Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgeben; denn der Bescheid der Beklagten vom 25.11.2002 (einschließlich der Folgebescheide) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2003 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 54
Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)). Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Sportrollstuhl.
1. Ein Anspruch ergibt sich nicht bereits aus den von dem Kläger vorgelegten ärztlichen Verordnungen. Für den Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln ist eine ärztliche Verordnung weder notwendige noch hinreichende Voraussetzung (
vgl. u.a. Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (
LSG NRW), Urteil vom 14.06.2007 -
L 2 KN 209/05 KR -
m.w.N.).
2. Versicherte haben im Rahmen der Krankenbehandlung (
vgl. § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V) u.a. Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind (
§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V).
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt.
a) Rollstühle
bzw. Sportrollstühle sind keine allgemeinen Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Geräte
bzw. Gegenstände, die für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen entwickelt und hergestellt werden und von diesem Personenkreis ausschließlich oder ganz überwiegend benutzt werden, sind grundsätzlich nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen. Dies gilt selbst dann, wenn sie millionenfach verbreitet sind (
z.B. Brillen, Hörgeräte); denn Bewertungsmaßstab ist insoweit der Gebrauch eines Geräts durch Menschen, die nicht an der betreffenden Krankheit oder Behinderung leiden. Die Frage, ob ein Mittel als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens einzustufen ist, stellt sich für einen Gegenstand, der von der Konzeption her vorwiegend für Kranke oder Behinderte gedacht ist, erst dann, wenn er in nennenswertem Umfang auch von insoweit nicht betroffenen Menschen benutzt wird (
BSG, Urteil vom 16.04.1998 -
B 3 KR 9/97 R - in SozR 3-2500 § 33
Nr. 19). Dies ist bei Rollstühlen offenkundig nicht der Fall.
b) Der von dem Kläger begehrte Sportrollstuhl ist nicht zum Ausgleich einer drohenden Behinderung erforderlich. Beim Kläger ist die Behinderung in Form der Auswirkungen der Dysmelie bereits eingetreten, so dass es allein um die Kompensation einer ( bestehenden) Behinderung gehen kann.
c) Der Sportrollstuhl ist dem Kläger jedoch auch nicht zu gewähren, um die aufgrund der Dysmelie bestehende Behinderung auszugleichen.
Ein Hilfsmittel ist für den Ausgleich einer Behinderung regelmäßig erforderlich, wenn das Hilfsmittel die beeinträchtigte Körperfunktion unmittelbar ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Soweit - wie hier - das Hilfsmittel die ausgefallene oder beeinträchtigte Körperfunktion nur mittelbar oder nur teilweise ersetzt, muss zusätzlich geprüft werden, in welchen Lebensbereichen sich der Ausgleich auswirkt. Hilfsmittel
i.S.d. Krankenversicherung sind nur solche, die die Auswirkungen der Behinderung nicht nur in einem bestimmten Lebensbereich (Beruf / Gesellschaft / Freizeit), sondern im gesamten täglichen Leben ("allgemein") beseitigen oder mildern und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen (ständige Rechtsprechung,
vgl. BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn. 5, 27, 29, 32
m.w.N.). Zu derartigen Grundbedürfnissen gehören zum einen die körperlichen Grundfunktionen (Gehen, Stehen und Treppensteigen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung), darüber hinaus die elementare Körperpflege und das selbständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraumes, der auch die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens (Schulwissen) umfasst (
vgl. BSG SozR 3-2500 § 33
Nr. 32
m.w.N.).
Dabei geht es nur um ein Basisbedürfnis und damit letztlich um einen Basisausgleich, also nicht um ein vollständiges Gleichziehen mit den Möglichkeiten eines Gesunden (
BSG SozR 3-2500 § 33
Nr. 29). Auch das Grundbedürfnis der Erschließung "eines gewissen körperlichen Freiraumes" ist nur i.
S. eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht i.
S. des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden zu verstehen (
BSG SozR 3-2500 § 33
Nr. 31). Eine über die Befriedigung eines solchen Grundbedürfnisses hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist Aufgabe anderer Sozialleistungsträger (
vgl. BSG SozR 3-2500 § 33
Nr. 29). Die sportliche Betätigung im Freizeitbereich wird vom Begriff des vitalen Lebensbedürfnisses
bzw. des allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens nicht erfasst (
vgl. BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn. 5, 27, 31;
BSG SozR 3-2500 § 182b Nrn. 12, 30, 34, 37).
Die Grundbedürfnisse des Klägers, sich fortzubewegen und sich einen gewissen körperlichen Freiraum zu erschließen, werden mit den beiden ihm zur Verfügung stehenden Rollstühlen befriedigt.
