1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollsteckbar.
Der am ... geborene Kläger erhält vom Beklagten Versorgungsbezüge.
Mit Antrag vom 22. September 2015 begehrte er
u. a. die Gewährung von Beihilfe zu Aufwendungen für die Beschaffung einer Brille in Höhe von 983,00
EUR.
Mit Bescheid des Landesamts für Finanzen - Dienststelle ... - Bezügestelle Beihilfe - vom 7. Oktober 2015 setzte der Beklagte hierzu eine Beihilfe von 0,00
EUR fest.
Zur Begründung wird unter Hinweis-
Nr. 0231 ausgeführt, dass Aufwendungen für Sehhilfen von Erwachsenen derzeit nur bei den in § 22
Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 BayBhV genannten engen Voraussetzungen beihilfefähig seien, soweit nicht eine Anerkennung als therapeutische Sehhilfe (§ 22
Abs. 7 BayBhV) möglich sei. Der BayVGH habe mit Urteil vom 14. Juli 2015, 14 B 13.654, dazu entschieden, dass die im bayerischen Beihilferecht enthaltene Beschränkung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen von Erwachsenen bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche nichtig sei. Seit dem 14. Juli 2014 (Rechnungsdatum) beschaffte Aufwendungen für Sehhilfen von Erwachsenen seien im Vorgriff auf eine entsprechende Anpassung der BayBhV bis zum Inkrafttreten einer Änderungsverordnung nur beihilfefähig bei gravierender Sehschwäche ab -10,0
dpt.
Da die Voraussetzungen nicht erfüllt seien, könnten die Aufwendungen nicht als beihilfefähig anerkannt werden.
Mit Schreiben vom 13. Oktober 2015 legte der Kläger Widerspruch ein.
Die Anerkennung einer gravierenden Sehschwäche erst ab -10,0
dpt. entspreche nicht der Begründung des Urteils des BayVGH vom 14. Juli 2015. § 22
Abs. 8 BayBhV führe das Lesen normaler Zeitungsschrift als Grenze der gravierenden Sehschwäche an. Wie im Urteil vom 14. Juli 2015 ausreichend dargestellt, dürfe die Beihilfefähigkeit für unverzichtbare Hilfsmittel für die Ausführung der grundlegenden Verrichtungen des täglichen Lebens nicht ausgeschlossen werden. Aus der vorgelegten ärztlichen Brillenverordnung vom 27. November 2014 gehe hervor, dass seine Minusstärken mit 4,25 und 4,00
dpt. einer gravierenden Sehschwäche beider Augen im Sinne des § 22
Abs. 1
Nr. 2 c) BayBhV entspreche. Er beantrage eine Beihilfe in folgender Höhe festzusetzen und auszuzahlen:
Gemäß § 22
Abs. 2
Nr. 1 b) BayBhV 2 x 72
EUR für die Beschaffung der beiden Mehrstärkengläser. Da der Ausschluss der Kosten einer Brillenfassung aus den beihilfefähigen Kosten gemäß § 22
Abs. 2 Satz 1 BayBhV die Benutzung einer Sehhilfe nicht möglich mache, sei diese Vorschrift ebenfalls verfassungswidrig. Er beantrage deshalb, die Fassung der beiden zuschussfähigen Brillengläser ebenfalls als beihilfefähig anzuerkennen und hierbei hilfsweise auf den in § 22
Abs. 6
Nr. 2 BayBhV genannten Betrag von 52
EUR zurückzugreifen. Zusammenfassend beantrage er eine Beihilfe von 144
EUR für die Gläser und 52
EUR für die Fassung der lebensnotwendigen Sehhilfe.
Mit Widerspruchsbescheid des Landesamts für Finanzen - Dienststelle ... - Bezügestelle Beihilfe 1 - vom 23. November 2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat sei im Schreiben vom 28. September 2015 ... zu dem Ergebnis gekommen, dass Aufwendungen für Sehhilfen bei Personen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr bis zum Inkrafttreten einer Verordnung zur Änderung der BayBhV nur beihilfefähig seien bei
a) Blindheit beider Augen (Diagnoseschlüssel H 54.0) oder
b) Blindheit eines Auges und Sehschwäche eines anderen Auges (Diagnoseschlüssel H 54.1) oder
c) gravierender Sehschwäche beider Augen (Diagnoseschlüssel H 54.2) oder
d) erheblichen Gesichtsfeldausfällen oder
e) gravierender Sehschwäche ab -10,0
dpt.
