Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 08.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2015 beschwert im Sinne des § 54
Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG), weil dieser rechtswidrig ist. Die Beklagte hat unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Antrag der Klägerin auf Gewährung eines Zuschusses für eine Türschwellenrampe zur Terrasse
bzw. für den Einbau einer schwellenlosen Terrassentür zu entscheiden.
Gemäß § 40
Abs. 4 Satz 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB XI) können die Pflegekassen subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbstständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird.
Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen die vorgenannten gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen vor.
Durch die Schaffung eines schwellenlosen Zugangs zur Terrasse (durch eine Türschwellenrampe oder durch Einbau einer schwellenlosen Terrassentür) wird eine selbstständigere Lebensführung der Klägerin gewährleistet, da sie durch eine solche Maßnahme unabhängiger von ihrer Pflegeperson wird. Die Klägerin würde in die Lage versetzt, auch ohne fremde Hilfe,
d. h. auch bei Abwesenheit ihres Ehemannes, mit ihrem Rollator die Terrasse zur erreichen.
Das Ziel, die selbstständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wieder herzustellen
bzw. zu erhalten, setzt nicht in jedem Fall voraus, dass die Maßnahme eine Verrichtung im Sinne des § 14
Abs. 4
SGB XI betrifft (
vgl. BSG, Urteil vom 03.11.1999, Az.:
B 3 P 3/99 R sowie Urteil vom 26.04.2011, Az.:
B 3 P 15/00 R). Grundsätzlich können auch Hilfen außerhalb des Haushalts Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes darstellen, sofern sie der Befriedigung elementarer Bedürfnisse dienen. Dazu gehört
z. B. das Bedürfnis, die Wohnung verlassen zu können, um "an die frische Luft" zu kommen oder Einkäufe zu tätigen (
vgl. BSG, Urteil vom 17.07.2008, Az.:
B 3 P 12/07 R). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dient eine Maßnahme jedoch nicht den elementaren Belangen der Lebensführung, wenn das verfolgte Bedürfnis über die üblichen und durchschnittlichen Anforderungen des Wohnstandards und Wohnkomforts hinausgeht; so etwa, wenn mit der Maßnahme eine barrierefreie Nutzung des häuslichen Gartens angestrebt wird (
BSG, Urteil vom 17.07.2008, Az.: B 3 P 12/07 R). Hierzu hat das Bundessozialgericht ausgeführt, dass eine Einbeziehung auch des Gartens in den räumlichen Bereich des individuellen Wohnumfeldes im Sinne der Erweiterung von Wohnmöglichkeiten nur in Betracht zu ziehen sei, wenn den Pflegeversicherten die Nutzung eines eigenen Gartens überwiegend offen stehe und dies deshalb zum durchschnittlichen Wohnstandard gezählt werden könne. Letzteres ist durch das Bundessozialgericht unter Hinweis auf statistische Erhebungen, wonach durchschnittlich weniger als ein Drittel der Bevölkerung in einem Einfamilienhaus lebt, verneint worden.
Nach Auffassung der Kammer stehen die vorbezeichneten statistischen Erhebungen einer Bezuschussung der hier streitigen Maßnahme nicht entgegen. In Übereinstimmung mit der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Sozialgerichts Dortmund vom 12.03.2010, Az.:
S 39 KN 98/08 P, geht auch die Kammer vor eigenem Erfahrungshintergrund davon aus, dass eine Vielzahl von Mietwohnungen oder Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern einen eigenen Zugang entweder zu einem Balkon oder - bei Ebenerdigkeit der Wohnung - zu einer Terrasse haben. Es ist der Kammer ebenfalls bekannt, dass im Falle von Sanierungen
bzw. Modernisierungen ganzer Wohnviertel die darin befindlichen Wohnungen allesamt mit Balkonen
bzw. Terrassen zur Herstellung eines nach Auffassung der Kammer heute üblichen Wohnkomforts ausgestattet werden. Nach allem dient das von der Klägerin verfolgte Bedürfnis, die Terrasse barrierefrei zur Anzucht von Kräutern, zum Aufhängen von Wäsche, zur regelmäßigen Gymnastik (abhängig von der Witterungslage) und zur Kommunikation mit den Nachbarn aufsuchen zu können, der Gewährleistung eines üblichen Wohnkomforts und nicht der Erlangung eines über dem Standard liegenden "höheren" Wohnkomforts.
Da die Leistungsvoraussetzungen für eine Bezuschussung der von der Klägerin beantragten Maßnahme vorliegen, wird die Beklagte im Rahmen des von ihr auszuübenden Ermessens noch zu prüfen haben, welche der in Rede stehenden Maßnahmen (Anlegung einer Türschwellenrampe oder Einbau einer schwellenlosen Terrassentür) unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots durch Gewährung eines Zuschusses zu fördern ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.