Die statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und der angegriffenen Bescheide sowie zur Verurteilung der Beklagten zur Gewährung der beantragten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die mit der Klage angegriffenen Bescheide des Beklagten sind entgegen der Auffassung des Sozialgerichts rechtswidrig. Dem Kläger steht gemäß § 43
Abs. 2
SGB VI Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit von Februar 2004 bis April 2009 zu.
I.
Das Sozialgericht ist auf der Grundlage der im Verwaltungsverfahren und im ersten Rechtszug durchgeführten Beweisaufnahme zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger in der Zeit zwischen Stellung des Rentenantrags und Ergehen der Entscheidung im Klageverfahren nicht rentenrelevant in seinem quantitativen Leistungsvermögen beeinträchtigt war. Insbesondere aus dem von der Beklagten beigezogenen Reha-Entlassungsbericht vom November 2003, dem orthopädischen Gutachten des
Dr. K. vom März 2004 und dem Gutachten des Neurologen und Psychiaters
Dr. L. vom Januar 2007 ergibt sich auch zur Überzeugung des erkennenden Senats, dass der Kläger noch in der Lage gewesen ist, wenigstens sechs Stunden täglich körperlich leichte Arbeiten zu verrichten, wobei die dabei einzuhaltenden qualitativen Leistungseinschränkungen keine schwere spezifische Leistungsbehinderung und auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen darstellen, weil der Kläger durch sie nicht wesentlich weiter in seinem beruflichen Leistungsvermögen beeinträchtigt wird, als dies bereits durch die Begrenzung auf körperlich leichte Tätigkeiten geschehen ist.
Dass sich das Restleistungsvermögen während des Berufungsverfahrens unter die nach § 43
Abs. 3
SGB VI maßgebliche Sechs-Stunden-Grenze verringert hätte, ist nicht festzustellen. Vielmehr hat auch der vom Senat als Sachverständiger gehörte Orthopäde
Dr. M. in seinem Gutachten vom 28. März 2009 den Kläger für noch fähig erachtet, körperlich leichte Arbeiten vollschichtig zu leisten. War und ist der Kläger danach in der Lage, die von der Beklagten und dem Sozialgericht benannten Verweisungstätigkeiten eines Pförtners, Sortierers oder Verpackers von Kleinteilen zu verrichten, so hat das Sozialgericht insoweit auch zutreffend das Vorliegen der Voraussetzungen von Berufsunfähigkeit i.
S. von § 240
Abs. 2
SGB VI verneint, denn diese Tätigkeiten heben sich durch qualitative Merkmale ohne Weiteres von den Arbeiten einfachster Art ab, sodass sie dem Kläger, der ausweislich der tariflichen Einstufung bei seiner letzten Tätigkeit im Straßenbau allenfalls als angelernter Arbeiter im oberen Bereich angesehen werden kann, auch sozial zumutbar sind. Insoweit nimmt der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die zutreffenden Ausführungen auf Seiten 6 und 7 der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug.
II.
Der Kläger ist jedoch voll erwerbsgemindert i.
S. von § 43
Abs. 2
SGB VI, weil er nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme nicht über die erforderliche Wegefähigkeit verfügt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach § 43
SGB VI versicherten Risikos. Fehlt es daran, liegt volle Erwerbsminderung vor. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die es dem Versicherten nicht erlaubt, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 m in jeweils weniger als 20 Minuten zurückzulegen und täglich zweimal während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, stellt nach dem im Hinblick auf die Erfordernisse einer Massenverwaltung wie der gesetzlichen Rentenversicherung anzuwendenden generalisierenden Maßstab eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn der Versicherte einen Arbeitsplatz innehat, der in zumutbarer Entfernung liegt oder mit einem vorhandenen Kraftfahrzeug erreichbar ist oder wenn ihm ein entsprechender Arbeitsplatz angeboten wird (
vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 1991, Az.: 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247
Nr. 10; Urteil vom 28. August 2002, Az.:
B 5 RJ 12/02 R; zuletzt: Urteil vom 21. März 2006, Az.:
B 5 RJ 51/04 R - SozR 4-2600 § 43
Nr. 8 - jeweils mit zahlreichen Nachweisen).
