Die zulässige Klage ist unbegründet.
I)
Richtige Klageart ist die Verpflichtungsklage, weil das auf Feststellung einer
MdE von mindestens 25 % zwecks Gewährung eines Unfallsausgleichs gerichtete Klagebegehren auf Erlass eines begünstigenden und bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen nicht im Ermessen der Beklagten stehenden Verwaltungsakts abzielt (§ 68
Abs. 2
VwGO).
Der Bescheid der Beklagten vom 04.04.2008 und der Widerspruchsbescheid vom 26.11.2008 sind rechtmäßig (§ 113
Abs. 1 Satz 1
VwGO). Die Klägerin kann für den maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens keine höhere Festsetzung der (dienstunfallbedingten) Minderung der Erwerbsfähigkeit (
MdE) beanspruchen (§ 113
Abs. 5 Satz 1
VwGO). Denn sie kann nicht nachweisen, dass der Dienstunfall vom 26.09.2007 gemäß § 31
Abs. 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG)
i.V.m. § 1
Abs. 2 BremBeamtVG zumindest eine wesentlich mitwirkende Teilursache für die später diagnostizierte mittelgradig depressive Episode darstellt, die bei der amtsärztlichen Untersuchung am 18.11.2008 und damit vor Erlass des Widerspruchsbescheids, aber erst nach dem am 22.04.2008 erlittenen weiteren Hörsturz festgestellt wurde. Letzteres ist für den vorliegenden Rechtsstreit entscheidend, denn
daran scheitert schon die Klage. Der weitere Hörsturz am 22.04.2008 auf dem rechten Ohr (
vgl. Bl. 71 der Gerichtsakte), dessen Ursachen nicht erurierbar waren, stellt eine Zäsur dar. Im Hinblick darauf und angesichts des ärztlichen Befundberichts des behandelnden Arztes im Klinikum AYN. über kaum verbliebene Schäden nach dem ersten, dienstunfallbedingten rechtsseitigen Hörsturz und der vom Amtsarzt
Dr. AWJ... für möglich gehaltenen anlagebedingten
bzw. personbedingten Ursachen der depressiven Episode, die das Gericht durch Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt sieht, ist es ausgeschlossen, dass sich mittels Sachverständigengutachten ein Kausalitätsnachweis mit dem erforderlichen Wahrscheinlichkeitsgrad führen lässt, wonach der Vorfall bei der Waldlaufmeisterschaft im ... Park und der dadurch ausgelöste erste Hörsturz auf dem rechten Ohr wesentliche Mitursache im dienstunfallrechtlichen Sinne für die später diagnostizierte mittelgradige Depression ist. Das würde nämlich den Nachweis voraussetzen, dass der als Dienstunfall anerkannte erste Hörsturz mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die annähernd gleiche Bedeutung für das Entstehen der mittelgradig depressiven Episode hatte wie alle anderen Ursachen insgesamt. Zudem müsste diese Erkrankung dem Dienstherrn auch nach der im Dienstunfallrecht gebotenen rechtlich wertenden Betrachtung zugerechnet werden können. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
Das Gericht hat die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Erhöhung der
MdE auf 35 % oder mindestens 25 % und damit für einen Unfallausgleich vorliegen, nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids (
OVG Bremen, Urteil 2 A 38/05, Seite 7, in juris mit Verweis auf BVerwGE 21, 282-286; ebenso bereits
OVG Niedersachen, Beschl. v. 06.02.2008 - 5 LA 21/07 - juris und Beschl. v. 29.11.2000 - 2 L 3371/00 - juris), hier für den 26.11.2008, gemäß § 1
Abs. 2 Bremisches Beamtenversorgungsgesetz (BremBeamtVG)
i.V.m. § 35
Abs. 1 des Beamtenversorgungsgesetzes des Bundes (BeamtVG) in der am 31.08.2006 geltenden Fassung zu beurteilen. Eine wesentliche Beschränkung der Erwerbsfähigkeit
i.S.v. § 35
Abs. 1 BeamtVG liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vor, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit für die Dauer von mehr als 6 Monaten mindestens 25 v. H. beträgt (
BVerwG, Urt. v. 30.06.1965 - VI C 38.63 - juris =BVerwGE 21, 282-286). Durch den Verweis in § 35
Abs. 1 Satz 2 BeamtVG auf das Bundesversorgungsgesetz wird auch der um 5 % niedrigere
MdE-Grad vom nächsthöheren Zehnergrad mitumfasst (§§ 31
Abs. 1 u. 2 BVG) (
vgl. auch
OVG Bremen, Urt. v. 29.10.2008 - 2 A 38/05 - juris). Zum rechtlich maßgeblichen Zeitpunkt waren die Voraussetzungen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse gemäß § 1
Abs. 2 BremBeamtVG
i.V.m. § 35
Abs. 3 BeamtVG (- auch nachfolgend jeweils in der am 31.08.2006 geltenden Fassung -) für die Neufeststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit in Form einer Erhöhung der unfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 35 % und auch für eine Erhöhung auf mindestens 25 % nicht gegeben. Die Annahme einer dienstunfallbedingten
