I. Die Klage ist gemäß § 54
Abs. 1 und
Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig erhoben worden.
II. 1. Die Klage ist jedoch unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2012 durch den die Beklagte die Gewährung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben abgelehnt hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren subjektiv - öffentlichen Rechten (§ 54
Abs. 2 Satz 1
SGG). Die Beklagte hat die Gewährung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form eines besonders einstellbaren ergonomischen Bürostuhls zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 9
Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) erbringt die Rentenversicherung unter anderem Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben um gemäß § 9
Abs. 1 Satz 1
SGB VI Auswirkungen von Krankheiten oder Behinderungen auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und die Versicherten dadurch vor Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit zu bewahren, ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder diese möglichst dauerhaft wieder in das Erwerbsleben einzugliedern, wenn die persönlichen (§ 10
SGB VI) und versicherungsrechtlichen (§ 11
SGB VI) Voraussetzungen dafür erfüllt sind und kein Ausschlussgrund nach § 12
SGB VI vorliegt. Dann werden die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den
§§ 33 bis
38 SGB IX gewährt (§ 16
SGB VI), wobei der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt (§ 13
Abs. 1 Satz 1
SGB VI).
Dass die Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11
SGB VI für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach erfüllt und kein Ausschlussgrund nach § 12
SGB VI vorliegt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Klägerin erfüllt jedoch nicht die persönlichen Voraussetzungen des § 10
SGB VI, da ihre Erwerbsfähigkeit für die zuletzt und auch weiterhin ausgeübte Tätigkeit als Justizangestellte im unteren Dienst beim Land- und Amtsgericht Frankfurt (Oder) nicht wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist. Eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit liegt vor, wenn nach ärztlicher Feststellung wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen und Funktionseinschränkungen in absehbarer Zeit, das heißt unter Anwendung des Rechtsgedankens des § 102
Abs. 2
S. 2
SGB VI innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren, damit zu rechnen ist, dass ohne Leistungen zur Teilhabe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit eintritt (
vgl. Kater in Kassler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 77. Auflage 2013, zu § 10
SGB VI Rn 7 und 9 mit weiteren Nennungen). Im Fall der Klägerin ist dieser allgemeine Zeitraum jedoch auf die Zeit der mündlichen Verhandlung am 12. Juni 2013 bis zum Ausscheiden der Klägerin aus dem aktivem Dienst am 21. Dezember 2013 zu begrenzen, da es für die gerichtliche Entscheidung über die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage anders als
z.B. bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage auf die am Tag der mündlichen Verhandlung aktuelle Tatsachenlage ankommt. Es ist darauf abzustellen, ob die Klägerin das begehrte Hilfsmittel aktuell noch benötigt wobei in dem hier zu entscheidenden Fall weiter der Umstand zu berücksichtigen ist, dass die Klägerin im Rahmen der Altersteilzeit ab dem 22. Dezember 2013 in die so genannte "Ruhephase" ihrer Altersteilzeit eintritt und danach mangels Fortbestehens der durch die Arbeitsleistung bestehenden Belastung per se nicht mehr erwerbsgefährdet sein kann (
vgl. § 3
Abs. 2 des Tarifvertrages Altersteilzeit im öffentlichen Dienst - so genanntes "Blockmodell"). Es muss daher in dem verbliebenen halben Jahr der aktiven Arbeitstätigkeit der Klägerin die erhebliche Gefahr einer "Ausgliederung" aus Arbeit, Beruf und Gesellschaft bestehen. Der Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit darf nicht nur möglich sein. Es muss die begründete Aussicht bestehen, dass diese bis zum regelmäßigen Ausscheiden der Klägerin aus dem aktiven Dienst am 22. Dezember 2013 eintritt. Die Gefährdung muss bis zum Abschluss der Leistung voraussichtlich fortbestehen und durch die Teilhabeleistung beeinflusst werden können (
vgl. Kater in Kassler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 77. Auflage 2013, zu § 10
SGB VI Rn 7 und 9 mit weiteren Nennungen). Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 10
SGB VI liegt im Abgrenzung zur erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit nicht nur vor, wenn eine Erwerbsminderung im Sinne des § 43
SGB VI vorliegt, sondern bereits dann, wenn die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben nicht unwesentlich eingeschränkt ist und der Versicherte daher nicht mehr in der Lage ist, seinen Beruf normal auszuüben. Eine - hier nicht vorliegende - Minderung der Erwerbsfähigkeit hat im Gegensatz zur Gefährdung bereits zu einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit geführt (
vgl. Kater, a.a.O. Rn 8).
