Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide der Beklagten im Sinne des § 54
Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) beschwert, da sie rechtswidrig sind. Er hat Anspruch auf die ärztlich verordnete Badeprothese. Da er sich diese zwischenzeitlich selbst beschafft hat, sind ihm die dadurch entstandenen Kosten von 2.971,35
EUR von der Beklagten zu erstatten.
Der Anspruch auf Kostenerstattung ergibt sich aus
§ 13 Abs. 3 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Denn die Beklagte hat die Leistung der verordneten wasserfesten Gehhilfe zu Unrecht abgelehnt, wodurch dem Kläger Kosten in Höhe von 2.971,35
EUR entstanden sind.
Die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger mit der von ihm begehrten Badeprothese auszustatten, ergibt sich aus § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34
SGB V ausgeschlossen sind. Ein Anspruchsausschluss nach
§ 34 Abs. 4 SGB V greift nicht; denn in der aufgrund dieser Ermächtigung erlassenen
Rechtsverordnung vom 13.12.1989 ( BGBl. I
S. 2237) in der Fassung der Verordnung vom 17.01.1995 (BGBl. I
S. 44) sind wasserfeste Gehhilfen nicht aufgeführt. Eine Badeprothese ist auch kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, da sie für die speziellen Bedürfnisse kranker und behinderter Menschen entwickelt und hergestellt und von diesem Personenkreis ausschließlich benutzt wird (
vgl. BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn. 31, 32, 33 und 34).
Das Gesetz gewährt einen Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn sie "im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen" (
§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die Vorschrift ist durch das Gesundheits-Reformgesetz vom 20.12.1988 (BGBl. I
S. 2477) eingeführt worden und entspricht im Wesentlichen dem vorangegangenen § 182 b Reichsversicherungsordnung (RVO). Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist danach allein die medizinische Rehabilitation (Reha), also die Wiederherstellung der Gesundheit einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges. Dies bedeutet, dass die Körperfunktionen soweit wie möglich wiederhergestellt werden, um ein selbständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können (
BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn. 29 und 32; SozR 3-1200 § 33
Nr. 1). Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Reha, die auch die Versorgung mit einem Hilfsmittel umfassen kann, ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (
BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn. 29 und 32).
Die Rechtsprechung zu § 182 b RVO und § 33
SGB V hat dies so konkretisiert, dass bei einem unmittelbar auf den Ausgleich der beeinträchtigten Organfunktion selbst gerichteten Hilfsmittel, insbesondere einem künstlichen Körperglied, ohne weiteres anzunehmen ist, dass eine medizinische Reha vorliegt (
vgl. etwa
BSG SozR 2200 § 182
Nr. 55 - Badeprothese -). Hingegen werden nur mittelbar oder nur teilweise die Organfunktion ersetzende Mittel lediglich dann als Hilfsmittel im Sinne der Krankenversicherung angesehen, wenn sie die Auswirkungen der Behinderungen nicht nur in einem bestimmten Lebensbereich (Beruf/Gesellschaft/Freizeit), sondern im gesamten täglichen Leben ("allgemein") beseitigen oder mildern und damit ein "Grundbedürfnis des täglichen Lebens" betreffen (ständige Rechtsprechung,
vgl. BSG SozR 2200 § 182 b Nrn. 12, 30, 34, 37 sowie SozR 3-2500 Nrn. 5, 27, 29, 32 und SozR 3- 1200 § 33
Nr. 1).
Dies verkennt die Beklagte, in dem sie sich nur auf die
BSG-Urteile vom 16.09.1999 -
B 3 KR 13/98 R - und vom 03.11.1999 -
B 3 KR 3/99 R - sowie den Gerichtsbescheid des SG Reutlingen vom 18.12.2002 - S 5 KR 1426/02 - beruft. Und dies verkennt auch das Landessozialgericht (
LSG) Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 22.01.2003 - L 5 KR 159/02 -, das den Anspruch auf eine wasserfeste Prothese unter Hinweis auf
BSG-Rechtsprechung versagt hat. Die Schwimm- oder Badeprothese ist ein Körperersatzstück; sie ersetzt den nicht mehr vorhandenen Körperteil, hier den linken Unterschenkel des Klägers, in seiner äußeren Gestalt. Sie ist nicht nur mittelbar, sondern unmittelbar auf den Ausgleich der Behinderung gerichtet; denn sie dient der Ausübung der durch die Amputation beeinträchtigten Funktion der Beine. Es kommt hier also überhaupt nicht, wie von der Beklagten und dem
LSG NRW im erwähnten Urteil vom 22.01.2003 angenommen, darauf an, ob ein "Grundbedürfnis des täglichen Lebens" betroffen ist; vielmehr ist der Einsatz des künstlichen Körpergliedes, hier: der Badeprothese, unmittelbar medizinische Rehabilitation, der das Hilfsmittel dient (
vgl. hierzu
BSG SozR 2200 § 182
Nr. 55 und die
BSG- Entscheidungen SozR 3-1200 § 33
Nr. 1 und SozR 3-2500 § 33 Nrn. 29 und 32, die die erstgenannte Entscheidung ausdrücklich zitieren).
Die wasserfeste Gehhilfe ist auch erforderlich, weil sich der Kläger ohne sie nicht sicher in Schwimmbädern außerhalb des Wasserbeckens bewegen kann. Die Behauptung der Beklagten, der Kläger könne dort kürzere Strecken mit Unterarmgehstützen zurücklegen, ist durch die gegenteilige Auskunft des Chirurgen S widerlegt. Angesichts der weiteren Gesundheitsstörungen (Durchblutungsstörungen im rechten Bein und Herzinsuffizienz) ist auch nachvollziehbar, dass der Kläger dem belastenden Gehen mittels Gehstützen nicht gewachsen ist. Auch hat der Arzt dargelegt, dass der Kläger ohne Badeprothese nicht schwimmen kann.
Dass die Bade-/Schwimmprothese im konkreten Fall des Klägers geeignet ist, auch den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, wird daran deutlich, dass er an einer koronaren Herzkrankheit bei einem Zustand nach fünffacher Bypass-Operation und Herzinsuffizienz leidet. Der an der Entscheidung der Kammer beteiligte ehrenamtliche Richter
Dr. Reuland, der Facharzt für Allgemeinmedizin und Psychotherapie ist, hat erläutert, dass gerade bei derartigen Krankheitsbildern das regelmäßige Schwimmen wichtige Therapie ist und nicht (nur) Freizeitgestaltung. Bei dieser Sachlage ist für die Kammer auch nicht ersichtlich, dass im Fall des Klägers die Badeprothese in Verbindung mit dem - für die Krankenkasse kostenlosen - Schwimmen durch wirtschaftlichere Therapiemaßnahmen ersetzt werden könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.