Urteil
Kein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit - Möglicher Ausgleich der eingeschränkten Wegefähigkeit durch Bewilligung von Leistungen nach der KfzHV

Gericht:

LSG Hessen 5. Senat


Aktenzeichen:

L 5 R 28/09


Urteil vom:

13.03.2010


Kurzbeschreibung:

Wer aus gesundheitlichen Gründen nur begrenzte Wegstrecken zurücklegen kann, erhält keine Rente wegen Erwerbsminderung, soweit ihm ausreichende Mibilitätshilfen zugesichert worden sind.

Der 54-jährige Elektroinstallateur arbeitete als Servicetechniker in der Firma seiner Ehefrau. Aufgrund eines Arbeitsunfalls im Jahr 2005 wurde der Mann zunächst arbeitsunfähig, später arbeitslos. 2006 beantragte er Rente wegen verminderter Erwerbsunfähigkeit. Gutachter bescheinigten ihm jedoch, dass er täglich sechs und mehr Stunden leichte körperliche Tätigkeiten verrichten könne. Daraufhin lehnte die Deutsche Rentenversicherung Hessen den Antrag mit der Begründung ab, der Mann sei weder erwerbs- noch berufsunfähig. Vielmehr könne er als Telefonist, Büro- und Verwaltungskraft sowie als Pförtner arbeiten.

Der nach dem Unfall gehbehinderte Mann klagte vor dem Sozialgericht. Aufgrund seiner eingeschränkten Wegefähigkeit könne er in Betracht kommende Arbeitsplätze nicht mit zumutbarem Aufwand erreichen.

Die Ermittlungen im sozialgerichtlichen Verfahren ergaben, dass der Kläger weder öffentliche Verkehrsmittel benutzen, noch vier Mal täglich mehr als 500 Meter laufen könne. Die Rentenversicherung sagte dem Kläger daraufhin vorbehaltlos die Übernahme der Taxikosten oder die Erstattung von Kosten für die Fahrt mit einem Fahrzeug durch Dritte zu. Aufgrund dieser Bewilligung bestehe kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, so die Richter beider Instanzen. Dem Grundsatz "Rehabilitation vor Rente" folgend habe die Rentenversicherung dem Kläger ausreichend Mobilitätshilfen angeboten.

Quelle: Sozialrecht + Praxis 9/2010

Rechtsweg:

SG Darmstadt Urteil vom 17.12.2008 - S 14 R 202/07
Bundessozialgericht Urteil vom 12.12.2011 - B 13 R 21/10 R

Quelle:

Sozialgerichtsbarkeit BRD

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Umstritten ist dabei insbesondere (noch), ob die von der Beklagten erklärte Bereitschaft zur Übernahme der Kosten für Taxifahrten von und zum Arbeitsplatz einem auf die eingeschränkte Wegefähigkeit des Klägers gestützten Rentenanspruch für die Zeit ab 1. Januar 2009 entgegensteht.

Der 1956 geborene Kläger verfügt über eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Elektroinstallateur. Er war von 1975 bis 1979 als Elektromechaniker und von 1979 bis 2004 als technischer (Außendienst-)Mitarbeiter im Servicebereich für Büromaschinen versicherungspflichtig erwerbstätig. Ab 2004 übte der Kläger diese Tätigkeit als geringfügig beschäftigter Servicetechniker in der von seiner Frau betriebenen Firma aus. Anlässlich eines am 20. Juni 2005 erlittenen Arbeitsunfalls (Sturz von der Ladebühne eines Lastkraftwagens) zog der Kläger sich eine Fersenbeinfraktur beidseits zu, in deren Folge sich eine postoperative Wundheilungsstörung anschloss. Der Kläger war nachfolgend arbeitsunfähig erkrankt bzw. arbeitslos und bezog Verletztengeld bzw. Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe. Nach eigenen Angaben ist der Kläger im Besitz eines Führerscheins und eines Personenkraftwagens, welcher ausschließlich von seiner Frau genutzt wird.

Am 14. Februar 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und legte einen Befundbericht des Arztes für Chirurgie Dr. med. H. vom 1. März 2006 nebst weiteren Krankenunterlagen vor. Auf Veranlassung der Beklagten wurde er daraufhin am 22. Juni 2006 durch den Arzt für Orthopädie - Rheumatologie, physikalische Medizin - Dr. med. TT. untersucht.

Im Rentengutachten vom 28. Juni 2006 diagnostizierte Dr. med. TT. bei dem Kläger eine Belastungseinschränkung beider Beine nach operativ behandelter Fersenbeinfraktur (Juni 2005) mit erheblicher Funktionseinschränkung der Sprunggelenke und Reiz, eine Bandscheibendegeneration C6/C7 mit rezidivierendem Schulter-Arm-Syndrom und pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung in beide Arme, einen statisch und muskulär ausreichend kompensierten Rundrücken mit gering verstärkten Gefügestörungen, eine beginnende Osteoporose, eine beginnende bis mittelgradige Coxarthrose beidseits mit geringer Funktionseinschränkung ohne wesentliche Kapselreizung, eine beginnende bis mittelgradige Gonarthrose beidseits ohne Funktionseinschränkung mit geringer Kapselreizung rechts sowie eine Erblindung auf dem rechten Auge nach Verletzung im Kindesalter. Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen mutete Dr. med. TT. dem Kläger noch leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (überwiegend im Sitzen, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 8 kg Gewicht nur ebenerdig, ohne besondere Anforderungen an das beidäugig räumliche Sehvermögen sowie nur in geschlossenen Räumen ohne Einwirkung von Kälte, Zugluft oder Nässe) im zeitlichen Umfang von arbeitstäglich sechs Stunden und mehr zu. Eine nennenswerte Einschränkung der Wegefähigkeit wurde seitens des Gutachters für nicht gegeben erachtet.

Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme der Ärztin für Innere Medizin - Sozialmedizin - Dr. med. J. vom 5. Juli 2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag durch Bescheid vom 11. Juli 2006 mit der Begründung ab, dass der Kläger noch leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen im zeitlichen Umfang von arbeitstäglich sechs Stunden und mehr verrichten könne und sich zur Verwertung dieses Restleistungsvermögens sozial zumutbar auf eine Tätigkeit als Montierer in der Metall- und Elektroindustrie sowie als Pförtner verweisen lassen müsse. Es liege deshalb keine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß vor.

