Urteil
Beihilfefähigkeit eines PTBS-Assistenzhundes

Gericht:

VG Karlsruhe 2. Kammer


Aktenzeichen:

2 K 7367/18


Urteil vom:

27.05.2020


Grundlage:

Leitsätze:

1. Ein Hund, der zur Unterstützung eines an einer posttraumatischen Belastungsstörung und anderen psychischen Leiden Erkrankten eingesetzt werden soll (PTBS-Assistenzhund), ist nach derzeitiger Rechtslage - auch unter Berücksichtigung der sozialgerichtlichen Rechtsprechung zu den Regelungen des Sozialgesetzbuchs V (juris: SGB 5) für die gesetzliche Krankenversicherung - nicht als "Hilfsmittel" i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO (juris: BhV BW) beihilfefähig, wenn es an einer konkreten Einbindung des Assistenzhundes in einen ärztlich verantworteten und Überprüfung zugänglichen Therapieplan, der den Erfolg einer Krankenbehandlung sicherstellen soll, fehlt (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGB V (juris: SGB 5) und weil ein Assistenzhund nicht dem Behinderungsausgleich dient (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 SGB V (juris: SGB 5) sowie ferner eine anhand objektiver Kriterien nachvollziehbare Abgrenzung zum Bereich der allgemeinen Lebenshaltung nicht möglich ist (Nr. 2.3 Satz 1 der Anlage zur BVO (juris: BhV BW).

2. Ein weitergehender Anspruch auf Beihilfefähigkeit eines PTBS-Assistenzhundes folgt auch nicht aus der UN-Behindertenrechtskonvention, weil diese völkerrechtliche Vereinbarung keine unmittelbare Anwendung (self executing) findet und deshalb auch keine subjektiv-öffentlichen Rechte begründet.

Hinweis:

Einen Fachbeitrag zum Thema Assistenzhunde finden Sie im Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) unter:
https://www.reha-recht.de/fileadmin/user_upload/RehaRecht/Di...

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Justizportal des Landes Baden-Württemberg

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 schwerbehinderte Klägerin begehrt die Voranerkennung der Beihilfefähigkeit ihrer Aufwendungen für ihren - zwischenzeitlich ausgebildeten und erworbenen - PTBS-Assistenzhund "..." (einen Labradoodle) dem Grunde nach.

Die Klägerin wurde am ...1976 geboren und ist bei dem Beklagten mit einem Bemessungssatz von 50 % beihilfeberechtigt.

Die Klägerin teilte mit Schreiben vom 10.04.2018 dem Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (LBV) mit, um dauerhaft stabil zu Hause leben zu können, habe sie von einer Klinik eine Hilfsmittelverordnung für einen Assistenzhund (PTBS-Hund) ausgestellt bekommen und fragte an, welche Unterlagen das LBV neben dieser Verordnung benötige, um einer Kostenerstattung stattgeben zu können. Sie habe sowohl einen geeigneten Welpen gesucht als auch Kontakt zu einer entsprechend ausgebildeten Hundetrainerin hergestellt.

Das LBV teilte der Klägerin mit dem hier angegriffenen Bescheid vom 11.04.2018 mit, bei den Kosten für einen Assistenzhund handle es sich um keine beihilfefähigen Kosten im Sinne der Beihilfeverordnung (BVO).

Hiergegen erhob die Klägerin am 25.04.2018 Widerspruch, zu dessen Begründung sie in der Folge mit Schreiben vom 18.05.2018 mit der Bitte um Prüfung einer Einzelfallregelung eine von Dr. ...(Chefarzt), ... (Stellv. Chefärztin) und ... (M.Sc. Psychologe) unterzeichnete Hilfsmittelverordnung der Privatklinik ... vom 17.05.2018 folgenden Inhalts vorlegte:

"Diagnose(n)

1. Posttraumatische Belastungsstörung ICD-10: F43.1

2. Schwere depressive Episode, bei rezidivierender Erkrankung ICD-10: F33.2

Zur Stabilität und Abwendung von Bedrohungen und selbstgefährdenden Verhaltensweisen verordnen wir einen sog. Therapiehund, was hier bedeutet einen Assistenzhund mit folgender Zielsetzung:

1.) Zur Tagesstrukturierung und Alltagsbewältigung, sodass konkrete Aufgaben übernommen werden müssen und die Pat. einen festen Halt im Außen zur Seite steht.

2.) Als Lebenssinn und -inhalt, eine Verpflichtung mit Eigenverantwortung zu haben sowie eine entsprechende Unterstützung zur Seite zu haben, dass jemand da ist und sie begleitet.

3.) Zur Abwendung von Angst- und Panikattacken, wenn die Pat. alleine ist.

4.) Zur Unterbrechung dissoziativer Zustände, welche die Pat. alleine nicht unterbrechen kann, bzw. ein Assistenzhund sie vor diesen Zuständen warnen kann.

5.) Zur Unterbrechung und dem Abhalten von suizidalen, bzw. parasuizidalen Handlungen sowie selbstschädigenden Verhaltensweisen."

Das LBV wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2018 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO und den dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften seien beihilfefähig die Aufwendungen für Anschaffung, Miete, Reparatur und Ersatz der vom Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und zur Selbstkontrolle, Körperersatzstücke sowie die Unterweisung im Gebrauch dieser Gegenstände. Voraussetzung und Umfang der Beihilfefähigkeit bestimmten sich nach Nr. 2.1 der Anlage zur BVO (Hilfsmittelverzeichnis), in dem die beihilfefähigen Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle abschließend aufgeführt seien. Die von der Klägerin beantragten Leistungen des "Assistenzhundes" seien in diesem Verzeichnis jedoch nicht enthalten und folglich auch nicht beihilfefähig. In diesen Regelungen liege eine zulässige Pauschalierung im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums des Verordnungsgebers bei der Ausgestaltung der beihilferechtlichen Regelungen, wobei gewisse Härten und Nachteile angesichts des lediglich ergänzenden Charakters der Beihilfe in Kauf zu nehmen seien. Auch die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn fordere nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Krankheit oder Behinderung entstandenen Aufwendungen und auch nicht deren Erstattung in jeweils vollem Umfang.

