Der Kläger steht als Richter im Dienst des Beklagten und begehrt Beihilfeleistungen.
Mit Antrag vom 3. Juli 2015 machte er Aufwendungen für die Sehhilfe seiner mit einem Bemessungssatz von 70 % berücksichtigungsfähigen (§ 3
Abs. 1
Nr. 1 BayBhV) Ehefrau geltend (Rechnung der Firma ..., Augenoptik, vom ... Mai 2015 über insgesamt 750,00
EUR [Bl. 4 der Behördenakte - d.
BA], davon 259,00
EUR für die Fassung und 491,00
EUR für die Brillengläser). Der Rechnung zugrunde lag eine Verordnung der Ärztin für Augenheilkunde, Frau
Dr. ..., vom ... März 2015 (Bl. 24 der Gerichtsakte - d. GA) über entspiegelte Kunststoffgläser mit gehärteter Oberfläche mit den Werten: Ferne rechts: -7,0/-0,25/10°, links: -6,5/-1,25/155°. Der Rechnung der behandelnden Ärztin vom ... März 2015 sind die Diagnosen Myopie (H52.1,
ICD-10) und Astigmatismus (H52.2,
ICD-10) zu entnehmen.
Mit Bescheid vom 20. Juli 2015 lehnte der Beklagte durch das Landesamt für Finanzen, Dienststelle ..., die Gewährung von Beihilfe für die genannten Rechnungen unter Hinweis auf die Nichterstattungsfähigkeit der Aufwendungen für die Anschaffung von Sehhilfen mit der Begründung ab, dass keine der Indikationen nach § 22
Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 BayBhV vorliege, die ausnahmsweise die Erstattung der Aufwendungen für die Anschaffung von Sehhilfen nach Vollendung des 18. Lebensjahres erlaube.
Den hiergegen unter Hinweis auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U. v. 14.7.2015 -
14 B 13.654) mit Schreiben vom 12. August 2015 eingelegten und auf die abgelehnte Erstattung der Aufwendungen für die Anschaffung der Sehhilfe der Ehefrau des Klägers beschränkten Widerspruch wies der Beklagte durch das Landesamt für Finanzen, Dienststelle ..., mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2015 zurück, da eine schwere Sehbehinderung im Sinne des § 22
Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 BayBhV nach der
ICD-10-Klassifikation (www.dimdi.de) nur vorliege, wenn die Sehschärfe (Visus) auf jedem Auge bei bestmöglicher Korrektur,
d. h. trotz Verwendung von Sehhilfen jeglicher Art, maximal 0,3 betrage. Auf der augenärztlichen Verordnung der Augenärztin
Dr. ... vom ... März 2015 sei kein Visus angegeben worden. Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Sehschwäche nach H54.0 - H54.2 der
ICD-10-Klassifikation seien damit nicht nachgewiesen. Aufgrund der Rechtsprechung des BayVGH würden nach dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 28. September 2015 (Gesch.-Z.: 25-P 1820-1/27) nun auch Aufwendungen für Brillen bei Erwachsenen mit einer gravierenden Sehschwäche ab -10,0 Dioptrien als beihilfefähig berücksichtigt. Eine derartige gravierende Sehschwäche liege bei den Werten der Ehefrau des Klägers nicht vor, so dass zu den beschafften Kunststoffgläsern keine Beihilfe gewährt werden könne. Der BayVGH habe zudem festgestellt, dass individuelle berufliche Anforderungen für die Beurteilung der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen keine Rolle spielen würden.
Der Kläger erhob mit Schriftsatz vom 20. November 2015, dem Verwaltungsgericht München am selben Tage zugegangen, Klage mit dem zuletzt gestellten Antrag,
den Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2015 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 20. Juli 2015 zu verpflichten, dem Kläger für die Aufwendungen zur Anschaffung der Brille seiner Ehefrau Beihilfe in Höhe von 343,70
EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz ab Klageerhebung zu gewähren,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Berufung zuzulassen.