Der Kläger erhob am 20. Juli 2006 Widerspruch und machte unter Vorlage eines Untersuchungsberichts der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik YO. vom 16. Mai 2006 sowie eines Attests des Arztes für Chirurgie Dr. med. I. vom 3. Januar 2007 geltend, dass er im Hinblick auf die bei ihm vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen keiner geregelten Erwerbstätigkeit mehr nachgehen könne.

Der Widerspruch wurde seitens der Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 21. März 2007 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Kläger den vorliegenden fachorthopädischen Gutachten zufolge zumindest noch leichte körperliche Tätigkeiten für die Dauer von arbeitstäglich sechs Stunden und mehr verrichten könne. Unter Berücksichtigung seines beruflichen Werdegangs sei der Kläger innerhalb des vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschemas der Gruppe der Facharbeiter zuzuordnen. Er müsse sich zur Verwertung des ihm verbliebenen Restleistungsvermögens jedoch sozial zumutbar auf eine Tätigkeit als Telefonist, als Büro- und Verwaltungshilfskraft sowie als Pförtner verweisen lassen und sei deshalb auch nicht berufsunfähig.

Der Kläger erhob daraufhin am 5. April 2007 Klage bei dem Sozialgericht Darmstadt. Er legte einen Bewilligungsbescheid der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik vom 4. Mai 2007 (Bewilligung von Verletztenrente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 %) und einen Bescheid des Versorgungsamts vom 22. Mai 2007 (Grad der Behinderung (GdB): 70; Merkzeichen: "G") sowie eine Stellungnahme seines behandelnden Arztes für Chirurgie Dr. med. I. vom 3. September 2007 nebst Untersuchungsberichten der Chirurgisch-Orthopädischen Fachklinik K. vom 25. Juli 2007 und des Radiologen Dr. med. L. vom 25. September 2007 vor und machte geltend, dass die bei ihm vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht hinreichend gewürdigt worden seien. Im Hinblick auf seine gesundheitsbedingt eingeschränkte Wegefähigkeit sei es ihm nicht möglich, die für ihn in Betracht kommenden Arbeitsplätze mit zumutbarem Aufwand zu erreichen. Wegen der von ihm eingenommenen starken Medikamente habe er Angst, seinen Pkw zu benutzen und fühle sich nicht fahrtauglich.

Die Beklagte verblieb demgegenüber zunächst bei ihrer Auffassung, dass eine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß bei dem Kläger nicht nachgewiesen sei.

Das Sozialgericht zog die den Kläger betreffenden Unfallakten der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik bei und erhob von Amts wegen Beweis durch Einholung eines fachorthopädischen Sachverständigengutachtens.

Der Arzt für Orthopädie - Chirotherapie, Sportmedizin, H-Arzt, spezielle Schmerztherapie, Osteologie, Akupunktur - Dr. med. MV. diagnostizierte im Sachverständigengutachten vom 11. November 2007 im Anschluss an eine ambulante Untersuchung vom 8. November 2007 bei dem Kläger muskuläre Reizungen im Halswirbelsäulen- und Schulter-Nacken-Bereich, degenerative Skelettveränderungen im Brustwirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulen-Bereich ohne wesentliche Funktionsstörung, kapsuläre Reizungen beider Hüften, eine Synovitis beider Knie bei degenerativen Veränderungen sowie bei chronischen Fehlbelastungen infolge der Funktionsstörungen an den Sprunggelenken sowie unter Verkürzung und Deformierung ausgeheilte Fersenbeinbrüche beidseits mit Einsteifung des rechten unteren Sprunggelenks und wackelsteifem linken unteren Sprunggelenk sowie erheblicher Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk, rechts mehr als links, mit Überlastungsarthralgie in den Lifranc-Gelenken beider Füße. Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen mutete Dr. med. MV. dem Kläger noch leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (in nahezu ausschließlich sitzender Körperhaltung, ohne wesentliche Geh- und Stehanteile, nicht auf Leitern und Gerüsten) im zeitlichen Umfang von arbeitstäglich zumindest sechs Stunden zu. Der Kläger sei grundsätzlich nicht mehr dazu in der Lage, von seiner Wohnung aus öffentliche Verkehrsmittel aufzusuchen und zu benutzen. Er sei außerstande, viermal täglich Fußwegstrecken von mehr als 500 m Länge innerhalb einer Zeit von 20 Minuten einschließlich der notwendigen Pausen zurückzulegen. Das so beschriebene Leistungsvermögen bestehe seit dem Unfallereignis vom 20. Juni 2005.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wurde außerdem der von ihm benannte Arzt für Orthopädie - Chirotherapie, Sportmedizin, physikalische Therapie, Akupunktur, Osteologie - Dr. med. M. gutachtlich gehört. Im Sachverständigengutachten vom 2. Mai 2008 diagnostizierte Dr. med. M. im Anschluss an eine ambulante Untersuchung vom 2. April 2008 bei dem Kläger eine schwere Arthrose des unteren Sprunggelenks rechts mit sekundärem Plattfuß nach Fersenbeinfraktur mit postoperativem Infekt und kapsulärer Einsteifung des oberen Sprunggelenks, eine mittelschwere Arthrose des unteren Sprunggelenks links nach Fersenbeinfraktur mit kapsulärer Fibrose des oberen Sprunggelenks, Reizergussbildungen an beiden Kniegelenken mit statischer Fehlbelastung mit Bakerzyste links, degenerativem Innenmeniskusschaden links und Zeichen der Arthrose, einen Morbus Dupuytren beidseits im Stadium 0, belastungsabhängige Cervikobrachialgien bei degenerativen Halswirbelsäulenveränderungen sowie beginnende Coxarthrosen beidseits. Zum Leistungsvermögen führte Dr. med. M. aus, dass der Kläger noch in der Lage sei, zumindest sechs Stunden arbeitstäglich leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (fast ausnahmslos sitzend, ohne Zwangshaltungen, ohne Hocken oder Knien, nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne Über-Kopf-Arbeiten sowie ohne Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten) zu verrichten. Der Kläger sei nicht mehr dazu in der Lage, von seiner Wohnung aus öffentliche Verkehrsmittel aufzusuchen und zu benutzen. Ebenso sei er außerstande, viermal täglich Fußwegstrecken von mehr als 500 m Länge zurückzulegen. Zum Erreichen der Arbeitsstelle sei ein Fahrer oder ein entsprechend behindertengerecht umgerüsteter PKW (Handgas, Automatik etc.) erforderlich. Das so beschriebene Leistungsvermögen bestehe seit Abschluss der letzten stationären Rehabilitation am 9. Februar 2006.

