Das Gericht hat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren durch Urteil entschieden (§ 124
Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz-
SGG).
Die Klage ist zulässig und auch begründet, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig. Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung der Kosten in Höhe von insgesamt Euro 519,-, die ihm für die Anschaffung eines I.-Pads sowie einer dafür passenden Halterung entstanden sind.
Anspruchsgrundlage für die Versorgung mit dem begehrten I.-Pad sind
§§ 19 Abs. 3,
53,
54 SGB XII,
§§ 2,
55 SGB IX iVm den Vorschriften der auf der Grundlage von
§ 60 SGB XII erlassenen Eingliederungshilfe-Verordnung (
EinglHVO),
§ 9 Abs. 1, 2 Nr. 12 EinglHVO.
Gemäß
§ 19 Abs. 3 SGB XII wird Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem Sechsten Kapitel des
SGB XII geleistet, soweit den Leistungsberechtigten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des
SGB XII nicht zuzumuten ist. Der Kläger verfügt neben seinem Werkstatteinkommen über kein weiteres Einkommen oder Vermögen, soweit auch die Beklagte ihm laufende Leistungen der Grundsicherung in Einrichtungen erbringt. Der Kläger gehört zum leistungsberechtigten Personenkreis des
§ 53 SGB XII. Gemäß § 53
Abs. 1
SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne des
§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Wann eine wesentliche Behinderung in diesem Sinn vorliegt, ergibt sich aus
§§ 1 bis
3 EinglHVO. Der Kläger gehört aufgrund seiner schwerwiegenden körperlichen Beeinträchtigungen und insbesondere aufgrund seiner Gehörlosigkeit zu dem in § 1
Nr. 5
EinglHVO genannten Personenkreis; das sind Personen, die gehörlos sind oder denen eine sprachliche Verständigung über ihr Gehör nur mit Hörhilfen möglich ist. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft werden gemäß
§§ 54 Abs. 1 SGB XII,
55 Abs. 1 SGB IX die Leistungen erbracht, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nach den Kapiteln 4 bis 6 nicht erbracht werden. Die Aufgabenbeschreibung der "Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft" umfasst den Ausgleich der gesamten im Einzelfall beeinträchtigten Fähigkeiten, die notwendige Voraussetzung dafür sind, um wie nicht behinderte Menschen an Kontakten und Betätigungen in der Gesellschaft teilhaben zu können. Zur Förderung des Teilhabeziels geeignet sind alle Leistungen, die dem behinderten Menschen den Kontakt mit seiner Umwelt und die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglichen und sichern (Kossens in: Kossens/von der Heide/Maaß,
SGB IX, 4. Aufl.2015, § 55 Rn. 4). Zu den Leistungen nach § 55
Abs. 1 gehören gemäß § 55
Abs. 2
Nr. 1
SGB IX insbesondere die Versorgung mit anderen als den in
§ 31 SGB IX genannten Hilfsmitteln (Körperersatzstücke sowie orthopädische und andere Hilfsmittel) oder den in
§ 33 genannten Hilfen (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben), die damit über die medizinische oder berufliche Zweckbestimmung hinausreichen und dazu bestimmt sind, zum Ausgleich der durch die Behinderung bedingten Mängel beizutragen. Sie dienen darüber hinaus der gesamten Alltagsbewältigung und haben die Aufgabe, dem behinderten Menschen den Kontakt zu seiner Umwelt, nicht nur mit der Familie und Nachbarschaft sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben zu ermöglichen. Dazu gehören spezifische Hilfsmittel insbesondere für solche Menschen, die wegen der Art und Schwere ihrer Behinderung im Alltag auf besondere technische Hilfen angewiesen sind, sowie Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. (
vgl. Kossens, aaO, § 55
Rdnr. 6 mwN). Nach
§ 9 Abs. 1, 2 Nr. 12 EinglH-VO gehören zu den anderen Hilfsmitteln I ...