Die Klägerin hat hiergegen am 20.07.2018 Klage vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben. Zu deren Begründung trägt sie vor, PTBS-Assistenzhunde seien weder normale Hunde noch Therapiehunde, sondern zählten wie Blindenführhunde und Diabetikerwarnhunde zu den Assistenzhunden und würden als solche speziell für die Einschränkungen einer komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung ausgebildet. Gerade in ihrem Fall sei ein Assistenzhund von besonderer therapeutischer Bedeutung, um ihre Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. Bei der Behandlung von Posttraumatischen Belastungsstörungen sei die Behandlung mit einem Assistenzhund in Einzelfällen angezeigt und notwendig und jeder anderen Therapieform überlegen, da insoweit eine dauerhafte und langfristige Wiederherstellung der Gesundheit gewährleistet werden könne. Die Notwendigkeit, einen Assistenzhund zu haben, werde von ihren verschiedensten Behandlern unterstützt und befürwortet. Insoweit lege sie neben einer weiteren Hilfsmittelverordnung des ... Traumazentrums ... vom 09.01.2020, in der zusätzlich die Diagnose "rezidivierende depressive Störung, ggw. schwere Episode (ICD-10: F33.2)" aufgeführt sei, ein Schreiben der ... GbR - Standort ..., ... zur Ausbildung ihres Assistenzhundes vor. Ausweislich eines weiter vorgelegten Arztberichts vom 21.01.2020, auf den wegen der Einzelheiten des - schwerwiegenden - Krankheitsbildes der Klägerin verwiesen wird, sei sie gerade aktuell auf die Unterstützung durch den Assistenzhund zwingend angewiesen, da sie nur so zeitweise in der Lage sei, den notwendigen Tagesablauf zu strukturieren, was die Chance biete, Stabilität und Sicherheit zu erhalten und wieder zu genesen. Die Übernahme der Kosten eines Assistenzhundes sei danach medizinisch dringend indiziert. Hierfür verweise sie auf eine ärztliche Stellungnahme zur Vorlage bei der Krankenkasse ihres ambulanten Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. med. ... vom 28.04.2020, mit der dieser im Interesse seiner Patientin um Überprüfung der Kostenübernahme für einen Assistenzhund bitte, sowie auf eine ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Psychotherapie und Psychosomatische Medizin ... vom 08.05.2020, auf die wegen der Einzelheiten verwiese. Sie rege an, insoweit gegebenenfalls ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen.

Sie sei der Auffassung, der Assistenzhund sei zum Zwecke der Erweiterung ihrer Selbstbestimmung und Teilhabe sowie der Bewältigung ihrer alltäglichen Lebensführung erforderlich. Nach dem Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz - BGG) solle Menschen mit Behinderung eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben gewährleistet werden; besondere Bedürfnisse wie z.B. ein Assistenzhund dürften danach nicht verwehrt werden. Die Bedeutung der tierischen Assistenz für Menschen mit Erkrankungen bzw. Behinderung werde auch durch zweifache Erwähnung in der am 26.03.2009 in Deutschland in Kraft getretenen Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) besonders hervorgehoben. In deren Art. 9 Abs. 2 e) heiße es wörtlich: "Die Vertragsstaaten treffen außerdem geeignete Maßnahmen um menschliche und tierische Hilfe [...] zur Verfügung zu stellen." Nach Art. 19 b) UN-BRK hätten Menschen mit Behinderungen ein Recht auf Unterstützung, z.B. durch persönliche Assistenzen, welche zur Unterstützung des Lebens in der Gemeinschaft, die Einbeziehung sowie zur Verhinderung von Isolation und Absonderung notwendig sei, während Art. 20 b) UN-BRK für die Sicherstellung der persönlichen Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit wiederum die "tierische Hilfe" ausdrücklich erwähne. Im deutschen Recht habe der Bundesrat die Bundesregierung mit Entschließung vom 10.02.2017 aufgefordert, zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem durch Änderung des § 33 SGB V die Möglichkeit geschaffen werde, dass Assistenzhunde Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 SGB V finden könnten. Ferner habe auch der 11. Ausschuss des Bundestages zur Weiterentwicklung des BGG Assistenzhunde als Hilfsmittel im Sinne dieses Gesetzes anerkannt. Diese Stellungnahmen und auch der Umstand, dass Assistenzhunde in anderen Ländern wie z.B. in Österreich bereits gesetzlich verankert seien, verdeutlichten, dass von einer generellen Eignung entsprechend ausgebildeter Hunde ausgegangen werde.

Die Aufwendungen für die Anschaffung, Ausbildung und den Unterhalt eines PTBS-Assistenzhundes seien medizinisch notwendig im Sinne der §§ 5, 6 BVO. Zwar sei der Begriff des Hilfsmittels im Sinne der Beihilfevorschriften in der BVO nicht definiert. Zu dessen Auslegung und Abgrenzung könne aber auf den Hilfsmittelbegriff der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in § 33 SGB i.V.m. § 139 SGB V zurückgegriffen werden. Entsprechend der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach das Hilfsmittelverzeichnis der GKV aufgrund von § 139 SGB V keine abschließende Regelung sei, sondern aus medizinischen Gründen auch ein dort nicht genanntes Hilfsmittel verschrieben werden könne, komme auch der fehlenden Aufnahme des Assistenzhundes in das Hilfsmittelverzeichnis der Anlage zur BVO keine Bedeutung für die Frage der medizinischen Notwendigkeit zu.


Die Klägerin beantragt (sachdienlich verstanden),

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 11.04.2018 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheides vom 19.06.2018, zu verpflichten, die Beihilfefähigkeit ihrer Aufwendungen für einen PTBS-Assistenzhund dem Grunde nach anzuerkennen.


Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist das LBV auf den Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, das streitgegenständliche Hilfsmittel des Assistenzhundes sei nicht im Verzeichnis beihilfefähiger Hilfsmittel nach Nr. 2.1 der Anlage zur BVO enthalten. Der hier angeschaffte PTBS-Assistenzhund sei auch nicht mit dem dort aufgeführten Blindenhund vergleichbar, da Behindertengeleithunde nur in einzelnen Bereichen eine begrenzte Hilfe leisteten und anders als dieser weder dem unmittelbaren Ersatz einer ausgefallenen Körperfunktion noch dem Ausgleich der direkten oder indirekten Folgen einer Behinderung oder Erkrankung dienten. Die Aufwendungen für einen Assistenzhund seien auch nicht dem Grunde nach notwendig im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 BVO, da notwendig in diesem Sinne nach der auf Hilfsmittel übertragbaren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nur wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethoden seien. In Anwendung dieser Maßstäbe liege hier keine allgemein anerkannte Behandlungsmethode vor, wie sich aus einer Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz ergebe. Danach sehe zwar die S3-Leitlinie PTBS eine psychosoziale Reintegration und eine Neuorientierung (des Patienten) vor, benenne aber den Einsatz eines Assistenzhundes als Hilfsmittel zur Erreichung dieses Zwecks nicht, weshalb insoweit nicht von einem Therapiestandard ausgegangen werden könne. Unabhängig davon berge dessen Einsatz auch Risiken, insbesondere im Fall des Todes des Hundes. Vor diesem Hintergrund stehe der Beihilfegewährung auch der Ausschlussgrund nach Nr. 2.3 der Anlage zur BVO entgegen, weil es sich um ein Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem Nutzen handle und es sich zugleich um ein Hilfsmittel handle, welches der allgemeinen Lebenshaltung zugerechnet werden könne, da zu hinterfragen wäre, welchen medizinischen Nutzen ein Assistenzhund gegenüber einem nicht speziell ausgebildeten Hund tatsächlich habe. Schließlich seien die Aufwendungen für einen Assistenzhund auch nicht ausnahmsweise nach § 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 und Nr. 1.5.1 der Anlage zur BVO beihilfefähig, da die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift nicht erfüllt seien.

