Die Klage ist zulässig und auch begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Gewährung weiterer Beihilfe.
Gemäß § 25
Abs. 1 Satz 1 Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) sind Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel
u. a. beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um eine Behinderung auszugleichen. Grundsätzlich muss es sich nach § 6 BBhV zudem um notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen handeln. Hörgeräte sind nach § 25
Abs. 1 Satz 2 BBhV
i. V. m. Ziff. 1 der Anlage 5 zur BBhV überdies nur bis zu einer Obergrenze von 1.025,--
EUR je Ohr beihilfefähig.
Dass der Kläger zum Ausgleich einer Hörbehinderung Hörgeräte benötigt, ist durch die vorgelegte ohrenärztliche Verordnung einer Hörhilfe wegen beidseitiger Innenohrschwerhörigkeit mit einem frequenzabhängigen Hörverlust von bis zu 70
bzw. 80 % auf beiden Ohren vom 25. August 2009 belegt. Die Notwendigkeit und wirtschaftliche Angemessenheit der Aufwendungen für die vom Kläger tatsächlich erworbenen Geräte "Widex Mind 9 Komfort" wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt und ist zudem durch die vorgelegte Dokumentation zur Hörgeräteanpassung der
Fa. B... H... OHG vom 16. April 2010 (Bl. 17 f. der Verwaltungsakte) ausreichend nachgewiesen. Danach hat der Kläger von August 2009 bis Februar 2010 fünf verschiedene Hörsysteme getestet und dabei vor allem in schwierigen Hörsituationen wie Gesprächen in lauter Umgebung oder mit vielen Nebengeräuschen die beste Akzeptanz mit dem später erworbenen Gerätetyp erreicht. Diese Feststellung wird belegt durch entsprechende Messergebnisse, denen zufolge allein mit den Hörgeräten "Widex Mind 9 Komfort" ein Sprachverstehen von 85 % erreicht werden konnte, während bei den übrigen vier Systemen Werte zwischen 55 und 80 % ermittelt wurden. Dass auch mit dem letztgenannten Wert noch keine ausreichende Kompensation der Hörbehinderung gegeben ist, kann der - von der Kammer als Orientierungshilfe herangezogenen - Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Hilfsmittel-Richtlinie) in der Neufassung vom 16. Oktober 2008 (Bundesanzeiger 2009,
Nr. 61,
S. 462) entnommen werden, nach deren § 19
Abs. 2 Satz 2 bei einer Verstehensquote, welche "nicht größer als 80 %" ist, eine Indikation für die Verordnung eines Hörgerätes vorliegt.
Die sonach gegebene Beihilfefähigkeit der streitgegenständlichen Aufwendungen ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht rechtswirksam auf den in der Anlage 5 zur Bundesbeihilfeverordnung festgeschriebenen Höchstbetrag von 1.025,--
EUR je Ohr beschränkt, da die entsprechende Begrenzung gegen die durch
Art. 33 Absatz 5 des Grundgesetzes gewährleistete Fürsorgepflicht des Dienstherrn und damit gegen höherrangiges Recht verstößt.
Die Fürsorgepflicht fordert, dass der Dienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt der Beamten und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit oder Pflegebedürftigkeit sicherstellt. Er muss dafür Sorge tragen, dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleiben, die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten können. Dies ist auf der Grundlage des gegenwärtig praktizierten "Mischsystems" zu beurteilen, in dem zur Eigenvorsorge der Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung tritt. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlangt weder, dass Aufwendungen der Beamten in Krankheitsfällen durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden, noch, dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind (
vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002, 2 BvR 1053/98, NVwZ 2003, 720, 721;
BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2003, 2 C 36.02, NJW 2004, 308).
Unter Geltung des gegenwärtig praktizierten "Mischsystems" aus Beihilfe und darauf abgestimmter Eigenvorsorge kann die pauschale Festlegung von Höchstbeträgen aber in Einzelfällen die finanziellen Möglichkeiten des Beamten erheblich übersteigen. Für derartige Fallgestaltungen muss der Dienstherr normative Vorkehrungen in Form einer abstrakt-generellen Härtefallregelung treffen, damit dem Beamten nicht erhebliche Aufwendungen verbleiben, die im Hinblick auf die Höhe der Alimentation nicht mehr zumutbar sind (
BVerwG, Urteile vom 26. Juni 2008, 2 C 2.07, 26. August 2009, 2 C 62.08, und 5. Mai 2010, 2 C 12.10, alle in juris).
An einer solchen abstrakt-generellen Regelung zur Vermeidung unzumutbarer Härten fehlt es indessen in Bezug auf den in der Anlage 5 zur Bundesbeihilfeverordnung für Hörgeräte festgeschriebenen beihilfefähigen Höchstbetrag von 1.025,--
EUR je Ohr.
Auch lässt sich die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Härtefallregelung analog § 12
Abs. 2 der früheren Beihilfevorschriften (BhV) der Beklagten nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Die entsprechende Anwendung der Regelungen über die Belastungsgrenzen galt ausdrücklich nur für den Übergangszeitraum bis zur gebotenen normativen Neuregelung des Beihilferechts des Bundes, also bis zum Inkrafttreten der Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009 (
BVerwG, Urteile vom 26. Juni 2008, 26. August 2009 und 5. Mai 2010,
a. a. O.).
Ebenso wenig kommt insoweit eine analoge Anwendung der Belastungsgrenzen des § 50
Abs. 1 BBhV in Betracht. Hierfür fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke in Bezug auf eine Härtefallregelung für den Leistungsausschluss nach § 25 BBhV
i. V. m. der Anlage 5. Da das Bundesverwaltungsgericht das Erfordernis einer abstrakt-generellen Härtefallregelung bereits in seiner Entscheidung vom 26. Juni 2008, also lange vor Inkrafttreten der Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009, festgestellt hat, kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass die Aufnahme einer derartigen Regelung in die Bundesbeihilfeverordnung vom Verordnungsgeber schlichtweg übersehen worden ist (ebenso - zum grundsätzlichen Ausschluss der Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Beihilfefähigkeit durch § 22
Abs. 2
Nr. 2 BBhV - auch
VG Düsseldorf, Urteil vom 17. Dezember 2010, 13 K 7034/09, juris).
Die dem Kläger sonach zu gewährende weitere Beihilfe beläuft sich auf 2.228,80
EUR als Differenzbetrag zwischen der beihilferechtlich geschuldeten Leistung in Höhe von 3.663,80
EUR (5.234,--
EUR x 70 %; § 46
Abs. 2
Nr. 2 BBhV) und der bereits gewährten Beihilfe von 1.435,--
EUR.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154
Abs. 1
VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167
VwGO i. V. m. § 708
ZPO.
Die Berufung war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 124a
Abs. 1 Satz 1, 124
Abs. 2
Nr. 3
VwGO).