Die zulässige Klage ist begründet. Die Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.
Der Anspruch der Kläger auf die Zurverfügungstellung eines Daisy-Players folgt aus
§ 33 Abs. 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.
Ein Ausschluss nach § 34
Abs. 4
SGB V besteht nicht. Weiterhin spielt es keine Rolle, dass der Daisy-Player nicht als Hilfsmittel im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt ist, da es sich hierbei nicht um ein abschließendes Verzeichnis handelt. Es stellt eine Meinungsäußerung der Spitzenverbände dar und dient als unverbindliche Auslegungshilfe (
vgl. Höfler in Kasseler Kommentar, § 33
SGB V, Rn. 31
m.w.N.).
Auch handelt es sich bei dem Daisy-Player nicht um einen Gebrauchgegenstand des täglichen Lebens. Zur Bewertung, ob es sich bei einem Gegenstand um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handelt, kommt es darauf an, ob das Mittel spezifisch der Bekämpfung einer Krankheit oder dem Ausgleich einer Behinderung dient. Was daher regelmäßig auch von Gesunden benutzt wird, fällt nicht in die Leistungspflicht der Krankenversicherung. Zur Ermittlung des Vorliegens der Eigenschaft eines Hilfsmittels der Krankenversicherung ist allein auf die Zweckbestimmung des Gegenstands abzustellen, die einerseits aus der Sicht der Hersteller, andererseits aus der Sicht der tatsächlichen Benutzer zu bestimmen ist. Geräte, die für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen entwickelt sowie hergestellt worden sind und die ausschließlich oder ganz überwiegend auch von diesem Personenkreis benutzt werden, sind nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen. Der Daisy-Player wurde von den Herstellern im Hinblick auf die Bedürfnisse blinder
bzw. sehbehinderter Menschen entwickelt, um diesen einen strukturierten Zugriff auf unterschiedliche schriftliche Medien zu ermöglichen. Zwar ist heutzutage auch bei nicht blinden oder sehbehinderten Menschen die Nutzung von Hörbüchern weit verbreitet. Diese nutzen hierfür jedoch regelmäßig MP-3 oder
CD-Player, benötigen keine gesonderten Funktionen und hören auch keine Zeitschriften oder Lexika
etc., sondern
ggf. Belletristik oder Sachbücher.
Die Voraussetzungen des § 33
Abs. 1
SGB V liegen vor. Die Klägerin leidet aufgrund ihrer starken Sehbehinderung unter einer Behinderung für die der Daisy-Player einen geeigneten Ausgleich schafft. Zu beachten ist, das das beanspruchte Hilfsmittel den von der Behinderung betroffene Körperteil (hier die Augen) nicht rekonstruieren oder die von der Behinderung betroffene Körperfunktion nicht vollständig ersetzen muss, sondern dass es genügt, wenn es einen Ausgleich für den entsprechenden Funktionsverlust bringt. Auch ein indirekter Funktionsausgleich,
z.B. wie in diesem Fall durch die akustische Zur-Verfügung- Stellung von Texten bei Blindheit oder starker Sehbehinderung des Versicherten, ist ausreichend. Dabei wirkt sich die Versorgung im konkreten Fall auch bei der Sicherstellung eines Grundbedürfnisses der Klägerin aus. Zu den elementaren Grundbedürfnissen des täglichen Lebens zählen u.a. Kommunikation und Information ( Schaffung eines geistigen Freiraums). Sowohl ausreichend als auch erforderlich ist, dass ein konkreter Informationsbedarf im Rahmen einer normalen Lebensführung auftritt. Als Maßstab hierfür ist der allgemein praktizierte Informationsbedarf heranzuziehen (
BSG 23.08.1995, 3 RK 7/95). Eine Rechtfertigung für eine Versorgung mit entsprechenden Geräten beschränkt sich nicht nur auf wenige Ausnahmefälle eines außerordentlich hohen Lesebedarfs. Die Informationen müssen nicht unerlässlich sein. Mit den Daisy-CDs und dem Daisy-Player werden der Klägerin Inhalte und Informationen jeglicher Art zur Verfügung gestellt (Kochbücher, Zeitschriften, Sachbücher, Belletristik, Informationen der Verbände, Lehrbücher
etc.), die den Informationsbedarf der Klägerin im Rahmen ihrer Lebensführung befriedigen.