Die Beteiligten haben mit Schriftsatz vom 17.04.2020 bzw. vom 28.04.2020 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Dem Gericht haben die einschlägigen Behördenakten des LBV (1 Band) vorgelegen. Hierauf sowie auf die im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

I.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fehlt es ihr nicht am erforderlichen allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis. Der Zulässigkeit der hier auf eine Anerkennung der Beihilfefähigkeit "dem Grunde nach" gerichteten Verpflichtungsklage steht nicht entgegen, dass eine Voranerkennung für die Kosten eines Hilfsmittels in der Beihilfeverordnung nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Denn die zuständigen Beihilfefestsetzungsbehörden sind nicht gehindert, im Rahmen ihres Ermessens derartige Kostenzusagen zu erteilen, die im Interesse des Beihilfeberechtigten liegen und frühzeitig Klarheit über die Beihilfefähigkeit der anstehenden Aufwendungen schaffen (vgl. hierzu grundlegend OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 14.08.1995 - 1 A 3558/92 -, juris (Rn. 14); ferner VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.09.2003 - 4 S 1869/02 -, juris (Rn. 11); VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 01.02.2019 - 2 S 1352/18 -, juris (Rn. 22) m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 06.06.2016 - 14 BV 15.527 -, juris (Rn. 13); VG Regensburg, Urt. v. 12.02.2019 - RO 12 K 17.2008 -, juris (Rn. 13) m.w.N.).


II.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Voranerkennung der Beihilfefähigkeit ihrer Aufwendungen für einen PTBS-Assistenzhund dem Grunde nach. Der Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 11.04.2018 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheides vom 19.06.2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. hierzu nur BVerwG, Urt. v. 02.04.2014 - 5 C 40.12 - NVwZ-RR 2014, 609 (Rn. 9) m.w.N.; zuletzt VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 24.05.2019 - 2 S 930/18 -, juris (Rn. 22)). Dies soll auch in dem Fall gelten, in dem um die Voranerkennung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen gestritten wird (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 01.02.2019 - 2 S 1352/18 -, juris (Rn. 24) m.w.N.). Sind derartige Aufwendungen allerdings im Falle der verwehrten Voranerkennung ihrer Beihilfefähigkeit dem Grunde nach - wie hier - noch nicht zur Prüfung ihrer Beihilfefähigkeit der Höhe nach eingereicht worden oder überhaupt noch nicht entstanden, kommt nicht nur ein Abstellen auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts wie allgemein im Falle des Fehlens speziellerer Regelungen bei der Verpflichtungsklage (in diesem Sinne BayVGH, Urt. v. 06.06.2016 - 14 BV 15.527 -, juris (Rn. 16) jedenfalls, wenn seit Antragstellung keine Rechtsänderungen erfolgt sind; zuletzt ebenso VG Regensburg, Urt. v. 12.02.2019 - RO 12 K 17.2008 -, juris (Rn. 21)), sondern auch die Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Antragstellung (hierfür etwa VG Sigmaringen, Urt. v. 08.03.2016 - 3 K 4243/14 -, juris (Rn. 18)) in Betracht.

Dies bedarf vorliegend jedoch ebenso wenig der abschließenden Klärung wie die weitere Frage, ob hierbei (aus Gründen des materiellen Rechts) möglicherweise zwischen Fällen zu differenzieren sein wird, in denen die Aufwendungen aufgrund Durchführung einer Maßnahme, Behandlung oder Anschaffung ohne deren - erforderliche, aber versagte - Voranerkennung bereits entstanden sind (vgl. zu einer solchen Fallgestaltung etwa VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.12.2009 - 4 S 1909/07 -, juris (Rn. 37 ff.)) und solchen, in denen die beantragte Behandlung, Maßnahme oder Anschaffung noch nicht stattgefunden hat. Denn maßgeblich ist im Fall der Klägerin in jedem Fall die - seit ihrer Antragstellung im April 2018 bis zum Entscheidungszeitpunkt des Gerichts am 27.05.2020 unverändert gebliebene - Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO) vom 28.07.1995 (GBl. S. 261) zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.11.2016, gültig seit 01.01.2017 (GBl. S. 611).

1. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BVO sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete Anschaffung, Miete, Reparatur, Ersatz sowie Betrieb und Unterhaltung der von Ärzten schriftlich begründet verordneten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und zur Selbstkontrolle, Körperersatzstücke sowie die Unterweisung im Gebrauch dieser Gegenstände nach Maßgabe der Anlage zur BVO. Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO kann das Finanzministerium, soweit nicht in der Anlage zur BVO bereits geregelt, die Beihilfefähigkeit u.a. von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden sowie Materialien, Arznei- und Verbandmittel, die nicht zweifelsfrei notwendig oder nach Umfang oder Höhe angemessen sind, ganz oder teilweise von einer vorherigen Anerkennung abhängig machen, begrenzen oder ausschließen.

Gemäß Nr. 1.5.1 Satz 1 der Anlage zur BVO sind von der Beihilfefähigkeit, einschließlich der zugehörigen Materialien, Arznei- und Verbandmittel, Aufwendungen für die vom Bundesministerium des Innern in Anlage 1 zur BBhV genannten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit den dort genannten Maßgaben ausgeschlossen. In dieser Anlage 1 (zu § 6 Absatz 2) der Verordnung über Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (Bundesbeihilfeverordnung - BBhV; BGBl. I 2012, S. 1944) in der Fassung vom 24.07.2018 sind Aufwendungen für einen Assistenzhund nicht als - ganz oder teilweise - ausgeschlossen aufgeführt. Gemäß Nr. 1.5.1 Satz 2 der Anlage zur BVO sind wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bei Vorliegen einer schwerwiegenden lebensbedrohlichen Erkrankung beihilfefähig, wenn zu deren Behandlung sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode noch nicht herausgebildet hat (Buchstabe a) oder zu deren Behandlung wissenschaftlich allgemein anerkannte Methoden aus medizinischen Gründen nicht angewendet werden dürfen (Buchstabe b) oder zu deren Behandlung bereits wissenschaftlich allgemein anerkannte Methoden ohne Erfolg eingesetzt wurden (Buchstabe c) und es für die vom Arzt nach gewissenhafter fachlicher Einschätzung vorgenommene oder beabsichtigte Behandlung ernsthafte Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Erfolg der Heilung oder auch nur spürbare Hinweise auf den positiven Krankheitsverlauf im konkreten Einzelfall gibt (Buchstabe d). Der Nachweis für das Vorliegen der vorgenannten Ausnahmen ist durch ein medizinisches Gutachten zu führen (Nr. 1.5.1 Satz 2 der Anlage zur BVO).