MdE von 20 % durch die Beklagte ist für den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 26.11.2008 nicht zu beanstanden. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (
MdE) ist nicht identisch mit dem Grad der Behinderung, der vom Versorgungsamt für die Anerkennung als Schwerbehinderter und Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises zugrunde gelegt wird. Im Gegensatz zur Minderung der Erwerbsfähigkeit (
MdE) bewertet der
GdB das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben (
vgl. BVerwG, Urt. v. 21.09.2000 -
2 C 27/99 - juris
Rdnr. 25 = BVerwGE 112, 92- 98 = NVwZ-RR 2001, 168-170;
LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 11.12.2008 -
L 3 U 1038/05 - juris). Für den Grad der
MdE kommt es hingegen nur auf die Auswirkungen dienstunfallbedingter Funktionsbeeinträchtigungen und Schmerzzustände auf die Erwerbsfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an (
vgl. § 35
Abs. 2 Satz 1 BeamtVG). Der Grad der
MdE beurteilt sich daher auch nicht anhand der dienstunfallbedingten Einschränkungen bei Wahrnehmung des übertragenen Amtes im funktionellen oder statusrechtlichen Sinne, hier als Lehrerin, sondern allein nach dem Umfang der verbleibenden Arbeitsmöglichkeit auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (
vgl. BVerwG, Urt. v. 21.09.2000 - 2 C 27/99 - juris
Rdnr. 25). Die spätere vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit zum Ablauf 31.03.2009 besagt nichts über den dienstunfallbedingten Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, weil die Auswirkungen gesundheitlicher Einschränkungen auf die Tätigkeit als Lehrerin nicht gleichermaßen die Arbeitsfähigkeit im allgemeinen Erwerbsleben ausschließen und bei der Beurteilung der Frage einer dauernden Dienstunfähigkeit nicht nur die dienstunfallbedingten, sondern sämtliche gesundheitlichen Beeinträchtigungen von Bedeutung sind. In den Grad der
MdE fließen hingegen nur Gesundheitsschäden ein, die nachweislich auf einen Dienstunfall zurückzuführen sind. Dabei trägt der Beamte das Risiko mangelnder Beweismöglichkeit.
Als Dienstunfallfolge anerkannt ist der Hörsturz rechts mit anhaltendem Tinnitus. Ein weiterer, späterer Hörsturz am 22.04.2008 auf dem rechten Ohr kann hingegen nicht als dienstunfallbedingt angesehen werden. Das ist nicht streitig und im Übrigen auch medizinisch eindeutig, weil die Ursachen des zweiten Hörsturzes auf dem rechten Ohr vom 22.04.2008 nicht bekannt sind und es nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Vorfall am 26.09.2007 bei der Schulwaldlaufmeisterschaft, der den ersten Tinnitus auslöste, mit dem zweiten Hörsturz am 22.04.2008 auf dem rechten Ohr in einem ursächlichen Zusammenhang steht. Nicht ausgeschlossen erscheint, dass die Hypertonie der Klägerin für das Hörsturzgeschehen eine Rolle gespielt hat und anlagebedingte Faktoren mitursächlich waren. Ein Bruder der Klägerin hat gleichfalls bereits einen Hörsturz erlitten. Die Klägerin muss aber den Nachweis erbringen, dass aus dem anerkannten Dienstunfall eine wesentliche Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von mindestens 25 v. H. resultiert. Unter Berücksichtigung der mittelgradig depressiven Episode bei der Festsetzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit würde sich allerdings ein Grad der
MdE von mindestens 25 % ergeben. Auf der Grundlage der Feststellungen der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Frau
Dr. P... vom 18.11.2008 geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids an einer mittelgradig schweren depressiven Episode litt. In entsprechender Anwendung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (
AHP 2008), dort Ziffer 26.5 (- seit dem 01.01.2009 Ziffer 5.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze nach der Versorgungsmedizinverordnung, die hier noch nicht anwendbar ist -), könnte die Berücksichtigung dieser depressiven Störung bei der Festsetzung der
MdE auch einen Prozentsatz der
MdE von 30 - 40 % rechtfertigen. Denn nach den
AHP, die allerdings unmittelbar nur für die Festsetzung des
GdB als antizipiertes Sachverständigengutachten heranzuziehen sind, bei der Festsetzung der
MdE aber entsprechend herangezogen werden können, findet bei Tinnitus folgende Einstufung statt:
Ohrgeräusche (Tinnitus)
- ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen 0 - 10
- mit erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen 20
- mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (
z.B. ausgeprägte depressive Störungen) 30 - 40
- mit schweren psychischen Störungen und sozialen Anpassungsschwierigkeiten mindestens 50.