Der erkennende Senat ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger bereits seit jedenfalls Mai 2003 nicht mehr in der Lage ist, viermal täglich Fußwege von mehr als 500 m in weniger als jeweils 20 Minuten zurückzulegen. Dies ergibt sich insbesondere aus den Gutachten des Neurologen und Psychiaters
Dr. L. und des Orthopäden
Dr. M ... Beide Sachverständige haben aufgrund der im Lendenwirbelbereich des Klägers bestehenden Spinalkanalstenose und des dadurch bedingten gehstreckenabhängigen lumbalen Schmerzsyndroms nachvollziehbar und überzeugend eine entsprechende Wegstreckenbeschränkung des Klägers angenommen. Der Senat folgt dieser Einschätzung und sieht die gegenteilige Auffassung des Orthopäden
Dr. K. als widerlegt an. Bestätigt wird dies auch durch die Bewertung des Neurologen und Psychiaters
Dr. N. in seinem unter dem 9. Mai 2003 in dem Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Braunschweig zum Az.: S 2 RJ 221/02 erstatteten Gutachten. Dieser Sachverständige hatte bei seiner Untersuchung des Klägers im Mai 2003 bei gleicher Befundlage eine Einschränkung der Gehfähigkeit aus neurologischer Sicht als begründet angenommen und es als eher unwahrscheinlich bezeichnet, dass der Kläger regelmäßig täglich Wegstrecken von viermal 600 m zurücklegen könne. Vor diesem Hintergrund geht der erkennende Senat davon aus, dass die von den Sachverständigen
Dr. L. und
Dr. M. festgestellte Wegstreckenbeschränkung i.
S. einer Wegeunfähigkeit bereits im Mai 2003 vorgelegen hat, denn für die Folgezeit sind ausweislich der eingeholten Gutachten und beigezogenen ärztlichen Befundberichte diesbezüglich Befundveränderungen nicht festzustellen.
Der Umstand, dass der Kläger nach Feststellung des Sozialgerichts nach eigenen Angaben ein Kraftfahrzeug besitzt und dieses auch regelmäßig benutzt, steht der Annahme einer die volle Erwerbsminderung begründenden Wegeunfähigkeit nicht entgegen. Das wäre wohl der Fall, wenn der Kläger einen Arbeitsplatz innehätte, den er mittels eines Kraftfahrzeuges trotz seiner Wegstreckenbeschränkung tatsächlich erreichen könnte, oder wenn ihm ein solcher Arbeitsplatz konkret angeboten würde. Der Kläger hat jedoch in der streitigen Zeit bis April 2009 nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden, und ein mittels eines Kraftfahrzeuges erreichbarer Arbeitsplatz ist ihm nach Aktenlage auch nicht angeboten worden. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeuges im Hinblick auf das Vermögen, einen Arbeitsplatz zu erreichen, die aus gesundheitlichen Gründen bestehende Wegstreckeneinschränkung ausgleichen könnte. Wohl könnte die Nutzung eines Kraftfahrzeugs das gesundheitlich begründete Unvermögen kompensieren, zweimal täglich zur Hauptverkehrszeit öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Die fehlende Fähigkeit, viermal täglich Fußwege von mehr als 500 m in jeweils weniger als 20 Minuten zurückzulegen, kann indessen durch die Nutzung eines Kraftfahrzeugs grundsätzlich nicht ausgeglichen werden. Das für die Annahme von Erwerbsfähigkeit erforderliche Vermögen, viermal täglich die genannten Fußwege in der genannten Zeit bewältigen zu können, ergibt sich daraus, dass der Versicherte für den Weg von seiner Wohnung zu seinem Arbeitsplatz und zurück die Wege zurücklegen können muss, die zwischen der Wohnung
bzw. dem Arbeitsplatz und der nächsten Haltestelle des erreichbaren öffentlichen Verkehrsmittels liegen (
vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 1991, a.a.O.). Entsprechende Fußwege fallen grundsätzlich auch an, wenn der betreffende Versicherte anstelle eines öffentlichen Verkehrsmittels ein Kraftfahrzeug benutzt. Dass der Versicherte sein Kraftfahrzeug in unmittelbarer Nähe sowohl seiner Wohnung als auch seines Arbeitsplatzes abstellen kann, ist zwar denkbar, stellt aber nach Überzeugung des erkennenden Senats keinesfalls den Regelfall dar. Insbesondere bei Wohnungen in größeren Wohneinheiten und bei in Innenstädten gelegenen Arbeitsplätzen sind typischerweise sowohl zwischen Wohnung und Pkw als auch zwischen dem Standort des Fahrzeugs und dem Arbeitsplatz Fußwege zurückzulegen, die durchaus den Wegen zur nächsten Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels entsprechen. Um auch hier den Erfordernissen einer Massenverwaltung durch Schaffung eines generalisierenden Maßstabes zu genügen, erscheint auch insoweit die Fähigkeit, viermal täglich zu Fuß eine Gehstrecke von mehr als 500 m in angemessener Zeit zurückzulegen, erforderlich. Entgegenstehendes ist der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht zu entnehmen. Insbesondere hat das Bundessozialgericht - soweit ersichtlich - in keinem Fall eines gesundheitlich bedingten Unvermögens, viermal täglich Fußwege von mehr als 500 m in weniger als 20 Minuten zurückzulegen, das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit
bzw. voller Erwerbsminderung bei einem nicht in einem Arbeitsverhältnis stehenden Versicherten allein wegen der Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeuges verneint. Wollte man dies gleichwohl annehmen, bestünde im Übrigen zum Einen die Gefahr, dass Versicherte durch einfache Dispositionen, etwa das Übertragen eines Kraftfahrzeugs innerhalb der Familie, über das Vorliegen einer rentenrelevanten Erwerbsminderung verfügen könnten. Zum Anderen würden den Rentenversicherungsträgern und Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit umfassende und im Einzelfall eher kaum leistbare Aufklärungsmaßnahmen auferlegt, ob und in welchem Umfang einem Versicherten ein Kraftfahrzeug tatsächlich zur Verfügung steht.
Ist der Kläger infolge Wegeunfähigkeit voll erwerbsgemindert i.
S. von § 43
Abs. 2
SGB VI, so liegen auch die weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen voller Erwerbsminderung vor. Die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten mit Beitragszeiten ist ohne Weiteres erfüllt, und auch die übrigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erwerbsminderungsrente sind, wie die Beklagte in dem Widerspruchsbescheid vom 28. April 2004 festgestellt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal bestätigt hat, gegeben.
Die dem Kläger aufgrund eines Leistungsfalls im Mai 2003 zustehende Rente wegen voller Erwerbsminderung ist gemäß § 102
Abs. 2
SGB VI auf Zeit zu leisten. Eine ausnahmsweise unbefristete Rentenleistung gemäß § 102
Abs. 2 Satz 5
SGB VI kommt nicht in Betracht, weil es nicht unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Der Sachverständige
Dr. M. hat in seinem Gutachten in Einzelnen dargelegt, dass eine Besserung der lumbalen Schmerzsymptomatik und damit der Gehfähigkeit durch eine konsequente physikalische Therapie, ein Akupunkturverfahren oder eine operative Revision durchaus in einem Zeitraum von einem halben bis einem dreiviertel Jahr möglich sei.
Die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist dem Kläger entsprechend seinem Antrag gemäß § 99
Abs. 1
SGB VI ab 1. Februar 2004 zu gewähren. Dem steht nicht entgegen, dass gemäß § 101
Abs. 1
SGB VI befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet werden, denn diese Frist war nach Eintritt des Leistungsfalls im Mai 2003 am 1. Februar 2004 bereits abgelaufen. Eine in die Zukunft gerichtete Befristung der Rente wegen voller Erwerbsminderung brauchte der Senat nicht zu bestimmen, nachdem der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung nur bis zum Beginn seiner Altersrente für schwerbehinderte Menschen am 1. Mai 2009 geltend gemacht hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193
SGG.
Die Revision war gemäß § 160
Abs. 2
Nr. 1
SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, denn der Senat erachtet die Frage, ob das bloße zur Verfügung stehen eines Kraftfahrzeugs bei einem rentenrelevant in seiner Wegefähigkeit eingeschränkten, nicht erwerbstätigen Versicherten der Annahme von voller Erwerbsminderung aufgrund Wegeunfähigkeit entgegensteht, durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als nicht eindeutig geklärt an.