Nach Auswertung dieser Gutachten räumte die Beklagte ein, dass die dem Kläger zumutbare Fußwegstrecke seit dem 11. September 2007 (MRT-Untersuchung des rechten Kniegelenks mit erstmaligem Nachweis eines Reizergusses und einer III gradigen Knorpelschädigung) auf deutlich unter 500 m eingeschränkt und dass ihm auch die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr zumutbar sei. Seit dieser Zeit sei auch das Führen eines Kraftfahrzeugs mit üblichen Fußpedalen nicht mehr möglich.

Durch Bescheid vom 23. Juni 2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger die Gewährung von Leistungen nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV). In dem Bescheid heißt es unter anderem:

"Wir bewilligen Ihnen ... Beförderungskosten im Rahmen der KfzHV. Diese werden übernommen, um den Arbeitsplatz zu erreichen. Beförderungskosten werden auch gezahlt, wenn sie Wege zur Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses (Vorstellungsgespräch) zurücklegen müssen. Hierunter sind die Übernahme des Fahrpreises eines Taxis oder die erstattungsfähigen Kosten nach dem Bundesreisekostengesetz für die Fahrt mit einem PKW durch Dritte zu verstehen.

Darüber hinaus bewilligen wir Ihnen noch folgende Leistungen nach der KfzHV: - Zuschüsse zur Beschaffung eines Kfz - falls erforderlich, Zuschüsse zur Erlangung einer Fahrerlaubnis - Übernahme der Kosten für die behinderungsbedingte Zusatzausstattung.

Die vorstehenden Leistungen werden anstelle der Beförderungskosten dann gewährt, wenn ein Arbeitsverhältnis dauerhaft begründet wurde (z. B. Ablauf der Probezeit).

Sofern die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses ansteht, bitten wir Sie, sich umgehend mit uns wegen der Leistungsgewährung in Verbindung zu setzen.

Sofern Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gewährt wird, ist dieser Bescheid gegenstandslos."

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2008 vor dem Sozialgericht gab die Terminsbevollmächtigte der Beklagten hierzu die folgende ergänzende Erklärung ab:

"Unser Bescheid vom 23. Juni 2008 ist dahingehend zu verstehen, dass wir in jedem Fall verbindlich auch die Kosten für Taxifahrten zum Arbeitsplatz und wieder zurück übernehmen, sofern es angesichts des Gesundheitszustandes des Klägers keine billigere Möglichkeit im Hinblick auf die Beschaffung bzw. Ausrüstung eines Kfz gibt."

Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass keine rentenberechtigende Erwerbsminderung vorliege, weil durch die dem Kläger bewilligten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben eine ausreichende Wegefähigkeit hergestellt sei.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 17. Dezember 2008 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedenfalls noch leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen für die Dauer von zumindest sechs Stunden täglich verrichten könne. Ausgehend vom Berufsschutz eines Facharbeiters müsse er sich zur Verwertung dieses Restleistungsvermögens sowohl objektiv als auch sozial zumutbar auf eine Tätigkeit als Telefonist verweisen lassen. Die eingeschränkte Wegefähigkeit des Klägers begründe keinen Rentenanspruch, weil sie durch die von der Beklagten zugesagten Leistungen zur Teilhabe kompensiert werde.

Der Kläger hat gegen das ihm am 14. Januar 2009 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 19. Januar 2009 Berufung eingelegt. Auf rechtlichen Hinweis des Senats hat die Beklagte durch vom Kläger angenommenes Teilanerkenntnis vom 18. Mai 2009 anerkannt, dass in der Zeit vom 20. Juni 2005 (Unfalltag) bis zum 17. Dezember 2008 (Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht) bei dem Kläger aufgrund der eingeschränkten Wegefähigkeit eine volle Erwerbsminderung vorlag, und sich verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 1. Februar 2006 bis zum 31. Dezember 2008 im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit zu gewähren.

Mit seiner weitergehenden Berufung macht der Kläger geltend, dass er auch über den 17. Dezember 2008 hinaus wegen seiner eingeschränkten Wegefähigkeit voll erwerbsgemindert sei. Die ihm von der Beklagten angebotenen Leistungen zur Teilhabe seien nicht geeignet, seinen Rentenanspruch zu beseitigen.


Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. Dezember 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2007 zu verurteilen, ihm über das Teilanerkenntnis vom 18. Mai 2009 hinausgehend auch für die Zeit ab 1. Januar 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren.


Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich darauf, dass durch die von ihr angebotenen Leistungen zur Teilhabe die eingeschränkte Wegefähigkeit des Klägers hinreichend kompensiert sei, und sieht sich in ihrer Auffassung durch das erstinstanzliche Urteil bestätigt.

Der Senat hat zur Frage der Arbeitsbedingungen und der tariflichen Einordnung der Tätigkeit eines Telefonisten eine Auskunft des Landesverbandes des Hessischen Einzelhandels e.V. vom 23. April 1996, eine Auskunft des Landesverbandes des Groß- und Außenhandels für Hessen e.V. vom 29. April 1996, eine Auskunft der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen vom 9. Mai 1996 sowie Auskünfte des Landesarbeitsamts Hessen bzw. der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit vom 27. Oktober 1995, vom 28. Februar 1997, vom 18. August 1999 und vom 19. Januar 2006 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Rentenakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Nachdem der Rechtsstreit durch das seitens der Beklagten im Berufungsverfahren abgegebene und seitens des Klägers angenommene Teilanerkenntnisses vom 18. Mai 2009 hinsichtlich der Zeit bis zum 31. Dezember 2008 gemäß § 101 Abs. 2 SGG seine (anderweitige) Erledigung gefunden hat, ist das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. Dezember 2008 im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die im angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 11. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2007 hinsichtlich der Rentenansprüche des Klägers für die Zeit ab 1. Januar 2009 getroffene Regelung ist zu Recht ergangen. Der Kläger hat insoweit gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.

