II.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Nach § 123
Abs. 1 Satz 2
VwGO kann das Gericht eine Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung setzt nach § 123 Ab. 3
VwGO i.V.m. § 920 der Zivilprozessordnung (
ZPO) voraus, dass der Antragsteller sowohl glaubhaft machen kann, einen Anspruch auf die beantragte Leistung zu haben (Anordnungsanspruch), als auch, dass mit der Erfüllung dieses Anspruchs nicht bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zugewartet werden kann (Anordnungsgrund). Eine solche Glaubhaftmachung liegt in entsprechender Anwendung von § 23
Abs. 1 Satz 2 des Sozialgesetzbuches 10. Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (
SGB X), dann vor, wenn das Vorliegen von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch überwiegend wahrscheinlich sind. Vorliegend fehlt es jedoch sowohl an einem Anordnungsanspruch, als auch an einem Anordnungsgrund.
2. Ein Anordnungsanspruch besteht nicht. Der Anordnungsanspruch bezieht sich dabei auf den materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (Kopp/Schenke,
VwGO, 15. Aufl. 2007, § 123,
Rdnr. 25). Ein solcher könnte sich allenfalls aus § 102
Abs. 1
Nr. 3, 102
Abs. 3
Nr. 1 a des Sozialgesetzbuches 9. Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (
SGB IX) aus den Mitteln der Schwerbehindertenausgleichabgabe als begleitende Hilfe im Arbeitsleben in Form einer technischen Arbeitshilfe ergeben. Gemäß
§ 14 Abs. 1 Nr. 2,
§ 17 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a,
§ 19 der Schwerbehindertenausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) können Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben an schwerbehinderte Menschen für technische Arbeitshilfen im Sinne von § 19
SchwbAV erbracht werden. § 19
SchwbAV sieht u.a. vor, dass für die Beschaffung technischer Arbeitshilfen, ihre Wartung und Instandsetzung die Kosten bis zu deren voller Höhe übernommen werden können. Gleiches gilt nach Satz 2 von § 19
SchwbAV für die Ersatzbeschaffung und die Beschaffung zur Anpassung an die technische Weiterentwicklung. Da sich die Aufgabe der Integrationsämter nach
§ 102 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX auf die begleitende Hilfe im Arbeitsleben beschränkt, müsste sich es bei der vom Antragsteller begehrten Ausstattung mit Hörgeräten um eine technische Arbeitshilfe im Sinne von § 19
SchwbAV handeln. Die Förderung nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass es sich um eine technische Arbeitshilfe handelt. Solche Hilfen müssen typischerweise arbeitsplatz- und arbeitsgebunden sein, dürfen nicht regelmäßig zu einem anderen Zweck eingesetzt werden und der schwerbehinderte Mensch muss sie dergestalt benötigen, dass er sich ihrer ständig (und nicht nur gelegentlich) bedienen muss. Schließlich setzt die begehrte Leistung voraus, dass ein Schwerbehinderter wegen der Eigenart seiner Arbeit eine bestimmte technische Hilfe benötigt; nicht ausreichend ist es, dass eine solche Hilfe nur zweckmäßig ist (
vgl. OVG Niedersachsen vom 14.10.1992 - Az.:
4 L 520/92 - juris -;
VG Ansbach, Urteil vom 16.7.2009 Az.:
AN 14 K 08.00613 - juris -). Anders als bei den vom Integrationsamt bezuschussten Sendern und Empfängern zur Hörgeräteausstattung des Antragstellers, handelt es sich bei der grundsätzlichen Versorgung des Antragstellers mit einer Hörhilfe jedoch um ein unstreitig medizinisches Hilfsmittel, welches auch vom Antragsteller nicht spezifisch arbeitsplatzbedingt benötigt wird, sondern auch im täglichen Leben seiner generell vorhandenen Schwerhörigkeit Abhilfe leistet. Während die vom Integrationsamt bezuschussten Sender- und Empfängeranlagen dem tatsächlichen Zuschnitt des Arbeitsplatzes des Antragstellers und der damit verbundenen Durchführung von Gruppensitzungen und Teambesprechungen Rechnung trugen, ermöglichen die Hörgeräte dem Antragsteller über seine Teilnahme am Arbeitsleben hinaus das generelle Leben in der Gesellschaft und eine möglichst selbstbestimmte und selbständige Lebensführung.