Vorliegend liegen bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen vor:
- Schmerzhafte Lendenwirbelsäulenerkrankung mit psychotischer Überlagerung ohne relevante Funktionseinschränkungen und ohne neurologische Ausfälle - Metabolisches Syndrom mit Adipositas, Bluthochdruck, Glukostoleranzstörung, Fettstoff- und Harnsäurestoffwechselstörung - Asthma - Schilddrüsenfehlfunktion - Kniegelenksverschleiß links - Fußfehlform beidseits - Fersensporn links - Restless - legs - Syndrom - Gallensteinleiden - Seelisches Leiden
Auch unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsstörungen besteht aus Sicht der Kammer, die sich insoweit den überzeugenden Ausführungen der Gutachterin Frau
Dr. F. und des prüfärztlichen Diensts der Beklagten anschließt, keine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin. Die Kammer ist vielmehr der Überzeugung, dass die Klägerin zumindest für die verbleibende Zeit bis zum Eintritt der Klägerin in die Ruhephase ihrer Altersteilzeitbeschäftigung am 22. Dezember 2013 ihre bisherigen berufliche Tätigkeit auch ohne die Gewährung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zumutbar verrichten kann. Der abweichenden Einschätzung der Betriebsärztin Frau Sternberg, die sich auf die Befundunterlagen der behandelnden Ärzte der Klägerin und deren subjektive Angaben zu ihren durch die Arbeitssituation hervorgerufenen Leiden beruft und die ersichtlich keine umfassende eigene körperliche Untersuchung durchgeführt hat folgt die Kammer aus folgenden Gründen nicht: Die körperlichen Wirbelsäulenbeschwerden stellen sich nicht so schwerwiegend dar, als dass sich die Notwendigkeit einer sofortigen Versorgung der Klägerin mit einem besonders einstellbaren ergonomischen Bürostuhl, wie er in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2013 beschrieben würde, aufdrängen würde. Dass die Belastbarkeit und Funktionsfähigkeit der Wirbelsäule der Klägerin noch nicht wesentlich eingeschränkt ist, ergibt sich aus dem Ergebnis der ambulanten Untersuchung durch Frau
Dr. F. (Punkte 3.6. der gutachterlichen Untersuchung, Blatt 8f. des Gutachtens) in der die Klägerin im Wesentlichen Normalwerte erreichte und nach Erfahrungswerten des Gerichts deutlich besser abschnitt als Personen mit schwerwiegenden Wirbelsäulenbeschwerden. Dieses deckt sich mit der Aussage des behandelnden Orthopäden
Dr. K. - B. in seinem Befundbericht vom 27. Juni 2012, bei dem die Klägerin in längeren Zeitabständen in Behandlung ist und der angab, dass sich bei der Klägerin eine Besserung der Wirbelsäulenbeschwerden ergeben habe (Eintrag in der Patientenakte am 12. Juni 2012 "Beschwerdefreiheit lumbal"). Im Weiteren führt die Klägerin in der Gefahrenmanagementzentrale des L.- und A.-gerichts F. eine leichte körperliche Tätigkeit aus, die keineswegs durchgehend sitzend zu verrichten ist. Die Klägerin kann gut ein Viertel der täglichen Arbeitszeit mit Kontroll- oder Botengängen verbringen und hierbei ihre Wirbelsäule entlasten. Hinzu kommt eine halbstündige Pause zur freien Disposition. Darüber hinaus kann die Klägerin durch regelmäßigen Positionswechsel und Bewegungsübungen in der Gefahrenmanagementzentrale ihr Wirbelsäulenleiden positiv beeinflussen. Die Klägerin ist im Übrigen bereits mit einem recht guten Bürostuhl der bezüglich der Sitzhöhe und der Armlehnen höhenverstellbar ist und über eine Lordosenstütze verfügt, versorgt. Vor diesem Hintergrund sieht die Kammer in den kommenden sechs Monaten keine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit für die Klägerin. Dieses gilt umso mehr, als die Klägerin den Antrag auf Gewährung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach Angabe ihres Arbeitgebers nach erfolgtem Hinweis auf die Möglichkeit der Antragsstellung bei der Beklagten im August 2010 erst nach mehreren Sachstandsanfragen durch diesen und erst im Mai 2011 gestellt hat. Dieses weist ebenso wie der Umstand, dass die Klägerin Schmerzmedikamente nur bei Bedarf einnehmen muss, darauf hin, dass der durch die Arbeitsplatzsituation entstandene körperliche Leidensdruck nicht so hoch ist, dass der Klägerin eine unveränderte Situation nicht noch über den verbliebenen Arbeitszeitraum von weiteren sechs Monaten zuzumuten wäre.