Gemäß § 43 Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) in der hier maßgeblichen - ab 1. Januar 2001 geltenden - Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,

2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und

3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI demgegenüber Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch

1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und

2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Erwerbsgemindert ist der Vorschrift des § 43 Abs. 3 SGB VI zufolge nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, weil er weder teilweise erwerbsgemindert noch voll erwerbsgemindert im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmungen ist. Er kann unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen.

Die Fähigkeit des Klägers, durch erlaubte Erwerbstätigkeit ein Arbeitsentgelt in nicht ganz unerheblichem Umfang zu erzielen (Erwerbsfähigkeit), ist im vorliegenden Fall zwar durch verschiedene Gesundheitsbeeinträchtigungen beeinträchtigt. Zur Überzeugung des Gerichts steht aber fest, dass der Kläger zumindest noch leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (in nahezu ausschließlich sitzender Körperhaltung, ohne wesentliche Geh- und Stehanteile, nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne Körperzwangshaltungen, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 8 kg Gewicht, nur ebenerdig, ohne besondere Anforderungen an das beidäugig räumliche Sehvermögen sowie nur in geschlossenen Räumen ohne Einwirkung von Kälte, Zugluft oder Nässe) für die Dauer von arbeitstäglich sechs Stunden und mehr verrichten kann. Diese Beurteilung des Leistungsvermögens ergibt sich unter Berücksichtigung aller Einzelumstände des vorliegenden Falles aus einer Gesamtschau der über den Gesundheitszustand des Klägers vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und medizinischen Gutachten.

Das Leistungsvermögen des mittlerweile 54 Jahre alten Klägers ist bereits im Rentenverfahren sowie in I. Instanz durch Einholung von insgesamt drei ausführlichen fachärztlichen Gutachten eingehend überprüft worden. Wie das Sozialgericht auf der Grundlage des Rentengutachtens des Orthopäden Dr. med. TT. vom 28. Juni 2006, des von Amts wegen eingeholten Sachverständigengutachtens des Orthopäden Dr. med. MV. vom 11. November 2007 sowie des auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachtens des Orthopäden Dr. med. M. vom 2. Mai 2008 bereits eingehend dargelegt hat, ergibt sich bei dem Kläger nur in qualitativer, nicht hingegen in quantitativer Hinsicht eine bedeutsame Leistungseinschränkung. Seine Erwerbsfähigkeit ist damit zwar beeinträchtigt, aber noch nicht in rentenberechtigendem Grade herabgemindert.

Der Senat hat die vorliegenden medizinischen Unterlagen nochmals eingehend geprüft und gelangt ebenso wie bereits das Sozialgericht zu dem Ergebnis, dass das Leistungsvermögen des Klägers - abgesehen von den degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, der Hüftgelenke und der Kniegelenke - vor allen Dingen durch die Folgen der am 20. Juni 2005 erlittenen Sturzverletzung beeinträchtigt ist. Die insoweit bei dem Kläger gegebenen Befunde sind in den vorliegenden fachärztlichen Gutachten eindrucksvoll beschrieben und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das Leistungsvermögen des Klägers weitgehend übereinstimmend gewürdigt worden. Dass der Kläger nur noch leichte körperliche Tätigkeiten verrichten kann und dass dessen Wegefähigkeit erheblich eingeschränkt ist, steht zwischen den Beteiligten auch außer Streit.

Anhaltspunkte für das Vorliegen weitergehender, in den bislang vorliegenden Gutachten noch nicht berücksichtigter Gesundheitsbeeinträchtigungen mit ins Gewicht fallender erwerbsmindernder Bedeutung sind weder vom Kläger aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich.

Der Senat hält deshalb mit den von medizinischer Seite insgesamt getroffenen Feststellungen das Leistungsvermögen des Klägers für ausreichend aufgeklärt und weitere Begutachtungen für nicht mehr geboten. Zweifel an der Richtigkeit der vorliegenden fachärztlichen Gutachten ergeben sich für den Senat nicht. Insbesondere die Ausführungen der langjährig erfahrenen Rentengutachter Dr. med. TT. und Dr. med. MK. sind in sich schlüssig, widerspruchsfrei und überzeugend. Die Leistungsbeurteilung wird in den von ihnen vorgelegten Gutachten nach eingehender Befunderhebung mit nachvollziehbarer und für den Senat einleuchtender Begründung aus den gestellten Diagnosen abgeleitet und steht im Einklang mit den übrigen Befundunterlagen der den Kläger behandelnden Ärzte. Auch der auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG gehörte Orthopäde Dr. med. M. hat in seinem Gutachten vom 2. Mai 2008 nochmals die bereits in den Vorgutachten getroffenen Feststellungen bestätigt.

Bei dieser Sachlage ergeben sich für den Senat aus den vorliegenden Untersuchungsbefunden auch bei besonders wohlwollender Betrachtungsweise keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Klägers, die über die in den vorliegenden fachärztlichen Gutachten im Einzelnen genannten qualitativen Leistungseinschränkungen hinausgeht und die Annahme einer Leistungsminderung auch in quantitativer, d.h. zeitlicher Hinsicht rechtfertigen würde. Da der sachkundig vertretene Kläger mit seiner Berufung im Übrigen auch keinen neuen medizinischen Sachverhalt dargetan, sondern - gerade auf der Grundlage des in I. Instanz festgestellten Restleistungsvermögens - vornehmlich die Frage nach einer etwaigen Verschlossenheit des Arbeitsmarkts thematisiert hat, brauchte der Senat sich zu weiteren Ermittlungen auf medizinischem Fachgebiet nicht gedrängt zu fühlen. Der Senat sieht angesichts dessen hinsichtlich der zum maßgeblichen Restleistungsvermögen des Klägers getroffenen Feststellungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist insoweit auf die Darlegungen im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. Dezember 2008.