Die schriftliche Anerkennung des Geschehens am 26.09.2007 als Dienstunfall gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 04.04.2008 ist für das Gericht bindend (
BVerwG, Urt. v. 14.12.2004 - 2 C 66/03 - juris). Die Beamtin trägt jedoch die materielle Beweislast dafür, dass zwischen ihrer mittelgradigen depressiven Erkrankung und dem anerkannten Dienstunfall vom 26.09.2007 ein Kausalzusammenhang im dienstunfallrechtlichen Sinne besteht (
vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1981 - 2 C 17/81 - NJW 1982, 1893-1894). Es lässt sich aber nicht feststellen, dass der Vorfall vom 26.09.2007 wesentliche Mitursache für die mittelgradig depressive Episode im dienstunfallrechtlichen Sinne ist. Dagegen spricht bereits der Entlassungsbericht des Chefarztes
Dr. KI. der Hals-Nasen-Ohrenklinik C-Stadt-AYN. vom 02.10.2007, der zugleich mit der Diagnose "akuter Hörsturz rechts" (H 91.2) zur Tonschwellenaudiometrie ausführte "Bei Entlassung seitengleiche altersentsprechende Hörkurven mit Hochtonabfall auf 40
dB" und zum Verlauf der Krankheit angab "unter o.g. Therapie schnelle Remission der Beschwerden". Die mittelgradige Depression wurde erst diagnostiziert, nachdem am 22.04.2008 ein weiterer Hörsturz auf dem rechten Ohr stattgefunden hatte, über dessen Ursachen nichts bekannt ist. Bei dieser Sachlage erscheint es ausgeschlossen, dass sich der Nachweis führen lässt, dass zwischen dem durch den Dienstunfall eingetretenen Körperschaden in Form des ersten Tinnitus und der Depression ein Ursachenzusammenhang mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit besteht (zum Wahrscheinlichkeitsmaßstab siehe
OVG Bremen, Urteil vom 29.10.2008 - 2 A 38/05 - Seite 14 unten des Urteilsabdrucks, in juris veröffentlicht;
BVerwG, Urt. v. 22.10.1981 - 2 C 17/81 - juris) und der erste Tinnitus in annähernd gleichem Umfang zum Entstehen der Depression beigetragen hat, wie alle anderen Ursachen insgesamt (zu diesem Erfordernis siehe
BVerwG, Beschluss vom 20.02.1998 - 2 B 81/97 - juris;
BVerwG, Urt. v. 20.04.1967 - 2 C 118.64 - BVerwGE 26, 332 (333)). Für die Feststellung einer Erkrankung als Folge eines Dienstunfalls im Rahmen des § 31
Abs. 1 BeamtVG ist - anders als bei der Dienstunfallfiktion des § 31
Abs. 3 BeamtVG - ein k l a r e r Nachweis des Ursachenzusammenhangs im Einzelfall erforderlich (
OVG Lüneburg, Urt. v. 02.02.2005 -
2 L 3542/00 -, Seite 7 des Urteils, veröffentlicht in der Niedersächsischen Rechtsprechungsdatenbank). Für einen solchen Ursachenzusammenhang zwischen Dienstunfall und Depression spricht nicht einmal das in der mündlichen Verhandlung zur Gerichtsakte gereichte Audiogramm aus der Tinnitusklinik Bad ... von August 2008 (Bl. 73
ff. der Gerichtsakte), wonach die Hörfähigkeit auf dem rechten Ohr zu diesem Zeitpunkt geringer war als auf dem linken Ohr. Denn dieser Befund ergab sich erst nach dem zweiten Hörsturz, während nach den Feststellungen in dem Arztbericht von
Dr. KI. von Oktober 2007 nicht von nennenswerten Folgeschäden des ersten Hörsturzes mit Tinnitus ausgegangen werden kann. Zudem schätzte der Amtsarzt
Dr. AWJ... in der mündlichen Verhandlung auch die im August 2008 festgestellte Hochtonsenke auf dem rechten Ohr als gering, altersentsprechend und nicht ungewöhnlich ein. Und schließlich gibt es Anhaltspunkte für mögliche andere Ursachen der Depression. Der Amtsarzt hat zutreffend angenommen, dass bei der Klägerin bereits seit längerer Zeit keine psychisch ausgeglichene Situation bestanden hatte, bevor sie an einer mittelgradigen Depression erkrankte. Diesbezüglich führte der Amtsarzt in der mündlichen Verhandlung aus, seiner Erinnerung nach sei die Klägerin bereits vor dem 26.09.2007 etwa seit