1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 27.06.2018 - 10 Ca 234/18 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
2. Für die Beklagte wird die Revision zugelassen.
Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, ob der Kläger unter dem Datum des 16.06.2015 wirksam als Beauftragter für Datenschutz bei der Beklagten bestellt wurde oder die Rechtsstellung als Beauftragter für Datenschutz durch den Widerruf der Beklagten vom 01.12.2017
bzw. vorsorgliche Abberufung vom 25.05.2018 beendet wurde.
Der am 00.00.1972 geborene Kläger ist seit dem 01.01.2009 bei der Beklagten beschäftigt. Die Betriebszugehörigkeit ist seit dem 01.11.1993 anerkannt worden. Der Kläger ist in der Funktion als freigestellter Betriebsratsvorsitzender der Beklagten sowie als stellvertretender Gesamtbetriebsratsvorsitzender in allen drei ...Unternehmen in ... tätig.
Die Beklagte ist Teil des ... Konzerns und 100%ige Tochtergesellschaft der ...
GmbH (vormals
AG), welche wiederum eine 100%ige Tochtergesellschaft der ... mit Sitz in ... ist. Vorstand der ... ist Herr ..., der zugleich auch Vorstandsvorsitzender der ... (...
AG) mit Sitz in ... ist, der Muttergesellschaft der Beklagten.
Der Kläger wurde von der Beklagten und den weiteren in Deutschland ansässigen Gesellschaften ...
GmbH, ...
GmbH und ...
GmbH mit Wirkung zum 01.06.2015 zum Datenschutzbeauftragten bestellt mit dem Ziel, einen konzerneinheitlichen Datenschutzstandard zu erreichen. Aus diesen Gründen erfolgte die Bestellung des Klägers als betrieblicher Datenschutzbeauftragter bei der Beklagten und als externer Datenschutzbeauftragter bei der ...
GmbH (vormals
AG), der ...
GmbH und der ebenfalls in ... ansässigen ...
GmbH.
In Auswertung der Umfrage bei Unternehmen mit mehr als 50 Arbeitnehmern zum Thema Datenübermittlung ins außereuropäische Ausland und zum betrieblichen Datenschutzbeauftragten richtete sich der ... Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit mit Schreiben vom 04.09.2017 an die Muttergesellschaft der Beklagten - die ...
GmbH (vormals
AG) - unter Bezug auf § 4 f
Abs. 2 BSDG mit dem Hinweis, dass bei der Bestellung des betrieblichen Datenschutzbeauftragten beachtet werden müsse, dass der Kandidat die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Fachkunde und Zuverlässigkeit besitze. Aufgrund der hauptberuflichen Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten als Betriebsratsvorsitzender wurde die Auffassung vertreten, dass Zweifel bestünden hinsichtlich der Zuverlässigkeit aufgrund bestehender Interessenkollisionen. Hierzu hat die ...
GmbH (vormals
AG) mit Schreiben vom 27.09.2017 Stellung genommen und unter Bezug auf das Urteil des
BAG vom 23.03.2011 - 10 AZR 562/09 - die Auffassung vertreten, dass keine Inkompatibilität seitens des Klägers vorliege und von einer Eignung als betrieblicher Datenschutzbeauftragter auszugehen sei.
Daraufhin hat der ... Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit mit Schreiben vom 24.11.2017 unter Bezug auf § 4 f
BDSG nunmehr die Feststellung getroffen, dass der Kläger nicht über die notwendige Zuverlässigkeit verfüge, die für die Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten notwendig sei. Es wird ausgeführt, eine Inkompatibilität mit dem Amt des Betriebsratsvorsitzenden liege vor. Hervorgehoben durch Fettschrift wird erklärt: "Herr ... ist nicht wirksam als betrieblicher Datenschutzbeauftragter bestellt worden. ...
AG hat demnach seit dem 01.06.2015 keinen
BDSG." Es wurde nochmals die Gelegenheit gegeben, bis zum 03.01.2018 zum Sachverhalt Stellung zu nehmen. Des Weiteren wird in dem Schreiben erklärt, dass mit Ablauf dieser Frist der Betrieb damit rechnen müsse, dass der ... Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit die verantwortliche Stelle verpflichtet, einen nach § 4 f
BDSG geeigneten betrieblichen Datenschutzbeauftragten zu bestellen. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass nach § 43
Abs. 1
BDSG ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 4 f
Abs. 1 Satz 1 oder 2 einen Beauftragten für Datenschutz nicht, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig bestellt. Diese Ordnungswidrigkeit könne mit einer Geldbuße bis 50.000,00
EUR geahndet werden.