Gemäß Nr. 2.1 der Anlage zur BVO sind die notwendigen und angemessenen Aufwendungen für Anschaffung, Miete und Ersatz der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nebst Zubehör im Rahmen der Höchstbeträge beihilfefähig, wenn sie vom Arzt schriftlich und verordnet und in der nachstehenden Liste aufgeführt sind. In dieser Liste findet sich jedoch nur der "Blindenführhund (einschließlich Geschirr, Hundeleine, Halsband, Maulkorb)" aufgeführt, nicht aber der der Klägerin verordnete Assistenzhund. Gemäß Nr. 2.3 Satz 1 der Anlage zur BVO gehören zu den Hilfsmitteln und Geräten nicht Gegenstände von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Preis, oder die dem Bereich der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind. Dies gilt gemäß Nr. 2.3 Satz 2 der Anlage zur BVO u.a. auch für behindertengerecht veränderte Gegenstände. Gemäß Nr. 2.4 Satz 1, 1. Halbsatz der Anlage zur BVO kann das Finanzministerium durch Verwaltungsvorschrift Hilfsmittel und Geräte die vorstehend nicht ausdrücklich genannt sind, einer der vorstehenden Nummern 2.1 bis 2.3 zuordnen. Im Übrigen ist eine Beihilfegewährung auch ohne Vorliegen eines besonderen Härtefalls unter den sonstigen Voraussetzungen des § 5 Abs. 6 BVO nur mit Zustimmung des Finanzministeriums zulässig (Nr. 2.4 Satz 2 der Anlage zur BVO).

Die Gewährung von Beihilfe findet ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die ihrerseits zu den hergebrachten Grundsätzen des Beamtenrechts gehört und damit verfassungsrechtlich gewährleistet ist (Art. 33 Abs. 5 GG). Danach hat der Dienstherr Vorkehrungen zu treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfälle nicht gefährdet wird. Damit dienen auch die für die Ausgestaltung der Beihilfe erlassenen Vorschriften der Konkretisierung der Fürsorgepflicht. Dabei ist es dem Dienstherrn von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht verwehrt, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Art, Ausmaß und Begrenzung der Hilfe, die der Dienstherr dem Beamten gewährt, muss sich jedoch aus dem Gesamtzusammenhang der Beihilfenvorschriften als "Programm" ergeben. Damit darf eine Einschränkung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für medizinisch notwendige Maßnahmen auch in Krankheitsfällen nur durch den Verordnungsgeber selbst aus triftigem Grunde erfolgen (vgl. zu diesen Voraussetzungen eines Beihilfeausschlusses VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 07.01.2015 - 2 S 1205/13 -, juris (Rn. 27) m.w.N. zur Rspr. des BVerwG).

2. Ausgehend von diesen Maßstäben ist der von der Klägerin hier dem Grunde nach geltend gemachte Anspruch auf eine Beihilfe zu ihren Aufwendungen für einen PTBS-Assistenzhund vom baden-württembergischen Verordnungsgeber durch die Ausschlussregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO i.V.m. Nr. 2.1 und 2.3 der Anlage zu BVO in zulässiger Weise ausgeschlossen worden. Soweit die Klägerin die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens hinsichtlich der medizinischen Notwendigkeit des verordneten Assistenzhundes anregt, bedarf es dieser schon deshalb nicht, weil der Beklagte diese - als solche - nicht bestreitet. Anders als die Klägerin anzunehmen scheint, ist die medizinische Notwendigkeit der hier erfolgten Behandlung zwar eine notwendige (vgl. nochmals § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO), aber keine hinreichende Bedingung für die vollständige Anerkennung ihrer Aufwendungen als beihilfefähig, wie sich aus den genannten Vorschriften in § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO i.V.m. Nr. 2.1 und 2.3 der Anlage zu BVO ergibt.

a) Einen den vorstehend genannten Vorgaben der Rechtsprechung entsprechenden individuellen Leistungsausschluss aus triftigem Grund für Aufwendungen für Hilfsmittel enthält die Beihilfeverordnung Baden-Württemberg mit den Regelungen der Nr. 2.1 und 2.3 der Anlage zu BVO (vgl. hierzu nur VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.02.2011 - 2 S 2806/10 -, juris (Rn. 20 ff.), bestätigt durch BVerwG, Urt. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 -, ZBR 2013, S. 249). Diese Ausschlussvorschriften erfassen auch den Fall der Klägerin.

aa) Zwar kommt die begriffliche Einstufung eines (PTBS-)Assistenzhundes als - sächliches (vgl. § 90a BGB) - "Hilfsmittel" im Sinne des - auch im Rahmen des § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO i.V.m. Nr. 2.1 und 2.3 der Anlage zu BVO in Ermangelung einer Definition in der BVO zugrunde zu legenden Begriffsverständnisses des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.02.2011 - 2 S 2806/10 -, juris (Rn. 28)) grundsätzlich in Betracht (vgl. hierzu nur LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16.11.2016 - L 4 VG 15/15 -, juris (Rn. 30); zuletzt LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 18.02.2020 - L 16 KR 253/18 -, juris (Rn. 32)). Allerdings wird der Assistenzhund im - wenn auch nicht abschließenden (vgl. Keufer/Hellstern/Zimmermann, Beihilfevorschriften Baden-Württemberg, Band 1, 73. Ergänzungslieferung, Stand Juli 2015, Hilfsmittel - Anlage zur BVO Nr. 2 (Rn. 60 (2)) unter Verweis auf Nr. 2.4 der Anlage zur BVO) - sog. "Positivkatalog" der Nr. 2.1 der Anlage zur BVO nicht aufgeführt. Ebenso wenig hat der Assistenzhund bislang Aufnahme in das - soweit die BVO nichts Anderes enthält - als Entscheidungshilfe heranzuziehende (vgl. Keufer/Hellstern/Zimmermann, Beihilfevorschriften Baden-Württemberg, Band 1, 79. Ergänzungslieferung, Stand Dezember 2017, § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO (Rn. 3)) Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 SGB V gefunden (vgl. hierzu die Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin im BMAS Griese auf die Frage der Abgeordneten Dr. Kappert-Gonther im Plenarprotokoll 19/88 zur 88. Sitzung des Deutschen Bundestags am 20.03.2019, S. 10462).