Ohne die entsprechende Sehkorrektur wäre die Ehefrau nicht fähig, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Sie wäre weder in der Lage, elementarer Körperpflege hinreichend nachzukommen, noch hätte sie ausreichende Mobilität, um Erledigungen innerhalb und außerhalb ihrer häuslichen Umgebung wie auch Einkäufe tätigen zu können. Die Fähigkeit, das jeweilige Umfeld
bzw. Dinge visuell ausreichend wahrnehmen zu können, zu lesen, fernzusehen und den Computer zu bedienen und sich damit die erforderlichen Informationen verschaffen zu können
bzw. auch schriftlich zu kommunizieren, seien für sie grundlegend und unverzichtbar, um am täglichen Leben, das auch ihr - nach dem Ende der Elternzeit wiedergegebenes - berufliches Aufgabenfeld umfasse, teilnehmen zu können. Ohne die erforderliche Sehhilfe wäre all dies für die Ehegattin des Klägers nicht gewährleistet. Ihr erster Griff nach dem Aufwachen gehe zu ihrer Brille, da sie sich ansonsten nur unsicher durch die eigene Wohnung fortbewegen könne. Die Fahrerlaubnis der Ehefrau sei unter der Voraussetzung erteilt worden, dass sie eine Sehhilfe trage. Dies sei auch im Führerschein vermerkt. Auch faktisch sei sie nicht in der Lage, mit einem Verkehrsmittel - Fahrrad, Pkw - oder auch zu Fuß ohne ihre Sehhilfe am Straßenverkehr teilzunehmen. Sie nehme ihre Sehhilfe nur zum Schlafen und in der Dusche ab. Auch bei der sportlichen Betätigung, sowie bei sonstigen Freizeitbeschäftigungen benötige sie ihre Sehhilfe. Sie sei inner- und außerhalb der Wohnung zwingend auf das ununterbrochene Tragen der Sehhilfe angewiesen, woraufhin sich ein Nasenrückenekzem entwickelt habe. Nach der Rechtsprechung des BayVGH sei der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene nach § 22 BayBhV unwirksam, soweit eine gravierende Sehschwäche vorliege. Bei der Ehefrau des Klägers stehe eine derartige gravierende Sehschwäche fest. Sie leide an einer Stabsichtigkeit
bzw. Hornhautverkrümmung (Astigmatismus H52.2
ICD-10) und einer starken
bzw. exzessiven Kurzsichtigkeit (Myopia magna H52.1
ICD-10). Diese beginne (in Abgrenzung zur Myopia simplex, die sich nach der Pubertät verringere) bei -6,0 Dioptrien. Anders als bei der Kurzsichtigkeit, die in der Regel ein sehr gutes Nahsehvermögen zulasse, liege bei der Stabsichtigkeit eine generelle Verzerrung, also auch im Nahbereich vor. Die Festsetzung einer pauschalen Grenze von -10,0 Dioptrien durch das Bayerische Staatsministerium der Finanzen sei offensichtlich willkürlich, medizinisch weder begründet noch begründbar und orientiere sich gerade nicht an den Vorgaben der Rechtsprechung des BayVGH, sondern stelle eine eigene, hiervon vollkommen losgelöste und gesetzlich nicht vorgesehene Voraussetzung für die Gewährung oder Nichtgewährung der Beihilfe auf. Ein fester Grenzwert beruhend auf der Dioptrienzahl berücksichtige bereits nicht die aus medizinischen Gründen notwendige Unterscheidung der unterschiedlichen Brechkraft sphärischer und zylindrischer Linsen, also zwischen Kurz- und Stabsichtigkeit und führe daher bereits per se zu einer willkürlichen Ungleichbehandlung von kurz- und/oder stabsichtigen Beihilfeberechtigten i.
S. des
Art. 3
GG. Aufgrund der unterschiedlichen und nicht vergleichbaren Brech- und damit Aussagekraft sowie der unterschiedlichen Krankheitsursachen und -folgen könne daher die Dioptrienzahl schon von vornherein kein taugliches Ausschlusskriterium sein. Zudem hätten Populationsstudien ergeben, dass bei
ca. 30% der Bevölkerung eine Myopie vorliege, davon jedoch nur bei 2,5 % eine Kurzsichtigkeit von über -6,0 Dioptrien. Der festgelegte Wert von -10,0 Dioptrien sei aus der Luft gegriffen und nicht nachvollziehbar. Anders als die bisherige Regelung sei dieser Wert weder wissenschaftlich belegt noch an medizinisch nachvollziehbaren Kriterien, wie dem Krankheitswert nach
ICD-10, orientiert. Er sei offensichtlich von dem rein fiskalisch motivierten Ziel getragen, die für den Beklagten unangenehme Rechtsprechung des BayVGH faktisch nicht umzusetzen und damit einen vergleichbar großen Personenkreis wie nach der Regelung des § 22
Abs. 1 Satz 2 BayBhV, nämlich den weit überwiegenden Teil der Beihilfeberechtigten, von der Gewährung von Beihilfe für Aufwendungen bei der Anschaffung von Sehhilfen auszuschließen. Maßgeblich für die Gewährung der Beihilfe für Sehhilfen sei nach der Rechtsprechung des BayVGH, ob der absehbare Erfolg einer Maßnahme von existentieller Bedeutung oder notwendig sei, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können. Nur daran orientiere sich die Beurteilung, ob eine gravierende Sehschwäche vorliege. So stelle der BayVGH beim dortigen Kläger nicht darauf ab, ob und welche Dioptrienzahl seine Sehhilfen haben, sondern ob die Aufwendungen für die Anschaffung der Sehhilfe erforderlich seien, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bewältigen zu können. Bei den geltend gemachten Aufwendungen handele es sich auch nicht um Kosten, die ihrer Art nach bei typisierender Betrachtung dem Bereich der allgemeinen Lebensführung
bzw. des allgemeinen Wohlbefindens zuzuordnen seien. Sie dienten vielmehr dem Ausgleich einer gravierenden Sehschwäche. Die Aufwendungen für die Anschaffung einer Sehhilfe seien auch nicht nur mittelbare Folgekosten einer Krankheit. Das Erfordernis einer Sehhilfe stelle sich vielmehr als unmittelbare Folge einer gravierenden Sehschwäche dar. Sehhilfen seien Hilfsmittel, deren Beihilfefähigkeit die Beihilfeverordnung selbst, jedenfalls im Grundsatz, nach § 22 BayBhV vorsehe. Das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen sei ein reines Verwaltungsinternum, das dem Kläger nicht bekannt gemacht werde und weder ihn noch das erkennende Gericht binde.