Unter Berücksichtigung seines nach dem Ergebnis der vorliegenden fachärztlichen Gutachten noch vorhandenen Leistungsvermögens ist der Kläger nicht erwerbsgemindert im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen. Denn er kann trotz seiner - lediglich in qualitativer, nicht hingegen auch in quantitativer Hinsicht - herabgeminderten Erwerbsfähigkeit noch einer Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nachgehen und mehr als nur geringfügige Einkünfte durch diese Erwerbstätigkeit erzielen. Dass der Kläger im Hinblick auf die bei ihm zu beachtenden qualitativen Leistungseinschränkungen aus gesundheitlichen Gründen ganz offenkundig nicht mehr geeignet ist für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Servicetechniker im Außendienst, begründet noch keinen Rentenanspruch. Denn er kann noch mindestens sechs Stunden täglich unter den in den Betrieben üblichen Arbeitsbedingungen erwerbstätig sein und muss sich zur Verwertung seines Restleistungsvermögen auf sämtliche - ihm in gesundheitlicher Hinsicht objektiv zumutbaren - Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts der Bundesrepublik Deutschland verweisen lassen. In Betracht kommen für den Kläger insoweit insbesondere die bereits in I. Instanz angesprochenen sog. klassischen leichten körperlichen Tätigkeiten als Telefonist oder als gehobener Pförtner, die im Sitzen verrichtet werden können und in vergleichbaren Fällen regelmäßig von der in berufskundlichen Fragen mit besonderer Sachkunde versehenen Arbeitsverwaltung als sog. Verweisungstätigkeiten benannt werden. Wie sich aus den vom Senat zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Auskünften der Tarifvertragsparteien sowie des Landesarbeitsamts Hessen bzw. der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit ergibt, handelt es sich bei den genannten Tätigkeiten um Erwerbsmöglichkeiten, die von zahlreichen Tarifverträgen erfasst sind und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ganz offenkundig in nennenswertem Umfang zur Verfügung stehen.

Schließlich kann der Kläger auch nicht damit gehört werden, dass seine Resterwerbsfähigkeit im Arbeitsleben wegen der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt praktisch nicht mehr verwertbar sei. Denn es gibt zur Überzeugung des Gerichts auf dem für den Kläger in Betracht kommenden Arbeitsmarkt noch eine nennenswerte Zahl von Tätigkeiten, die er trotz seines eingeschränkten Leistungsvermögens ausüben könnte. Unter Berücksichtigung des festgestellten Leistungsvermögens liegen bei dem Kläger trotz seiner eingeschränkten Wegefähigkeit insbesondere auch keine ins Gewicht fallenden besonderen Umstände vor, welche die Ausübung einer leichten körperlichen Tätigkeit in ungewöhnlicher Weise erschweren. Es besteht weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine bedeutsame schwere spezifische Leistungsbehinderung.

Ob die betreffenden Arbeitsplätze frei sind oder besetzt, ist für die Entscheidung des vorliegenden Falles unerheblich, denn die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten, die wie der Kläger noch vollschichtig einsatzfähig ist, hängt nicht davon ab, ob das Vorhandensein von für ihn offenen Arbeitsplätzen für die in Betracht kommenden Erwerbstätigkeiten konkret festgestellt werden kann oder nicht. Der im Sinne der sog. konkreten Betrachtungsweise auf die tatsächliche Verwertbarkeit der Resterwerbsfähigkeit abstellende Beschluss des Großen Senats des BSG (vgl. BSG vom 10. Dezember 1976 in SozR 2200, § 1246 Nr. 13) kann bei noch arbeitstäglich im zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr einsatzfähigen Versicherten grundsätzlich nicht herangezogen werden. Das hat der Gesetzgeber in § 43 Abs. 3 SGB VI nochmals ausdrücklich mit dem Hinweis darauf klargestellt, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer - ungeachtet der jeweiligen Arbeitsmarktlage - unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Ausnahmen können allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein Versicherter nach seinem Gesundheitszustand nicht dazu in der Lage ist, die an sich zumutbaren Arbeiten unter den in der Regel in den Betrieben üblichen Bedingungen zu verrichten, oder wenn er außerstande ist, Arbeitsplätze dieser Art von seiner Wohnung aus aufzusuchen (vgl. BSG vom 27. Februar 1980 - 1 RJ 32/79). Ein solcher Ausnahmefall ist hinsichtlich der vorliegend streitigen Zeit ab Januar 2009 jedoch nicht erfüllt.

Da nur ein Leistungspotenzial, welches auf dem Arbeitsmarkt auch konkret einsetzbar ist, als Maßstab für die Fähigkeit eines Versicherten, Einkommen zu erzielen, herangezogen werden kann, gehört zur Erwerbsfähigkeit zwar auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (vgl. BSG, SozR 3-5864, § 13 Nr. 2; SozR 3-2600, § 44 Nr. 10; SozR 3 2200, § 1247 Nr. 10; SozR 2200 § 1247 Nrn. 56, 50, 47; SozR Nrn. 101, 56, 27, 21 zu § 1246 Reichsversicherungsordnung -RVO-). Eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist nämlich in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich, so dass ein Minimum an Mobilität deshalb Teil des versicherten Risikos ist (vgl. BSG, SozR 3-2200, § 1247 Nr. 10; SozR 3-5864, § 13 Nr. 2). Zur Erwerbsfähigkeit gehört grundsätzlich auch die Fähigkeit des Versicherten, viermal am Tag Wegstrecken von (mehr als) 500 m Länge mit zumutbaren Zeitaufwand, d.h. jeweils innerhalb von 20 Minuten, zu Fuß bewältigen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können (vgl. BSG vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 = SozR 3-2200, § 1247 Nr. 10).

Dass der Kläger aus sich heraus nicht mehr über die erforderliche Mobilität verfügt, um eine Arbeitsstelle des allgemeinen Arbeitsmarkts aus eigener Kraft aufzusuchen, kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden. Es steht fest, dass der Kläger gesundheitsbedingt keine Wegstrecken von 500 m Länge mehr in angemessener Zeit zurücklegen kann und dass ihm auch die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr zumutbar ist. Weitergehend ist der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund der bei ihm vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen auch nicht mehr dazu in der Lage, einen "normalen" PKW ohne behindertengerechte Zusatzausstattung zu führen und auf diese Weise den Weg von und zur Arbeitsstätte zurückzulegen. Es kommt angesichts dessen nicht darauf an, dass der Kläger im Besitz eines Führerscheins und eines eigenen PKWs ist. Denn bei diesem PKW handelt es sich unstreitig um ein Fahrzeug mit üblichen Fußpedalen ohne behindertengerechte Zusatzausstattung, dessen Benutzung dem Kläger nach der von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 28. Mai 2008 aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist. Es bedarf deshalb auch keiner weiteren Ermittlungen zu der Frage, ob der vorhandene PKW dem Kläger möglicherweise bereits deshalb nicht zur Verfügung steht, bei der von dessen Ehefrau benötigt wird, oder ob der Kläger aufgrund der von ihm eingenommenen (Schmerz-)Medikamente tatsächlich nicht mehr über die erforderliche Fahrtauglichkeit verfügt. Der Kläger ist vielmehr so zu behandeln, als ob ihm für das Zurücklegen des Weges von und zur Arbeitsstätte kein (geeignetes) eigenes Fahrzeug zur Verfügung stünde. Dies ist zwischen den Beteiligten auch im Wesentlichen unstreitig.

