Urteil
Zur Beihilfefähigkeit von sensomotorischen Einlagen für die Tochter eines Beamten

Gericht:

VG Wiesbaden


Aktenzeichen:

3 K 949/14.WI | 3 K 949.14.WI


Urteil vom:

26.02.2015


Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen zu sensomotorischen (Fuß-)Einlagen seiner Tochter. Der Kläger ist Lehrer im hessischen Schuldienst und gehört somit zum beihilfeberechtigten Kreis des § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Hessischen Beihilfeverordnung (HBeihVO).

Unter dem 17.06.2013 verordnete der Orthopäde Hr. Dr. ... der Tochter des Klägers "2 Paar sensomotorisch koordinationsfördernde Einlagen nach Abdruck" auf Grund der Diagnose "Knickfuß beidseitig (Q66.6+BG)".

Mit Beihilfeantrag vom 10.02.2014 begehrte der Kläger Beihilfe u.a. für die Aufwendungen gemäß Rechnung der Gesundheitszentrum ... GmbH (Sanitätshaus, Orthopädie-Technik, Orthopädie-Schuhtechnik) in Höhe von 396,70 EUR.

Mit Schreiben vom 17.02.2014 lehnte das Regierungspräsidium Kassel die Anerkennung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Einlagen ab. Es fehle der Nachweis einer Wirksamkeit und einer wissenschaftlichen Anerkennung von sensomotorischen / propriozeptiven Einlagen. Gemäß § 6 Abs. 2 HBeihVO seien Aufwendungen für eine Untersuchung oder Behandlung nach einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode und für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Arzneimittel nicht beihilfefähig.

Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 07.03.2014. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz wies der Kläger darauf hin, dass der Versicherte Anspruch auf Versorgung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft habe. Seien fortschrittliche Einlagen medizinisch notwendig, müsse sich der Versicherte nicht auf Standard-Einlagen verweisen lassen. Dem Widerspruchsschreiben legte der Kläger ein weiteres ärztliches Attest sowie eine Studie zur Wirksamkeit von sensomotorischen Einlagen bei. Im ärztlichen Attest vom 26.02.2014 stellt der behandelnde Orthopäde fest, dass die sensomotorischen Einlagen auf Grund der bestehenden Fehlstatik der Füße der Tochter des Klägers im Sommer 2013 medizinisch indiziert und notwendig gewesen seien.

Mit Schreiben vom 17.03.2014 teilte der Beklagte mit, dass er den Widerspruch für unbegründet halte. Er führte im Wesentlichen aus, dass orthopädische Fußeinlagen nach Nr. 1 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 HBeihVO sowie nach einem vom Hessischen Ministerium des Innern und für Sport herausgegebenen Hilfsmittelverzeichnis zwar zu den beihilfefähigen Hilfsmitteln zählten. Sensomotorische Einlagen würden jedoch weder in der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 HBeihVO noch in dem Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt. Für diese Einlagen fehlten Nachweise der Wirksamkeit und eine wissenschaftliche Anerkennung. Im Einzelnen wird auf das Schreiben Bezug genommen (vgl. Bl. 16 ff. der Behördenakte). Der Beklagte bat zudem um Mitteilung, ob der Widerspruch trotz seiner Erläuterungen aufrechterhalten werden solle.

Der Kläger teilte mit Schreiben vom 27.03.2014 mit, dass er seinen Widerspruch aufrechterhalte.

Daraufhin erließ der Beklagte am 08.04.2014 den entsprechenden Widerspruchsbescheid. In der Begründung wiederholte er im Wesentlichen die Erläuterungen aus seinem Schreiben vom 17.03.2014. Auf den Widerspruchsbescheid wird Bezug genommen (vgl. Bl. 8 ff. der Gerichtsakte).

Am 08.05.2014 hat der Kläger Klage am Verwaltungsgericht Gießen erhoben.

Es sei für den Kläger nicht nachvollziehbar, weshalb die Beihilfe zu den Aufwendungen für die sensomotorischen Einlagen seiner Tochter verweigert würde. Dies gelte insbesondere, da in der Vergangenheit die Beihilfen zu diesen Aufwendungen bezahlt worden seien. Es sei nicht erkennbar, weshalb nunmehr die Ablehnung erfolgt sei. Er gehe davon aus, das beklagte Land habe sich mit der bisherigen Beihilfeleistung selbst gebunden. Der streitbefangene Bescheid reiche als Begründung für die Abweichung zumindest nicht aus, da dieser eine Aneinanderreihung von Textbausteinen sei und sich daraus kein Bezug zu einem konkreten Sachverhalt erkennen lasse. Zudem sei nicht erkennbar, ob der Beklagte sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt habe.