Art. 96
Abs. 5 BayBG ermächtige insbesondere bei verfassungskonformer Auslegung nach
Art. 35
Abs. 5
GG jedoch nicht zu einem Ausschluss der Gewährung von Beihilfe für Sehhilfen. Die in § 22
Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge seien mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Auch insoweit stelle
Art. 96
Abs. 5 BayBG keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage dar. Nach dem gegenwärtigen System sei Beihilfe zu gewähren, wenn der absehbare Erfolg einer Maßnahme von existenzieller Bedeutung oder wie vorliegend notwendig sei, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können.
Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 18. Januar 2016,
die Klage abzuweisen.
Die Augenärztin Frau
Dr. O. habe am 15. Dezember 2015 telefonisch bestätigt, dass nach Korrektur durch die Fernbrille der Visus der Ehefrau des Klägers beidseits bei 1,0 liege. Damit seien die Voraussetzungen des § 22 BayBhV nicht erfüllt. Die Dioptrienzahl des Klägers habe in dem vom BayVGH am 14. Juli 2015 entschiedenen Verfahren (14 B 13.654) -10,0 und -13,0 Dioptrien betragen. Aufgrund dieser Rechtsprechung habe das Bayerische Staatsministerium der Finanzen aus Praktikabilitätsgründen im Vorgriff auf eine geplante Änderung der BayBhV als weitere Indikation bei Erwachsenen die gravierende Sehschwäche ab -10,0 Dioptrien aufgenommen. Diese Werte würden durch die Ehefrau des Klägers nicht erreicht. Im Bereich der Sehhilfen habe der Gesetzgeber zusätzlich in § 22
Abs. 7 BayBhV die Erstattungsfähigkeit von Brillengläsern für Erwachsene geregelt, die der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Diese seien als therapeutische Sehhilfen einzustufen und in den nach
§ 33 Abs. 1 Satz 3 SGB V genannten Fällen, ohne Begrenzung auf die Höchstbeträge nach § 22
Abs. 2 und 3 BayBhV, beihilfefähig. Jedoch würden auch diese Indikationen bei der Ehefrau des Klägers weder nach der Verordnung noch nach der Rechnung des Optikers vorliegen. Die Beihilfe sei lediglich eine ergänzende Leistung zur Eigenvorsorge für den Krankheitsfall, die aus den laufenden Bezügen zu bestreiten sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen (§ 117
Abs. 3 Satz 2
VwGO).
Die zulässige Klage hat in der Sache teilweise Erfolg.
1. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung weiterer Beihilfe (1.1.), beschränkt auf die in § 22
Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge (1.2.), in Höhe von 116,20
EUR (§ 113
Abs. 5
VwGO); der Bescheid vom 20. Juli 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2015 sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (
vgl. § 113
Abs. 1 Satz 1
VwGO).
Da beihilferechtliche Streitigkeiten grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe beantragt wird, zu beurteilen sind (
vgl. z. B. BVerwG, U. v. 2.4.2014 -
5 C 40.12 - NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9; U. v. 8.11.2012 - 5 C 4.12 - juris Rn. 12), richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach
Art. 96 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juli 2008 (GVBl
S. 500), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Juli 2013 (GVBl
S. 450), und der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl
S. 15) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29. Juli 2014 (GVBl
S. 352,
ber. S. 447), da die streitgegenständliche Rechnung auf den 23. Mai 2015 datiert ist.