Darüber hinaus sieht die Kammer den Daisy-Player auch als notwendig und wirtschaftlich an. Durch diese Elemente wird das Informationsbedürfnis im Rahmen einer Nutzen-Kosten-Betrachtung begrenzt. Eine Verweisung der Klägerin auf Informationsquellen wie
z.B. den Rundfunk oder Fernsehen mit Tonkanal kann nicht erfolgen. Diverse Informationen und Publikationen wären der Klägerin auf diesem Weg nicht zugänglich. Darüber hinaus könnte die Klägerin den Zeitpunkt der Information nicht selbst bestimmen, da diese nicht jederzeit (und damit
ggf. zum Zeitpunkt des Bedarfs) verfügbar ist. Auch kann sie nicht auf die Nutzung eines MP-3 Players verwiesen werden. Durch die Nutzung eines MP-3 Players könnte sich die Klägerin die Informationen vieler Publikationen nicht in sinnvoller und bedarfsdeckender Weise zugänglich machen, da sich MP-3 Player lediglich zum durchgängigen Abspielen der Informationen eignen, ohne dass man damit im Text
z.B. gezielt nach Informationen suchen, Abschnitte überspringen, nach erneutem Einlegen einer
CD wieder an der ursprünglichen Stelle ansetzen, die Geschwindigkeit der Sprache zum besseren Verständnis (bei Lehrbüchern
etc.) angepasst an die Komplexität der Informationen einstellen könnte. Darüber hinaus fehlt es an einer Rückmeldung während der Bedienung und bei Bedienungsfehlern, die es der Klägerin ermöglichten
ggf. entsprechend zu reagieren.
Auch haben die Geräte und die einzelnen Bedienungselemente regelmäßig eine derart geringe Größe, dass die Handhabung für Blinde oder schwer Sehbehinderte extrem schwierig sein dürfte. Die Klägerin könnte deshalb mit einem derartigen Gerät
ggf. Belletristik hören, sich einen Großteil der übrigen von ihr regelmäßig genutzten Informationen jedoch nicht zugänglich machen. Das der Klägerin zur Verfügung stehende Bildschirmlesegerät deckt eine andere Art der Information ab und befriedigt nur einen Teil des Informationsbedürfnisses. Es eignet sich lediglich zum Lesen kurzer Texte die als Hörbuch nicht zur Verfügung stehen (wie
z.B. Bedienungsanleitungen, Schreiben von Behörden, Inhaltsangaben, Packungsaufschriften). Das Bildfeld ist aufgrund der von der Klägerin benötigten Vergrößerung dabei stark beschränkt und der Klägerin ist die Nutzung des Geräts aufgrund der bestehenden Anstrengung und der auftretenden Kopfschmerzen und des Schwindels nur eine begrenzte Zeit möglich, so dass längere Texte hierüber nicht erschlossen werden können. Der Verweis auf die Nutzung eines PCs und der - kostenlosen - Software zum Hören der Daisy-CDs wäre unwirtschaftlich. Die Klägerin selbst hat keinen
PC. Der vom Ehemann genutzte
PC müsste nach Angabe des Sachverständigen damit die Klägerin ihn eigenständig nutzen könnte, (durch die Beklagte) mit einer entsprechenden Software ausgestattet werden. Die Kosten wären hierbei weitaus höher als bei der Zurverfügungstellung eines Daisy-Players.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG. Gründe für eine Zulassung der Berufung
gem. § 144
Abs. 2
SGG bestehen nicht.