Soweit die Klägerin für ihre gegenteilige Rechtsauffassung auf eine Entschließung des Bundesrats vom 10.02.2017 verweist, mit welcher dieser die Bundesregierung u.a. auffordert, "zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen, [...] mit dem durch Änderung des § 33 SGB V die Möglichkeit geschaffen wird, dass Assistenzhunde Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 SGB V finden können" (vgl. BR-Drucks. 742/16), hat diese - rechtlich unverbindliche - Entschließung bislang keinen Niederschlag im Gesetz gefunden (vgl. hierzu die Stellungnahme der Bundesregierung vom 25.10.2017 auf BT-Drucks. 693/17). Soweit die Klägerin weiter vorträgt, auch der 11. Ausschuss des Bundestages zur Weiterentwicklung des BGG habe Assistenzhunde als Hilfsmittel im Sinne dieses Gesetzes anerkannt, bezieht sich dies allein auf die Einfügung von § 4 Satz 2 BGG, wonach die "Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel" im Rahmen der dort definierten Barrierefreiheit zulässig sind (vgl. hierzu BT-Drucks. 18/8428, S. 2 f., 5 und 14 sowie Dau, in: Dau/Düwell/Joussen, SGB IX-Kommentar, 5. Aufl. 2019, § 4 BGG (Rn. 4)) und erbringt nichts für die vorliegend in Rede stehende Frage einer Einstufung als beihilfefähiges Hilfsmittel im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO i.V.m. Nr. 2.1 und 2.3 der Anlage zu BVO respektive für eine Kostenerstattung durch die Krankenkassen auf Grundlage der §§ 33, 139 SGB V.

Zwar trifft das weitere Vorbringen der Klägerin zu, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Spitzenverbände der Krankenkassen keine gesetzliche Ermächtigung erhalten haben, durch das Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 SGB V ihre Leistungen gegenüber den Versicherten im Sinne einer "Positivliste" abschließend festzulegen (vgl. hierzu nur BSG, Urt. v. 03.08.2006 - B 3 KR 25/05 R -, juris (Rn. 11); zuletzt etwa BSG, Urt. v. 18.06.2014 - B 3 KR 8/13 R -, juris (Rn. 9) jeweils m.w.N.), weshalb aus medizinischen Gründen auch ein dort nicht genanntes Hilfsmittel verschrieben werden könne. Indes bedarf es keiner grundsätzlichen Klärung, welche Folgerungen hieraus für die Beihilfefähigkeit eines solchen, nicht im "Positivkatalog" nach Nr. 2.1 der Anlage zur BVO genannten Hilfsmittels abzuleiten wären (vgl. aber zur Übertragbarkeit der Rspr. des BSG auf die Frage, ob ein Hilfsmittel im Sinne der Satzung der Postbeamtenkrankenkasse - mit dem dortigen Verweis auf die beihilferechtlichen Vorschriften des Bundes - erforderlich ist, um eine Behinderung auszugleichen VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 10.10.2011 - 2 S 1369/11 -, juris (Rn. 32); Urt. v. 19.01.2017 - 2 S 1592/13 -, juris (Rn. 64)). Denn jedenfalls im Ergebnis besteht im vorliegenden Fall auch bei Zugrundelegung der genannten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kein Anspruch der Klägerin auf eine Einstufung des ihr verschriebenen PTBS-Assistenzhundes als Hilfsmittel aufgrund einer Einzelfallprüfung anhand der in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V hierfür benannten Kriterien.

Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.

(1) Der Assistenzhund der Klägerin dient zunächst einmal nicht dem Versorgungsziel der Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGB V). Dies ist der Fall, soweit ein Hilfsmittel spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V) eingesetzt wird, um zu ihrem Erfolg beizutragen. Der spezifische Bezug zu der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung setzt voraus, dass die Verwendung des begehrten Hilfsmittels in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche und ärztlich angeleitete Leistungserbringer steht und für die gezielte Versorgung im Sinne der Behandlungsziele des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V als erforderlich anzusehen ist (vgl. hierzu zuletzt LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 18.02.2020 - L 16 KR 253/18 -, juris (Rn. 41) m.w.N. zur Rspr. des BSG im Falle eines ausgebildeten "Fetales Alkoholsyndrom (FAS) - Begleithundes"). Eine hiernach erforderliche - konkrete - Einbindung des Assistenzhundes der Klägerin in einen ärztlichen Therapieplan ergibt sich aus den von ihr vorgelegten ärztlichen Unterlagen nicht.

Unabhängig hiervon fehlt es jedenfalls an der weiteren Voraussetzung einer Einstufung als Hilfsmittel nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGB V, dass - sofern ein Hilfsmittel den Erfolg einer Krankenbehandlung im Sinne dieser Vorschrift sichern soll und dabei in einem untrennbaren Zusammenhang mit einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode i.S.d. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V eingesetzt wird - die neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) anerkannt worden ist. Bei dem Einsatz eines speziell zur Behandlung von PTBS ausgebildeten Assistenzhundes handelt es sich um eine solche Untersuchungs- und Behandlungsmethode, zu der der Assistenzhund in einem untrennbaren Zusammenhang steht. Diese Methode ist jedoch soweit ersichtlich bislang nicht durch den GBA anerkannt (vgl. hierzu LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16.11.2016 - L 4 VG 15/15 -, juris (Rn. 41 ff.); LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 17.11.2017 - L 13 VG 28/16 -, juris (Rn. 22)).

(2) Auch wird durch den Assistenzhund keine Behinderung ausgeglichen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 SGB V). Hinsichtlich der Bestimmung eines Hilfsmittels zum Ausgleich einer Behinderung im Sinne dieser Vorschrift ist nach ständiger Rechtsprechung der Sozialgerichte zwischen dem unmittelbaren und dem mittelbaren Behinderungsausgleich zu unterscheiden. Bei dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dient das Hilfsmittel - unmittelbar - dem Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion, während im Bereich des mittelbaren Behinderungsausgleichs das Hilfsmittel zum Ausgleich der direkten und indirekten Behinderungsfolgen eingesetzt wird. Diese Differenzierung wird als notwendig angesehen, weil unter Einbeziehung einer historischen Betrachtung unzweifelhaft sei, dass der Ausfall einer Körperfunktion den Krankheitsbegriff in der gesetzlichen Krankenversicherung erfüllt, und es daher zu deren Aufgabenbereich gehört, ausgefallene oder beeinträchtigte Körperfunktionen soweit wie möglich wiederherzustellen oder zu verbessern. Bei dem mittelbaren Behinderungsausgleich geht es demgegenüber darum, einem behinderten Menschen, dessen Beeinträchtigung durch medizinische Leistungen einschließlich des Einsatzes von Hilfsmitteln nicht weiter behoben werden kann, das Leben mit den Folgen dieser Beeinträchtigung zu erleichtern. Dabei ist es nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, jegliche Behinderungsfolgen in allen Lebensbereichen auszugleichen (vgl. hierzu wiederum nur LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 18.02.2020 - L 16 KR 253/18 -, juris (Rn. 35) m.w.N. zur Rspr. des BSG).