einem Jahr wegen Schlafstörungen in Behandlung gewesen. Sie habe das Beruhigungsmittel Planum als Schlafmittel verordnet bekommen. Die Klägerin räumte in der mündlichen Verhandlung die Schlafstörungen ein, die sie als Beschwerden der Wechseljahre einordnete, gab aber an, sie habe dagegen keine starken Schlafmittel, sondern nur Tropfen wie etwa Baldrian eingenommen. Auch ergab sich in der mündlichen Verhandlung aus der Lebensbiographie der Klägerin eine weitere denkbare Mitursache für die Entwicklung einer Depression, nämlich der Verlust einer Schwester durch Unfalltod. Bei dieser Sachlage bedarf es vor dem Hintergrund, dass der Amtsarzt einen Kausalzusammenhang zwischen dem erlittenen Dienstunfall und der bestehenden Depression im Oktober 2008 definitiv ausschloss, nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens. Die depressive Erkrankung kann dem Dienstherrn hier zudem nach der im Dienstunfallrecht gebotenen rechtlich wertenden Betrachtung nicht zugerechnet werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss der Ursachenzusammenhang im Dienstunfallrecht für eine sachgerechte Risikoverteilung im Interesse des Dienstherrn eingegrenzt werden (
vgl. z.B. OVG Lüneburg, Urt. v. 02.02.2005 - 2 L 3542/00 - Seite 6 mit umfangreichen Nachweisen, in der Rechtsprechungsdatenbank des Nds.
OVG). Der Dienstherr soll nicht für jede nach naturwissenschaftlicher Betrachtungsweise kausale Ursache eines Schadensereignisses Verantwortung tragen und nicht für alle während des Dienstes erlittenen Gesundheitsschäden eines Beamten Dienstunfallfürsorge leisten. Er soll nur für die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit einstehen und mit den auf sie zurückzuführenden Unfallursachen im Rahmen der Dienstunfallfürsorge belastet werden. Demgegenüber sollen diejenigen Risiken, die sich aus anderen als dienstlich gesetzten Gründen, insbesondere aus persönlichen Anlagen, Gesundheitsschäden und Abnutzungserscheinungen ergeben, bei dem Beamten verbleiben (st. Rspr. d.
BVerwG, Urt. v. 01.03.2007 - 2 A 9/04 - juris
Rdnr. 8 = Schütz, BeamtR ES/C II 3.5
Nr. 16; B. v. 08.03.2004 - 2 B 54/03 - juris). Depressionen können danach allenfalls in seltenen Ausnahmefällen zu den Erkrankungen gehören, für die ein Dienstherr Unfallfürsorge zu leisten hat. Denn für die Entstehung von Depressionen kommen ganz vielfältige Ursachen in Betracht, wie etwa Störungen in der Kindheit, erlebte Traumata, erbliche Veranlagungen, biologische Faktoren (wie
z.B. der Hormonhaushalt), psychosoziale und familiäre Belastungen sowie Trauer aufgrund des Verlustes eines geliebten Menschen und lediglich unter anderem auch körperliche Erkrankungen wie beispielsweise dauernde Schmerzen (siehe unter www.depressionen-depression.net/ursachenvon- depressionen/ursachen-einer-d...). In diesem Zusammenhang gewinnen die Erläuterungen des Amtsarztes in der mündlichen Verhandlung aber Bedeutung, wonach in der medizinischen Literatur festgestellt worden ist, dass die Behandlungsprognose für Tinnitus bei Patienten, die schon im Vorfeld Depressionen, Verstimmungen, Schlafstörungen oder ähnliches hätten, nicht so günstig sei. Dort bestehe eher die Gefahr eines chronifzierten Tinnitusgeschehens. Danach erscheint es aus medizinischer Sicht auch möglich, dass die Chronifizierung des Tinnitusgeschehens im Falle der Klägerin gerade vor dem Hintergrund einer bestehenden physischen (hormonellen) und psychischen Beeinträchtigung in Form von Wechseljahresbeschwerden mit Schlafstörungen bewirkt worden ist. Dann läge es jedenfalls außerhalb der Risikosphäre, für die der Dienstherr einzutreten hat, wenn sich auf dieser Grundlage später eine mittelgradige Depression entwickelt hätte.