1.1. Dem Kläger steht dem Grunde nach ein Anspruch auf Beihilfe für die seiner Ehefrau ärztlich verordnete Sehhilfe nach § 2
Abs. 1
Nr. 1, § 7
Abs. 1 Satz 1 und § 22
Abs. 1 BayBhV zu. Ein wirksamer Ausschluss der Beihilfefähigkeit nach § 7
Abs. 1 Satz 1
Nr. 3, § 22
Abs. 1 Satz 1 BayBhV liegt nicht vor.
1.1.1. Der Kläger war zum maßgeblichen Zeitpunkt als aktiver Richter beihilfeberechtigt (§ 46
Abs. 2 Satz 1, § 2
Abs. 1
Nr. 1 BayBhV). Der Bemessungssatz seiner Ehefrau beträgt als berücksichtigungsfähige Angehörige 70 % (
Art. 96
Abs. 3 Satz 2 BayBG, § 3
Abs. 1
Nr. 1 BayBhV).
1.1.2. Die Aufwendungen der Ehefrau des Klägers sind
gem. § 7
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 und 2 BayBhV beihilfefähig. Die Notwendigkeit der Aufwendungen für die der Ehefrau des Klägers schriftlich verordnete (
vgl. § 22
Abs. 1 Satz 2 BayBhV) Sehhilfe sowie die wirtschaftliche Angemessenheit dieser Aufwendungen stehen zwischen den Beteiligten außer Streit.
1.1.3. Nach § 7
Abs. 1 Satz 1
Nr. 3 BayBhV sind medizinisch notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen nur unter der Voraussetzung beihilfefähig, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. § 22
Abs. 1 Satz 1 BayBhV sieht die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen - beschränkt auf die in Absätzen 2 bis 6 genannten Höchstbeträge - nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres vor (
Nr. 1 der Vorschrift). Für Volljährige sind Aufwendungen für Sehhilfen nur bei Vorliegen bestimmter Diagnosen beihilfefähig (
Nr. 2 der Vorschrift). Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Diagnosen: Buchst. a - Blindheit beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.0; Buchst. b - Blindheit eines Auges und Sehschwäche des anderen Auges - Diagnoseschlüssel H 54.1; Buchst. c - gravierende Sehschwäche beider Augen - Diagnoseschlüssel H 54.2; Buchst. d - erhebliche Gesichtsfeldausfälle. Es besteht Einigkeit zwischen den Beteiligten, dass keiner dieser Diagnoseschlüssel auf die Ehefrau des Klägers zutrifft.
1.1.4. Die in § 22
Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 BayBhV vorgenommene Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen führt im Ergebnis zu einem grundsätzlichen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene. Dieser Ausschluss ist nach der neueren Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U. v. 14.7.2014 -
14 B 13.654 - juris Rn. 20ff.) unwirksam. Er verstößt jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche gegen das in § 45 Satz 1 BeamtStG für die Beamten der Länder einfachgesetzlich geregelte und in
Art. 33
Abs. 5
GG verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgeprinzip, wonach der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten (auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses) zu sorgen hat (BayVGH,
a. a. O., Rn. 22).
Im Hinblick auf das Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 14. Juli 2014 (14 B 13.654 - juris Rn. 25) folgendes aus:
"Die Aufwendungen des Klägers für die Gleitsichtbrille sind erforderlich, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bewältigen zu können. Der Kläger hat gravierende Sehbeeinträchtigungen sowohl im Nah- als auch im Fernbereich. Ohne die entsprechende Korrektur wäre er nicht fähig, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Er wäre weder in der Lage, elementarer Körperpflege incl. Rasur hinreichend nachzukommen, noch hätte er ausreichende Mobilität, um Erledigungen innerhalb und außerhalb seiner häuslichen Umgebung wie auch Einkäufe tätigen zu können. Die Fähigkeit, das jeweilige Umfeld
bzw. Dinge visuell ausreichend wahrnehmen zu können, zu lesen, fernzusehen und den Computer zu bedienen und sich damit visuell die erforderlichen Informationen verschaffen zu können
bzw. auch schriftlich zu kommunizieren, sind grundlegend und unverzichtbar, um am täglichen Leben, das auch das berufliche Aufgabenfeld umfasst, teilnehmen zu können. Ohne die erforderliche Sehhilfe wäre all dies für den Kläger nicht gewährleistet.
