Urteil
Aufwendungen für einen Treppenlift als außergewöhnliche Belastung
Gericht:
BFH
Aktenzeichen:
III R 97/06
Urteil vom:
30.10.2008
BFH
III R 97/06
30.10.2008
Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erzielten im Streitjahr 2001 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte überschritt 100 000 DM. Zu ihrem Haushalt gehörte ihr 1981 geborener Sohn, der durch einen Verkehrsunfall am ... 2001 querschnittsgelähmt wurde. Sein Schwerbehindertenausweis weist einen Grad der Behinderung von 100 sowie die Kennzeichen G, aG und H aus. Im Erdgeschoss des Einfamilienhauses der Kläger befanden sich die Küche, der Sanitärbereich und ein Arbeitsraum, im ersten Stock u.a. das Wohnzimmer und das Zimmer ihres Sohnes.
Der Sohn erzielte 2001 keine Einkünfte. Die Klägerin hatte zu seinen Gunsten (§ 179 Abs. 2 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag) eine Unfallversicherung abgeschlossen, für die nach einer Zusage vom 14. März 2002 zunächst 32 591,95 EUR und nach einem Schreiben vom 29. Oktober 2002 sodann weitere 23 166,61 EUR insgesamt 55 758,56 EUR auf das Girokonto der Kläger überwiesen wurden. Aus dem Schreiben ergibt sich, dass über die unterlassene Anzeige der Änderung der Berufstätigkeit des Sohnes gestritten worden war.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 2001 machten die Kläger Aufwendungen für den Einbau eines Treppenliftes in Höhe von 28 687,52 DM als außergewöhnliche Belastung geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt FA) berücksichtigte die Aufwendungen im Einkommensteuerbescheid 2001 nicht. Der Einspruch der Kläger war erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) ließ die Aufwendungen durch Urteil vom 12. Oktober 2006 2 K 1859/04 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 931) zum Abzug als außergewöhnliche Belastung zu. Es führte aus, die Aufwendungen für den Treppenlift blieben nicht nach der Gegenwertlehre unberücksichtigt, da es sich um ein medizinisches Hilfsmittel handele. Die Kläger hätten sich den Aufwendungen aus sittlichen Gründen nicht entziehen können. Der dem Sohn aus der Unfallversicherung zustehende Betrag habe zwar den ihm unterhaltsrechtlich zustehenden Notgroschen und das sozialhilferechtliche Schonvermögen überstiegen, sei aber erst 2002 gezahlt worden. Im Streitjahr 2001 sei ungewiss gewesen, wann und in welcher Höhe der Versicherer leisten würde; im Falle einer unberechtigten Zahlungsverweigerung hätte eine gerichtliche Durchsetzung erhebliche Zeit in Anspruch nehmen können. Während dieser Zeitspanne habe der Sohn den Treppenlift mangels eigenen Vermögens nicht anschaffen können. Eine andere Wohnmöglichkeit habe für ihn nicht bestanden.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 33 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) . Das FG habe zu Unrecht eine sittliche Verpflichtung der Kläger angenommen, weil der Sohn mit dem Anspruch gegen den Unfallversicherer über eigenes, nicht geringfügiges Vermögen verfügt habe und den Treppenlift daher selbst hätte bezahlen können. Bis zur Leistung des Versicherers hätte er einen Kredit in Anspruch nehmen oder die Kläger ihm den Betrag für den Treppenlift darlehensweise überlassen können. Zum Verzicht auf Ersatz- oder Rückzahlungsansprüche seien die Kläger nicht verpflichtet gewesen. Da der Anspruch auf die Versicherungsleistungen bereits mit dem Unfall entstanden sei, fehle es an einer endgültigen Belastung.
Das FA beantragt sinngemäß,
das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
R/R4261
Informationsstand: 18.08.2009