Eine schwere Sehbehinderung, die zur Versorgung mit einer Sehhilfe zulasten der Beihilfe führen könne, liege nur vor, wenn die Sehschärfe auf jedem Auge nach Korrektur durch die Sehhilfe maximal 0,3 betrage. 0,3 bedeute, dass der Patient aus 3 m Entfernung das sehen könne, was ein Normalsichtiger aus 10 m Entfernung sehen könne. Bestehe bei bestmöglicher Korrektur mit einer Brille oder möglichen Kontaktlinsenversorgung auf einem Auge eine Sehleistung von <0,3, auf dem anderen Auge bei bestmöglicher Korrektur eine Sehbehinderung von >30%, bestehe selbst hier kein Leistungsanspruch für Beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Angehörige.
Der Kläger habe mit seinem Widerspruch vom 13. Oktober 2015 wiederum keine der Diagnosen nachgewiesen. Es lägen somit die Indikationsvoraussetzungen des § 22
Abs. 1 BayBhV für eine Sehhilfe nicht vor.
Hierauf erhob der Kläger mit einem am 30. November 2015 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schreiben vom 27. November 2015 Klage mit dem in der mündlichen Verhandlung dahingehend gestellten Antrag, den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 7. Oktober 2015 und vollständiger Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 23. November 2015 zu verpflichten, dem Kläger die beantragte Beihilfe in Höhe von 144
EUR für die beiden Gläser und 52
EUR für die Brillenfassung zu erstatten.
Zur Klagebegründung verwies er auf die Begründung seines Widerspruchs.
Der Beklagte beantragte mit Schreiben des Landesamts für Finanzen - Dienststelle ... - Rechtsabteilung - vom 22. Dezember 2015,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Beihilfe zu seiner Brille. Die Sehschwäche des Klägers erfülle keine der in § 22
Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 BayBhV in der bei Entstehung der Aufwendungen geltenden Fassung genannten Voraussetzungen, insbesondere liege keine gravierende Sehschwäche im Sinne von Diagnoseschlüssel H 54.2 nach Buchst. c) vor.
Die internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, German Modification (
ICD-10-GM) sei die amtliche Klassifikation zur Verschlüsselung von Diagnosen in der ambulanten und stationären Versorgung in Deutschland. Danach müsse beim Diagnoseschlüssel H 54.2 mindestens eine mittelschwere Sehbeeinträchtigung der Stufe 1 binokular vorliegen. Die Klassifikation des Schweregrads der Sehbeeinträchtigung beruhe wiederum auf den Empfehlungen durch den Beschluss des International Council of Ophthalmology (2002) und der Resolution der
WHO-Konferenz zur "Entwicklung von Standards zu Kriterien für Visusverlust und Visusfunktion" (2003),
vgl. VV zu § 22
Abs. 1 BayBhV). Wie im Widerspruchsbescheid bereits ausgeführt, sei daher für eine derartige gravierende Sehschwäche nach optimaler Korrektur durch eine Sehhilfe noch eine Minderung der Sehschärfe von 0,3 erforderlich. Anhaltspunkte dafür ließen sich weder der dem Kläger zurückgesandten ärztlichen Verordnung noch seinem Vortrag im Widerspruchs-
bzw. Klageverfahren entnehmen.
Aus § 22
Abs. 8 BayBhV ergebe sich nichts anderes. Danach bestehe ein Anspruch auf Beihilfe für eine vergrößernde Sehhilfe, wenn trotz Brille oder Kontaktlinsen das Lesen normaler Zeitungsschrift nicht möglich sei. Aufwendungen für eine vergrößernde (zusätzliche) Sehhilfe habe der Kläger hingegen nicht geltend gemacht.
Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BayVGH im Urteil vom 14. Juli 2015, 14 B 13.654, habe der Kläger keinen Anspruch auf Beihilfe zu einer Sehhilfe. Danach sei die Beschränkung der Beihilfe lediglich auf die Fälle einer Blindheit oder einer dieser nahekommenden Sehschwäche nicht mit der Fürsorgepflicht vereinbar. Ein Beihilfeanspruch bestehe daher auch bei einer gravierenden Sehschwäche wie im dort zu entscheidenden Fall. Der dortige Kläger habe eine Sehschwäche von mindestens -10,0
dpt. gehabt. Entsprechend habe das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat mit Schreiben vom 28. September 2015 im Vorgriff auf eine Änderung der BayBhV verfügt, dass zu Aufwendungen für eine ab 14. Juli 2014 beschaffte Sehhilfe Beihilfe zu gewähren sei, wenn eine gravierende Sehschwäche ab -10,0
dpt. vorliege. Dieses Kriterium erfülle die Sehschwäche des Klägers nicht.
Hierzu erwiderte der Kläger mit Schreiben vom 11. Januar 2016 zusammengefasst folgendes:
Der Beklagte lege das der Klage zugrunde liegende Urteil des BayVGH vom 14. Juli 2015 vollkommen falsch und restriktiv aus. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt werde. Die im angegriffenen Beihilfebescheid und im Widerspruchsbescheid zitierte geplante Anpassung der Bayerischen Beihilfeverordnung sei unerheblich und habe im vorliegenden Verfahren keinerlei Bedeutung. Ob und inwieweit er für die von ihm geltend gemachten Aufwendungen die Gewährung einer Beihilfe beanspruchen könne, beurteile sich daher nach der auf der Grundlage des
Art. 86a BayBG erlassenen BayBhV vom 2. Januar 2007. Damit habe er dem Grunde nach Anspruch auf eine Beihilfe für die ärztlich verordnete Sehhilfe nach § 2
Abs. 1
Nr. 1, § 7
Abs. 1 Satz 1 und § 22
Abs. 1 BayBhV. Er sei zum maßgeblichen Zeitpunkt als Pensionär des Beklagten zu 70% beihilfeberechtigt gewesen. Seine Aufwendungen seien auch gemäß § 7
Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BayBhV beihilfefähig und die Notwendigkeit der Aufwendungen für die schriftlich verordnete Gleitsichtbrille sowie die wirtschaftliche Angemessenheit dieser Aufwendungen stünden außer vernünftigem Zweifel. Wie das Urteil des BayVGH vom 14. Juli 2015 expressis verbis ausführe, werde die gravierende Sehschwäche auf die Beeinträchtigung der Verrichtungen des täglichen Lebens und nicht auf die ominöse -10
dpt.-Grenze der zu verändernden BayBhV gestützt. Nach ständiger Rechtsprechung von
BVerwG und BayVGH beurteile sich die Notwendigkeit einer medizinischen Maßnahme ausschließlich nach dem allgemeinen Lebensbereich des Beihilfeberechtigten,
d. h. nach den gewöhnlichen, im Regelfall vorkommenden Lebensverhältnissen und Aktivitäten.
Damit sei der in § 22
Abs. 1 Satz 1 BayBhV vorgenommene Beihilfeausschluss im Hinblick auf den Personenkreis der Erwachsenen, die, wie er eine gravierende Sehschwäche hätten, unwirksam. Seine Aufwendungen für die Gleitsichtbrille seien erforderlich, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens bewältigen zu können. Er habe gravierende Sehbeeinträchtigungen sowohl im Nah- als auch im Fernbereich. Ohne die entsprechende Korrektur sei er nicht fähig, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Es sei ohne Sehhilfe weder in der Lage, elementarer Körperpflege incl. Rasur hinreichend nachzukommen, noch hätte er ausreichende Mobilität, um Erledigungen innerhalb und außerhalb seiner häuslichen Umgebung, wie Einkäufe oder Behördengänge tätigen zu können.
So sei seine erste Tätigkeit im Bereich des morgendlichen Erwachens der Griff zur Brille um seine Hausschuhe und seine Unterwäsche zu identifizieren. Die Brille sei erforderlich, um Verunreinigung der Toilettenschüssel zu sehen und zu beseitigen, um Ärger mit seiner Frau zu entgehen, sowie Bartstoppeln im Spiegel gezielt anzusteuern. Beim Versuch einer Rasur ohne Brilleneinsatz ergebe die nachherige Kontrolle mit Brille einen Flickenteppich von rasierten und unrasierten Gesichtsteilen. Ob er anständig frisiert sei, lasse sich im Spiegel nur mithilfe der Brille feststellen.