Nach eigenem Bekunden ist sein erster Griff nach dem Aufwachen der zu seiner Brille, da er sich ansonsten nur tastend durch die eigene Wohnung fortbewegen könne. Bei den Aufwendungen des Klägers handelt es sich nicht um Kosten, die ihrer Art nach bei typisierender Betrachtung dem Bereich der allgemeinen Lebensführung
bzw. des allgemeinen Wohlbefindens zuzuordnen sind (
vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 -
5 C 3.12 - DÖD 2013, 156 Rn. 21; U. v. 28.5.2008 - 2 C 24.07 - DVBl 2008, 1193 Rn. 23). Sie dienen vielmehr dem Ausgleich einer gravierenden Sehbehinderung. Die Aufwendungen für eine Sehhilfe sind auch nicht nur mittelbare Folgekosten einer Krankheit (
vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012
a. a. O.). Das Erfordernis einer Sehhilfe stellt sich vielmehr als unmittelbare Folge einer gravierenden Sehschwäche dar. Sehhilfen sind Hilfsmittel, deren Beihilfefähigkeit die Beihilfeverordnung selbst - jedenfalls im Grundsatz - vorsieht (
vgl. § 22 BayBhV)."
Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (
BSG, U. v. 24.5.2006 -
B 3 KR 16/05 R - juris Rn. 14 m. w. N.) gehören zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines körperlichen Freiraums im Nahbereich der Wohnung und das Bedürfnis, bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen. Zum Grundbedürfnis der Erschließung eines geistigen Freiraums gehört
u. a. die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen Menschen.
Gemessen daran liegt bei der Ehefrau des Klägers angesichts der vorliegenden Sehwerte und Diagnosen ihrer behandelnden Ärztin für Augenheilkunde,
Dr. med. ..., entsprechend allgemeiner Erfahrungssätze nach Überzeugung des Gerichts (§ 108
Abs. 1
VwGO) eine gravierende Sehschwäche vor, ohne dass es hierzu einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme bedurft hätte.
Ausweislich des Rezepts der Ärztin für Augenheilkunde,
Dr. med. ..., vom ... März 2015 wurde der Ehefrau des Klägers eine Sehhilfe mit folgenden Werten verordnet: Ferne Rechts: Sph -7,0, cyl -0,25, A 10°, Ferne Links: Sph -6,5, cyl -1,25, A 155° (
bzw. laut Rechnung vom 23. Mai 2015: Ferne Rechts: Sph -6,75, cyl -0,50, A 20°, Ferne Links: Sph -6,5, cyl -1,5, A 160°). Entsprechend der Rechnung der behandelnden Augenärztin vom 31. März 2015 liegen die Diagnosen H 52.1GB Myopie und H 52.2GB Astigmatismus vor. Entsprechend der nachvollziehbaren und glaubhaften Angaben der Klagepartei ist die Ehefrau ohne eine entsprechende Sehkorrektur nicht fähig, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen.
Der Grad der Kurzsichtigkeit wird anhand des Brechwertes in Dioptrien (
dpt.) gemessen, den eine Linse haben muss, um die Fehlsichtigkeit so zu korrigieren, dass Bilder von weit entfernten Objekten genau auf der Netzhaut abgebildet werden. Deshalb kann die Kurzsichtigkeit wie folgt nach ihrem Ausmaß eingeteilt werden: Leichte Kurzsichtigkeit beschreibt gewöhnlich eine Kurzsichtigkeit von -3,0
dpt. oder weniger. Die moderate Kurzsichtigkeit ist üblicherweise eine Myopie zwischen -3,0
dpt. und -6,0
dpt. Starke Kurzsichtigkeit (auch: Myopia magna) beschreibt meist eine Fehlsichtigkeit von -6,0
dpt. oder mehr. Damit leidet die Ehefrau des Klägers unter einer starken Kurzsichtigkeit (Myopia magna H52.1
ICD-10). Nur etwa 18 % der Kurzsichtigen entwickeln eine starke Myopie (https://de.wikipedia.org/wiki/Kurzsichtigkeit unter Verweis auf
u. a. D. Cline, H. W. Hofstetter, J. R. Griffin: Dictionary of Visual Science. 4. Auflage. Butterworth-Heinemann, Boston 1997). Hinzu kommt eine Stabsichtigkeit
bzw. Hornhautverkrümmung (Astigmatismus H52.2
ICD-10) in nicht unerheblichem Ausmaß (jedenfalls hinsichtlich des linken Auges: cyl -1,25
bzw. cyl. -1,5). Astigmatismus ist eine Sehstörung aufgrund eines nicht rotationssymmetrischen Brechwertes von Hornhaut oder Linse, wodurch parallel einfallende Strahlen nicht in einem Brennpunkt vereinigt werden (
vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch 2012, 263. Auflage,
S. 1682). Ein astigmatisch abbildender dioptrischer Apparat des Auges erzeugt ein unscharfes Bild der Umwelt auf der Netzhaut. Während bei der sphärischen Abbildung einer punktförmigen Lichtquelle ein Brennpunkt erzeugt wird, entstehen dagegen bei der astigmatischen Abbildung zwei Brennlinien (https://de.wikipedia.org/wiki/Astigmatismus_(Medizin)). Der Ausgleich erfolgt durch Sehhilfen mit cylindrischen Werten. Dieser Ausgleich hat jedoch den negativen Effekt, dass das Bild verzerrt auf der Netzhaut abgebildet wird. Bis zu einem bestimmten Ausmaß der Verzerrung erfolgt ein Ausgleich durch das Sehzentrum im Gehirn. Weicht die Lage der Sehachse - wie bei dem linken Auge der Ehefrau des Klägers (155°
bzw. 160°) - erheblich von den Hauptsehachsen (0°
bzw. 90°) ab, werden die Verzerrungen in dieser Situation eher als störend empfunden (https://de.wikipedia.org/wiki/Astigmatismus_(Medizin); Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand 1. November 2015, Band I,
Anm. 21 (3) zu
Nr. 4 der Anlage 5, § 25 BBhV).