Er beantragt daher sinngemäß,

den Bescheid des Regierungspräsidiums Kassel vom 17.02.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger Beihilfe zu den Aufwendungen für zwei Paar sensomotorische Einlagen zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er beruft sich im Wesentlichen darauf, dass nach einer Mitteilung des in Gießen ansässigen medizinischen Dienstes in einem Parallelverfahren zur Überprüfung von sensomotorischen Einlagen die Nachweise einer Wirksamkeit und eine wissenschaftliche Anerkennung der Einlagen fehlten. Aufwendungen für eine Untersuchung oder Behandlung nach einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode seien aber nicht beihilfefähig. Wissenschaftlich überzeugende Ergebnisse durchgeführter Studien lägen bisher nicht vor. Für eine wissenschaftliche Anerkennung müssten jedoch Beurteilungen von Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig seien. Die sensomotorische Einlage würde sich von den in der Anlage zur HBeihVO aufgeführten Fußeinlagen erheblich unterscheiden. Aufgrund der fehlenden wissenschaftlichen Anerkennung könnten die Einlagen nicht unter den Begriff der beihilfefähigen "Fußeinlagen" fallen. Auch könne der Umstand, dass die Aufwendungen für sensomotorische Einlagen in der Vergangenheit von der Festsetzungsstelle übernommen worden seien, zu keinem anderen Ergebnis führen. Die Übernahme sei rechtswidrig gewesen und auf die Gleichheit im Unrecht könne sich der Kläger nicht berufen.

Nach Anhörung der Beteiligten hat sich das VG ... mit Beschluss vom 03.06.2014 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Wiesbaden verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der vorgelegten Verwaltungsvorgänge (1 Hefter).

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Rechtsprechungsdatenbank Hessen

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung konnte durch die Berichterstatterin ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Beteiligten sich hiermit auf Nachfrage des Gerichts ausdrücklich einverstanden erklärt haben (vgl. § 87a Abs. 2 und 3 VwGO sowie § 102 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Kassel vom 17.02.2014 und dessen Widerspruchsbescheid vom 08.04.2014 sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen zu den ärztlich verordneten sensomotorischen Einlagen seiner Tochter.

Maßgebend für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (BVerwG, U. v. 27.05.2010 - 2 C 78/08 -, juris m. w. N.), hier mithin Anfang Juli 2013. Nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Sach- und Rechtslage sind die Aufwendungen des Klägers für zwei Paar sensomotorische Einlagen seiner Tochter nicht beihilfefähig.

Die Tochter des Klägers ist berücksichtigungsfähige Angehörige gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 HBeihVO.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 HBeihVO sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Medizinisch notwendig ist eine Behandlungsmaßnahme, wenn sie nach objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen unter Berücksichtigung des Krankheitsverlaufs und der bislang ergriffenen therapeutischen Maßnahmen erforderlich erscheint (vgl. Nitze, Hessische Beihilfeverordnung, Stand: September 2011, § 5 Abs. 1 Anm. 3). Nach § 6 Abs. 2 HBeihVO sind Aufwendungen für eine Untersuchung oder Behandlung nach einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode und für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Arzneimittel nicht beihilfefähig.

Hiervon ausgehend erweist sich die Behandlung mit sensomotorischen Einlagen im vorliegenden Fall nicht als beihilfefähig. Denn es fehlt die wissenschaftliche Anerkennung dieser Behandlungsmethode. Eine Behandlungsmethode ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird (U. v. 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, ZBR 1999, 25 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist - worauf der Beklagte insoweit zutreffend hinweist - hinsichtlich der Behandlung einer Fehlstatik der Füße mit sensomotorischen Einlagen nicht erfüllt. Im Gegensatz zu konventionellen Einlagen, die passiv das Fußgewölbe abstützen, sollen sensomotorische Einlagen nicht am Skelett, sondern an der Muskulatur ansetzen - durch gezielte Nervenreize sollen bestimmte Muskeln beziehungsweise Muskelgruppen stimuliert und dadurch die Haltung des Fußes beziehungsweise des Haltungs- und Bewegungsapparates verändert werden (vgl. Hertweck-Stücken (Bayerischer Rundfunk): Sensomotorische Einlagen - Bei welchen Beschwerden können sie helfen?, Stand: 27.01.2014, Bl. 57 ff. d. Gerichtsakte).