Bei dem beantragten Hilfsmittel handelt es sich um einen Rollstuhl, mit dem der Kläger Sport treiben und Rollstuhl- Basketball spielen möchte. Die sportliche Betätigung im allgemeinen und die Ausübung von Rollstuhl-Basketball im besonderen stellen jedoch keine von der
GKV durch die Gewährung von Hilfsmitteln zu befriedigende Grundbedürfnisse dar (
LSG NRW, Urteile vom 22.06.2006 -
L 5 KR 16/06 - nachfolgend
BSG, Beschluss vom 08. November 2006 -
B 3 KR 17/06 B - Sportrollstuhl für Rollstuhl-Rugby - und vom 08.05.2008 - L 5 (16) KR 174/07 - Sportrollstuhl für Rollstuhl-Hockey).
Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung ist, dass das Hilfsmittel zur Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt wird. Dies bedeutet, dass Bedürfnisse betroffen sein müssen, die generell (fast) alle Menschen oder aber zumindest die Menschen einer Altersgruppe (
z.B. Jugendliche) haben. Dies trifft auf die sportliche Betätigung im Allgemeinen nicht zu. Es ist bekannt, dass eine Vielzahl von Menschen - auch in der Altersgruppe des Klägers - überhaupt keinen Sport betreiben. Hinzu kommt, dass es bei der Ausübung von Sport grundsätzlich um eine gesteigerte, den menschlichen Körper besonders beanspruchende Betätigung körperlicher Grundfunktionen geht. Schon von daher wird deutlich, dass es beim Sporttreiben nicht um ein allgemeines Grundbedürfnis, sondern um die Befriedigung eines speziellen individuellen Bedürfnisses geht. Freizeitbeschäftigungen - welcher Art auch immer - werden vom Begriff des vitalen Lebensbedürfnisses
bzw. des allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens nicht erfasst (
BSG SozR 3-2500 § 33
Nr. 31;
BSG SozR 4-2500 § 33
Nr. 2;
BSG Beschluss vom 08.11.2006 - B 3 KR 17/06 B -;
LSG NRW, Urteil vom 22.06.2006 - L 5 KR 16/06 -).
Selbst wenn aber dem entgegen die Ermöglichung einer sportlichen Betätigung zu den Grundbedürfnissen gezählt würde, so begründete dies nicht den Anspruch des Klägers auf einen Sportrollstuhl. Denn ohne diesen Rollstuhl ist es ihm nicht generell unmöglich, Sport zu treiben. Auch ohne Sportrollstuhl ist der Kläger hierzu in der Lage. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es dem Kläger möglich ist, Funktionsgymnastik im Rollstuhl, Schwimmen (
ggf. mit Schwimmhilfen) oder Warmwassergymnastik, Bewegungsspiele ohne Anforderung an schnelle Ortswechsel wie Volleyball, Federball, Tischtennis, Ballzielwurf und leichtathletische Übungen wie Stoßen, Werfen und konditionierende Kraftübungen auszuüben.
Ein Anspruch auf von der Beklagten zu gewährende Hilfen zur Ausübung bestimmter besonderer Sportarten wie Rollstuhl- Basketball besteht indes nicht. Die Ausübung bestimmter Sportarten gehört keinesfalls zu den Grundbedürfnissen, die im Rahmen der
GKV zu befriedigen sind. Dies würde über die Gewährung eines Basisausgleichs weit hinausgehen (
vgl. LSG NRW, Urteil vom 08.05.2008, a.a.O.).
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass einem behinderten Jugendlichen vom
BSG (SozR 3-2500 § 33
Nr. 27) ein Rollstuhlbike als Hilfsmittel zugesprochen wurde, um dessen Einbeziehung in den Kreis der laufenden und fahrradfahrenden gleichaltrigen Jugendlichen zu gewährleisten. Das
BSG hat die spezielle Situation von Kindern und Jugendlichen berücksichtigt und darauf hingewiesen, dass sich zumindest bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres die Lebensbereiche nicht in der Weise wie bei Erwachsenen in Beruf, Gesellschaft und Freizeit trennen ließen (
BSG SozR 3-2500 § 33
Nr. 46). Während dem behinderten Jugendlichen ohne die Möglichkeit, mit den gesunden Altersgenossen mobil unterwegs zu sein, tatsächlich der Ausschluss aus dem Kreis der Gleichaltrigen und damit verbunden die Gefahr der (spezifischen) Vereinsamung, somit letztlich die Gefahr von Entwicklungsstörungen droht, ist dies bei Erwachsenen, wie auch dem Kläger, nicht der Fall. Den Ausschluss aus dem Kreis seiner (erwachsenen) Bekannten hat der Kläger nicht befürchten, nur weil er nicht an bestimmten sportlichen Aktivitäten teilnehmen kann. Dafür besteht kein Anhaltspunkt; das wird vom ihm auch nicht geltend gemacht.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining vom 01.10.2003 in der Fassung vom 01.01.2007. Dahinstehen kann, ob Rollstuhl-Basketball überhaupt dem Rehabilitationssport i.