Ganz abgesehen von der Gefahr eines Fehltritts und der Sturzgefahr auf Stufen oder gepflasterten Wegen, wo er nur mithilfe der Brille zügig und unverletzt laufen könne. Personen- oder Verkehrsschilderkennung wäre auch nicht möglich und bereits seit 48 Jahren trage seine Fahrerlaubnis den Vermerk: "Das Tragen eines Sehhilfe ist notwendig." Die seitdem stetige Verschlechterung seiner Sehstärke sei sicher auch seinem Beruf als Finanzbeamter geschuldet (Berufskrankheit?). Die vom Beklagten vorgebrachten Klassifizierungen der
WHO seien in anderem Zusammenhang entstanden und hier nicht entscheidungsrelevant.
Wie aus dem Urteil des BayVGH vom 14. Juli 2015 weiter hervorgehe, handle es sich bei den Aufwendungen des Klägers nicht um Kosten, die ihrer Art nach der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen seien (
BVerwG vom 13.12.2012). Sie dienten dem Ausgleich einer gravierenden Sehbehinderung. Das Erfordernis einer Sehhilfe stelle sich vielmehr als unmittelbare Folge einer gravierenden Sehschwäche dar. Sehhilfen seien Hilfsmittel, deren Beihilfefähigkeit die Beihilfeverordnung selbst - jedenfalls im Grundsatz - vorsehe (
vgl. § 22 BayBhV). Eine Beihilfe zum Ausgleich dieser gravierenden Sehschwäche in seinem Fall abzulehnen, verstoße gegen den Fürsorgegrundsatz des Beihilferechts. Seine Sehschwäche sei nicht an Blindheit grenzend, jedoch so gravierend, dass der hierzu konstruierte Teilausschluss der Beihilfefähigkeit nichtig sei. Wie im mehrfach zitierten Urteil festgestellt worden sei, verstoße § 22
Abs. 1 BayBhV gegen die Bayerische Verfassung und sei bereits wegen eines Verstoßes gegen die einfachgesetzlich in § 45 BeamtstG geregelte Fürsorgepflicht unwirksam (
vgl. Schulz in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Auflage 2014,
Art. 92 Rn. 14).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Sonderakte zur Beihilfeakte des Landesamts für Finanzen - Dienststelle ... - Rechtsabteilung - und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid des Landesamts für Finanzen - Dienststelle ... - Bezügestelle Beihilfe 1 - vom 7. Oktober 2015 - soweit angefochten (Versagung der Gewährung von Beihilfe zu Aufwendungen in Höhe von 196
EUR für die Beschaffung einer Brille) - in der Fassung des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom 23. November 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113
Abs. 1 und 5
VwGO).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die beantragten Beihilfeleistungen für die Beschaffung einer Brille in der von ihm beantragten Höhe (Gläser: 144
EUR, Fassung: 52
EUR), da die Voraussetzungen für eine Beihilfefähigkeit nicht vorliegen und der hierdurch bewirkte Beihilfeausschluss rechtmäßig ist.
Ein Beihilfeanspruch des Klägers ergibt sich nicht aus
Art. 96 BayBG
i. V. m. §§ 1
Abs. 2 Satz 1, 7
Abs. 1 Satz 1, 22
Abs. 1 BayBhV. Nach
Art. 96
Abs. 2 Satz 1 BayBG erhalten Beamte Beihilfeleistungen zu den nachgewiesenen medizinisch notwendigen und angemessenen Aufwendungen in Krankheits-, Geburts- und Pflegefällen und zur Gesundheitsvorsorge. Nach § 7
Abs. 1 der gemäß
Art. 96
Abs. 5 BayBG hierzu erlassenen Bayerischen Beihilfeverordnung sind Aufwendungen "nach den folgenden Vorschriften" beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach medizinisch notwendig sowie der Höhe nach angemessen sind und ihre Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. § 22
Abs. 1 BayBhV regelt als eine diesen Grundsatz konkretisierende Norm die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen. Danach sind diese beim volljährigen Kläger nur im Fall des Vorliegens einer der in § 22
Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 lit. a bis d BayBhV genannten Indikationen beihilfefähig.