Es ist andererseits jedoch anerkannt, dass bei der Beurteilung der Mobilität eines Versicherten alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen sind (vgl. BSG a.a.O.; BSG vom 19. November 1997 - 5 RJ 16/97 = SozR 3-2600, § 44 Nr. 10). Dazu gehören auch die zumutbare Benutzung eines vorhandenen, gegebenenfalls im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben subventionierten Kraftfahrzeugs (vgl. BSG a.a.O., BSG vom 30. November 1965 - 4 RJ 101/62 = BSGE 24, 142 = SozR Nr. 56 zu § 1246 RVO) oder die Inanspruchnahme von sonstigen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (vgl. BSG vom 14. März 2002 - B 13 RJ 25/01 R). Angesichts dessen kann es vorliegend nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte dem Kläger im Hinblick auf dessen Einschränkungen der Wegefähigkeit durch Bescheid vom 23. Juni 2008 nebst im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2008 abgegebener klarstellender Erklärung (vorsorglich) die Gewährung von derartigen Leistungen zur Teilhabe angeboten hat.

Es ist in der Rechtsprechung des BSG anerkannt, dass eine Einschränkung der Wegefähigkeit von Versicherten dann keinen Berentungsgrund darstellen kann, wenn der Rentenversicherungsträger durch geeignete Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (früher: berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation) eine ausreichende Mobilität der Versicherten herstellt (vgl. BSG vom 19. November 1997 - 5 RJ 16/97 = SozR 3-2600, § 44 Nr. 10; BSG vom 14. März 2002 - B 13 RJ 25/01 R). Offen geblieben ist bislang jedoch, wann im Einzelnen genau durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ein Mobilitätsdefizit behoben ist. Das BSG hat bisher nur Ausführungen dazu gemacht, wann dies nicht der Fall ist.

Die bloße Erklärung des Rentenversicherungsträgers, "dass für den Fall der Aufnahme einer Beschäftigung oder des Angebots einer Beschäftigung finanzielle Hilfen zur Anschaffung eines Automatikgetriebeautos dem Grunde nach gewährt werden könne, wenn die Arbeitsstätte außerhalb der ihm (d.h. dem Versicherten) zumutbaren Wegstrecke liegt", ist insoweit nicht als ausreichend angesehen worden (vgl. BSG vom 19. November 1997 - 5 RJ 16/97 = SozR 3-2600, § 44 Nr. 10). Denn damit werde zum einen dem Grundsatz "Rehabilitation vor Rente" nicht Genüge getan, weil von Gesetzes wegen Rehabilitationsleistungen nicht nur zur Erhaltung, sondern auch zur Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich der Arbeitsaufnahme möglich seien. Zum anderen werde keine geeignete Rehabilitationsleistung konkret angeboten, weil diese nicht verbindlich bewilligt worden sei, sich der Rentenversicherungsträger vielmehr - wie sich aus der Formulierung "für den Fall dem Grunde nach gewährt werden können, wenn" ergebe - die endgültige Entscheidung noch vorbehalten habe.

In gleicher Weise kann eine "rentenschädliche" Mobilität auch nicht durch einen Bescheid hergestellt werden, in welchem sich der Rentenversicherungsträger einem Versicherten gegenüber, dessen gesundheitliche Beeinträchtigungen nur noch Fußwege von weniger als 500 m zulassen, zur Gewährung von Leistungen nach der KfzHV für den Fall bereit erklärt, dass die zu Fuß zurückzulegende Wegstrecke zwischen Wohnung, Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel und dem Arbeits-, Ausbildungs- oder Bewerbungsort länger als 500 m ist (vgl. BSG vom 14. März 2002 - B 13 RJ 25/01 R). Da ein solches Angebot von vornherein nicht geeignet sei, das Mobilitätsdefizit zu beheben, konnte das BSG (a.a.O.) dabei offen lassen, ob die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Leistungsangebot ansonsten erfüllt sein würden.

Der bloße Hinweis auf eine von Gesetzes wegen mögliche Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben kann grundsätzlich nicht als ein "ordnungsgemäßes Leistungsangebot" angesehen werden (vgl. BSG vom 21. März 2006 - B 5 RJ 51/04 R = SozR 4-2600, § 43 Nr. 8). Ein "konkretes Angebot geeigneter Rehabilitationsleistungen" liegt vielmehr erst dann vor, wenn seitens des Rentenversicherungsträgers eine fallbezogene Konkretisierung der im Rehabilitationsrecht vorgesehenen Leistungen vorgenommen wird.

Bezogen auf die hier in Rede stehenden Mobilitätshilfen sind dabei an das Angebot des Rentenversicherungsträgers dieselben Anforderungen zu stellen, wie sie nach der Rechtsprechung des BSG im Falle eines untervollschichtigen Leistungsvermögens an das Angebot eines geeigneten Teilzeit-Arbeitsplatzes zu stellen sind. Für einen Versicherten, der nur noch Teilzeitarbeit verrichten kann, ist der Arbeitsmarkt nach den vom Großen Senat des BSG entwickelten Grundsätzen nur dann offen, wenn ihm vom Rentenversicherungsträger innerhalb eines Jahres seit Rentenantragstellung ein geeigneter Arbeitsplatz angeboten werden kann, wobei es keine Rolle spielt, ob der Versicherte das Angebot annimmt, sofern er keinen wichtigen Grund für die Ablehnung hat (Beschluss vom 10. Dezember 1976 - GS 2/75, GS 3/75, GS 4/75, GS 3/76 = BSGE 43, 75 = SozR 2200, § 1246 Nr. 13).