Nach alledem ist die Ehefrau unter Berücksichtigung ihrer stark ausgeprägten Myopie und ihres Astigmatismus ohne eine entsprechende Sehkorrektur nicht fähig, die oben genannten allgemeinen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen und wesentliche Verrichtungen des Alltags zu bewältigen. Ohne Brille kann sie entsprechend ihrer nachvollziehbaren eigenen Angaben weder elementarer Körperpflege hinreichend nachkommen noch ist sie ausreichend mobil, um Erledigungen innerhalb und außerhalb ihrer häuslichen Umgebung wie auch Einkäufe zu tätigen. Die Fähigkeit, das jeweilige Umfeld
bzw. Dinge visuell ausreichend wahrzunehmen, zu lesen, fernzusehen und den Computer zu bedienen und sich damit die erforderlichen Informationen zu verschaffen
bzw. auch schriftlich zu kommunizieren, wäre für die Ehegattin des Klägers ohne Sehhilfe nicht gewährleistet. Die Fahrerlaubnis der Ehefrau wurde unter der Voraussetzung erteilt, dass sie eine Sehhilfe trägt. Dies ist auch im Führerschein vermerkt. Auch faktisch ist sie nicht in der Lage, mit einem Verkehrsmittel - Fahrrad, Pkw - oder auch zu Fuß ohne ihre Sehhilfe am Straßenverkehr teilzunehmen. Bei der sportlichen Betätigung sowie bei sonstigen Freizeitbeschäftigungen benötigt sie ihre Sehhilfe. Sie ist inner- und außerhalb der Wohnung zwingend auf das ununterbrochene Tragen der Sehhilfe angewiesen, so dass es ihr ohne Sehhilfe nicht möglich ist, das nahe Umfeld ausreichend visuell wahrzunehmen, um einen körperlichen Freiraum im Nahbereich der Wohnung zu erschließen oder die notwendigen Informationen, die für eine Kommunikation notwendig sind, optisch zu erfassen.
Das Vorliegen einer dahingehenden gravierenden Sehschwäche vermag auch das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 28. September 2015 (
FMS vom 28.9.2014, Gesch.-Z.: 25-P 1820-1/27) nicht in Frage zu stellen, wonach im Vorgriff auf eine entsprechende Anpassung der Bayerischen Beihilfeverordnung künftig Aufwendungen von Sehhilfen bei Personen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr bei gravierender Sehschwäche ab -10,0
dpt. beihilfefähig sind.