S. des § 55
SGB IX Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens und zur nichtberuflichen Verwendung bestimmte Hilfsgeräte für behinderte Menschen, wenn der behinderte Mensch wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf diese Gegenstände angewiesen sind. Dazu zählen neben technischen Geräten wie
z.B. Waschmaschinen und Küchenmaschinen auch die im Zuge der technischen Entwicklung möglich gewordenen computergestützten Hilfsmittel, an die bei der Einführung der
Nr. 12 noch nicht zu denken war (
vgl. Schneider in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm,
SGB XII, Sozialhilfe, Kommentar zum Sozialgesetzbuch, § 9 EinglH-VO
Rdnr. 11). Dies entspricht auch den Vorgaben nach
Art 9 Abs. 1 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (
UN-
BRK) vom 13.12.2006, das in Deutschland seit 2009 in Kraft getreten ist und insoweit hier bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "nach der Besonderheit des Einzelfalls" in
§ 2 Abs. 1 SGB IX mit heranzuziehen ist (
vgl. Roller, Auswirkungen der
UN-Behindertenrechtskonvention auf das sozialgerichtliche Verfahrensrecht, SGb 2016,
S. 17-24, Seite 18; Heinz, die Vorgaben der
UN-Behindertenrechtskonvention, ZFSH, SGB 2016, Seite 7-16, Seite 8). Danach sollen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen treffen, Menschen mit Behinderungen eine unabhängige Lebensführung und volle Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen, mit dem Ziel, für Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang ua. zu Information und Kommunikation, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen zu gewährleisten
Die Kammer hat danach keine Zweifel, dass es sich bei dem hier streitigen I.-Pad, soweit es dem gehörlosen Kläger hier ausschließlich zur Kommunikation mit anderen mit Hilfe der Gebärdensprache dient, damit ebenfalls um ein Hilfsmittel der Eingliederungshilfe I ...
S. des § 55
Abs. 2
Nr. 1
iVm § 9 Abs. 2 Nr. 12 EinglH-VO handelt, auch wenn ein solches Gerät für Menschen ohne Behinderung um einen reinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens darstellt. Der Kläger ist auch wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf das hier streitige Hilfsmittel angewiesen, denn er kann sich infolge seiner Gehörlosigkeit nur mit Gebärden und damit nicht uneingeschränkt verständlich machen, insbesondere kann er nicht telefonieren
bzw. nur eingeschränkt lesen und schreiben. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das in der Wohneinrichtung des Klägers im Büro vorhandene Bildtelefon
bzw. jetzt neu der Tablet-Computer nicht ausreichend, den Anspruch des Klägers auf barrierefreie Kommunikation mit seiner Umgebung im Rahmen seines Anspruchs auf Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu erfüllen. Denn wesentlicher Bestandteil der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ist nämlich die Kommunikation, für die das Hören die essentielle Voraussetzung ist. Die Möglichkeiten der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und damit insgesamt als positiv zu bewertende Einflüsse auf die Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen werden dadurch erheblich erweitert. Maßstab für die Eingliederungsziele im Rahmen des
SGB XII sollen dabei auch die berechtigen Wünsche des Betroffenen (§ 9
Abs. 2
SGB XII) selbst sein (
BSG, Urteil vom 12.12.2013 -
B 8 SO 18/12 R - juris Rn. 16). Der Kläger hat dabei den berechtigten Wunsch, nicht nur im Büro seiner Wohneinrichtung mit seiner Familie oder Dritten zu kommunizieren