Weiter gilt es darüber hinaus die Bestimmung in § 17
Abs. 2
SchwbAV zu beachten. Nach § 17
Abs. 2 Satz 1
SchwbAV können andere als die in § 17
Abs. 1 bis 1 Buchst. b
SchwbAV genannten Leistungen, die der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben nicht oder nur mittelbar dienen, nicht erbracht werden; insbesondere können nach § 17
Abs. 2 Satz 2
SchwbAV medizinische Maßnahmen sowie Urlaubs- und Freizeitmaßnahmen grundsätzlich von Seiten der Integrationsämter nicht gefördert werden.
Selbst wenn man jedoch die Ausstattung mit technisch weiter entwickelten Hörgeräten als technische Arbeitshilfe im Sinne von § 17
Abs. 1
Nr. 1 Buchst. a, § 19
SchwbAV begreifen würde (so
VG Freiburg, Urteil vom 15.9.2005, Az.
5 K 949/05 - juris) gilt es den die Leistungsvoraussetzungen regelnden
§ 18 SchwbAV zu beachten. Nach dessen
Abs. 1 dürfen Leistungen nach § 17
Abs. 1 bis 1 Buchst. b nur erbracht werden, soweit Leistungen für denselben Zweck nicht von einem Rehabilitationsträger, vom Arbeitgeber oder von anderer Seite zu erbringen sind oder, auch wenn auf sie ein Rechtsanspruch nicht besteht, erbracht werden. Der hierin geregelte Nachrang von Leistungen des Integrationsamtes beruht darauf, dass es sich beim Integrationsamt nicht um einen Rehabilitationsträger im Sinne von
§ 6 SGB IX handelt, der nach
§ 4 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 SGB IX, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zum Leben in der Gesellschaft sowie für eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung erbringt. Gemäß § 102
Abs. 1
Nr. 3
SGB IX beschränkt sich die Aufgabe des Integrationsamtes auf die begleitende Hilfe im Arbeitsleben. Da es sich bei der Versorgung mit Hörhilfen jedenfalls im Schwerpunkt um ein Hilfsmittel der medizinischen Versorgung handelt, liegt es nahe, dass es sich um eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation im Sinne von
§ 5 Nr. 1 SGB IX handelt. Träger derartiger Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger), sind nach § 6
Abs. 1
Nr. 1
SGB IX die gesetzlichen Krankenkassen.
Daneben ist es aber auch denkbar, das es sich bei der Ausstattung mit Hörhilfen um eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 5
Nr. 2
SGB IX handelt, für die u.a. nach § 6
Abs. 1
Nr. 2
SGB IX die Bundesagentur für Arbeit zuständiger Rehabilitationsträger ist. Mithin ist eine Kostenübernahme über einen anderen Kostenträger (Rehabilitationsträger) denkbar und nicht ausgeschlossen, so dass nach § 18
Abs. 1 Satz 1
SchwbAV eine Leistung des Integrationsamtes selbst dann nachrangig wäre, wenn man vom Vorliegen einer technischen Arbeitshilfe im Sinne der § 17
Abs. 1
Nr. 1 Buchst. a, § 19
SchwbAV ausginge.
