II.
Der Senat kann über die Berufung des Klägers nach § 153
Abs. 4
SGG durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung entbehrlich ist. Der Senat hat die Beteiligten hierzu angehört.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Auf die zutreffende Begründung des Urteil vom 27.05.2009 wird Bezug genommen (§153
Abs. 2
SGG). Der Senat hält an seiner im Beschluss vom 24.02.2010, mit dem er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat, ausgeführten Rechtsauffassung fest:
Auch das Vorbringen des Klägers zur Begründung seiner Berufung führt - nach der im Prozesskostenhilfsverfahren gebotenen summarischen Prüfung - nicht zu einer abweichenden Entscheidung. Die Voraussetzungen des vom Kläger geltend gemachten Erstattungsanspruchs gemäß
§ 13 Abs. 3 i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 1 und 2. Nr. 3,
§ 33 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bzw. § 15 Satz 4 SGB IX sind - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - nicht erfüllt. Wegen des kostenlosen Erhalts eines Leihgerätes handelte es sich nicht um eine unaufschiebbare Leistung; ein Notfall oder eine andere dringende Bedarfslage bestand vor diesem Hintergrund nicht. Auch war die Weigerung der Beklagten rechtmäßig, den Kläger mit einer MikroLink-Anlage zu versorgen, so dass sich ein Erstattungsanspruch auch vor diesem Hintergrund nicht begründen lässt. Wie bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vom Senat ausgeführt (Beschluss vom 18.09.2007 - L B 18/07 KR ER -), ist die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung (
GKV) beschränkt auf den Bereich der allgemeinen Schulpflicht, eine darüber hinaus gehende Schul- und Hochschulausbildung zählt zur beruflichen Rehabilitation, für die keine Leistungspflicht der
GKV besteht. Das Gleiche gilt für eine Umschulungsmaßnahme, die der Eingliederung in das Berufsleben dient und zwar unabhängig davon, ob diese - wie der Kläger zur Berufungsbegründung vorträgt - mit "erheblichen schulischen Anteilen" versehen ist. Insoweit hat auch das SG den geltend gemachten Anspruch zu Recht unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (
BSG) vom 03.11.1999 -
B 3 KR 3/99 R - verneint, da die schulische Ausbildung des Klägers de facto bereits bei Antragstellung beendet war.
Es kann insofern dahin gestellt bleiben, ob der Kläger einen Anspruch auf die beantragte Hilfsmittelversorgung für die Zeit seiner Umschulung hatte, da er darauf gerichtet bereits keinen Antrag gestellt hat, so dass die Voraussetzungen des § 13
Abs. 2 2. Alt.
SGB V bereits aus diesem Grund nicht erfüllt sind. Schließlich macht der Kläger auch nicht geltend, außerhalb der Ausbildung-
bzw. Umschulungssituation nicht ausreichend durch die ihm von der Beklagten gewährten Hörgeräte "Prisma 2D SP" versorgt (gewesen) zu sein.
Der Kläger hat auch gegen die Beklagte als erstangegangene Rehabilitationsträgerin keinen Kostenerstattungsanspruch aufgrund weiterer rehabilitationsrechtlicher Anspruchsgrundlagen. Nach
§ 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich eigentlich zuständige Rehabilitationsträger im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Leistungszuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beklagte Krankenkasse) eine i.
S. von § 14
Abs. 1
SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern die Zuständigkeit schnell und dauerhaft zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (
vgl. BT-Drucks. 14/5074 S. 95 zu A und
S. 102 f. zu § 14). Dazu ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach § 14
Abs. 1 Satz 1
SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt (§ 14
Abs. 1 Satz 2 und 3
SGB IX). Andernfalls bestimmt § 14
Abs. 2 Satz 1
SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14
Abs. 2 Satz 1
SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind. Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14
Abs. 4 Satz 1
SGB IX und §§ 102
ff. SGB X verweist (
vgl. BSG, Urteil vom 20.11.2008 -
B 3 KN 4/07 KR R -
m.w.N.).
Bei einem Antrag auf Kostenübernahme für eine Mikrolink-Anlage ist in der Regel davon auszugehen, dass der Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit jemand ist, der für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten aufgrund seiner Hörschädigung zumindest am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt und daher gemäß
§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX als Behinderter anzusehen ist. Der Antrag ist daher regelmäßig nach §§ 14, 15
SGB IX zu beurteilen, denn ein Antrag auf Versorgung mit zumindest solchen Hilfsmitteln ist immer auch auf Leistungen zur Teilhabe i.
