Urteil
Prozesskostenhilfe - Nutzung eines Rollstuhls als Sportrollstuhl für den Rehabilitationssport

Gericht:

LSG Bayern 4. Senat


Aktenzeichen:

L 4 B 547/08 KR PKH


Urteil vom:

02.09.2008


Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 30. Mai 2008 wird zurückgewiesen.

Tatbestand:

Im zu Grunde liegenden Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg (SG), Az.: S 10 KR 380/07, begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten, den Bescheid vom 27.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2007 insoweit aufzuheben, als der Einsatz zum Rollstuhlsport verboten wird. Im vorliegenden Verfahren geht es um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für dieses Verfahren.
Bei dem 1983 geborenen Kläger besteht eine zerebrale Bewegungsstörung mit spastischer Diparese bei einer Frühgeburt mit perinataler Hirnschädigung. Am 10.11.2006 verordnete der behandelnde Arzt einen Aktivrollstuhl. Vom Sanitätshaus wurde ein Kostenvoranschlag über 2789,89 EUR eingereicht. Darin waren Zusatzpositionen enthalten, da der Kläger aktiv am Rollstuhlsport teilnimmt und dafür eine ergänzende Ausrüstung am Aktivrollstuhl benötigt. Die Beklagte übernahm mit Bescheid vom 27.04.2007 Kosten in Höhe von 2.281,51 EUR, da für die Zusatzausrüstung zum Rollstuhlsport keine Leistungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe. Der Bescheid enthält unter anderem den Hinweis: "Der Rollstuhl wird Ihnen zum Basisbehinderungsausgleich zur Verfügung gestellt. Er darf daher nicht für Rollstuhlsport eingesetzt werden".

Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, es bestünde keinerlei Rechtsgrundlage, nach der die Beklagte Rollstuhlsport verbieten dürfe. Hierzu führte die Beklagte mit Schreiben vom 05.07.2007 aus, dass ein Aktivrollstuhl mit Sportzubehör ausgeliefert worden sei und nur die Zusatzkosten für das Zubehör nicht von ihr übernommen würden. Hierzu legte der Kläger eine Niederschrift des LSG Nordrhein-Westfalen zu einer Versorgung mit einem Sportrollstuhl für den Rehabilitationssport vor. Er sei Jugendlicher und als solcher würden für ihn besondere Regeln gelten. Hierzu teilte die Beklagte mit, der Kläger sei bereits 24 Jahre alt und nach den dortigen Informationen werde von ihm Rollstuhlbasketball ausgeübt. Der Kläger trug vor, dass das Verbot immer noch in der Welt sei und auch Erwachsene mit einem Sportrollstuhl auszustatten seien.

Mit Schreiben vom 07.08.2007 führte die Beklagte aus, dass sie den Vorwurf, sie habe dem Kläger Rollstuhlsport verboten, nicht nachvollziehen könne. Sie habe ja gerade deshalb einen Aktivrollstuhl bewilligt, damit der Kläger mit geringen Zusatzkosten den Rollstuhl auch für den Sport nutzen könne. Sie habe lediglich ausdrücken wollen, dass Schäden, die am Rollstuhl durch die Ausübung des Sports anfallen, in den eigenen Verantwortungsbereich des Klägers fallen würden. Der Kläger hielt den Widerspruch aufrecht, da weiterhin aus seiner Sicht das Verbot, Rollstuhlsport zu betreiben, existiere. Die Darstellung, in seinem Interesse sei ein Kombiprodukt ausgewählt worden, sei wenig nachvollziehbar, da Sport verboten worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und weigert sich weiterhin, die für den Sport benötigte Zusatzausrüstung zu übernehmen.

Dagegen hat der Kläger zum SG Augsburg Klage erhoben und die Bewilligung von PKH beantragt. Weiterhin hat er beantragt, den Bescheid vom 27.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2007 insoweit aufzuheben, als der Einsatz zum Rollstuhlsport verboten wird.
Mit Beschluss vom 30.05.2008 hat das SG die Bewilligung von PKH mangels Erfolgsaussicht der Klage abgelehnt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde, mit der der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Seiner Meinung nach sei durchaus eine Erfolgsaussicht der Klage gegeben.

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 30.05.2008 aufzuheben und ihm für das sozialgerichtliche Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Sie habe zu keiner Zeit ein Verbot ausgesprochen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der Akten der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Rechtsweg:

SG Augsburg Urteil vom 30.05.2008 - S 10 KR 380/07

Quelle:

Sozialgerichtsbarkeit BRD

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet, da das SG zu Recht den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt hat.

Nach § 73a Abs.1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung- ZPO - erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn die Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs.2 Satz 1 ZPO).

Erfolgsaussichten im vorgezeichneten Sinne liegen nicht vor.

Auch wenn die nach einem Muster ausgefertigte Bewilligung der Beklagten nahe legen könnte, dass hiermit ein Verbot ausgesprochen worden sei, ist auf die zeitgleich an den Kläger versandte Mitteilung vom 27.04.2007 zu verweisen. Der von der Beklagten zur Verfügung gestellte Rollstuhl, bei dem lediglich die Zusatzausrüstung für Rollstuhlsport vom Kläger selbst übernommen werden sollte, ist gerade ein Modell, bei dem Rollstuhlsport möglich ist. Von daher ist ein Verbot zu keinem Zeitpunkt ausgesprochen worden. Der Kläger hat einen Aktivrollstuhl erhalten, der wegen der Zusatzausrüstung ganz offensichtlich für den Rollstuhlsport genutzt wird. Auch die Beklagte geht schließlich davon aus, dass der Kläger Rollstuhlsport betreibt. Dies wird nicht nur daraus deutlich, dass im Widerspruchsbescheid die angegriffene Nebenbestimmung gar nicht mehr enthalten ist, sondern sogar ausgeführt wird, dass eine Zusatzposition im Kostenvoranschlag des Hilfsmittellieferanten enthalten war, weil der Kläger aktiv am Rollstuhlsport teilnimmt. Insgesamt besteht somit für die beim SG anhängige Klage kein Rechtsschutzbedürfnis, so dass sich diese - wie vom SG zutreffend ausgeführt - als unzulässig erweist. Insbesondere liegt auch keine Beschwerde des Klägers vor, da er unbeanstandet seit der Zustellung des Bescheides, also von mehr als einem Jahr, aktiv am Rollstuhlbasketball teilnimmt und dies auch weiterhin selbstverständlich tun kann.

Nachdem bereits mangels Erfolgsaussichten keine PKH zu bewilligen war, erübrigt sich eine Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers.

Somit war die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des SG Augsburg vom 30.05.2008 zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG) und ergeht kostenfrei.

Referenznummer:

R/R4089


Informationsstand: 13.01.2009