Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124
Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und statthaft (§ 151
Abs. 1 und §§ 143, 144
SGG).
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Silikonüberzug für ihre C-Leg-Prothese.
Nach
§§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3,
33 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte im Rahmen der Krankenbehandlung Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Nach
§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V müssen die von der gesetzlichen Krankenkasse zu erbringenden Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen (§ 12
Abs. 1 Satz 2
SGB V). Die durch das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) in den § 33 Abs 1 Satz 1
SGB V eingefügte Ergänzung, wonach Versicherte schon dann einen Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel haben, wenn dieses erforderlich ist, "um einer drohenden Behinderung vorzubeugen", hat hier keine Bedeutung. Es geht allein um den "Ausgleich" einer bestehenden Behinderung (2. Alternative).
Eine Beinprothese ist ein Körperersatzstück und damit ein Hilfsmittel im Sinne des § 33
Abs. 1
SGB V. Die Klägerin ist infolge ihres durch Unfall erlittenen Beinverlusts in ihrer körperlichen Funktion behindert (
§ 2 Abs. 1 SGB IX) und zum Ausgleich dieser orthopädischen Funktionseinbuße im Gehen und Stehen mit einer funktionstüchtigen C-Leg-Prothese versorgt. Das ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Auf die Tatsache, dass eine vertragsärztliche Verordnung des begehrten Silikonüberzugs durch
Dr. T. vorliegt, kommt es nicht an. Die vertragsärztliche Verordnung eines bestimmten Hilfsmittels stellt sich rechtlich als ärztliche Empfehlung dar, bindet die Krankenkasse im Verhältnis zum Versicherten aber nicht (
vgl. BSG vom 23.07.2002,
B 3 KR 66/01 R; stRspr).
Ziel der Versorgung behinderter Menschen mit Hilfsmitteln ist die Förderung ihrer Selbstbestimmung und ihrer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (
§ 1 Satz 1 SGB IX). Die sich daraus ergebende Frage, welche Qualität und Ausstattung ein Hilfsmittel haben muss, um als geeignete, notwendige, aber auch ausreichende Versorgung des Versicherten gelten zu können (§§ 2 Abs 4 , 12 Abs 1 und 33 Abs 1
SGB V), beantwortet sich danach, welchem konkreten Zweck die Versorgung im Einzelfall dient. Soll ein Hilfsmittel die Ausübung einer beeinträchtigten Körperfunktion unmittelbar ermöglichen, ersetzen oder erleichtern (
z.B. Prothesen), ist grundsätzlich ein Hilfsmittel zu gewähren, das die ausgefallene
bzw. gestörte Funktion möglichst weit gehend kompensiert, also den umfassendsten Gebrauchsvorteil bietet (
BSG vom 06.06.2002,
B 3 KR 68/01 R zum C-Leg). Qualität und Wirksamkeit der Leistungen müssen insoweit dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen (§ 2 Abs 1 Satz 3
SGB V ). Geht es hingegen um einen Ausgleich ohne Verbesserung elementarer Körperfunktionen allein zur Befriedigung eines sonstigen allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens - etwa wie hier die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben - bemisst sich der Umfang der Leistungspflicht der Krankenkasse nicht nach dem technisch Machbaren.
Das
BSG hat mit Urteil vom 23.7.2002 - B 3 KR 66/01 R entschieden, dass eine unter Kahlköpfigkeit leidende Frau von der Krankenkasse die Versorgung mit einer Perücke nur in einer Qualität verlangen kann, die den Verlust des natürlichen Haupthaars für einen unbefangenen Beobachter nicht sogleich erkennen lässt; ein Anspruch auf möglichst vollständige Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands besteht nicht. Da die Problematik vorliegend vergleichbar ist, wendet der Senat die Grundsätze diese Urteils hier entsprechend an.
Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben setzt bei einer Frau nicht voraus, dass ihr ursprüngliches Aussehen durch einen Silikonüberzug auf der Beinprothese so weit wie möglich wiederhergestellt wird. Der Klägerin ist zuzugeben, dass eine Silikonkosmetik dem natürlichen Bild eines Beines noch näher kommt als der übliche Kunststoffüberzug. Der Gebrauchsvorteil beschränkt sich allerdings in einer besseren Optik (dazu
BSG SozR 4-2500 § 33
Nr. 8
S. 55). Es mag auch zutreffen, dass die Klägerin mit einer optisch naturnäheren, im Sommer aufgrund ihrer Kleidungswahl sichtbareren Prothesenversorgung weniger häufig auf ihre Behinderung angesprochen werden würde, weil sie seltener als solche erkannt würde. Ziel der Hilfsmittelversorgung ist aber nicht die möglichst umfassende Rekonstruktion des verloren gegangenen früheren Zustands ("Naturalrestitution"), sondern nur die Gewährleistung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Daraus folgt, dass der Wunsch der Versicherten nach einer bestimmten Oberflächenkosmetik ihrer Prothese dann nicht maßgeblich ist, wenn die übliche Ausstattung genügt und eine darüber hinaus gehende - wie hier - mit Mehrkosten verbunden ist. Denn der Behinderungsausgleich umfasst nur die Versorgung, die notwendig ist, um den Verlust der Geh- und Stehfähigkeit des Beines für einen unbefangenen Beobachter nicht sogleich erkennbar werden zu lassen. Damit ist die freie Bewegung unter den Mitmenschen bereits gewährleistet. Andererseits ist es auch bei einer möglichst naturgetreuen Rekonstruktion nicht zu verhindern, das ein geschulter Beobachter die Beinprothese als solche erkennt. Ein ausreichender Behinderungsausgleich wird bei der Kunststoffummantelung der Beinprothese nicht bereits in Frage gestellt, wenn einige wenige fachkundige Personen die Prothese als "künstliches Bein" erkennen. Das wäre erst dann der Fall, wenn dies auch jedem unbefangenen Beobachter nach kurzem Blick auffiele, was bei den üblichen Kunststoffen nicht der Fall ist. Außerdem kann die Klägerin auch als relativ junge Frau aufgrund der in Mitteleuropa gängigen Kleidungsvorstellungen problemlos jederzeit Hosen oder lange Röcke tragen. Kurze Röcke kann sie im Winter mit den dazu passenden blickdichten Strümpfen und Stiefeln kombinieren. Die Klägerin kann also sowohl mit der vorhandenen Prothese (soweit sichtbar), als auch mit angepasster Kleidung ohne weitere Umstände die von ihr angestrebte gesellschaftliche Akzeptanz bewahren, die sie als "gesellschaftlich aktive Frau" mit ausgedehnten Freizeitaktivitäten, wie es in der Klageschrift heißt, offenbar schon inne hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Es ist zwar zutreffend, dass Silikonprothesen neuartige Produkte sind und, soweit erkenntlich, über die Versorgung mit ihnen noch nicht höchstrichterlich entschieden wurde. Nichtsdestotrotz liegen die Voraussetzungen des § 160
Abs. 2
Nr. 1 oder
Nr. 2
SGG nicht vor, weil der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung hat noch auf einer Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung beruht.