Ein unmittelbarer Behinderungsausgleich in diesem Sinne liegt im Fall der Klägerin nicht vor. Im Gegensatz zum Blindenführhund, der nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dient, weil er die durch die Blindheit erschwerte Orientierungsfähigkeit und damit die erschwerte Möglichkeit der unbehinderten Fortbewegung ausgleicht und damit einen Funktionsausgleich bietet, der unmittelbar die Behinderung betrifft und nicht erst bei den Folgen der Behinderung in bestimmten Lebensbereichen einsetzt, dient der Assistenzhund oder Begleithund nicht der Herstellung oder Verbesserung einer beeinträchtigten Körperfunktion und damit nicht dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (vgl. hierzu nochmals LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16.11.2016 - L 4 VG 15/15 -, juris (Rn. 35); LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 18.02.2020 - L 16 KR 253/18 -, juris (Rn. 36) m.w.N. zur Rspr. des BSG).

Der beantragte Assistenzhund dient schließlich auch nicht dem mittelbaren Behinderungsausgleich im Sinne der genannten Rechtsprechung der Sozialgerichte. Soweit der Hund dem Ausgleich der Folgen der Behinderung dienen mag, scheidet ein Leistungsanspruch nach dem SGB V vorliegend aus, weil er nicht der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens dient. Um den Aufgabenbereich der GKV abzugrenzen, ist ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich von der Krankenkasse nach ständiger Rechtsprechung der Sozialgerichte nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mindert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Räumlich bezieht sich das Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen oder geistigen Freiraums im Bereich der Mobilität nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auf den Bewegungsradius, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht. Dazu ist der Versicherte nach Möglichkeit zu befähigen, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang an die Luft zu kommen oder um üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegende Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Auch insoweit ergibt sich aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen nicht, dass die Klägerin einen ausgebildeten Assistenzhund wegen ihrer PTBS als Hilfsmittel benötigt, um selbstständig zu wohnen und sich einen gewissen körperlichen und geistigen Freiraum, insbesondere durch Mobilität im Nahbereich, zu erschließen (vgl. hierzu übereinstimmend BSG, Beschl. v. 27.08.2018 - B 9 V 15/18 -, juris (Rn. 9); LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16.11.2016 - L 4 VG 15/15 -, juris (Rn. 36 f.); LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 17.11.2017 - L 13 VG 28/16 -, juris (Rn. 23); LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 18.02.2020 - L 16 KR 253/18 -, juris (Rn. 37 ff.); ebenfalls in diesem Sinne für das baden-württembergische Beihilferecht Keufer/Hellstern/Zimmermann, Beihilfevorschriften Baden-Württemberg, Band 1, 73. Ergänzungslieferung, Stand Juli 2015, Hilfsmittel - Anlage zur BVO Nr. 2 (Rn. 60 (6) zum Stichwort "Behindertenbegleithund")).

bb) Unabhängig hiervon greift im Fall des hier verfahrensgegenständlichen Assistenzhundes jedenfalls der Negativkatalog nach Nr. 2.3 Satz 1 der Anlage zur BVO, weil dieser Hund dem Bereich der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen ist. Zur allgemeinen Lebenshaltung in diesem Sinne zählen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg jedenfalls Hilfsmittel, die unabhängig von einer Erkrankung oder Behinderung von jedermann benutzt werden (können). Nicht zur allgemeinen Lebenshaltung in diesem Sinne gehören daher Hilfsmittel, die zur Therapierung der Erkrankung oder Behinderung eingesetzt werden. Wenn ein Hilfsmittel, wie vorliegend der Assistenzhund, sowohl zu Therapie- als auch zu Zwecken der allgemeinen Lebenshaltung eingesetzt werden kann, genügt es für dessen Qualifizierung als beihilfefähiges Hilfsmittel nicht, dass es im Einzelfall zu therapeutischen Zwecken benutzt wird. Vielmehr erfordert die Einordnung als beihilfefähiges Hilfsmittel eine entsprechende objektive Eigenart und Beschaffenheit, die es von einem Gegenstand, den jedermann im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung nutzen könnte, abhebt (vgl. hierzu VG Baden-Württemberg, Urt. v. 06.10.2016 - 2 S 347/16 -, NVwZ-RR 2016, S. 333 (Rn. 24) unter Verweis auf BVerwG, Urt. v. 14.03.1991 - 2 C 23.89 - juris (Rn. 23)). Dies ist bei einem Assistenzhund nicht der Fall; dieser hat zwar (jeweils) spezifische Fähigkeiten in der Betreuung eines Menschen erlernt, unterscheidet sich aber im Übrigen objektiv in seiner Eigenart und Beschaffenheit nicht von einem gewöhnlichen Hund ohne derartige Fähigkeiten (vgl. zu diesem Maßstab auch anhand des - strukturell vergleichbaren - behindertengerechten Umbaus eines Kraftfahrzeugs VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.02.2011 - 2 S 2806/10 -, juris (Rn. 24) m.w.N., bestätigt durch BVerwG, Urt. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 -, ZBR 2013, S. 249).

Es bedarf danach keiner Klärung, ob die begehrte Beihilfe zu den Aufwendungen für einen PTBS-Assistenzhund unabhängig hiervon auch deshalb ausgeschlossen ist, weil es sich bei der Verordnung eines solchen Assistenzhundes nicht um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt, wie das LBV in Übertragung der insoweit - allerdings für Behandlungsmethoden - entwickelten Grundsätze (vgl. hierzu nur VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 23.04.2013 - 2 S 3166/11 -, VBlBW 2014, S. 59 (60)) auf Hilfsmittel (für deren Übertragbarkeit, allerdings ohne nähere Begründung VG Köln, Urt. v. 16.06.2016 - 1 K 1625/15 -, juris (Rn. 22)) unter Bezugnahme auf § 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 BVO und Nr. 1.5.1 der Anlage zur BVO annimmt.

cc) Der damit tatbestandlich eingreifende Beihilfeausschluss steht auch mit höherrangigem Recht im Einklang, insbesondere liegt darin keine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht des Dienstherrn aus Art. 33 Abs. 5 GG. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg muss der Dienstherr hiernach gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann; jedoch fordert die Fürsorgepflicht nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Hilfefällen entstandenen Aufwendungen und auch nicht deren Erstattung in jeweils vollem Umfang. Ebenso wenig verlangt sie, dass das von der Beihilfe nicht gedeckte Risiko in jedem Falle in vollem Umfang versicherbar sein muss. Auch müssen das Beihilfesystem und die private Krankenversicherung nicht "lückenlos" aufeinander abgestimmt sein. Der Charakter der Beihilfe als einer ergänzenden Hilfeleistung belässt dem Dienstherrn daher einen erheblichen Spielraum, innerhalb dessen er durch seine Beihilfevorschriften die Voraussetzungen, den Umfang sowie die Art und Weise dieser speziellen Fürsorge generalisierend und typisierend bestimmen kann (vgl. zu diesem Maßstab betreffend den - strukturell vergleichbaren - behindertengerechten Umbau eines Kraftfahrzeugs nochmals VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.02.2011 - 2 S 2806/10 -, juris (Rn. 25 ff.) m.w.N. auch zur Rspr. des BVerfG und BVerwG, bestätigt durch BVerwG, Urt. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 -, ZBR 2013, 249; zuletzt etwa VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.10.2019 - 2 S 2194/18 -, juris (Rn. 45)).

