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Urteil
Aufhebung eines Beihilfebewilligungsbescheides für Hörgeräte - Vertrauensschutz - Kein Anspruch auf Beihilfe bei zusätzlicher Inanspruchnahme der gesetzlichen Krankenversicherung

Gericht:

VG Köln 19. Kammer


Aktenzeichen:

19 K 3424/11 | 19 K 3424.11


Urteil vom:

05.06.2012


Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Der Kläger ist als Ruhestandsbeamter der Beklagten zu einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt. Er ist freiwillig gesetzlich krankenversichert und hat die Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V gewählt.

Auf seinen Antrag hin gewährte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 12.04.2010 eine Beihilfe in Höhe von 2.940,00 EUR zu Aufwendungen für zwei Hörgeräte, die der Kläger für sich und seine beihilferechtlich berücksichtigungsfähige Ehefrau erworben hatte. Zu den Aufwendungen hatte der Kläger eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (Barmer GEK) in Höhe von 1.831,20 EUR erhalten.

Nach mit Schreiben vom 02.09.2010 erfolgter Anhörung hob die Beklagte den Beihilfebescheid vom 12.04.2010 mit Bescheid vom 23.11.2010 in Höhe von 2.940,00 EUR auf und forderte diesen Betrag vom Kläger zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dem Kläger sei die Beihilfe zu den Aufwendungen für die Hörgeräte gem. § 3 Abs. 3 BVO NRW zu Unrecht gewährt worden, weil der Kläger für die Hörgeräte Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten habe. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Es sei davon auszugehen, dass er sich als Beamter mit den Vorschriften der BVO NRW vertraut gemacht habe.

Den Widerspruch des Klägers vom 06.12.2010 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2011 zurück.

Der Kläger hat am 15.06.2010 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass er auf den Bestand des Beihilfebescheides vom 12.04.2010 habe vertrauen dürfen. Insbesondere der Ausschlussgrund des § 48 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG NRW sei nicht gegeben. Ihm sei die Rechtswidrigkeit der Beihilfegewährung nicht infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt gewesen. Die Beklagte habe ihm im Jahre 2000 eine Beihilfe zu Hörgeräten bewilligt. Einen Hinweis auf die Bestimmung des § 3 Abs. 3 BVO NRW habe der damalige Bewilligungsbescheid vom 11.08.2000 nicht enthalten. Die im Jahre 2000 erfolgte Bewilligung von Beihilfe für zwei Hörgeräte habe ihn dazu veranlasst, einen erneuten Beihilfeantrag für die neuen Hörgeräte zu stellen. In beihilferechtlicher Sicht müsse er nicht klüger sein als die Beklagte.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 23.11.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf die Gründe des Widerspruchsbescheides.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Justizportal des Landes NRW

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 23.11.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage für die Teilaufhebung des Beihilfebescheides vom 12.04.2010 in Höhe von 2.940,00 EUR ist § 48 Abs. 1 VwVfG NRW. Nach dieser Vorschrift kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Der Beihilfebescheid vom 12.04.2010 ist in Höhe von 2.940,00 EUR rechtswidrig. Die Beihilfegewährung zu den Hörgeräten verstößt gegen § 3 Abs. 3 BVO NRW. Danach werden keine Beihilfen gewährt, wenn ein Beihilfeberechtigter oder eine berücksichtigungsfähige Person Sach- oder Dienstleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung erhält. Nach Satz 2 dieser Bestimmung gelten als Sach- und Dienstleistungen auch Geldleistungen bei Hilfsmitteln gem. § 33 SGB V. Die Beihilfegewährung in Höhe von 2.940,00 EUR an den Kläger steht in Widerspruch zu der Regelung des § 3 Abs. 3 BVO NRW. Der Kläger und seine Frau haben zu den Hörgeräten Geldleistungen der gesetzlichen Krankenkasse erhalten.

Das Vertrauen des Klägers auf den Bestand des Beihilfebescheides vom 12.04.2010 ist unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme nicht schutzwürdig. Der Kläger kann sich gem. § 48 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG NRW auf Vertrauen nicht mit Erfolg berufen, weil er die Rechtswidrigkeit der Beihilfebewilligung infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Er wurde im Vorfeld der erneuten Beihilfebeantragung mit Bescheid vom 17.08.2009 über das Konkurrenzverhältnis von Beihilfe und gesetzlicher Krankenversicherung informiert. Der genannte Bescheid enthielt im Zusammenhang mit der Versagung von Beihilfe zu den Aufwendungen für ein Hilfsmittel (vgl. Ziff 10. des Bescheides) einen Hinweis auf den Beihilfeausschluss gem. § 3 Abs. 3 BVO NRW. Angesichts des eindeutigen Wortlauts dieses Hinweises musste dem Kläger klar sein, dass ihm eine Beihilfegewährung zu Hilfsmitteln - wie den hier streitigen Hörgeräten - nicht zustand, weil er und seine berücksichtigungsfähige Ehefrau Geldleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu den Aufwendungen für die Hörgeräte erhalten hatten. Auf die Bewilligung im Jahre 2000 kann der Kläger sich nicht mit Erfolg berufen. Angesichts des klaren Wortlauts des Hinweises im Bescheid vom 17.08.2009 musste es sich ihm aufdrängen, dass die Beihilfegewährung zu den Hörgeräten im Jahre 2000 ebenfalls zu Unrecht erfolgt war.

Bei dieser Sachlage sind Ermessensfehler der Beklagten bei der teilweisen Rücknahme der Beihilfebewilligung nicht erkennbar.

Die Rückforderung des Betrages von 2.940,00 EUR findet seine Rechtsgrundlage in § 12 Abs. 2 in der der am 31.12.2006 geltenden Fassung, der gem. § 80 Abs. 6 LBG NRW auf die Rückforderung überbezahlter Beihilfe entsprechende Anwendung findet. Nach § 12 Abs. 2 BBesG regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des BGB über die ungerechtfertigte Bereicherung. Ein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Beihilfe in Höhe von 2.940,00 ist im Falle des Klägers aufgrund der Teilaufhebung des Beihilfebescheides vom 12.04.2010 weggefallen. Auf Entreicherung kann sich der Kläger nach § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG nicht berufen, weil die Rechtswidrigkeit des Beihilfegewährung für ihn aus den oben genannten Gründen so offensichtlich war, dass er die Fehlerhaftigkeit des Bescheides vom 12.04.2010 hätte erkennen müssen. Die Entscheidung der Beklagten, aus Billigkeitsgründen gem. § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG nicht von einer Rückforderung abzusehen, ist aufgrund der für den Kläger offensichtlichen Fehlerhaftigkeit der Beihilfebewilligung nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Referenznummer:

R/R5361


Informationsstand: 27.02.2013