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Urteil
Beamtenrecht - Verstoß gegen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn durch Begrenzung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hörgeräte in der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV)

Gericht:

OVG Koblenz


Aktenzeichen:

10 A 10808/12.OVG | 10 A 10808.12.OVG | 10 A 10808/12


Urteil vom:

23.11.2012


Grundlage:

  • BBhV § 50 Abs. 1 S. 1

Tenor:

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 02. Mai 2012 wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung weiterer Beihilfe für die Anschaffung von zwei Hörgeräten.

Aufgrund fachärztlicher Verordnung erhielt der Kläger, Versorgungsempfänger der Beklagten und zu 70 % beihilfeberechtigt, zwei Hörgeräte zum Preis von je 2.099,00 EUR sowie zwei Maßotoplastiken zu jeweils 69,00 EUR. Nach Abzug eines Kundenrabatts von 209,90 EUR belief sich der Rechnungsbetrag auf 4.124,10 EUR. Die Beklagte erkannte diese Aufwendungen mit Bescheid vom 26. Januar 2011 in Höhe von 2.050,00 EUR als beihilfefähig an und gewährte dem Kläger insoweit eine Beihilfe von 1.435,00 EUR. Zur Begründung verwies sie darauf, dass nach § 25 Abs. 1 Bundesbeihilfeverordnung - BBhV - in Verbindung mit Anlage 5 Auf­wendungen für Hörgeräte nur bis zu einer Höhe von 1.025,00 EUR je Ohr (ein­schließlich der Neben­kosten) berücksichtigungsfähig seien.

Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat der Kläger im Wesent­lichen damit begründet, dass die ihm entstandenen Kosten für die fachärztlich verordneten Hörgeräte in voller Höhe beihilfefähig seien. Er habe sich nach Abstimmung mit der Hörgeräteakustikerin und der Fachärztin nach dem Test von mindestens vier Hörgeräten für das gekaufte Gerät entschieden, weil es eine ausreichende Hörverbesserung erzielt habe und für ihn zweckmäßig sei. Im Übrigen sei die Beschränkung der beihilfefähigen Kosten auf 1.025,00 EUR je Ohr rechtswidrig.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihm eine weitere Beihilfe in Höhe von 1.451,87 EUR zu bewilligen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, über seinen Beihilfeantrag, gerichtet auf die Erstattung der Rechnung der Firma B*** vom 17. Januar 2011, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf ihren Widerspruchsbescheid.

Mit Urteil vom 02. Mai 2012 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine weitere Beihilfe für die Anschaffung von zwei Hörgeräten in Höhe von 1.451,87 EUR zu gewähren. Die Notwendigkeit sowie die wirtschaftliche Angemessenheit der vom Kläger erworbenen Geräte würden von der Beklagten nicht in Abrede gestellt und seien zudem durch die vorgelegte Dokumentation zur Hörgeräteanpassung ausreichend nachgewiesen.

Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit der streitgegenständlichen Aufwendungen auf 1.025,00 EUR je Ohr verstoße gegen die durch Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz - GG - gewährleistete Fürsorgepflicht des Dienstherrn und sei deshalb unwirksam. Unter Geltung des gegenwärtig praktizierten "Mischsystems" aus Beihilfe und darauf abgestimmter Eigenvorsorge könne die pauschale Festlegung von Höchst­beträgen im Einzelfall die finanziellen Möglichkeiten des Beamten erheblich über­steigen. Für derartige Fallgestaltungen müsse der Dienstherr normative Vor­kehrungen in Form einer abstrakt-generellen Härtefallregelung treffen, damit dem Beamten nicht erhebliche Aufwendungen verblieben, die ihm im Hinblick auf die Höhe der Alimentation nicht mehr zuzumuten seien. An einer solchen Regelung fehle es in Bezug auf den in der Anlage 5 zur Bundesbeihilfeverordnung für Hör­geräte festgeschriebenen beihilfefähigen Höchstbetrag. Die Härtefallregelung des § 12 Abs. 2 der früheren Beihilfevorschrift lasse sich nicht auf den vorliegenden Fall übertragen, weil sie nach der Rechtsprechung des Bundes­verwaltungs­gerichts nur bis zur normativen Neuregelung des Beihilferechts des Bundes, also bis zum Inkrafttreten der Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009, habe gelten sollen. Ebenso wenig komme eine analoge Anwendung der Belastungs­grenze des § 50 Abs. 1 BBhV auf die Höchstbetragsregelung für Hör­geräte in Betracht, weil es hierfür an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Hiervon aus­gehend sei es für die Beihilfegewährung unerheblich, ob im konkreten Fall tat­sächlich eine Härte gegeben sei. Vielmehr seien die vorliegend not­wendigen und wirtschaftlich angemessenen Aufwendungen insgesamt beihilfe­fähig.

Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Beklagte vor: Ermächtigungsgrundlage für § 25 Abs. 1 Satz 2 BBhV in Verbindung mit Anlage 5 sei § 80 Abs. 4 Bundesbeamtengesetz - BBG -. Er erlaube die Begrenzung der Beihilfe­fähigkeit von Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel. Durch die "Anleh­nung an das V. Buch Sozialgesetzbuch" habe der Gesetzgeber Beihilfe­berechtigte gerade bei der Erstattung der Kosten für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel im Ergebnis genauso stellen wollen, wie gesetzlich Krankenversicherte. Nach der Recht­sprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es fürsorgerechtlich auch nicht geboten, einem Beihilfeberechtigten mehr als das Leistungsniveau der gesetz­lichen Krankenversicherung zu gewähren. Außerdem bewegten sich die Aufwendungen für Hörgeräte noch in einem überschaubaren finanziellen Rahmen und fielen in der Regel allenfalls in längeren zeitlichen Abständen an. Deshalb könnten sie in zumutbarer Weise aus der Alimentation bestritten werden.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.


Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf sein bisheriges Vorbringen und dabei insbesondere auf die Recht­sprechung des Bundessozialgerichts, nach der eine generelle Festlegung auf Festbeträge oder Höchstbeträge für Hilfsmittel sowie Aufwendungen zum Aus­gleich von Behinderungen nicht wirksam erfolgen könne, wenn damit nicht für jeden Versicherten eine ausreichende Versorgung gewährleistet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Rechtsweg:

VG Koblenz Urteil vom 02.05.2012 - 2 K 562/11.KO
BVerwG Urteil vom 02.04.2014 - 5 C 40.12

Quelle:

Landesrecht Rheinland-Pfalz

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hätte die Klage auf die Gewährung einer weiteren Beihilfe zu den Aufwendungen für zwei Hörgeräte abweisen müssen, weil dem Kläger - jedenfalls derzeit - ein weiterer Beihilfeanspruch nicht zusteht. Zwar sind die Aufwendungen des Klägers notwendig, wirtschaftlich angemessen und die angeschafften Hörgeräte erforderlich (I.). Jedoch konnte die Beklagte die Beihilfe­fähigkeit der Kosten für Hörgeräte bei Beachtung der Belastungsgrenze des § 50 Abs. 1 in der bis zum 19. September 2012 geltenden Fassung der Bundes­beihilfeverordnung - BBhV - durch die Festlegung eines Höchstbetrages begrenzen (II.). Ob dem Kläger bei Anwendung der Belastungsgrenze eine weitere Beihilfe zusteht, ist in einem von ihm durch Antrag nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BBhV einzuleitenden gesonderten Verwaltungsverfahren zu ermitteln, so dass auch der Hilfsantrag keinen Erfolg haben konnte (III.).