Darüber ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 14. Juli 2015,
14 B 13.654, zu der Erkenntnis gelangt, dass der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit für Sehhilfen für Volljährige nach § 22
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 BayBhV
bzw. deren Beschränkung auf einige wenige Fälle von Blindheit oder der Blindheit nahekommender Sehschwächen in § 22
Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 BayBhV jedenfalls bei Vorliegen einer gravierenden Sehschwäche gegen das in § 45
Abs. 1 BeamtStG für die Beamten der Länder einfachgesetzlich geregelte und in
Art. 33
Abs. 5
GG verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgeprinzip verstoße, wonach der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten zu sorgen habe (BayVGH, U. v. 14.07.2015, Az. 14 B 13.654,
Rdnr. 22, juris).
Unzweifelhaft liegen beim Kläger keine der in § 22
Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 BayBhV genannten Indikationen vor. Auch handelt es sich hier nicht um einen auch nur annähernd vergleichbaren Fall einer dermaßen gravierenden Sehschwäche, welche dem Ausgangsfall des BayVGH zugrunde gelegen hatte. Diese hatte nämlich eine Stärke erreicht (Myopia per magna - hohe Kurzsichtigkeit,
ca. -13
dpt.), die dem dortigen Kläger ohne eine Sehhilfe die wesentlichen Verrichtungen des täglichen Lebens unmöglich gemacht hätte. Hingegen liegt beim Kläger des gegenständlichen Verfahrens, dessen Kurzsichtigkeit laut ärztlicher Brillenverordnung vom 27. November 2014 -4,25
dpt und -4,00
dpt beträgt, nach den im Internet recherchierbaren Kategorien (
vgl. www.brillensehhilfen.de) zwar eine das ständige Tragen einer Brille (oder Sehhilfe) erfordernde moderate Kurzsichtigkeit vor, die jedoch nach allgemeiner Lebenserfahrung auch ohne Sehhilfe nicht einer faktischen Blindheit gleichkäme. Insbesondere kann sich der Kläger auch nicht auch nicht auf die von ihm zur Klagebegründung zum Teil wortwörtlich übernommenen Ausführungen des BayVGH im oben genannten Urteil vom 14. Juli 2015 berufen, da die dortigen Feststellungen des BayVGH zu einem anders gelagerten und nach objektiven Kriterien, nicht mit dem Fall des Klägers (Minusstärken: 4,25
dpt. und 4,00
dpt) vergleichbaren Sachverhalt, nämlich dem Fall eines Beamten mit einer sehr hohen Kurzsichtigkeit von
ca. -13
dpt. getroffen wurden.
Nachdem vorliegend kein Fall einer solchen gravierenden Sehschwäche gegeben ist, stellt sich auch nicht mehr die Frage, ob die Umsetzung der Entscheidung des BayVGH durch das Landesamt für Finanzen - Dienststelle ... - sich als zu eng erweist, wenn eine solche erst ab einer Größenordnung von mindestens -10
dpt. angenommen wird.
Die Kammer hat - über die Notwendigkeit einer Beihilfeleistung für Fälle einer gravierenden Sehschwäche hinaus - keine Zweifel an der Wirksamkeit der Vorschriften der BayBhV und ihrer jeweiligen Ausführungsbestimmungen. Insbesondere ist der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sehhilfen neben den oben genannten Ausnahmen mit höherrangigem Recht vereinbar.
Die Ablehnung der weitergehenden Beihilfeleistung über diese Fälle hinaus verletzt nämlich nicht die Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG). Die Beihilferegelungen sind selbst eine Konkretisierung der Fürsorgepflicht, so dass Ansprüche aus dieser Pflicht des Dienstherrn nur abgeleitet werden können, wenn sonst die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt wäre (
BVerwG, Urt. v. 10.6.1999, Az.
2 C 29/98,
Rdnr. 22, juris, m. w. N.). Ihrem Wesen nach ist die Beihilfe eine Hilfeleistung, die zu der zumutbaren Eigenvorsorge des Beamten in angemessenem Umfang hinzutritt, um ihm seine wirtschaftliche Lage in einer der Fürsorgepflicht entsprechenden Weise durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern. Dabei ergänzt die Beihilfe nach der ihr zugrundeliegenden Konzeption lediglich die Alimentation des Beamten (
BVerwG, U.v. 20.3.2008, Az. 2 C 49.07,
Rdnr. 20, juris;
vgl. auch
VG Bremen, U. v. 10.11.2015, Az. 2 K 695/14,
Rdnr. 23, juris). Der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten soll auch im Krankheits- und Pflegefall gesichert werden. Dem Dienstherrn ist es daher grundsätzlich nicht verwehrt, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Denn die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht fordert keine lückenlose Erstattung aller Kosten in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und Todesfällen, die durch die Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung nicht gedeckt sind. Der Dienstherr muss zwar eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall gewährleisten; das bedeutet jedoch nicht, dass er die Aufwendungen eines medizinisch notwendigen Arzneimittels in jedem Fall erstatten muss. Er kann grundsätzlich bestimmte Medikamente und Hilfsmittel ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet (BayVGH,
a. a. O.,
Rdnr. 24, juris).