Dafür, dass der Verordnungsgeber den ihm eröffneten Gestaltungsspielraum durch den Ausschluss der Aufwendungen für einen Assistenzhund von der Beihilfefähigkeit überschritten hätte, ist in Bezug auf den vorliegenden Fall nichts ersichtlich. Die hier einschlägige Regelung ist grundsätzlich mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbar. Sie hält sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung der Fürsorgepflicht in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen zustehenden Ermessens. Sie grenzt in zulässig typisierender Weise Aufwendungen in Krankheitsfällen, derentwegen der Beamte einer ergänzenden Hilfeleistung des Dienstherrn durch Beihilfen bedarf, von Kosten ab, die in ihrem Schwerpunkt eher der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind, zu deren Bestreitung grundsätzlich die amtsgemäße Besoldung und Versorgung sowie allgemein zugängliche Hilfen, jedenfalls aber nicht die Beihilferegelung vorgesehen sind. Denn es lässt sich nicht feststellen, dass die Anschaffung eines Assistenzhundes für die Klägerin notwendig ist, um ihre absoluten Grundbedürfnisse zu befriedigen. Einen weitergehenden Behinderungsausgleich gebietet aber die Fürsorgepflicht nicht (vgl. in diesem Sinne - wiederum unter Rückgriff auf die Rspr. der Sozialgerichte zum Behinderungsausgleich nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung - VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.02.2011 - 2 S 2806/10 -, juris (Rn. 25 ff.) m.w.N. auch zur Rspr. des BVerwG, bestätigt durch BVerwG, Urt. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 -, ZBR 2013, 249).

b) Einen Härtefall im Sinne des § 5 Abs. 6 Satz 1 BVO hat die Klägerin schon nicht geltend gemacht; ein solcher ist für die Kammer auch sonst nicht ersichtlich (vgl. zu den Voraussetzungen für die Annahme eines solchen Härtefalls nur VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 23.04.2013 - 2 S 3166/11 -, VBlBW 2014, 59 (61)). Im Übrigen ist für die Anwendung der Härtefallbestimmung des § 5 Abs. 6 Satz 1 BVO kein Raum, weil diese Regelung nach § 5 Abs. 6 Satz 3 BVO für ausdrückliche Leistungsausschlüsse - wie den vorliegenden - nicht gilt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 13.12.2012 - 5 C 3.12 -, juris (Rn. 14) zum auch hier verfahrensgegenständlichen Beihilfeausschluss nach Nr. 2.3 der Anlage zur BVO, in der Vorinstanz noch offen gelassen durch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.02.2011 - 2 S 2806/10 -, juris (Rn. 34)).

c) Nichts Anderes folgt schließlich aus den von der Klägerin hierfür in Bezug genommenen Vorschriften der Art. 9 Abs. 2 e), Art. 19 b) und Art. 20 b) des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008 (UN-Behindertenrechtskonvention - UN-BRK). Das Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008 (Vertragsgesetz zur UN-BRK, BGBl. II S. 1419) ist gemäß dessen Art. 2 Abs. 1 am 1. Januar 2009 in Kraft getreten. Es erteilt innerstaatlich den Befehl zur Anwendung der UN-BRK und setzt diese in nationales Recht um. Völkerrechtliche Verbindlichkeit kommt der UN-BRK für Deutschland gemäß Art. 45 Abs. 2 UN-BRK ab dem 26. März 2009 zu. Innerhalb der deutschen Rechtsordnung stehen völkerrechtliche Verträge wie die UN-BRK, denen die Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist, im Range eines Bundesgesetzes. Diese Rangzuweisung führt in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG dazu, dass deutsche Gerichte das anwendbare Völkervertragsrecht wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden haben (vgl. hierzu zuletzt LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.09.2019 - L 7 SO 4668/15 -, juris (Rn. 66) m.w.N. zur Rspr. des BVerfG).

Subjektive Ansprüche für behinderte Menschen vermittelt die UN-BRK - wie auch andere völkerrechtliche Übereinkommen - jedoch nur, soweit sie unmittelbar anwendbar ("self-executing") ist. Die unmittelbare Anwendbarkeit völkervertragsrechtlicher Bestimmungen setzt voraus, dass die Bestimmung alle Eigenschaften besitzt, welche ein Gesetz nach innerstaatlichem Recht haben muss, um Einzelne berechtigen oder verpflichten zu können. Dafür muss ihre Auslegung ergeben, dass sie geeignet und hinreichend bestimmt ist, wie eine innerstaatliche Vorschrift rechtliche Wirkung zu entfalten, ohne dass es einer weiteren normativen Ausfüllung bedarf. Ist eine Regelung - objektiv-rechtlich - unmittelbar anwendbar, muss sie zusätzlich auch ein subjektives Recht des Einzelnen vermitteln (vgl. auch hierzu nur LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.09.2019 - L 7 SO 4668/15 -, juris (Rn. 67) m.w.N.). Die Auslegung völkervertragsrechtlicher Bestimmungen richtet sich nach den Grundsätzen in Art. 5, 31 ff. des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge (Wiener Vertragsrechtskonvention - WVK), dem durch Bundesgesetz vom 03.08.1985 (BGBl. II S. 926) zugestimmt wurde, und das für die Bundesrepublik Deutschland am 20.08.1987 in Kraft getreten ist (Bekanntmachung vom 26. Oktober 1987 - BGBl. II S. 757). Nach der zentralen Vorschrift des Art. 31 WVK ist ein völkerrechtlicher Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen; dabei sind außer dem Vertragswortlaut samt Präambel, Anlagen sowie weiteren diesbezüglichen Übereinkünften und Urkunden in gleicher Weise zu berücksichtigen jede spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrages oder die Anwendung seiner Bestimmungen und jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrages, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht. Der Entstehungsgeschichte kommt nach Art. 32 WVK nur eine subsidiäre Bedeutung für die Vertragsauslegung zu (vgl. zum Ganzen zuletzt VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.07.2019 - 9 S 2679/18 -, juris (Rn. 95) unter Verweis auf BVerwG, Urt. v. 29.04.2009 - 6 C 16.08 -, BVerwGE 134, 1 (Rn. 47)).

