Der Kläger begehrt als Beamter des Landes Sachsen-Anhalt die 50-prozentige beihilferechtliche Erstattung der Ersatzbeschaffung eines Hörgerätes nach Verlust.
Am 04.12.2012 erwarb der Kläger aufgrund einer ihm ausgestellten ärztlichen Verordnung vom 06.09.2012 zwei Hörgeräte. Die beihilferechtliche Erstattung war gesichert und wurde vorgenommen. In der Folgezeit verlor der Kläger eines der Hörgeräte, so dass er am 25.11.2014 ein identisches Ersatzgerät in Höhe von 1.100
EUR erwarb.
Mit dem streitbefangenen Bescheid vom 14.04.2015 verweigerte der Beklagte die beihilferechtliche Erstattung mit der Begründung, dass nach § 25 Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) eine Ersatzbeschaffung eines verloren gegangenen Hörgerätes nach Ablauf von 6 Monaten seit Anschaffung nur beihilfefähig sei, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorläge.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2016 als unbegründet zurück. Entgegen der klägerischen Ansicht falle auch die erneute Beschaffung eines Hilfsmittels aufgrund Verlustes unter das Tatbestandsmerkmal der "Unbrauchbarkeit" des Hilfsmittels, so dass eine erneute ärztliche Verordnung nach 6 Monaten notwendig sei.
Mit der fristgerecht erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er weist auf die Parallele zu der gesetzlichen Krankenversicherung hin. Dort sei nach
§ 33 Abs. 1 S. 4 SGB V stets eine Erstattungsfähigkeit ohne Verordnung gegeben. Dies müsse über § 7 BBhV auch beihilferechtlich gelten.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 14.04.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2016 zu verpflichten, die beantragte beihilferechtliche Ersatzbeschaffung eines Hörgerätes für beihilfefähig zu erklären und ihm 50 Prozent der Aufwendungen für den Erwerb der Ersatzbeschaffung zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und verteidigt die in den Bescheiden geäußerte Rechtsansicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Die zulässige Klage, über die nach § 6
VwGO durch den Einzelrichter entschieden werden konnte, ist unbegründet. Denn die beihilferechtliche Nichterstattung der Kosten der Ersatzbeschaffung für das verloren gegangene Hörgerät ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; er hat keinen diesbezüglichen Anspruch (§ 113
Abs. 5
S. 1
VwGO).
Entscheidend und zwischen den Beteiligten im Streit ist allein die rechtliche Frage, ob die beihilferechtliche Erstattungsfähigkeit für ein in Verlust geratenes Hörgerät auch ohne ärztliche Verordnung gegeben ist. Das Gericht folgt dabei den in den Bescheiden und in der Klageerwiderung vom Beklagten geäußerten Rechtsansicht, dass dies vorliegend nicht der Fall ist. Gemäß § 25
Abs. 1
S. 2 BBhV sind Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von § 25
Abs. 1
S. 1 BBhV nach Ablauf von 6 Monaten seit Anschaffung notwendig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.
Dabei fällt auch der Verlust eines Hilfsmittels - hier des Hörgerätes - unter das Tatbestandsmerkmal "Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes". Denn ein Hörgerät ist auch dann unbrauchbar und damit nicht mehr benutzbar, wenn es verloren gegangen ist. Dementsprechend fällt auch ein in Verlust geratenes Hörgerät unter den Anwendungsbereich der Erstattungsfähigkeit nach § 25
Abs. 1 BBhV. Die anderweitige vom Kläger vertreten Rechtsansicht, dass ein verloren gegangenes Hilfsmittel - hier Hörgerät - gar nicht unter das Tatbestandsmerkmal eines "unbrauchbar gewordenen Gegenstandes" falle, hätte nur zur Folge, dass von vornherein keine Erstattungsfähigkeit gegeben wäre. Demnach ist auch zwingend eine erneute ärztliche Verordnung notwendig. Denn zwischen der erstmaligen Verordnung im September 2012 und der Anschaffung im Dezember 2012 liegen bei der Ersatzbeschaffung im November 2015 mehr als 6 Monate.