bzw. darauf angewiesen zu sein, dass ihm der jetzt neu angeschaffte Tablet-Computer der Einrichtung in seinem Zimmer zur uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung steht, sondern er hat den für die Kammer verständlichen Wunsch, auch außerhalb der Einrichtung in der Lage zu sein, mit seiner Umwelt jederzeit in Kontakt zu treten. Dies betrifft im Hinblick auf seine behinderungsbedingten körperlichen und geistigen Einschränkungen vor allem auch die Möglichkeit, sich bei unvorhersehbaren Ereignissen unterwegs ggfs. auch Hilfe zu beschaffen. Der Kläger verbringt nämlich nur einen Teil des Tages in seiner Wohneinrichtung, soweit er darüber hinaus seiner Arbeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen nachgeht und diese auch selbstständig mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufsucht. Darüber hinaus ist er auch in der Lage, innerhalb H.s ihm bekannte Ziele selbstständig aufzusuchen. Das hier streitige I.-Pad dient ihm dabei zur Kommunikation, nach der Auffassung der Kammer vergleichbar einem Mobiltelefon für nicht hörbehinderte Menschen. Der Kläger ist nach seinem Vortrag, an dem insoweit keine Zweifel bestehen, in der Lage, das I.-Pad entsprechend dieser Funktion mit Hilfe von "F." uneingeschränkt für diese zwischenmenschliche Kommunikation zu nutzen. Im Hinblick darauf, dass die Nutzung eines Mobiltelefons für nichtbehinderte Menschen heutzutage zu einem nicht mehr hinwegzudenkenden Mittel der zwischenmenschlichen Kommunikation bezeichnet werden kann, kann dem Kläger als hörbehinderter Mensch ein Gebrauchsgegenstand, der im Zuge der technischen Entwicklung in dieser Form damit auch als Kommunikationshilfe auch für Menschen mit einer Hörbehinderung eingesetzt werden kann, damit, vor allem auch im Hinblick auf die Anforderungen der Zugänglichkeit des
Art 9 der UN-BRK nicht verwehrt werden. Denn es soll auch im Rahmen der Eingliederungshilfe -Vorschriften diejenige Hilfe gewährt werden, die es ihm ermöglicht, in der Umgebung von Nicht-Hilfeempfängern ähnlich wie diese zu leben, insbesondere, wenn damit eine selbstständigere Lebensführung erreicht werden kann (
vgl. OVG Lüneburg Urteil vom 23.01.2003 Az.: 12 C 332/02,
Rdnr. 33 mwN, juris). Dass der Kläger mit dem Hilfsmittel I.-Pad insbesondere auch als Unterstützung der Kommunikation außerhalb der Einrichtung eine größere Selbstständigkeit erlangen kann, daran hat die Kammer keine Zweifel. Dem widerspricht auch nicht die Auffassung der Landesärztin für Hörbehinderte, soweit in der Stellungnahme vom 06.02.2013 auch keine medizinischen sondern ausschließlich rechtlichen Einwände genannt worden sind, welchen mit den vorstehenden Ausführungen des Gerichts bereits entgegengetreten worden ist. Ebenso unbeachtlich ist, ob der Kläger das I.-Pad ausschließlich für die Kommunikation mit seiner Familie nutzen möchte oder tatsächlich nutzt, was im Übrigen nach dem Sachverhalt weder ersichtlich noch zu ermitteln war. Dass die von der Beklagten
bzw. Frau
Dr. B. hier alternativ aufgeführte Nutzung des Systems "
S.", das mit W. Geräten betrieben werden kann, eine kostengünstigere Alternative darstellt, vermag die erkennende Kammer nicht nachzuvollziehen, zumal der Kläger hier glaubhaft vorgetragen hat, dass er dieses System nicht bedienen kann und damit als Alternative ausscheidet.
Damit lässt sich im Ergebnis feststellen, dass der Anspruch des Klägers auf ein I.-Pad als Hilfsmittel im Rahmen der Eingliederungshilfe begründet ist. Soweit die Beklagte dies zu Unrecht abgelehnt hat, war der Kläger gemäß
§ 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX berechtigt, sich dieses selbst zu beschaffen, so dass die Beklagte entsprechend zu verpflichten war, ihm die dafür nachweislich aufgewendeten Kosten in Höhe von insgesamt 519,- Euro zu erstatten. Die Kammer hat dabei auch die Anschaffung des Zubehörteils einer entsprechenden Halterung als notwendig angesehen, soweit das I.-Pad für die Ausübung der Gebärdensprache in Sichtweite aufgestellt sein muss.
Die Kostenentscheidung entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits und folgt aus § 193
SGG.
Die Klage musste damit nach allem mit der Kostenfolge aus § 193
SGG abgewiesen werden. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil der Beschwerdewert von Euro 750,- mit dem streitigen Klagebegehren nicht erreicht wird. Gründe für eine Zulassung der Berufung (§144
Abs. 1
Nr. 1
Abs. 2
SGG) liegen nicht vor.