Nach diesen Maßstäben ist insbesondere Art. 19 UN-BRK nicht unmittelbar anwendbar. Hierfür spricht zunächst der Wortlaut dieses Artikels. Denn danach treffen die Vertragsstaaten wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss des dort normierten Rechts, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern. Dies deutet darauf hin, dass das Übereinkommen an dieser Stelle gerade keine subjektiven Rechte schaffen will, sondern die nähere Umsetzung des in Art. 19 UN-BRK eingeräumten Rechts den Vertragsstaaten vorbehalten bleiben soll. Diese Deutung wird untermauert durch ein systematisches Argument: Die UN-BRK verwendet den Begriff "Anspruch" dann, wenn subjektive Rechte der behinderten Menschen begründet werden sollen (z.B. in Art. 22 Abs. 1 UN-BRK: "Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen", oder in Art. 30 Abs. 4 UN-BRK: "Menschen mit Behinderungen haben gleichberechtigt mit anderen Anspruch auf Anerkennung und Unterstützung ihrer spezifischen kulturellen und sprachlichen Identität"). Die Formulierung eines solchen "Anspruchs" findet sich in Art. 19 UN-BRK jedoch gerade nicht (vgl. zum Ganzen zuletzt LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.09.2019 - L 7 SO 4668/15 -, juris (Rn. 68); LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 06.02.2014 - L 20 SO 436/13 B ER - juris (Rn. 60) jeweils m.w.N.). Auch soweit in Art. 20 UN-BRK die Vertragsstaaten verpflichtet werden, wirksame Maßnahmen zu treffen, um für Menschen mit Behinderungen die persönliche Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit sicherzustellen, bedarf diese Absichtserklärung der Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber, dem in diesem Zusammenhang ein erheblicher Gestaltungsspielraum verblieben ist; ein unmittelbarer Leistungsanspruch lässt sich damit auch dieser Regelung nicht entnehmen (vgl. hierzu im Kontext der Einrichtung eines Schwerbehindertenparkplatzes nach der StVO VG Freiburg, Urt. v. 07.11.2018 - 4 K 4063/17 - juris (Rn. 35) m.w.N. zur Rspr. der Landessozialgerichte; ferner LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16.11.2016 - L 4 VG 15/15 -, juris (Rn. 64) zum Anspruch auf Versorgung nach den §§ 10 ff. BVG mit einem PTBS-Assistenzhund; ebenso im Rahmen des Beihilferechts BayVGH, Beschl. v. 29.01.2019 - 14 ZB 18.663 -, juris (Rn. 16): "jedenfalls dann keine eigene Anspruchsgrundlage für Menschen mit Behinderung [...], wenn Menschen mit Behinderung dieselbe Bandbreite von Leistungen zur Verfügung steht wie Menschen ohne Behinderung" unter Verweis auf BSG, Urt. v. 06.03.2012 - B 1 KR 10/11 R -, BSGE 110, 194 (Rn. 17 ff.)). Nichts Anderes gilt schließlich im Hinblick auf die in Art. 9 Abs. 2 e) UN-BRK verankerte Verpflichtung der Vertragsstaaten, geeignete Maßnahmen zu treffen, "um menschliche und tierische Hilfe" sowie Mittelspersonen, unter anderem Personen zum Führen und Vorlesen sowie professionelle Gebärdensprachdolmetscher und -dolmetscherinnen, zur Verfügung zu stellen, zumal diese Verpflichtung nach dem Wortlaut dieser Vorschrift (allein) mit dem Ziel besteht, "den Zugang zu Gebäuden und anderen Einrichtungen, die der Öffentlichkeit offenstehen, zu erleichtern", mithin ein Grundbedürfnis nach Mobilität zu erfüllen, das jedenfalls bei der Klägerin ohnehin nicht infrage gestellt ist.

In Deutschland fördert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Umsetzung der genannten völkervertraglichen Verpflichtungen derzeit mit 250.000,- EUR aus Mitteln des Nationalen Aktionsplans zur UN-Behindertenrechtskonvention im Zeitraum von September 2018 bis Juni 2022 eine vom Verein Pfotenpiloten e.V. in Frankfurt/Main durchgeführte Aufklärungskampagne "Assistenzhunde Willkommen", um auch in Bereichen der Privatwirtschaft eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen besser zu erreichen (vgl. hierzu die Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Griese im BMAS auf die Frage der Abgeordneten Dr. Kappert-Gonther im Plenarprotokoll 19/88 zur 88. Sitzung des Deutschen Bundestags am 20.03.2019, S. 10462; ferner die Homepage der genannten Organisation https://www.pfotenpiloten.org). Ob in Zukunft - etwa durch Schaffung eines "Assistenzhundegesetzes" - weitergehende (Leistungs-)Ansprüche begründet werden, ist eine rechtspolitische Frage (vgl. hierzu neben der Entschließung des Bundesrats vom 10.02.2017 in BR-Drucks. 742/16 und der Stellungnahme der Bundesregierung vom 25.10.2017 auf BT-Drucks. 693/17 den Gesetzesentwurf der FDP-Bundestagsfraktion vom 25.10.2019 auf BT-Drucks. 19/14503 sowie die Antworten der Parlamentarischen Staatssekretärin im BMAS Griese und des Parlamentarischen Staatssekretärs im BMAS Dr. Gebhart auf BT-Drucks. 19/13638, S. 38 und 56, wonach das BMAS nunmehr beabsichtigt, eine gesetzliche Regelung zu Assistenzhunden in Deutschland "möglichst auch [zu den] Fragen der Finanzierung unter Berücksichtigung der Interessen der Kostenträger" vorzulegen).

Die Kammer weist allerdings darauf hin, dass aus der nach alledem hier nicht gegebenen Beihilfefähigkeit nicht notwendig folgt, dass die Klägerin die ihr insoweit vom LBV nicht ersetzten Aufwendungen vollständig allein tragen muss. Es erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie diese Kosten zumindest als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) geltend machen kann (vgl. allgemein zur Einstufung anderweitig nicht gedeckter Krankheitskosten bei Vorliegen einer ausdrücklichen medizinischen Indikation Mellinghoff, in: Kirchhof/Seer, EStG, Kommentar, 19. Aufl. 2020, § 33 EStG (Rn. 54, Stichwort Krankheitskosten) m.w.N. zur Rspr. des BFH; vgl. allerdings zum Verhältnis zwischen § 33, § 33b und § 35a EStG im Zusammenhang mit Aufwendungen für einen Epilepsie- bzw. Anfallswarnhund FG Baden-Württemberg, Urt. v. 30.11.2016 - 2 K 2338/15 -, juris), sofern die entsprechenden Einkommensteuerjahre noch nicht bestandskräftig abgeschlossen oder die in der Abgabenordnung vorgesehenen Voraussetzungen für die - nachträgliche - Änderung von Steuerbescheiden vorliegen. Die Prüfung obliegt insoweit dem zuständigen Finanzamt auf einen entsprechenden Antrag.

Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. In Anwendung des § 167 Abs. 2 VwGO wird davon abgesehen, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Die Berufung gegen dieses Urteil ist nicht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.

Referenznummer:

R/R9113


Informationsstand: 28.10.2020