Ungeachtet dessen, dass dieses Schreiben als norminterpretierende Verwaltungsvorschrift das Gericht mangels normativer Wirkung nicht bindet, da die Befugnis zur letztverbindlichen Auslegung des objektiven Rechts nicht der Verwaltung überantwortet ist, sondern durch
Art. 19
Abs. 4
GG den Gerichten obliegt, entspricht die strikte Festlegung einer gravierenden Sehschwäche ab einem Wert von -10,0
dpt. - sollte die BayBhV dahingehend angepasst werden - nicht den Anforderungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, so dass der damit nach wie vor geltende grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen für Erwachsene in § 22
Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 BayBhV weiterhin gegen den Fürsorgegrundsatz aus
Art. 33
Abs. 5
GG verstößt. Denn die Festlegung dieses Grenzwertes knüpft nicht hinreichend differenziert an das maßgebliche Kriterium an, ob der jeweilige Beihilfeantragsteller ohne entsprechende Sehkorrektur die allgemeinen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens bewältigen kann. Es fehlt an einer wissenschaftlich belastbaren und medizinisch nachvollziehbaren Begründung dafür, dass man diese alltäglichen Grundbedürfnisse ausschließlich bei einer Sehschwäche ab -10,0
dpt. nicht mehr bewältigen können soll. Nach Vortrag des Beklagten orientiert sich dieser Wert an der Sehschwäche des Klägers in dem vor dem BayVGH verhandelten Fall (-10,0 und -13,0
dpt.). Dies mag zwar aus Praktikabilitätsgründen nachvollziehbar erscheinen, eine belastbare Begründung für eine sachgerechte Differenzierung als Rechtfertigung der Ungleichbehandlung anderer Beihilfeberechtigter mit einer geringfügig besseren Sehschwäche ergibt sich hieraus allerdings nicht. Insofern ist die Festsetzung einer pauschalen Grenze von -10,0
dpt. nach eigenem Gutdünken der Finanzverwaltung ohne medizinische Grundlage willkürlich und wird den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht. Aus welchen Gründen ein Betroffener mit einer Sehschwäche von über -6,5
dpt. in Kombination mit einem nicht unerheblichem Astigmatismus (wie die Ehefrau des Klägers) im Gegensatz dazu in der Lage sein soll, die Grundbedürfnisse ihres Alltags zu bewältigen, erschließt sich einem nicht. Erst recht überzeugt es nicht, aus welchen Gründen hierzu ein Betroffener in der Lage sein soll, der an einer Sehschwäche von beispielsweise -9,5
dpt. oder +10,0
dpt. leidet. Zu Recht moniert der Kläger überdies, dass ein fester Grenzwert beruhend auf der Dioptrienzahl bereits nicht die aus medizinischen Gründen notwendige Unterscheidung der unterschiedlichen Brechkraft sphärischer und zylindrischer Linsen, also zwischen Kurz- und Stabsichtigkeit, berücksichtigt. Die Zugrundelegung eines Grenzwertes von -10,0
dpt. ist daher ohne wissenschaftlich fundierte und nachvollziehbare Grundlage willkürlich.
Die Ausführungen des Beklagten im Hinblick auf § 22
Abs. 7 BayBhV (therapeutische Sehhilfen) sind zwar zutreffend, für die streitentscheidende Frage, ob bei der Ehefrau des Klägers eine gravierende Sehschwäche vorliegt, die es ihr nicht ermöglicht, die Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu bewältigen, und damit ein Anspruch auf Gewährung der Beihilfe nach § 2
Abs. 1
Nr. 1, § 7
Abs. 1 Satz 1 und § 22
Abs. 1 BayBhV besteht, allerdings ohne Belang.
1.2. Der Höhe nach ist der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Beihilfe für die Anschaffung der Sehhilfe seiner Ehefrau beschränkt auf die in § 22
Abs. 2 und 3 BayBhV geregelten Höchstbeträge. Soweit der Klageantrag über diese Höchstbeträge hinausgeht, war die Klage daher abzuweisen.
Der für den Kläger einschlägige Höchstbetrag errechnet sich nach übereinstimmender Auffassung der Parteien wie folgt:
Rechtes Brillenglas: § 22
Abs. 2
Nr. 1 Buchst. a BayBhV Einstärkenglas cyl.: 41,00
EUR; § 22
Abs. 2
Nr. 2 BayBhV Gläserstärke über +/- 6
dpt.: 21,00
EUR; § 22
Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 BayBhV Mehraufwendungen für Leichtglas bei Gläserstärke ab +/- 6
dpt.: 21,00
EUR, insgesamt 83,00
EUR.
Linkes Brillenglas: § 22
Abs. 2
Nr. 1 Buchst. a BayBhV Einstärkenglas cyl.: 41,00
EUR; § 22
Abs. 2
Nr. 2 BayBhV Gläserstärke über +/- 6
dpt.: 21,00
EUR; § 22
Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 BayBhV Mehraufwendungen für Leichtglas bei Gläserstärke ab +/- 6
dpt.: 21,00
EUR, insgesamt 83,00
EUR.
Der Höchstbetrag beläuft sich damit auf 166,00
EUR. Unter Zugrundelegung des Beihilfesatzes von 70 % ergibt sich die dem Kläger zustehende Beihilfeleistung von 116,20
EUR.
Die geregelten Höchstbeträge sind auch mit höherrangigem Recht vereinbar.
Art. 96
Abs. 5 Satz 2
Nr. 2 Buchst. a BayBG, der ausdrücklich die Einführung von Höchstgrenzen vorsieht, stellt zunächst eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für § 22
Abs. 2 und 3 BayBhV dar.