Im Anschluss an dieses Schreiben wurde dem Kläger mit Schreiben vom 01.12.2017 unter Bezugnahme auf die Erklärung der ... Landesbehörde mitgeteilt, dass eine wirksame Bestellung als betrieblicher Datenschutzbeauftragter zu keinem Zeitpunkt gegeben gewesen sei und zur Vermeidung eines Bußgeldes der Aufforderung des TLfDI unverzüglich Folge geleistet und ein geeigneter Datenschutzbeauftragter bestellt werde. Hilfsweise wurde die Bestellung des Klägers zum Datenschutzbeauftragten vom 16.06.2015 nach § 4 f
Abs. 3 Satz 4
BDSG für alle vier Unternehmen mit sofortiger Wirkung zum 01.12.2017 widerrufen. Der Kläger hat den Empfang des Schreibens am 01.12.2017 durch Unterschrift bestätigt.
Als neue Datenschutzbeauftrage ist sodann mit Wirkung zum 01.12.2017 Frau ... für alle deutschen Standorte der ... Unternehmen bestellt worden.
Nach dem Inkrafttreten der
DSGVO wurde der Kläger mit einem weiteren Schreiben der Beklagten vom 25.05.2018 aus betriebsbedingten Gründen gemäß
Art. 38
Abs. 3 Satz 2
DSGVO vorsorglich als Datenschutzbeauftragter abberufen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit vorliegender Klage.
Er hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, am 16.06.2015 wirksam zum Datenschutzbeauftragten bestellt und durch die Schreiben vom 01.12.2017 und vom 25.05.2018 auch nicht wirksam abberufen worden zu sein.
Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
1. festzustellen, dass seine Rechtstellung als Beauftragter für den Datenschutz der Beklagten nicht durch den Widerruf der Beklagten vom 01.12.2017 beendet worden ist,
2. festzustellen, dass seine Rechtstellung als Beauftragter für den Datenschutz der Beklagten auch nicht durch den Widerruf der Beklagten vom 25.05.2018 beendet worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, dass sich die durch die für die Kontrolle der Durchführung des Datenschutzes zuständige Aufsichtsbehörde getroffene Feststellung, dass der Kläger nicht wirksam als betrieblicher Datenschutzbeauftragter bestellt worden sei, der arbeitsgerichtlichen Überprüfung entziehe. Weder die Parteien noch die Arbeitsgerichte seien zur Überwachung und Einhaltung des Bundesdatenschutzgesetzes berufen.
Im Übrigen sei der Ansicht des ... Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, demzufolge dem Kläger als Betriebsratsvorsitzender die Zuverlässigkeit als Datenschutzbeauftragter fehle, beizutreten. Da der Kläger als Betriebsratsvorsitzender nach
§ 80 Abs. 1 BetrVG den betrieblichen Datenschutz zu überwachen habe, er jedoch auch gleichzeitig konzernweiten Datenschutz entwickeln müsse, verstoße dies gegen den Grundsatz, dass niemand "Richter in eigener Sache" sein dürfe.
Unabhängig von der Wirksamkeit der Bestellung sei eine solche durch das Schreiben vom 01.12.2017 aber jedenfalls wirksam widerrufen worden. Das im Schreiben des Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit vom 24.11.2017 zum Ausdruck gebrachte Abberufungsverlangen stelle einen wichtigen Grund für die Abberufung dar. Der Umstand, dass nicht die sächsische Aufsichtsbehörde, sondern der ... Datenschutzbeauftragte die Abberufung verlangt habe, sei irrelevant, da die Thüringer Behörde die für die Muttergesellschaft zuständige Behörde sei. Ein weiterer wichtiger Grund sei darin zu sehen, dass der Wegfall des Klägers als betrieblicher Datenschutzbeauftragter für die ...er Gesellschaften des ... Konzerns wegen des Verlangens der Aufsichtsbehörde dazu geführt habe, dass die Muttergesellschaft keinen konzernweiten einheitlichen Datenschutzbeauftragten mehr habe und dieses Ziel deshalb nicht mehr umgesetzt werden könne.
