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Urteil
Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe für ein Verneblerset für ein Inhalationsgerät

Gericht:

VG Münster 5. Kammer


Aktenzeichen:

5 K 2270/15


Urteil vom:

08.07.2016


Tenor:

Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Beihilfebescheides der Bezirksregierung N. vom 21. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2015 verpflichtet, der Klägerin eine weitere Beihilfe in Höhe von 38,08 Euro zu gewähren, und verurteilt, aus diesem Betrag Zinsen in Höhe von 5 vom Hundert über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. Oktober 2015 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin steht als Beamtin im Dienst des beklagten Landes und begehrt die Gewährung einer weiteren Beihilfe für ein Verneblerset für das Inhalationsgerät "Omron CompAir Pro (NE-C29-E)", das für ihren am 00.00.0000 geborenen Sohn C. ärztlich verordnet wurde.

Mit am 7. Januar 2015 bei der Bezirksregierung N. eingegangenen Antrag beantragte die Klägerin unter anderem eine Beihilfe für ein ihrem Sohn C. ärztlich verordnetes Verneblerset "Year pack Schlauchsystem für Omron 1 Stück". Das hierzu eingereichte Rezept vom 2. Dezember 2014 weist einen Betrag von 47,60 Euro aus.

Mit Beihilfebescheid vom 21. Januar 2015 lehnte die Bezirksregierung N. die Gewährung einer Beihilfe für die Anschaffung des "Year Packs" mit der Begründung ab, es handele sich um Aufwendungen für den Betrieb des Gerätes, bei denen nur der 100,- Euro im Kalenderjahr übersteigende Betrag beihilfefähig sei.

Zur Begründung des hiergegen - per Fax - am 6. Februar 2015 eingelegten Widerspruchs führte die Klägerin im Wesentlichen aus, dass es sich bei dem "Year Pack" um eine aus hygienischen und materialabnutzungstechnischen Gründen empfohlene Ersatzbeschaffung und nicht um Aufwendungen für den Betrieb des Inhalationsgerätes handele.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2015 wies die Bezirksregierung N. den Widerspruch zurück.

Am 28. Oktober 2015 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Das Austauschset der Firma Omron enthalte sowohl eine neue Maske als auch ein Schlauchsystem und einen Vernebler. Es handele sich um Bestandteile des Geräts und somit um Ersatzteile und nicht um Betriebsmittel. Übliche Betriebsmittel für den Betrieb von Hilfsmitteln seien Batterien, Strom sowie Schmiermittel und ähnliches, um bestimmte Hilfsmittel betreiben bzw. in Betrieb halten zu können. Damit seien die hier in Rede stehenden Ersatzteile nicht vergleichbar.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Beihilfebescheides der Bezirksregierung N. vom 21. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2015 zu verpflichten, ihr eine weitere Beihilfe in Höhe von 38,08 Euro zu gewähren, und zu verurteilen, aus diesem Betrag Zinsen in Höhe von 5 vom Hundert über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. Oktober 2015 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus: Auch das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen sei der Auffassung, dass das "Year Pack" den Aufwendungen für den Betrieb gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 10 Satz 2 BVO NRW zuzurechnen sei, so dass nur der Betrag beihilfefähig sei, der 100,- Euro im Kalenderjahr übersteige. Dies sei hier nicht gegeben.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Justizportal des Landes NRW

Entscheidungsgründe:

Das Gericht entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe für die Anschaffung des Austauschsets für das von ihrem Sohn C. benutzte Inhalationsgerät "Omron CompAir Pro (NE-C29-E)" in der von ihr beantragten Höhe. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Beihilfeanspruch ist § 77 LBG NRW in der Fassung vom 21. April 2009 i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 10 1 BVO NRW (in der im Zeitpunkt der Entstehung der Aufwendungen - hier: Dezember 2014 - maßgeblichen Fassung).

Nach § 77 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 LBG NRW erhalten Beamte mit Anspruch auf Besoldung - wie hier die Klägerin - für ihre nicht selbst beihilfeberechtigten berücksichtigungsfähigen Kinder Beihilfen zu der Höhe nach angemessenen Aufwendungen für medizinisch notwendige Maßnahmen. Dass es sich bei dem Sohn C. um ein nicht selbst beihilfeberechtigtes berücksichtigungsfähiges Kind der Klägerin handelt, ist unter den Beteiligten nicht streitig.

Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 10 BVO NRW umfassen die beihilfefähigen Aufwendungen vom Arzt schriftlich verordnete Hilfsmittel (Satz 1). Zu den beihilfefähigen Hilfsmitteln zählen - wie hier in Rede stehend - insbesondere Inhalationsapparate (Satz 8). Beihilfefähig sind die Aufwendungen für Anschaffung und Reparatur (Satz 2, Halbsatz 1). Von den Aufwendungen für den Betrieb der Hilfsmittel ist nur der 100 Euro im Kalenderjahr übersteigende Betrag beihilfefähig (Satz 2, Halbsatz 2).

Bei den hier in Streit stehenden Aufwendungen für das Austauschset zu dem von dem Sohn der Klägerin benutzten Inhalationsgerät handelt es sich um Aufwendungen im Sinne des Satzes 2, Halbsatz 1. Ein den Beihilfeanspruch hier gegebenenfalls ausschließender Fall des Satzes 2, Halbsatz 2 liegt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht vor.

Dem Betrieb eines Hilfsmittels dienen diejenigen Aufwendungen, die laufend notwendig sind, um ein intaktes Hilfsmittel gebrauchsfähig zu machen bzw. zu erhalten.

Vgl. Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Kommentar (Stand: April 2016), Anm. 16 zu der im Wesentlichen inhaltsgleichen Regelung in § 25 Abs. 5 BBhV.

Dazu zählen - worauf die Klägerin in zutreffender Weise hingewiesen hat - beispielsweise Aufwendungen für Strom oder Schmiermittel, mit denen Hilfsmittel betrieben oder in Betrieb gehalten werden. Um solche laufenden Aufwendungen geht es hier nicht. Die Aufwendungen für das Austauschset sind vielmehr als Reparaturkosten im Sinne von § 4 Abs. Nr. 10 Satz 2, Halbsatz 1 BVO NRW einzuordnen. Reparaturkosten sind alle Kosten, die erforderlich sind, um die Funktionsfähigkeit eines nicht oder nicht mehr voll gebrauchsfähigen Hilfsmittels wiederherzustellen; zu den Reparaturkosten gehören auch Kosten für die Beschaffung von Ersatzteilen.

Vgl. Mildenberger, a.a.O., Anm. 9 zu § 25 BBhV.

Dies ist hier der Fall. Das von dem Sohn der Klägerin benutzte Inhalationsgerät besteht - wie Geräte anderer Hersteller auch - aus dem Kompressor und weiteren Bestandteilen. Hierzu gehören Luftfilter, Luftschlauch, Vernebler, Mundstück und/oder Maske. Da diese weiteren Bestandteile einem dem jeweiligen Grad der Nutzung geschuldeten Verschleiß unterliegen, müssen sie in gewissen Abständen ausgetauscht werden, um die Funktionsfähigkeit des Inhalationsgerätes wiederherzustellen. Bei den für das Austauschset anfallenden Kosten handelt es sich mithin um Kosten für die Beschaffung von Ersatzteilen. Soweit in dem Kommentar zum Beihilferecht Nordrhein-Westfalen von Mohr/Sobolewski unter Erl. 10 zu § 4 Kosten für Feinfilter bei nCPAP-Geräten den Betriebskosten zugerechnet werden, rechtfertigt dies keine andere Bewertung. Es kann offen bleiben, ob die Aufwendungen für solche Filter unter Umständen - etwa wenn sie als sogenannte Verbrauchsgüter ständig ausgetauscht werden müssen - als laufend anfallende und damit dem Betrieb dienende Aufwendungen eingestuft werden können. Dies ist bei den zu dem hier in Rede stehenden Austauschset gehörenden Luftfiltern jedenfalls nicht der Fall. Denn nach der Gebrauchsanweisung für das von dem Sohn der Klägerin benutzte Inhalationsgerät soll der Luftfilter im Durchschnitt lediglich alle 60 Tage ausgewechselt werden.

Bei dem gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d) BVO NRW anzuwendenden Bemessungssatz von 80 vom Hundert steht der Klägerin mithin eine weitere Beihilfe in Höhe von 38,08 Euro zu.

Der Zinsanspruch beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, 187 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Referenznummer:

R/R7596


Informationsstand: 30.07.2018