I.
Der Kläger begehrt die Voranerkennung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen zur Anschaffung einer Sportprothese für seinen am 01.04.1976 geborenen Sohn N. . Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27.01.1997 abgewiesen. Auf den Tatbestand des Urteils wird Bezug genommen. Mit seiner zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorliegenden Akten des Verwaltungsgerichts und des Beklagten sowie die gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Akten des Senats verwiesen.
II.
Die Entscheidung ergeht nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluß nach § 130a
VwGO. Der Senat hält die zugelassene Berufung des Klägers einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Voranerkennung der Beihilfefähigkeit zu.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der vom Kläger vor Klageerhebung gegenüber dem Beklagten geltend gemachte und sachlich beschiedene Anspruch auf Voranerkennung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen zur Anschaffung einer Sportprothese für seinen Sohn (
vgl. Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums über Hinweise zur BVO - Schlußvorschriften
Nr. 1 - vom 23.04.1996, GABl.
S. 370). Über die vom Verwaltungsgericht zutreffend bejahte Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für eine Prothese an sich für den seit Geburt gehbehinderten Sohn des Klägers (Unterschenkelamputation links) nach §§ 5
Abs. 1, 6
Abs. 1
Nr. 4 BVO
i.V.m. mit
Nr. 2.1 der Anlage zur BVO besteht ebensowenig Streit wie darüber, daß der am 01.04.1976 geborene Sohn des Klägers nach § 3
Abs. 1
Nr. 2 BVO derzeit noch zu den berücksichtigungsfähigen Angehörigen des beihilfeberechtigten Klägers gehört. Vom Beklagten nicht bestritten wird ferner der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren, daß die Sportprothese konstruktionsbedingt für eine Verwendung zum alltäglichen Gebrauch nicht geeignet ist. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf es deshalb mangels sonstiger gegenteiliger Anhaltspunkte nicht. Im übrigen benötigt der Sohn des Klägers offenbar ohnehin eine neue Prothese. Streitig wäre dann jedenfalls die Notwendigkeit der entstehenden Mehrkosten bei Anschaffung einer Sportprothese, falls eine solche auch für die Verwendung zum alltäglichen Gebrauch einstellbar wäre, wobei dann freilich eine Notwendigkeit zur Neuanschaffung zweier Prothesen von vornherein nicht vorläge.
Ausgehend hiervon ist die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen zur Anschaffung einer Sportprothese, sei es als zusätzliche Prothese oder sei es bei umfassender Verwendungsmöglichkeit im Hinblick auf die entstehenden Mehrkosten, grundsätzlich zu bejahen.
Die ärztlich verordnete Sportprothese ist als Körperersatzstück ein Hilfsmittel
i.S.v.
Nr. 2.1 der Anlage zur BVO. Eine andere Betrachtungsweise ergibt sich auch nicht aus
Nr. 2.3 der Anlage zur BVO oder
Nr. 2.4 der Anlage zur BVO
i.V.m. der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums zur BVO - Zur Anlage zur BVO - vom 23.04.1996 (GABl.