S. von
§§ 1,
4 und
5 SGB IX gerichtet. Im Zweifel will der behinderte Mensch die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen, so dass der gestellte Antrag umfassend, d.h. auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen zu prüfen ist (ständige Rechtsprechung, zuletzt
BSG, Urteil vom 20.10.2009 -
B 5 R 5/07 R -
m.w.N.). Soweit Krankenkassen Kenntnis davon haben
bzw. haben müssen, dass anstelle einer Grundversorgung (etwa mit einem analogen Hörgerät) ein Mehrbedarf an Teilhabeleistungen besteht, haben sie den Antrag - zur Vermeidung eigener Inanspruchnahme - an den zuständigen Rehabilitationsträger weiterzuleiten. Ergibt sich dies nicht bereits aus dem Antrag, ist der erstangegangene Rehabilitationsträger bei Vorliegen von Anhaltspunkten zur eingehenden Prüfung von Amts wegen gemäß § 20
SGB X verpflichtet. Solche Anhaltspunkte lagen indessen nicht vor. Der Senat verweist insofern auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils, der er sich nach - der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen - eigenen Sach- und Rechtsprüfung anschließt (§ 153
Abs. 2
SGG analog).
Davon abzuweichen besteht nach der im Hauptsacheverfahren - über die bloße summarische Prüfung im Prozesskostenhilfsverfahren hinausgehenden - gebotenen Überprüfung der Sach- und Rechtslage auch unter Berücksichtigung des vom Kläger angeführten Urteils des
BSG vom 17.12.2009 -
B 3 KR 20/08 - keine Veranlassung.
Der Kläger weist zwar zutreffend darauf hin, dass es nach Auffassung des 3. Senats des
BSG in Unterscheidung zwischen mittelbarem und unmittelbarem Behinderungsausgleich Teil des von den Krankenkassen nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V geschuldeten Behinderungsausgleichs ist, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2
Abs. 1 Satz 3
SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Das schließt je nach Notwendigkeit - begrenzt durch das Wirtschaftlichkeitsgebot (
§ 12 Abs. 1 SGB V) - auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein. Der Kläger verkennt jedoch, dass Streitgegenstand dieses Verfahrens nicht die Kostenübernahme für ein digitales Hörgerät, sondern für eine MikroPort-Anlage und damit für eine Einsatzerweiterung der Hörgeräteversorgung durch ein externes Zusatzgerät ist, so dass es insoweit um eine Frage des mittelbaren Behinderungsausgleiches geht. Diese Auffassung vertritt auch der 3. Senat in dem vom Kläger angeführten Urteil, wie aus folgendem Zitat hervorgeht: "Desgleichen kann (Anmerkung: auch im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleich) eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen (
vgl. Urteil des Senats vom 03.11.1999 -
B 3 KR 3/99 R -, SozR 3-2500 § 33
Nr. 34 zur Versorgung mit einer - dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienenden - Mikroportanlage)."
In diesem Bereich sind die Krankenkassen nach ständiger Rechtsprechung des
BSG (u.a. das vom Kläger angeführte Urteil
m.w.N.) zufolge nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Dabei geht es nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der
GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (
vgl. § 1
SGB V sowie
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist Aufgabe anderer Sozialleistungsträger. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der
GKV deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach Maßgabe dieser Grundsätze zählt die Ausstattung mit einer Mikroport-Anlage bei Erwachsenen nicht zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (
BSG, Urteil vom 03.11.1999 a.a.O.), wenn - wie hier - eine grundlegende Verbesserung des Hörvermögens bereits durch die Hörgeräte-Versorgung erreicht worden ist und nach Antrag und weiterem Vorbringen des Klägers die begehrte zusätzliche Versorgung (zumindest ganz im Wesentlichen) für einen Bereich - hier im Rahmen von Bildungsmaßnahmen - erforderlich ist, in dem keine menschlichen Grundbedürfnissen zu befriedigen sind. Eine Verbesserung des Behinderungsausgleichs auf beruflicher Ebene reicht dazu nicht aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 183, 193
SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160
Abs. 2
SGG).