Nur ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass für den Fall, dass entgegen der Kammerauffassung auf Grund der konkreten Arbeitsplatzsituation doch zumindest eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin und damit ein Anspruch auf Erbringung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des § 9
SGB VI dem Grunde nach vorliegen sollte, in diesem Fall trotzdem keine Einstandspflicht durch die Beklagte für die Versorgung mit dem von der Klägerin begehrten besonders ausgestatteten Bürostuhl gegeben wäre. Im Verhandlungstermin wurde insoweit vorgebracht, dass nur die Klägerin länger als eine halbe Stunde an dem konkreten Arbeitsplatz in der Gefahrenmanagementzentrale verbringen müsse, da man sie auf Grund ihrer körperlichen Einschränkungen mit keinen anderen Aufgaben des einfachen Justizdienstes mehr betrauen könne und dass sie nur mit Hilfe eine besonders einstellbaren Sessels alle Monitore, die Telefonanlage und den Computer in hinreichend entspannter Sitzhaltung im Auge behalten könne. Dieses als zutreffend zu Grunde gelegt, wären die gesundheitlichen Beschwerden durch die konkrete Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsrhythmus der Klägerin insbesondere durch die Schwierigkeiten bei der Einsicht der zu überwachenden Geräte und der fehlenden Wechselmöglichkeit der Beschäftigung bedingt. In diesem Fall wäre vorrangig der Arbeitgeber für eine ausreichende, dass heißt nicht gesundheitsgefährdende Ausstattung dieses Arbeitsplatzes zuständig. Eine Einstandspflicht der Beklagten als Rentenversicherungsträger besteht nämlich nur dann, wenn die Ursache der Gefährdung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin direkt und nicht nur mittelbar in einer Behinderung oder Erkrankung der Klägerin besteht. Aufgabe der Rentenversicherung ist es hingegen nicht eine mangelnde Grundausstattung des Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber auszugleichen (
vgl. Sozialgericht Dresden, Urteil vom 29. März 2010, Aktenzeichen
S 24 R 157/08 Rn 23). Eine Einstandspflicht der Rentenversicherung besteht auch nicht für die zusätzliche Ausgestaltung an sich eines bereits ohne Berücksichtigung der Schwerbehinderung aus sich heraus gesundheitsgefährdenden Arbeitsplatzes, der einem schwerbehinderten Arbeitnehmer auf Grund fehlender anderer Einsatzmöglichkeiten durch den Arbeitgeber zugewiesen wird. Falls es zutrifft, dass die Monitore auch durch gesunde Mitarbeiter nur eingesehen werden können, wenn der Stuhl in der Gefahrenmanagementzentrale über eine extra weit zurückstellbare Rückenlehne verfügt und gesunde Mitarbeiter diesen Arbeitsplatz ebenfalls für maximal nur 30 Minuten besetzen und im Übrigen meiden würden, wäre die Ausstattung dieses Arbeitsplatzes mit einem entsprechend geeigneten Stuhl nicht Aufgabe der Beklagten sondern des Land- und Amtsgerichts Frankfurt (Oder) als Arbeitgeber der Klägerin, denn dann stellt ein solcher Stuhl gemäß § 3
Abs. 2
Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz die notwendige Grundausstattung am Arbeitsplatz dar, ohne dass es im Übrigen auf die Frage in diesem Verfahren aufgeworfene Frage des Vorrangs der Einstandspflicht zwischen Arbeitgeber und Rentenversicherung bei der Schaffung behindertengerechter Arbeitsplätze ankommt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG und folgte dem Ergebnis der Hauptsache.