Ausgehend von den in diesem Zusammenhang entwickelten Grundsätzen ist es zwar nicht erforderlich, dass die vom Rentenversicherungsträger angebotenen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erfolgreich sind und tatsächlich zur beruflichen Wiedereingliederung des Versicherten geführt haben. Der Rentenversicherungsträger muss aber alles seinerseits dahingehend Erforderliche getan haben. Ein ordnungsgemäßes Angebot von Mobilitätshilfen liegt angesichts dessen nicht erst dann vor, wenn das Mobilitätsdefizit durch tatsächlich erbrachte Leistungen behoben und der Versicherte in das Arbeitsleben tatsächlich erfolgreich (wieder-)eingegliedert ist, sondern schon bereits dann, wenn der Rentenversicherungsträger alles getan hat, was seinerseits zur Behebung des Mobilitätsdefizits erforderlich ist.

Zur Behebung von Mobilitätsdefiziten (vgl. hierzu auch Vogt in Kossens/von der Heide/Maaß, Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX), § 33 Rdnr. 17, Stratmann in Niesel, SGB III, § 46 Rdnr. 5 und § 54 Rdnr. 4 f., jeweils mit weiteren Nachweisen) bedarf es insoweit der Abgabe rechtlich verbindlicher Erklärungen, da nur so die notwendige Konkretisierung der im Rehabilitationsrecht vorgesehenen Mobilitätshilfen erfolgen kann. Das ergibt sich aus der Struktur des Rehabilitationsrechts, wonach die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben - zu denen gemäß § 16 SGB VI in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 8 Nr. 1 SGB IX als sog. Mobilitätshilfe auch die Kraftfahrzeughilfe nach näherer Maßgabe der KfzHV zählt - gemäß § 9 Abs. 2 SGB VI ("können") als Ermessenleistungen im Sinne des § 39 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) ausgestaltet sind. Dabei steht die Frage, "ob" einem Versicherten Rehabilitationsleistungen zu gewähren sind, nicht im Ermessen des Rentenversicherungsträgers, sondern ist davon abhängig, ob die persönlichen und versicherungsrechtlichen (§§ 10, 11 SGB VI) sowie ggf. bestehenden zusätzlichen Voraussetzungen (z.B. § 3 KfzHV) erfüllt sind und kein Leistungsausschluss (§ 12 SGB VI) vorliegt (BSG vom 14. Dezember 1994 - 4 RA 42/94 = SozR 3-1200, § 39 Nr. 1). Die Entscheidung über das "Wie" der Rehabilitation nach Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung (vgl. § 13 Abs. 2 SGB VI), d.h. über die Frage, welche konkreten Leistungen im Einzelfall in Betracht kommen, steht demgegenüber im pflichtgemäßen Ermessen des Rentenversicherungsträgers (vgl. BSG vom 23. Februar 2000 - B 5 RJ 8/99 R = SozR 3-2600, § 10 Nr. 2). Der Versicherte hat daher keinen Anspruch auf bestimmte Rehabilitationsleistungen, sondern nur ein Recht auf fehlerfreie Ermessensbetätigung.

Auch die für die Mobilitätshilfen im Sinne des § 33 Abs. 3 Nr. 1 , Abs. 8 Nr. 1 SGB IX geltenden Vorschriften der §§ 2 ff. KfzHV schränken den sich aus dem Gesetz ergebenden Ermessensspielraum nur in einzelnen Aspekten näher ein, ohne ihn auf Null zu reduzieren; ein Anspruch auf Kfz-Hilfe entsteht daher erst mit der Ermessensentscheidung des Rehabilitationsträgers (vgl. BSG vom 14. Dezember 1994 - 4 RA 42/94 = SozR 3-1200, § 39 Nr. 1). Dabei ist die Ablehnung eines Rehabilitations-Antrages auch bei Erfüllung der gesetzlichen (Tatbestands-)Voraussetzungen keine schlechthin unzulässige Rechtsfolge. Denn das Gesetz verbietet es nicht, sondern stellt es gerade in das Ermessen des Rentenversicherungsträgers zu entscheiden, ob es im Einzelfall geeignete, erforderliche, zumutbare, wirtschaftliche und sparsame Mittel gibt, die Rehabilitation zu fördern. Ganz abgesehen davon darf im Übrigen nicht übersehen werden, dass die die Anschaffung eines behindertengerechten Kraftfahrzeuges im Regelfall gemäß § 5 Abs. 1 KfzHV nur bis zu einem Betrag in Höhe von 9.500,00 EUR gefördert wird und dass gemäß § 6 KfzHV die Art und die Höhe der Förderung außerdem von den Einkommensverhältnissen des behinderten Menschen abhängig sind.

Der bloße Hinweis auf eine nach der KfzHV mögliche Bewilligung von Leistungen kann angesichts dessen nicht ausreichen, um ein ordnungsgemäßes Angebot von Leistungen zur Teilhabe als gegeben anzusehen (vgl. BSG vom 21. März 2006, a.a.O.). Denn damit ist gerade nicht gesagt, dass das bei einem Versicherten bestehende Mobilitätsdefizit auch tatsächlich durch geeignete Mobilitätshilfen behoben wird. Hierfür ist vielmehr eine Konkretisierung der von der KfzHV vorgesehenen Leistungen durch eine Ermessensentscheidung des Rentenversicherungsträgers erforderlich. Erst hiermit und nicht schon mit einem bloßen Hinweis darauf vermag der Rentenversicherungsträger die Rechtslage in einer Weise zu gestalten, dass von einer Herstellung ausreichender Mobilität die Rede sein kann. Dass das Rehabilitationsrecht nicht schon sämtliche Mobilitätsdefizite ausgleicht, indem es den Versicherten Ansprüche auf alle zu ihrer Behebung erforderlichen Leistungen einräumt, sondern den Rentenversicherungsträgern nur die Möglichkeit einräumt, nach pflichtgemäßem Ermessen geeignete Leistungen zu gewähren, ist der tiefere Grund dafür, weshalb das BSG den Hinweis auf eine bestehende Förderungsmöglichkeit nicht ausreichen lässt. Mobilitätsdefizite könnten generell keine Verschlossenheit des Arbeitsmarkts begründen, wenn das Rehabilitationsrecht den behinderten Versicherten bereits ohne weiteres Zutun des Rentenversicherungsträgers rechtlich gebundene Ansprüche auf alle zu ihrer Behebung erforderlichen Hilfen einräumen würde. Dies ist aber von Gesetzes wegen gerade nicht der Fall.

