuldet hat. Die Kostenentscheidung ergeht nach Ermessen. Dabei kann insbesondere auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass ein Beteiligter durch sein Verhalten wesentlich Anlass zur Durchführung des Verfahrens gegeben hat (
vgl. etwa
BSG, Urteil vom 30. August 2001 - B 4 RA 87/00 R -, BSGE 88, 274). Vorliegend ist schwerpunktmäßig zu berücksichtigen, dass offensichtlich eine ordnungsgemäße Beratung der Klägerin nicht stattgefunden hat, sondern dass die Beratung durch den von Seiten der Krankenkasse in die Sachleistungserbringung letztlich als Erfüllungsgehilfe eingeschalteten Hörgeräteakustiker bei der Klägerin Fehlvorstellungen hervorgerufen hat, die sie zur Einleitung und Fortführung des vorliegenden Rechtsstreits veranlasst haben.
Schon im Ausgangspunkt ist augenscheinlich während des Anpassungsprozesses (und auch in der Entscheidung der Beigeladenen vom 27. August 2014) unberücksichtigt geblieben, dass die der Krankenkasse obliegende Versorgung mit Hörgeräten dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dient und demzufolge grundsätzlich ein bestmöglicher Ausgleich im vorstehend erläuterten Sinne anzustreben ist. Die vom Hörgeräteakustiker in dem Vordruck über die sog. "Mehrkostenerklärung" vorgenommenen handschriftlichen Eintragungen musste die Klägerin insbesondere dahingehend missverstehen, dass eine qualitativ gute Sprachwiedergabe durch das Hörgerät und/oder eine gute Abstimmung des Hörgerätes auf die des Weiteren von der Klägerin benötigte
FM-Anlage nicht mehr von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse umfasst werde, obwohl der schon angesprochene Grundsatz der bestmöglichen Angleichung geradezu das Gegenteil zum Ausdruck bringt.
Ein Grund, die Revision zuzulassen (§ 160
Abs. 2
SGG), ist nicht gegeben.