Auch die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 102
Abs. 6 Satz 3
SGB IX hält die erkennende Kammer nicht für gegeben. Nach dieser Vorschrift kann das Integrationsamt die Leistung vorläufig erbringen, wenn die unverzügliche Erbringung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich ist. § 18 der
SchwbAV steht der Anwendung von § 102
Abs. 6 Satz 3
SGB IX nicht entgegen. Nach § 18
Abs. 1 Satz 2
SchwbAV bleibt nämlich die Möglichkeit der Integrationsämter, Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben vorläufig zu erbringen unberührt. Da sich der Antragsteller aber jedenfalls im Besitz der ihm im Jahre 2006 vom Rehabilitationsträger zur Verfügung gestellten Hörhilfen befindet, sind die Voraussetzungen des § 102
Abs. 6 Satz 3
SGB IX nicht erfüllt. Da der Antragsteller mit seinen vorhandenen Hörhilfen am Arbeitsleben teilnehmen kann, ist die unverzügliche Erbringung einer Leistung nicht erforderlich. Hierbei gilt es insbesondere zu bedenken, dass der Antragsteller vor Anschaffung der Hörgeräte der Marke "Phonak Naida III" im Laufe des Jahres 2009 seine Tätigkeit als leitender Psychologe bereits seit längerem (Arbeitsbeginn am 01. Oktober 2008) mit den vorhandenen Hörhilfen der Marke "Phonak Savia" durchgeführt hat. In dieser Zeit ist es auch nicht zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit dem Antragsteller gekommen
bzw. wurden keine wesentlichen Arbeitserschwernisse glaubhaft gemacht. Auch konnte der Antragsteller nicht glaubhaft machen, dass die bei ihm vorhandenen Hörhilfen mit der Arbeitsplatzausstattung seines Arbeitgebers generell nicht kompatibel wären. Damit führt auch die vom Antragsteller vorgetragene Rückgabeverpflichtung der Hörgeräte "Phonak Naida" zum 20. Mai 2010 nicht zum Bestehen eines Anordnungsanspruches gegenüber dem Antragsgegner.
3. Zudem besteht kein Anordnungsgrund. Für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes ist grundsätzlich Voraussetzung, dass dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Personen nicht zumutbar ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten (Kopp/Schenke,
VwGO, 15. Aufl. 2007, § 123
Rdnr. 26). Warum dem Antragsteller ein Zuwarten bis zur Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar ist, hat dieser nicht glaubhaft gemacht. Zwar hat der Antragsteller eine schriftliche Stellungnahme seines Arbeitgebers vom 5. Mai 2010 vorgelegt, wonach das Bestehen des Arbeitsverhältnisses durch die fehlende hörgerätemäßige Ausstattung des Antragstellers gefährdet sei. Zu berücksichtigen ist aber, dass diese Stellungnahme auf den Hinweis des Antragstellers, dass er seine arbeitsrechtliche Pflicht nicht mehr erfüllen könne und er sich nicht mehr in der Lage sehe, Gruppengespräche und Teamsitzungen adäquat durchzuführen und leiten zu können, ergangen ist. Die Gefährdung des Arbeitsplatzes des Antragstellers läge akut aber wohl nur dann vor, wenn der Antragsteller tatsächlich über keine adäquate Hörgeräteausstattung verfügen würde. Dem ist aber nicht so, da der Antragsteller ausweislich der Behördenakte sich nach wie vor im Besitz einer funktionsfähigen Hörhilfe befindet. Dies gilt ungeachtet der vorgetragenen Rückgabeverpflichtung der Hörgeräte "Phonak Naida III". Der Antragsteller besitzt jedenfalls weiterhin die ihm im Jahre 2006 zur Verfügung gestellten Hörhilfen der Marke "Phonak Savia 311". Da der Antragsteller vor der 2009 vorgenommenen Neubeschaffung der höherwertigen Hörhilfen "Phonak Naida III" bereits längere Zeit in der Funktion als leitender Psychologe tätig war, ist es dem Antragsteller möglich und jedenfalls nicht unzumutbar, seine arbeitsvertraglichen Pflichten mit den bei ihm vorhandenen Hörhilfen zu erfüllen. Da der Antragsteller unstreitig derzeit über eine funktionsfähige Hörgeräteausstattung verfügt und Gegenstand im streitgegenständlichen Verfahren damit nur eine bloße Kostenerstattung ist, drohen dem Antragsteller jedenfalls bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren keine unzumutbaren Nachteile. Eine besondere Dringlichkeit der Angelegenheit konnte der Antragsteller nicht glaubhaft machen.
Damit kann letztlich auch dahinstehen, ob es bei der beantragten Anordnung, die Maßnahmen (vorläufig) zu finanzieren, um eine Vorwegnahme der Hauptsache handeln würde, die gemäß § 123
VwGO grundsätzlich unzulässig ist (
vgl. Kopp/ Schenke,
VwGO, 15. Auflage 2007, § 123,
Rdnr. 13).
4. Der Antragsteller trägt als unterliegender Teil die Kosten des
gem. § 188 Satz 2
VwGO gerichtskostenfreien Verfahrens (§ 154
Abs. 1
VwGO).