I. Die Aufwendungen des Klägers für die Anschaffung der von ihm genutzten Hörgeräte ist gemäß §§ 6 Abs. 1, 25 Abs. 1 Satz 1 BBhV grundsätzlich beihilfe­fähig. Danach kann eine Beihilfe im Allgemeinen nur für notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen gewährt werden. Hierzu gehören auch Ausgaben für ärztlich verordnete Hilfsmittel, damit auch für Hörgeräte, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um eine Behinderung - hier die Schwerhörigkeit - auszugleichen. Die Notwendigkeit und wirtschaftliche Angemessenheit der Aufwendungen sowie die Erforderlichkeit der konkret angeschafften Hörgeräte des Klägers folgt aus der fachärztlichen Verordnung vom 17. Januar 2011, der Dokumentation zur Hörgeräteanpassung und aus der Bescheinigung der Fach­ärztin, wonach das vorgeschlagene Gerät zweckmäßig ist. Im Übrigen ist das Vor­liegen der in den §§ 6 Abs. 1, 25 Abs. 1 Satz 1 BBhV enthaltenen Voraussetzungen zwischen den Beteiligten unstreitig.

II. Obwohl die Kosten für die vom Kläger angeschafften Hörgeräte notwendig, wirtschaftlich angemessen und die Hilfsmittel erforderlich im Sinne der §§ 6 Abs. 1, 25 Abs. 1 BBhV sind, hat der Kläger derzeit keinen Anspruch auf die begehrte weitere Beihilfe. Denn die Beklagte hat die Beihilfefähigkeit der Auf­wendungen für Hörgeräte (einschließlich Nebenkosten) durch § 25 Abs. 1 Satz 1 BBhV in Verbindung mit Nr. 1 der Anlage 5 wirksam auf 1.025,00 EUR je Ohr begrenzt. Diese Höchstbetragsregelung findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 80 Abs. 4 Bundesbeamtengesetz - BBG -. Danach regelt das Bundes­ministerium des Innern durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Beihilfe­gewährung, insbesondere der Höchstbeträge, des völligen oder teilweisen Aus­schlusses von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln in Anlehnung an das V. Buch Sozial­gesetzbuch. Hiervon ausgehend verstößt die hier in Rede stehende Regelung weder gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG - (1.) noch gegen die verfassungs­rechtlich verankerte Fürsorgepflicht des Dienstherrn, da die Belastungsgrenze des § 50 Abs. 1 BBhV auch auf die Begrenzung der Beihilfefähigkeit der Auf­wendungen für Hörgeräte anwendbar ist (2.).

1. Die Einführung eines Höchstbetrages für die Beihilfefähigkeit der Auf­wendungen für Hörgeräte verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Denn die Höchstbetragsregelung ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Sie knüpft daran an, dass es sich bei Hörgeräten zwar um hoch­preisige Hilfsmittel handelt, die aber im allgemeinen eine Lebensdauer aufweisen, welche es ausschließt, dass sie in kürzeren Abständen angeschafft werden müssen. Deshalb verteilt sich die finanzielle Belastung für die Anschaffung von Hörgeräten rechnerisch auf mehrere Jahre, in denen der Beamte grundsätzlich in der Lage ist, entsprechende Eigenvorsorge zu treffen. Hinzu kommt das berechtigte Bestreben des Verordnungsgebers, durch die Höchstbetragsregelung die im Einzelfall höchst umstrittene Feststellung zu vermeiden, welches von mehreren in Betracht kommenden Hörgeräten wirtschaftlich angemessen ist. Aus diesen Gründen ist die Begrenzung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hörgeräte unter Berücksichtigung des weiten Ermessens- und Gestaltungs­spielraums des Verordnungsgebers rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt auch insoweit, als die Höchstbetragsgrenze dazu führen kann, dass mehr als 50 % der Aufwendungen nicht beihilfefähig und deshalb vom Beamten selbst zu tragen sind.