S. 370) - VwV. Eine Sportprothese ist dort nicht aufgeführt.
Nr. 3 VwV zu
Nr. 2 der Anlage ist insoweit lediglich von Bedeutung, als nicht beihilfefähig ist die Zweit- und Mehrfachbeschaffung gleichartiger Gegenstände, sofern nicht medizinisch begründet. Die Anwendung dieses sich bereits aus § 5
Abs. 1 BVO ergebenden allgemeinen Grundsatzes ist aber gerade Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Anschaffung einer ärztlich verordneten Sportprothese ist notwendig
i.S.d. § 5
Abs. 1 BVO. Unter dem in den Beihilfevorschriften nicht näher definierten Begriff der Hilfsmittel sind in Anlehnung an den Hilfsmittelbegriff im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung Gegenstände zu verstehen, die möglichst weitgehend die Aufgaben eines nicht oder nicht voll verwendungsfähigen Körperorgans übernehmen oder ausgefallene oder verminderte Körperfunktionen ergänzen oder erleichtern sollen. Sie müssen geeignet sein, die Folgen eines regelwidrigen Körperzustandes zu lindern, zu bessern, zu beheben oder zu beseitigen (
vgl. Schröder/Beckmann/Keufer/Hellstern, Beihilfevorschriften Baden-Württemberg, BVO, § 6
Abs. 1
Nr. 4 RdNr. 10
Abs. 1). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur gesetzlichen Krankenversicherung ist ein Hilfsmittel erforderlich, wenn sein Einsatz zur Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt wird. Zu den allgemeinen Grundbedürfnissen ist dabei auch ein gewisser körperlicher und geistiger Freiraum zu rechnen, der die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben umfaßt (BSGE 66, 245). Hilfsmittel, die dazu dienen, lediglich die Folgen und Auswirkungen der Behinderung in den verschiedenen Lebensbereichen insbesondere auf beruflichem, wirtschaftlichem und privatem Gebiet zu beseitigen oder zu mildern, müssen die gesetzlichen Krankenkassen jedoch nicht zur Verfügung stellen (BSGE 50, 77). Auf diese zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung entwickelten Grundsätze kann auch im Rahmen entsprechender beihilferechtlicher Entscheidungen zurückgegriffen werden. Sie entsprechen den Verpflichtungen des Dienstherrn, die diesem aus seiner Fürsorgepflicht gegenüber seinem Beamten erwachsen (
vgl. Urt. d. Senats v. 24.04.1996, IÖD 1996, 223 = DÖD 1997, 37,
m.w.N.).
Hiernach ist der Einsatz einer Sportprothese, die die sportliche Betätigung des gehbehinderten Sohnes des Klägers überhaupt erst ermöglicht, zur Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse erforderlich. Die erhebliche Bedeutung einer gewissen sportlichen körperlichen Bewegung zur Gesundheitsvorsorge und Stärkung der körperlichen Leistungsfähigkeit ist heute allgemein anerkannt, was keiner näheren Ausführung bedarf (
vgl. auch die Stellungnahme des Hauptgesundheitsamtes der Freien Hansestadt Bremen vom 27.07.1995). Die Ausübung von Bewegungssport an sich ist deshalb nach Ansicht des Senats den allgemeinen Grundbedürfnissen zuzuordnen, und danach ist ein Hilfsmittel, das im konkreten Fall - wie hier - zum Ausgleich eines Körperschadens in dieser Hinsicht geeignet ist, auch erforderlich im Sinne der vorstehenden Grundsätze (
vgl. etwa auch
Nr. 3 VwV zu
Nr. 2 der Anlage unter Stichwort: Orthopädische Bade- oder Turnschuhe).
Eine andere Betrachtungsweise wäre im vorliegenden Fall nur angezeigt, wenn der Sohn des Klägers seine sportlichen Grundbedürfnisse bereits auf andere Weise befriedigen könnte oder wenn die besondere Ausgestaltung der Sportprothese nur für über die allgemeinen Grundbedürfnisse hinausgehende Zwecke erforderlich wäre (
vgl. dazu
BVerwG, Urt. v. 15.12.1993, ZBR 1984, 274). Davon wäre im vorliegenden Fall etwa auszugehen, wenn der Sohn des Klägers schon mit seiner normalen Gehprothese Bewegungssport in ausreichendem Maße ausüben könnte und eine besondere Sportprothese nur deshalb benötigte, um an Wettkämpfen teilnehmen oder sonst über das im Rahmen der Grundbedürfnisse erforderliche Maß hinaus besondere Leistungen erbringen zu können. So liegen die Dinge aber nicht. Zwar ist es auch Ziel des Sohnes des Klägers, an Wettkämpfen teilzunehmen, es geht ihm aber gleichzeitig um die mit der bisherigen Prothese nicht mögliche Ausübung von Bewegungssport an sich, deren Möglichkeit ihm durch das Tragen einer ausgeliehenen Sportprothese überhaupt erst bewußt geworden ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154
Abs. 1
VwGO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der Gründe der §§ 127 BRRG, 132
Abs. 2
VwGO vorliegt.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 13
Abs. 1 Satz 1 GKG.