Der Verordnungszwang soll die Notwendigkeit der Anschaffung eines fachgerechten Hilfsmittels sicherstellen. Diesen Zweck kann die schriftliche ärztliche Verordnung jedoch nur erfüllen, wenn sie vor Anschaffung des Hilfsmittels erfolgt und wenn sich aus der ärztlichen Verordnung die Notwendigkeit der Anschaffung dem Grunde nach sowie nach Art und Umfang der Ausstattung des Hilfsmittels ergibt. Eine schriftliche Verordnung im Sinn der Beihilfevorschriften erfordert die Aussage eines niedergelassenen Arztes, dass die Anschaffung des Hilfsmittels angesichts des Krankheitszustandes des jeweiligen Antragstellers aus ärztlicher Sicht notwendig ist. Der Arzt entscheidet über die medizinische Notwendigkeit des Hilfsmittels. Diese Bescheinigung ist für die Beihilfefestsetzungsstelle maßgebend, es bedarf dann im Regelfall keiner weiteren Prüfung. Hat die Beihilfestelle jedoch Zweifel, kann sie auch in diesen Fällen eine nähere Begründung bei dem behandelnden Arzt einholen (
vgl. zum Ganzen:
VG Münster, Urteil vom 29.08.2013, 5 K 1319/12; juris).
Der Sinn einer ärztlichen Verordnung zur Erstattungsfähigkeit der Hilfsmittel dient dabei auch dem Schutz des Beihilfeberechtigten. Denn wie sich aus § 25
Abs. 1 BBhV ergibt, ist die Beihilfefähigkeit für Hilfsmittel nur gegeben, wenn sie im Einzelfall erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Inwieweit also hier ein Hörgerät als Hilfsmittel erforderlich ist um eine Hörbehinderung auszugleichen, muss zwingend der ärztlichen Kontrolle unterliegen. Dabei ist davon auszugehen, dass nach einem Zeitraum von mehr als 6 Monaten das zugrunde liegende körperliche Leiden erneut einer ärztlichen Untersuchung bedarf, um den Grad und das Ausmaß des darauf abzustellenden Hilfsmittels genau zu bestimmen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass in einem solchen Zeitraum sich die Werte verschlechtert haben könnten.
Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit einer Ersatzbeschaffung ohne erneute ärztliche Verordnung auf die ersten 6 Monate seit der erstmaligen Anschaffung erfolgt unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, da nur während dieses Zeitraumes angenommen werden kann, dass das Hilfsmittel weiter in der verschriebenen Ausführung notwendig ist.
Nichts anderes gilt im Übrigen auch bei der kassenärztlichen Versorgung. Auch dort ist Grundlage für eine Leistungserbringung stets die vertragsärztliche Verordnung. So kann der Ersatz ganz oder teilweise verweigert werden, wenn der Versicherte die Unbrauchbarkeit oder den Verlust des Hilfsmittels durch Missbrauch vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Nicht umsonst ist gerade bei dem Verlust eines Hilfsmittels wie hier eines Hörgerätes auch die Erstattungsfähigkeit über sonstige (private) Versicherungen (Haftpflichtauslastung, Hausratversicherung) zu prüfen.
Im Übrigen setzt auch der Verweis in § 7 BBhV auf die sozialrechtlichen Vorschriften voraus, dass die Leistung notwendig und wirtschaftlich ist. Gerade diesen Kriterien dient - wie ausgeführt - die Verordnungspflicht; um überflüssige oder wegen veränderter Werte nicht mehr leistungsfähige Hilfsmittel auszuschließen.
Dementsprechend folgt das Gericht der rechtlichen Argumentation des Beklagten und darf zur weiteren Begründung auf die streitbefangenen Bescheide und das Vorbringen im gerichtlichen Verfahren verweisen (§ 117
Abs. 5
VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154
Abs. 1
VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 167
Abs. 1
VwGO i. V. m. 708
Nr. 11, 711
ZPO.