Ein Verstoß der Begrenzung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hörgeräte gegen Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger zitierten Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. Dezember 2009 (- B 3 KR 20/08 R - juris). Wegen der grundsätzlichen Unterschiede zwischen gesetzlicher Kranken­versicherung einerseits und beamtenrechtlicher Beihilfe mit ergänzender Eigen­vorsorge andererseits im Hinblick auf Finanzierung, Leistungsvoraussetzungen, Leistungsspektrum und Leistungsformen sind die Systeme nicht gleich, sondern nur gleichwertig. Deshalb sind Unterscheide in der Leistungsgewährung - unab­hängig davon, ob sie sich zugunsten oder zulasten des Beihilfeberechtigten auswirken - grundsätzlich hinzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2010 - 2 C 12/10 - m.w.N., juris Rn. 17).

2. Des Weiteren steht die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Hörgeräte mit der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Einklang, weil die Belastungsgrenze des § 50 Abs. 1 BBhV bis zum Erlass einer ausdrücklichen Regelung auf die hier maßgebliche Höchstbetragsregelung Anwendung findet.

Die als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Fürsorgepflicht verlangt vom Dienstherrn nicht in jedem Fall, dass dem Beamten zu den Aufwendungen im Krankheitsfall Beihilfe in vollem Umfang gewährt wird. Der Dienstherr muss aber sicherstellen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt der Beamten und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit gewahrt bleibt; die Beamten dürfen in solchen Lebenslagen nicht erheblichen finanziellen Aufwendungen ausgesetzt sein, die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus der Alimentation bestreiten können. Der Dienstherr ist somit auch durch die Fürsorge­pflicht grundsätzlich nicht gehindert, im Rahmen von behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und zu den Aufwendungen medizinisch not­wendiger Hilfsmittel nur eine eingeschränkte Beihilfe zu gewähren. Er muss dabei jedoch stets darauf Bedacht nehmen, dass der angemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie nicht gefährdet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2010 - 2 C 12/10 - m.w.N., juris Rn. 13). Angesichts der im Allgemeinen bestehenden Langlebigkeit von Hörgeräten und der sich hieraus ergebenden rechnerischen Verteilung der Kosten auf mehrere Jahre wird die in Rede stehende Höchstbetragsregelung gegenüber einem großen Teil der Beamten die Erfüllung der Fürsorgepflicht nicht in Frage stellen. Deshalb bestehen gegen die Begrenzung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hörgeräte keine grund­sätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Allerdings erfordert die Fürsorgepflicht des Dienstherrn eine abstrakt-generelle Härtefallregelung für die Fälle, in denen ein Beamter wegen der Höhe seiner Alimentation in nicht mehr zumutbarer Weise mit krankheitsbedingten Aufwendungen belastet wird. An einer solchen Regelung fehlt es hinsichtlich der Höchstbetragsregelung für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hörgeräte. Insbesondere ist § 50 Abs. 1 BBhV in der hier maßgeblichen Fassung seinem Wortlaut nach allein auf Eigenbehalte nach § 49 BBhV anwendbar. Das Fehlen einer abstrakt-generellen Härtefallregelung führt jedoch nicht generell zur Beihilfefähigkeit der über die Höchstbetragsgrenze hinausgehenden Aufwendungen für Hörgeräte. Dies wäre nicht gerechtfertigt, weil der teilweise Ausschluss dieser Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit aus den vorstehenden Gründen gegenüber einem großen Teil der Beamten rechtlich unbedenklich ist. Deshalb ist in den sonstigen Fällen zur Vermeidung unzumutbarer Belastungen durch die Höchstbetragsregelung für Hörgeräte bis zum Erlass einer ausdrück­lichen Regelung auf § 50 Abs. 1 BBhV zurückzugreifen. Dabei lässt es der Senat offen, ob insoweit eine planwidrige Lücke vorliegt, welche eine analoge Anwendung des § 50 Abs. 1 BBhV rechtfertigen könnte. Jedenfalls ist es zur Gewährleistung der von Verfassungs wegen zu beachtenden Fürsorgepflicht gerechtfertigt, in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungs­gerichts zum Ausschluss der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 d) der früheren Beihilfevorschrift - BhV - (BVerwG, Urteile vom 26. Juni 2008 - 2 C 2/07 -, vom 26. August 2009 - 2 C 62/08 - und vom 5. Mai 2010 - 2 C 12/10 -, jeweils juris) bis zum Erlass einer erforderlichen abstrakt-generellen Härtefallregelung für die Beschränkung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Hörgeräte die über den Höchstbetrag hinaus gehenden Aufwendungen vorläufig im Rahmen des § 50 Abs. 1 BBhV zusätzlich zu den Eigenbehalten nach § 49 BBhV zu berück­sichtigen. Insofern greift der Senat - anders als das Bundesverwaltungsgericht nach der damaligen Rechtslage - nicht auf § 12 Abs. 2 BhV, sondern nach Inkraft­treten der Bundesbeihilfeverordnung auf § 50 Abs. 1 BBhV zurück (vgl. zur Anwendbarkeit des § 50 Abs. 1 BBhV auf den Ausschluss der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtiger Medikamente: Urteil des erkennenden Senats vom 13. April 2012 - 10 A 10039/12.OVG -, nicht rechts­kräftig).