Insbesondere ist es dem Gesetz- und Verordnungsgeber nach Auffassung der Kammer rechtlich möglich, die Beihilfeleistungen für Hilfsmittel wie einer Brille ähnlich den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nach
§ 33 Abs. 2 SGB V i. V. m. § 12
Abs. 1 Spiegelstr. 2 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Hilfsmittel-Richtlinie/
HilfsM-RL) in der Neufassung vom 21. Dezember 2011 zu beschränken.
Dabei ergibt sich auch kein Verstoß gegen
Art. 3
Abs. 1
GG dadurch, dass nur für bestimmte Diagnosen ein Beihilfeausschluss
bzw. eine Beihilfegewährung vorgesehen wird (noch offengelassen: BayVGH,
a. a. O.,
Rdnr. 32, juris). Hinsichtlich der Schwere der Sehbeeinträchtigungen wurde nämlich nach Auffassung des Verordnungsgebers keine bloß quantitativ bedeutsame Unterscheidung getroffen. Vielmehr ergibt sich aus den in § 22
Abs. 1
Nr. 2 BayBhV genannten Ausnahmefällen - wie auch aus der vom BayVGH zusätzlich angenommenen Ausnahme der gravierenden Sehschwäche - ein qualitativer Unterschied in der Beeinträchtigung, weshalb ein genügender sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung vorliegt. Aus diesem Grund ist mit
Art. 96
Abs. 5 Satz 2
Nr. 2 lit. b BayBG auch eine genügende Verordnungsermächtigung für den vorgenommenen Ausschluss der Beihilfegewährung gegeben, weil nach qualitativ unterschiedlichen Indikationen unterschieden wurde.
Auch liegt keine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht wegen einer unzumutbaren Belastung des Beamten durch die Aufwendungen für die Brille als medizinisches Hilfsmittel vor (
vgl. zur Unzumutbarkeit
BVerwG, Urt. v. 10.10.2013, 5 C 32/12,
Rdnr. 25, juris, m. w. N.;
VG Ansbach, Urt. v. 16.06.2010, AN 15 K 10.00165;
VG Bayreuth, Urt. v. 23.02.2015, B 5 K 14.1,
Rdnr. 28, juris). Eine derartige unzumutbare Belastung für den Kläger durch die von ihm begehrten ungedeckten Aufwendungen in Höhe von 196,00
EUR ist jedoch nach Auffassung des Gerichts keinesfalls gegeben, da es sich lediglich um einmalige Kosten innerhalb eines längeren Zeitraums handelt, die - auf diesen bezogen - jedenfalls als vom Beamten leistbar angesehen müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161
Abs. 1, 154
Abs. 1
VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167
Abs. 2
VwGO i. V. m. §§ 708
Nr. 11
ZPO.
Gründe, die Berufung nach § 124 a
Abs. 1
VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.
Nach Auffassung der Kammer weicht das Urteil nicht von der oben genannten Entscheidung des BayVGH vom 14. Juli 2015, 14 B 13.654, ab (
vgl. §§ 124
Abs. 2
Nr. 4, 124a
Abs. 1 Satz 1
VwGO), da der dort entschiedene Fall einen objektiv anders gelagerten Sachverhalt (Myopia per magna von -13
dpt.) betrifft.
Zum anderen handelt es sich vorliegend nicht um eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage i.
S. d. §§ 124
Abs. 2
Nr. 3, 124a
Abs. 1 Satz 1
VwGO, insbesondere fehlt es bereits an der Klärungsbedürftigkeit der Reichweite einer gravierenden Sehschwäche, nachdem es bei der Kurzsichtigkeit des Klägers von -4,25
dpt. und -4,00
dpt. ersichtlich kein derartiger Fall gegeben ist.