Im Übrigen wird auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 2.4.2014 -
5 C 40/12 - juris Rn. 12
ff.) zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit von Höchstgrenzen bei Hörgeräten verwiesen. Danach steht dem Normgeber bei der Entscheidung, ob und für welche Hilfsmittel im Einzelnen die notwendigen und angemessenen Anschaffungskosten nur bis zu einer bestimmten Obergrenze als beihilfefähig anerkannt und demzufolge die Beihilfeberechtigten gegebenenfalls mit einem Teil dieser Kosten belastet werden, ein Gestaltungsspielraum zu (
vgl. BVerwG, U. v. 28.4.2011 - 2 C 51.08 - ZBR 2011, 379 Rn. 14; U. v. 31.1.2002 -
2 C 1.01 - juris).
Es ist nicht erkennbar, dass die Festlegung der in Rede stehenden Höchstbeträge für Sehhilfen diesen Spielraum überschreitet oder dieser eine willkürliche Wertung zugrunde liegen würde. Auch für Sehhilfen gilt die Annahme, dass diese im Allgemeinen eine längere Lebensdauer aufweisen und nicht in kürzeren Abständen angeschafft werden müssen. Demzufolge verteilt sich eine etwaige den Beihilfeberechtigten treffende finanzielle Belastung rechnerisch auf mehrere Jahre, so dass dieser regelmäßig in der Lage sein wird, hierfür eine entsprechende Eigenvorsorge zu treffen.
Die Höchstbetragsregelung steht deshalb auch mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von
Art. 33
Abs. 5
GG verfassungsrechtlich verankert ist (
vgl. BVerwG, U. v. 13.12.2012 -
5 C 3/12 - juris Rn. 15
ff.), in Einklang. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (
vgl. z. B. U. v. 24.1.2012 - 2 C 24/10 - juris) erstreckt sich die Pflicht des Dienstherrn zur Sicherstellung des amtsangemessenen Lebensunterhalts auf Lebenslagen, die einen erhöhten Bedarf begründen. Die verfassungsrechtliche Alimentations-
bzw. Fürsorgepflicht gebietet dem Dienstherrn, Vorkehrungen zu treffen, dass die notwendigen und angemessenen Maßnahmen im Falle von Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod nicht aus wirtschaftlichen Gründen unterbleiben, weil sie der Beamte mit der Regelalimentation so nicht bewältigen kann, und dass der amtsangemessene Lebensunterhalt wegen der finanziellen Belastungen in diesen Ausnahmesituationen nicht gefährdet wird. Sind die Dienst- und Versorgungsbezüge so bemessen, dass sie eine zumutbare Eigenvorsorge nur im Hinblick auf einen Teil der durch Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod begründeten Belastungen ermöglichen, so hat der Dienstherr zusätzliche Vorkehrungen zu treffen, damit der Beamte die Belastungen, die den Umfang der Eigenvorsorge überschreiten, ebenfalls tragen kann. Wenn sich der Dienstherr für ein Mischsystem aus Eigenleistungen des Beamten und Beihilfen entscheidet, muss gewährleistet sein, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht abzusichern vermag. Die Fürsorgepflicht verlangt aber nicht, dass Aufwendungen in Krankheits-
bzw. Pflegefällen durch ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden oder dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind (
vgl. BVerwG, U. v. 30.4.2009 - 2 C 127/07 - juris Rn. 8,12; U. v. 10.6.1999 -
2 C 29/98 - juris Rn. 22f.). Der Beamte muss wegen des ergänzenden Charakters der Beihilfe auch Härten und Nachteile hinnehmen, die sich aus der am Alimentationsgrundsatz orientierten pauschalierenden und typisierenden Konkretisierung der Fürsorgepflicht ergeben und keine unzumutbare Belastung bedeuten (vg. BayVGH, B. v. 8.1.2007 - 14
ZB 06.2911 - juris Rn. 13 m. w. N.).
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger (Besoldungsgruppe R1) durch den Umstand, dass er die Aufwendungen für die streitgegenständliche Sehhilfe seiner Ehefrau teilweise selbst tragen muss, in seiner angemessenen Lebensführung beeinträchtigt und unzumutbar belastet wäre, sind nicht ersichtlich (
vgl. a.
BVerwG, U. v. 2.4.2014 - 5 C 40/12 - juris Rn. 18ff.).
1.3. Der Anspruch auf die Prozesszinsen ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung der §§ 291, 288
BGB i. V. m. § 90
VwGO (
vgl. z. B. BVerwG, U. v. 15.6.2006 - 2 C 14/05 - ZBR 2006, 347- juris; U. v. 12.6.2002 - 9 C 6.01 - BVerwGE 116, 312 m.w.N - juris; BayVGH, U. v. 11.5.2010 - 14 B 09.1489 - juris Rn. 46).
2. Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 155
Abs. 1 Satz 1 Alt. 2
VwGO in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang teilweise stattzugeben.
3. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167
VwGO i. V. m. §§ 708
ff. ZPO.