Rechtlich eindeutig ist auch, dass es für eine Einbeziehung der depressiven Erkrankung in die
MdE-Bewertung nicht genügen würde, wenn diese Erkrankung, wie der Hausarzt
Dr. ZI. meint, allgemein auf die berufliche Tätigkeit als Lehrerin zurückführen wäre. Denn berufsbedingte Krankheiten, für die sich nicht im Einzelfall der konkrete Nachweis führen lässt, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf einen anerkannten Dienstunfall im Sinne von § 31
Abs. 1 BeamtVG zurückzuführen sind, können nur unter den Voraussetzungen der Dienstunfallfiktion des § 31
Abs. 3 BeamtVG in die
MdE-Bewertung einfließen. Diese Voraussetzungen erfüllt eine depressive Erkrankung nicht. Nach § 31
Abs. 3 BeamtVG gelten unter den dort geregelten weiteren Tatbestandsvoraussetzungen nur die in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführten Krankheiten als Dienstunfall, ohne dass der Ursachenzusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit und der Krankheit im Einzelfall konkret belegt werden muss. Nach § 31
Abs. 3 Satz 3 BeamtVG werden die in Betracht kommenden Krankheiten von der Bundesregierung durch
Rechtsverordnung bestimmt. Das ist mit der Verordnung zur Durchführung des § 31 des Beamtenversorgungsgesetzes vom 20. Juni 1977 (BGBl. I,
S. 1004) geschehen: Durch § 1 dieser Verordnung werden als Krankheiten im Sinne des § 31
Abs. 3 BeamtVG die in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 8. Dezember 1976 (BGBl. I,
S. 3329) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort im Einzelnen bezeichneten Maßgaben festgelegt. Maßgebend für die Frage, ob eine Krankheit als Dienstunfall gilt, ist die Fassung der Berufskrankheiten-Verordnung (
vgl. die Verweisung in § 31
Abs. 3 Satz 3 BeamtVG), die zu dem Zeitpunkt gegolten hat, in dem der Beamte sich die Krankheit zugezogen hat (
OVG Lüneburg, Urt. v. 15.12.2009 - 5 LC 388/07 - juris
Rdnr. 33,
BVerwG, Beschl. v. 23.02.1999 - 2 B 88/98 - juris = DVBl 1999, 931 = NVwZ-RR 1999, 518-519). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass die dienstunfallrechtliche Anerkennung von Berufskrankheiten der Beamten auf die in der Berufskrankheiten-Verordnung enumerativ aufgeführten Krankheiten beschränkt ist (
BVerwG, Beschl. v. 12.09.1995 - 2 B 61/95 - juris;
BVerwG, Beschl. v. 13.01.1978 - VI B 57.77 - juris = ZBR 1978, 202;
OVG Lüneburg, Urt. v. 15.12.2009 - 5 LC 388/07 - juris). Depressive Erkrankungen gehören nicht zu den in der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung genannten Krankheiten. Bereits aus diesem Grunde kann § 31
Abs. 3 BeamtVG nicht zur Anwendung kommen. Unfallfürsorgeleistungen sind an Beamte für andere als die in der Berufskrankheitenverordnung genannten Krankheiten auch dann nicht zu erbringen, wenn die Krankheit auf schädliche Dauerwirkungen während des Dienstes zurückgeht (
BVerwG, Urt. v. 09.11.1960 -
VI C 144.58 - BVerwGE 11, 229 (232) unter Darlegung der Entstehungsgeschichte und des Zwecks der entsprechenden Vorgängerregelung von §§ 30
ff. BeamtVG;
vgl. auch
BVerwG, Beschl. v. 13.01.1978 - VI B 57.77 - juris).
Da depressive Erkrankungen in der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung nicht aufgeführt sind, könnte diese Krankheit der Klägerin selbst dann nicht in die
MdE-Bewertung einbezogen werden, wenn sie allgemein auf die berufliche Tätigkeit als Lehrerin zurückzuführen wäre.
II)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154
Abs. 1
VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167
VwGO i. V. m. § 708
Nr. 11
ZPO.
III)
Die Berufung ist nicht zuzulassen, die Voraussetzungen des § 124 a
Abs. 1
S. 1
i. V. m. § 124
Abs. 2 oder 3
Nr. 4
VwGO liegen nicht vor.
Beschluss:
Der Streitwert wird zum Zwecke der Kostenberechnung auf 3.936,- Euro festgesetzt.