Der zuvor zitierte Beitrag des Bayerischen Rundfunks beschäftigt sich ausführlich mit der Wirkung sensomotorischer Einlagen. Dort wird dargelegt, dass die klinische Prüfstelle für orthopädische Hilfsmittel am Universitätsklinikum Münster bereits mehrere Studien zu sensomotorischen Einlagen in Auftrag gegeben habe, das Ergebnis jedoch enttäuschend gewesen sei. Der Leiter der Prüfstelle, Inhaber des deutschlandweit einzigen Lehrstuhls für Technische Orthopädie, berichtet, dass keine signifikanten Veränderungen festgestellt worden seien (vgl. Hertweck-Stücken, a.a.O.). Auch die von dem Beklagten im Verfahren vorgelegte Stellungnahme des ärztlichen Dienstes in Gießen vom 23.04.2013 aus einem anderen Verfahren zur Überprüfung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für sensomotorische Einlagen (des Herstellers Medreflexx) kommt zu dem Ergebnis, dass Nachweise einer Wirksamkeit fehlen, ebenso wie die wissenschaftliche Anerkennung (vgl. Bl. 56 d. Gerichtsakte).

Etwas anderes folgt auch nicht aus der vom Kläger im Verwaltungsverfahren vorgelegten Studie des Sportwissenschaftlichen Instituts der Universität des Saarlandes zu sensomotorischen Einlagen (Ludwig, Quadflieg, Koch: Einfluss einer sensomotorischen Einlage auf die Aktivität des M. peroneus longus in der Standphase, Dtsch Z Sportmed 64 (2013) 77-82; Bl. 10 ff. der Behördenakte). Denn einleitend wird in dieser Studie ausdrücklich festgestellt, dass "bislang keine Wirkungsnachweise dazu vorliegen, ob sensomotorische Einlagenkonzepte über integrierte Druckpunkte auf die Sehnen der Fuß- und Wadenmuskulatur Änderungen der Muskelaktivitäten bewirken können". Die Autoren kommen zwar zu dem Ergebnis, dass "die Studie erstmals habe zeigen können, dass eine schrittphasenanhängige Erhöhung der Aktivität des M. peroneus longus durch ein lateral druckerzeugendes Einlagenelement möglich sei". Hieraus lässt sich aber hinsichtlich der Wirksamkeit von sensomotorischen Einlagen im Allgemeinen keine in der Wissenschaft herrschende Überzeugung ableiten, zumal es sich bei den getesteten Einlagen um ein spezielles Modell der sensomotorischen Einlage handelt, so dass bereits fraglich ist, ob sich die Studienergebnisse auf andere sensomotorische Einlagen übertragen lassen.

Daher geht das Gericht derzeit nicht davon aus, dass die der Tochter des Klägers verordneten sensomotorischen Einlagen eine für die hier streitgegenständliche Diagnose eines Knickfußes allgemein wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode darstellen. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass die Behandlung mit sensomotorischen Einlagen bei Fehlstellungen des Fußes von der überwiegenden Mehrheit der Wissenschaftler positiv eingeschätzt wird.

Mangels medizinischer Notwendigkeit können die sensomotorischen Einlagen demzufolge nicht dem Anwendungsbereich der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 HBeihVO unterliegen, auch wenn die Einlagen ihrem Wortlaut nach unter den dort genannten Begriff der "Fußeinlagen" fallen mögen.