Bei der Anwendung der Belastungsgrenze des § 50 Abs. 1 BBhV kommt es darauf an, ob diese Grenze durch die Summe der Eigenbehalten, der nicht beihilfe­fähigen Aufwendungen für notwendige und angemessene nicht verschreibungs­pflichtige Arzneimittel sowie der über den Höchstbetrag für Hörgeräte hinausge­henden Kosten überschritten wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2010 - 2 C 12/10 - m.w.N., juris Rn. 20). Demzufolge ist von einer einheitlichen Belastungs­grenze auszugehen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 13. April 2012 - 10 A 10039/12.OVG -, nicht rechts­kräftig).

III. Aus dem Vorstehenden folgt, dass dem Kläger wegen der verfassungs­rechtlich nicht zu beanstanden Höchstbetragsregelung für Hörgeräte - vorbe­haltlich der Einhaltung der insoweit anwendbaren Belastungsgrenze des § 50 Abs. 1 BBhV - keine weitere Beihilfe zu den Aufwendungen der von ihm erworbenen Hörgeräte zusteht. Ob die Belastungsgrenze durch die dem Kläger im Jahre 2011 entstandenen Eigenbehalte, nicht beihilfefähige Aufwendungen für notwendige und angemessene nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sowie die über dem Höchstbetrag für Hörgeräte liegenden Kosten überschritten worden ist, muss in einem von ihm durch Antrag einzuleitenden gesonderten Verwaltungsverfahren ermittelt werden. Denn § 50 Abs. 1 BBhV setzt für die Prüfung der Überschreitung der Belastungsgrenzen einen Antrag des Beihilfeberechtigten voraus, der spätestens bis zum Ablauf des Jahres gestellt werden muss, das auf das Jahr des Abzuges folgt (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2012 - 2 C 12/10 -, juris Rn 25). Einen solchen Antrag hat der Kläger - was nach seinem Rechts­standpunkt verständlich ist - bisher unstreitig nicht gestellt. Deshalb konnte auch der Hilfs­antrag keinen Erfolg haben. Ergibt sich in dem somit nach § 50 Abs. 1 BBhV einzuleitenden eigenständigen Antragsverfahren, dass die maßgeblichen nicht beihilfefähigen Aufwendungen über der einheitlichen Belastungsgrenze im Sinne des § 50 Abs. 1 BBhV liegen, ist dem Kläger der darüber hinausgehende Betrag zu erstatten.

Nach alledem war der Berufung mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO.

Die Revision war zuzulassen, weil die Frage, ob Aufwendungen für Hörgeräte nur bis zu einem Höchstbetrag je Ohr beihilfefähig sind, im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO grundsätzlich klärungsbedürftig ist.

Referenznummer:

R/R6082


Informationsstand: 17.04.2014