Sofern man auch dies anders sehen wolle, so sei der Kläger aber jedenfalls spätestens durch das Schreiben vom 25.05.2018 wirksam als Datenschutzbeauftragter abberufen worden. Nach
Art. 38
Abs. 3 Satz 2 der am 25.05.2018 in Kraft getretenen
DSGVO dürfe ein Datenschutzbeauftragter wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht abberufen oder benachteiligt werden. Im Umkehrschluss folge hieraus, dass ein Datenschutzbeauftragter aus betriebsbedingten Gründen sehr wohl abberufen werden dürfe. Das Arbeitsgericht ... habe zwischenzeitlich entschieden, dass der Kläger bei der ...er Muttergesellschaft und der in ... ansässigen Schwestergesellschaft jedenfalls am 01.12.2017 wirksam als Datenschutzbeauftragter abberufen worden sei. Deshalb lasse sich der strategische Ansatz der Bestellung eines konzerneinheitlichen Datenschutzbeauftragten in Person des Klägers nicht mehr verwirklichen. Dies stelle einen betriebsbedingten Grund für die Abberufung des Klägers als Datenschutzbeauftragter auch bei der Beklagten dar.
Mit Urteil vom 27.06.2018 hat das Arbeitsgericht Dresden nach den Klageanträgen erkannt. Wegen der Einzelheiten dieser Entscheidung wird auf das Urteil (Bl. 127 bis 136 d. A.) Bezug genommen.
Gegen das ihr am 19.07.2018 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 23.07.2018 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 19.10.2018 - mit am 08.10.2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags greift die Beklagte das Urteil des Arbeitsgerichts im Wesentlichen mit Rechtsausführungen an.
Es verbleibe dabei, dass der Kläger bereits nicht wirksam zum Datenschutzbeauftragten bestellt worden sei. Der betriebliche Datenschutzbeauftragte könne nicht kraft gesetzlichen Auftrags auf der einen Seite als Berater des Arbeitgebers als für den Datenschutz verantwortliche Stelle agieren und auf der anderen Seite als Betriebsratsmitglied die Einhaltung des Datenschutzes überwachen. Unterrichtung und Beratung der i.
S. d. Datenschutzrechts verantwortlichen Stelle einerseits und Überwachung der für den Datenschutz verantwortlichen Stelle andererseits würden sich ausschließen, da der Kläger ansonsten als Mitglied des Betriebsrats selbst zu prüfen habe, ob aufgrund seiner Unterrichtung und Beratung implementierte Datenschutzregelungen rechtskonform seien. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts liege damit sehr wohl eine Inkompatibilität vor.
Eine entgegen dem soeben Gesagten doch wirksame Bestellung des Klägers zum betrieblichen Datenschutzbeauftragten habe dann aber jedenfalls durch den Widerruf vom 01.12.2017 sein Ende gefunden. Es liege ein wichtiger Grund i.
S. d. § 626
BGB vor und zudem auch ein Abberufungsverlangen durch die ... Aufsichtsbehörde i.
S. d. §4f
Abs.3 Satz4
BDSG a. F.Unabhängig hiervon sei der Kläger von seiner Stellung als Datenschutzbeauftragter der Beklagten dann aber jedenfalls durch den Widerruf vom 25.05.2018 abberufen worden. Zu Unrecht stelle das Arbeitsgericht insoweit darauf ab, dass gemäß den §§ 38
Abs. 2, 6
Abs. 4 Satz 1
BDSG n. F. auch nach Inkrafttreten der
DSGVO eine Abberufung des Datenschutzbeauftragten nur in entsprechender Anwendung des § 626
BGB zulässig sei. Richtig sei vielmehr, dass nach
Art. 38
Abs. 3 Satz 2
DSGVO bereits ein betriebsbedingter Grund für die Abberufung des Klägers ausreiche und ein solcher, da sich die von Anfang an verfolgte Intention der Bestellung eines konzerneinheitlichen Datenschutzbeauftragten nunmehr nicht mehr aufrechterhalten lasse, zweifelsfrei auch gegeben sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 27.06.2018 - 10 Ca 234/18 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Den Überlegungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung pflichtet er bei, den Ausführungen der Beklagten im Berufungsrechtszug tritt er entgegen.
Wegen des weiteren tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf ihre wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der letzten mündlichen Verhandlung vom 04.07.2019.