Soweit der Kläger auf die Rechtsprechung des Sozialgerichts Trier (Urteil v. 17.03.2009 - S 3 KR 53/08 -, juris) und nachfolgend des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz (B. v. 13.07.2009 - L 5 KR 100/09 NZB-, juris) verweist, lassen sich die dort angestellten rechtlichen Erwägungen für den hier zu beurteilenden Fall nicht heranziehen. Denn die dortige Fallgestaltung und die im Sozialrecht maßgeblichen Rechtsvorschriften weichen von dem hier zu beurteilenden Fall und den beihilferechtlichen Vorschriften ab (vgl. hierzu VG Düsseldorf, U. v. 16.11.2012 - 26 K 6693/11-, juris). Zudem hat das SG Trier in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung gehandelt habe, die auf der Grundlage des speziellen medizinischen Sachverhaltes, wie er beim dortigen Kläger bestanden habe, zu treffen gewesen sei. Eine grundsätzliche Bedeutung könnte der Angelegenheit daher nach Auffassung der Kammer nicht beigemessen werden (vgl. SG Trier, a.a.O., juris Rn. 22). Das LSG Rheinland-Pfalz hat diese Einschätzung nachfolgend bestätigt (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, a.a.O., juris Rn. 15). Entsprechendes gilt für ein Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg zur Beihilfefähigkeit sensomotorischer Einlagen zur Behandlung eines Fersensporns. Das Gericht hatte sich dort mit der Frage der medizinischen Wirksamkeit der Einlagen nicht weiter beschäftigt, da es seiner Überzeugung nach im konkreten Einzelfall nicht darauf ankam (vgl. U. v. 14.02.2013 - 6 K 2169/12-, juris Rn. 27).

Der Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung steht nicht entgegen, dass die Einlagen der Tochter des Klägers ärztlich verordnet wurden. Für den Fall, dass ein Arzt eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode verordnet, kann diese Behandlung nur notwendig sein, wenn ausnahmsweise die angewendete Heilmethode trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung notwendig ist (OVG Hamburg, U. v. 24.09.2004 - 1 Bf 47/01-, juris). Die Fürsorgepflicht kann dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Kosten einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit ist, dass die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann (vgl. etwa BVerwG, U. v. 29.06.1995 - 2 C 15.94-; U. v. 18.06.1998 - 2 C 24/97-, juris). Hierfür genügt es jedoch nicht, dass die Methode wissenschaftlich nicht endgültig verworfen worden ist und eine Anerkennung in Zukunft noch in Betracht kommen könnte. Voraussetzung ist vielmehr, dass nach dem Stand der Wissenschaft die Aussicht, d.h. die begründete Erwartung, auf wissenschaftliche Anerkennung besteht (BVerwG, U. v. 18.06.1998 - 2 C 24/97-, juris). Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Der Kläger hat diesbezüglich nichts vorgetragen. Darüber hinaus kann - vor dem zuvor dargestellten Hintergrund - nach dem Stand der Wissenschaft zurzeit auch nicht von einer begründeten Erwartung auf eine zukünftige wissenschaftliche Anerkennung der Behandlungsmethode ausgegangen werden.

Ein Anspruch auf Gewährung der streitbefangenen Beihilfe folgt auch nicht aus Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes. Entgegen der Auffassung des Klägers hat sich die Festsetzungsstelle nicht durch die zuvor in den Jahren 2011 und 2012 erfolgte zweimalige Erstattung der Aufwendungen zu sensomotorischen Einlagen der Tochter des Klägers selbst gebunden. Denn aus der einfachen kommentarlosen Gewährung von Beihilfe kann nicht schutzwürdig auf eine Fortsetzung dieser Anerkennungspraxis geschlossen werden. Die Bewilligung der Beihilfe gilt nur für die gewährte Beihilfe und nicht für künftige Aufwendungen (vgl. u.a. OVG des Saarlandes, U. v. 09.03.2009 - 1 A 148/08-; OVG Hamburg, U. v. 24.09.2004 - 1 Bf 47/01-, jeweils juris).

Soweit der Kläger außerdem rügt, dass sich dem Bescheid nichts darüber entnehmen lasse, inwieweit der Beklagte hier ordnungsgemäß Ermessen ausgeübt habe, führt dies nicht zur Aufhebung des Bescheides. Denn entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei der Entscheidung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen zu wissenschaftlich nicht anerkannten Methoden um eine gebundene Entscheidung (vgl. § 6 Abs. 2 HBeihVO). Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind Aufwendungen für eine Untersuchung oder Behandlung nach einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode und für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Arzneimittel nicht beihilfefähig. Die Vorschrift eröffnet dem Beklagten demzufolge kein Ermessen. Sie enthält lediglich unbestimmte Rechtsbegriffe, welche vollumfänglich der gerichtlichen Überprüfung unterliegen.

Als unterliegender Teil hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO liegen nicht vor.

Referenznummer:

R/R7096


Informationsstand: 09.12.2016