Es kann andererseits aber auch nicht übersehen werden, dass der zu fordernde Bezug auf einen konkreten Sachverhalt aufgrund der Struktur des Rehabilitationsrechts in allen Einzelheiten letztlich nur bei einem bestehenden oder in Aussicht stehenden konkreten Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis des Versicherten hergestellt werden kann, da nur dann eine den Umständen des Einzelfalles gerecht werdende Aussage über Art und Umfang von Leistungen der Kfz-Hilfe möglich ist. Die vom Gesetzes- und Verordnungsrecht verlangte letzte Konkretisierung der Leistungen ist - ganz abgesehen von den einem dauernden Wandel unterliegenden, gleichwohl aber nach der KfzHV zu berücksichtigenden Einkommensverhältnissen - völlig losgelöst von einem solchen Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis nicht möglich. Ein von der Beklagten noch weit im Vorfeld eines Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses abgegebenes Angebot zur Gewährung von Mobilitätshilfen kann daher notwendigerweise keine Konkretisierung hinsichtlich aller nur denkbaren Einzelheiten enthalten, sondern muss zulässigerweise noch Vorbehalte, Bedingungen und dergleichen zur Konkretisierung des künftigen Sachverhalts enthalten. Allein der Umstand, dass in ein Rehabilitationsangebot der Beklagten in solcher Weise gewisse Vorbehalte oder Bedingungen eingeflochten sind, steht einem "ordnungsgemäßen Leistungsangebot" in dem oben umschriebenen Sinne - auch im Hinblick auf die in der KfzHV ohnehin in gewisser Weise enthaltene Standardisierung der Mobilitätshilfen - deshalb noch nicht bereits von vorneherein entgegen. Zu fordern ist jedoch, dass sich das Rehabilitationsangebot nicht in der bloßen Wiedergabe der im Gesetzes- und Verordnungsrecht enthaltenen Leistungsvoraussetzungen erschöpft, sondern - gewissermaßen im Sinne einer vorweggenommenen Ermessenausübung - eine über die allgemeine Bindung an Gesetz und Recht hinausreichende Selbstbindung des Rentenversicherungsträgers erkennen lässt, aufgrund derer der Versicherte - unter den genannten Vorbehalten und Bedingungen - auf eine bestimmte Behandlung eines konkreten Sachverhalts vertrauen kann, ohne noch von dem ungewissen Ergebnis einer künftigen Ermessenausübung anhängig zu sein.

Das im vorliegenden Fall abgegebene Leistungsangebot der Beklagten muss zur Überzeugung des Senats sowohl im Hinblick auf Art und Umfang der zugesicherten Leistungen als auch in Anbetracht der konkreten Bezeichnung der in Aussicht gestellten künftigen Sachbehandlung als in diesem Sinne hinreichend angesehen werden.

Die Beklagte hat in ihrem Bescheid vom 23. Juni 2008 klargestellt, dass und in welchem Umfang sie eine Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers als nachgewiesen ansieht, und sie hat das "Ob" der Gewährung von Mobilitätshilfen bedingungslos bejaht. Darüber hinaus hat die Beklagte auch eine hinreichend konkrete Festlegung betreffend das "Wie" der von ihr angebotenen Mobilitätshilfen getroffen: In Anwendung der Härtefallregelung des § 9 KfzHV hat sie dem Kläger vorbehaltlos und in voller Höhe die Übernahme des Fahrpreises eines Taxis oder der erstattungsfähigen Kosten nach dem Bundesreisekostengesetz für die Fahrt mit einem PKW durch Dritte in Aussicht gestellt für den Fall, dass wegen Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses oder für die Beförderung an den Arbeitsplatz ein entsprechender Beförderungsbedarf besteht, weil der Kläger noch nicht über ein eigenes Kraftfahrzeug verfügt oder angesichts des Gesundheitszustandes außer Stande ist, ein im Rahmen der KfzHV förderungsfähiges Kraftfahrzeug mit behindertengerechte Zusatzausstattung zu führen. Dass der Bewilligungsbescheid vom 23. Juni 2008 insoweit eine verbindliche Kostenzusage enthält, hat die Vertreterin der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2008 vor dem Sozialgericht ausdrücklich zu Protokoll erklärt.

Die Beklagte hat damit insgesamt dem Kläger gegenüber nicht nur in einer abstrakten Erklärung die für die Bewilligung von Leistungen der Kfz-Hilfe geltenden tatbestandlichen Voraussetzungen beschrieben, sondern sie hat dem Grundsatz "Rehabilitation vor Rente" folgend eine bestimmte Behandlung eines konkreten Sachverhalts zugesagt. Die genannten Bescheide der Beklagten sind im Übrigen auch in der Sache bindend geworden, so dass es nicht darauf ankommen kann, ob die Beklagte sich möglicherweise zu Leistungen verpflichtet hat, die mit dem Gesetzes- und Verordnungsrecht schlechthin nicht vereinbar sind.

Im Hinblick auf die in Gestalt eines ordnungsgemäßen Leistungsangebots zugesagten Mobilitätshilfen steht die eingeschränkte Wegefähigkeit des Klägers dem Erzielen von Erwerbseinkünften unter den Bedingungen des konkurrierenden Arbeitsmarktes damit im Ergebnis nicht entgegen (so im Ergebnis auch Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz vom 10. Oktober 2001 - L 6 RJ 32/01). Wenn der Kläger trotz der zur Verfügung stehenden Mobilitätshilfen keinen Arbeitsplatz findet, den er nach seinem Leistungsvermögen noch ausfüllen kann, so ergibt sich daraus allenfalls ein Anspruch gegen die Arbeitslosenversicherung bzw. gegen den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, nicht aber ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gegen die Beklagte als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung.

Nach allem ist eine rentenberechtigende Erwerbsminderung bei dem Kläger nicht gegeben. Seine Berufung konnte deshalb im Ergebnis insgesamt keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.

Referenznummer:

R/R4719


Informationsstand: 10.08.2010