S. d. Vereinbarung unterfällt oder - wofür einiges spricht - dieser Sport schon wegen besonderer Gefährlichkeit nicht als Rehabilitationssport anerkannt werden könnte (
vgl. dazu
Nr. 5.3 der Rahmenvereinbarung). Denn die Vereinbarung begründet gerade keine eigenständige Leistungspflicht der Beklagten zur Versorgung mit Hilfsmitteln, sie verweist insoweit vielmehr lediglich auf die geltenden gesetzlichen Vorschriften. Nach
Nr. 17.3 der Vereinbarung werden die für die Durchführung des Rehabilitationssports im Einzelfall erforderlichen Hilfsmittel sowie deren für die Ausübung des Sports notwendige Anpassung nach den geltenden gesetzlichen Vorschriften erbracht. Die Pflicht der Beklagten geht auch als Rehabilitationsträger nicht über die Sicherung von Grundbedürfnissen hinaus (
vgl. BSG Beschluss vom 08.11.2006 a.a.O.). Grundbedürfnisse sind jedoch - wie oben dargelegt - hier gerade nicht betroffen.
d) Der Sportrollstuhl ist schließlich auch nicht erforderlich, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern.
Bereits dem Vorbringen des Klägers lässt sich nicht entnehmen, dass ein Erfolg einer ärztlichen Behandlung gesichert werden soll. Dem Kläger kommt es letztlich vielmehr darauf an, einer Verschlechterung des körperlichen Zustandes durch sportliche Betätigung vorzubeugen.
Dieses aus allgemeinen Erwägungen nachvollziehbare Ziel kann im Übrigen aber ebenso wie der Erfolg einer ärztlichen Behandlung auch auf anderem Wege erreicht werden; hierzu ist eine Teilnahme am Rollstuhl-Basketball-Sport nicht zwingend erforderlich. Der vom SG gehörte Sachverständige hat zwar ausgeführt, dass bei Mehrfachbehinderten Rollstuhl-Basketball-Sport die Sportart an sich sei, in der sich der Behinderte eine Teilnahme am sozialen Leben sichern kann,
bzw. die einzige Sportart sei, die einen besonders hohen therapeutischen Nutzen bringe. Dies trägt indes nicht den Anspruch auf Versorgung mit einem Sportrollstuhl. Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot des
§ 12 Abs. 1 SGB V müssen die von der Krankenkasse zu gewährenden Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Dies bedeutet, dass der Versicherte keinen Anspruch auf die bestmögliche Versorgung - wovon der Sachverständige
Prof. Dr. X und das SG allerdings auszugehen scheinen - , sondern nur Anspruch auf eine notwendige und wirtschaftliche Versorgung hat (so im Ergebnis auch das vom SG zitierte Urteil des
BSG vom 30.01.2001, a.a.O., in dem eben keine andere Therapiemöglichkeit mehr bestand). Insoweit ist der Kläger auf die bereits o.a. Sportarten zu verweisen, die er auch, sofern dabei ein Rollstuhl erforderlich ist, mit den ihm zur Verfügung stehenden Rollstühlen ausüben kann. Das mit der Ausübung von Sport letztlich beabsichtigte Ziel, noch vorhandene Muskulatur, Herz-Kreislauf-System und Lungenfunktion zu stärken, lässt sich so durch weniger aufwändige Geräte oder - wie bereits ausgeführt - durch entsprechende krankengymnastische und sportlichen Übungen mit geringerem Kostenaufwand erreichen (
vgl. BSG SozR 3-2500 § 33
Nr. 31).
e) Auch der Hinweis des Klägers auf eine Ersatzbeschaffung
i.S.d. § 33
Abs. 1 Satz 4 führt nicht weiter. Eine Ersatzbeschaffung setzt, wie sich bereits aus dem Verweis auf den Anspruch nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V ("Der Anspruch umfasst auch ") ergibt, voraus, dass die dort normierten (weiteren) Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Die Voraussetzung für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160
Abs. 2
SGG).